Nach dem Desaster bei der Oberbürgermeisterwahl vor vier Wochen, muss sich die SPD in Mainz nun in der Landeshauptstadt auch noch eine neue Parteispitze suchen: Die bisherigen Parteichefs Mareike von Jungenfeld und Christian Kanka kündigten am Mittwochabend ihren Rücktritt an. Man habe direkt nach der Wahl zunächst „für Stabilität“ sorgen wollen, wolle nun aber den Weg für eine neue Spitze frei machen.
Damit verliert die Mainzer SPD nun schon zum wiederholten Mal binnen kürzester Zeit ihre Führungsspitze: Marc Andre Bleicher amtierte gerade einmal zwei Jahre, bis der damalige SPD-Landtagsabgeordnete Johannes Klomann den Vorsitz im Dezember 2019 übernahm. Klomann wiederum flog bei der Landtagswahl im März 2021 aus dem Landtag – und legte kurz danach auch sein Amt als Mainzer SPD-Parteichef nieder.
Im März 2022 wurde dann das Duo Christian Kanka und Mareike von Jungenfeld zu neuen Kreischefs der Mainzer SPD gewählt – bis dahin hatte der Mainzer Sozialdezernent Eckart Lensch (SPD) kommissarisch die Partei in Mainz geführt. Kanka und von Jungenfeld waren die erste Doppelspitze bei den Mainzer Sozialdemokraten und sollten die Partei verjüngen. Am Mittwochabend erklärten sie überraschend gemeinsam ihren Rücktritt – nach gerade einmal einem Jahr im Amt.
Rücktritt als Konsequenz nach Debakel bei OB-Wahl
Kanka und von Jungenfeld ziehen damit die Konsequenz aus dem Desaster bei der Oberbürgermeisterwahl im Februar und März 2023. Dabei hatte die SPD nach mehr als 74 Jahren den Posten des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt verloren. Die SPD-Kandidatin von Jungenfeld war im ersten Wahlgang sogar nur auf 13,3 Prozent gekommen und hatte damit die Stichwahl klar verfehlt – neuer Mainzer Oberbürgermeister wurde am Ende am 5. März der parteilose Kandidat Nino Haase.
Für die Mainzer SPD war das ein bislang ungekannter Absturz, die Sozialdemokraten versanken danach in Schockstarre – selbst Presseanfragen wurden wochenlang einfach nicht beantwortet. Nach sechs Wochen zieht die Parteispitze jetzt die Konsequenz: „Das Ergebnis der Oberbürgermeisterwahl vom 12. Februar 2023 war und ist ein schwerer Tag für die Mainzer SPD und auch für uns ganz persönlich“, teilten Kanka und von Jungenfeld nun mit. Man wolle allen Genossen, Wahlkämpfern und Freunden der Sozialdemokratie ausdrücklich danken.
„Für uns als Doppelspitze der Mainzer SPD bedeutet dieses Ergebnis eine Zäsur“, sagten Kanka und von Jungenfeld weiter: „Wir sind davon überzeugt, dass die Mainzer SPD von einer neuen Spitze erfolgreich in das wichtige Wahljahr 2024 geführt werden sollte.“ 2024 stehen Kommunalwahlen an, die wahrscheinlich im Mai stattfinden werden. Für die SPD in Mainz könnten es Schicksalswahlen werden: Bei der Kommunalwahl 2019 kam die SPD in Mainz noch auf 20,5 Prozentpunkte und hält seither 12 Sitze im Stadtrat. Setzt sich der Absturz 2024 weiter fort, wäre damit auch die Mehrheit in der Ampel-Koalition in Gefahr.
Kanka nennt auch persönliche Gründe für Rücktritt
Um die Partei für die Wahl neu aufzustellen, „übernehmen wir gemeinsam die Verantwortung, und stellen unser Amt als Vorsitzende der Mainzer SPD auf einem Parteitag zur Verfügung“, kündigten Kanka und von Jungenfeld an. Für die OB-Kandidatin ist der Schritt folgerichtig: Die Finanzreferentin im Landesverband der SPD Rheinland-Pfalz und Mainzer Stadträtin konnte im OB-Wahlkampf nie überzeugen.
Überraschender ist der Schritt indes für Christian Kanka: Der junge SPD-Nachwuchsmann und Mombacher Ortsvorsteher galt eigentlich als große Nachwuchshoffnung für die Mainzer SPD – und als Ziehsohn von Ex-OB Michael Ebling (SPD). Der hatte allerdings mit seinem plötzlichen Abgang in Richtung Innenministerium im Oktober 2022 die Misere seines Kreisverbandes mit verursacht, hatte Ebling als „starker Mann“ der Mainzer SPD es doch versäumt, seine Partei für einen Nachfolge gut aufzustellen.
Kanka führte nun neben der OB-Wahl für seinen Rückzug auch persönliche Gründe an: „Ich habe mir in den vergangenen Wochen viele Gedanken gemacht und Gespräche geführt“, sagte er: „Für mich ist klargeworden, dass ich das Amt des Co-Vorsitzenden der Mainzer SPD neben einem Vollzeit Job und meinem Amt als Mombacher Ortsvorsteher nicht mit voller Kraft ausüben kann.“ Sein kommunalpolitisches Engagement werde aber bleiben, er wolle sich aber nun auf die Ausübung seines Amtes als Ortsvorsteher konzentrieren.
Nachfolge an der Spitze der SPD Mainz völlig unklar
Ihren späten Abgang Wochen nach der Wahl begründeten von Jungenfeld und Kanka damit, man habe nach dem Wahlabend am 12. Februar „zunächst für Stabilität sorgen“ und „die notwendige Analyse der Wahl so schnell wie möglich auf den Weg bringen“ wollen. Die Mainzer SPD traf sich am Mittwochabend, sechs Wochen nach der Wahl, zu einem Parteikonvent, dabei wurden scharfe Auseinandersetzungen wegen der verlorenen Wahl erwartet.
Wer die Mainzer SPD nun ein Jahr vor der Kommunalwahl führen soll, ist indes völlig unklar: Unter der Riege der jungen Politiker im Kreisverband sind bislang keine Kandidaten mit größerer Bekanntheit oder politischem Profil. Am ehesten gilt dies noch für die Mainzer SPD-Fraktionschefin Jana Schmöller, die aber auch erst seit Herbst 2022 im Amt ist – gut möglich, dass sie nun auch für die neue Parteispitze gehandelt wird. Die Neuwahl muss auf einem Parteitag geschehen, die Vorbereitungen werde man nun „gemeinsam mit dem Vorstand schnellstmöglich in die Wege leiten“, teilten Kanka und von Jungenfeld mit.
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