Es ist eine kleine Revolution: Das Ahrtal hat nun auch seinen ersten Weinkönig. Der Erzieher Felix Lüdenbach wurde vergangenes Wochenende zum ersten Weinkönig an der Ahr gekürt. Als Felix I. regiert der 27-Jährige fortan für ein Jahr über den Weinort Heimersheim – der erste Weinkönig ist er übrigens nicht: Den gab es in Rheinhessen. Die Wahl fällt mitten in eine hitzige Debatte um die Frage: Wie zeitgemäß ist das Amt einer Weinkönigin noch? Braucht es noch eine Krone – und dürfen Männer das auch? Ausgelöst worden war die Debatte durch die Gebietsweinwerbung Pfalzwein: Sie wollte die Pfälzer Weinkönigin abschaffen. Ausgerechnet.

So präsentierte sich das neue #pfalzteam im Juli: Weinbotschafter statt Weinkönigin, Anstecknadel statt Krone. - Foto: Pfalzwein e.V.
So präsentierte sich das neue #pfalzteam im Juli: Weinbotschafter statt Weinkönigin, Anstecknadel statt Krone. – Foto: Pfalzwein e.V.

“PfalzWeinBotschafter/-innen” statt Weinkönigin, Anstecknadel statt Krone – und künftig auch Männer im Team. Mitte Juli verkündete der Verein Pfalzwein e.V. nichts weniger als eine Revolution: Die Abschaffung der Pfälzer Weinkönigin. Man wolle das Amt als “Teil des zukunftsweisenden Transformationsprozesses” modernisieren, die Weinhoheiten sollten künftig nicht mehr eine Krone tragen: “Moderne Anstecknadeln zeichnen das neue #teampfalz als kompetente Ansprechpartner/-innen für Pfälzer Wein aus”, teilte die Gebietsweinwerbung mit.

Was folgte war ein gigantischer Aufschrei und ein Shitstorm in den sozialen Netzwerken: Ausgerechnet in der Pfalz, wo vor 90 Jahren die Institution der Weinkönigin überhaupt erst erfunden worden war, wo seit 1950 auch die Deutsche Weinkönigin samt Weinprinzessinnen gewählt wird – ersetzt durch “Weinbotschafter” mit Anstecknadeln? “Klar ist es wichtig, fortschrittlich und modern zu sein, aber nicht so”, wetterte prompt Laura Wessa, einst als Laura I. “Weingräfin des Leiningerlandes” – selbstverständlich mit Krone im Haar: “Hier wird eine Tradition gebrochen, und eine Identität der Pfalz verschwindet. Eine Krone widerspricht nicht der Fachkompetenz, sie hebt sie hervor!”

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Aufschrei gegen Abschaffung der Pfälzer Weinkönigin

Gleich reihenweise posteten ehemalige Weinköniginnen unter dem Hashtag #kronezeigen Protestnoten in den sozialen Netzwerken, eine Petition auch Change.org forderte umgehend, Amt und Titel der Pfälzischen Weinkönigin zu erhalten – und fand binnen weniger Tage schon 5.000 Unterzeichner. Der CDU-Landtagsabgeordnete Dirk Herber posierte gar mit Fan-T-Shirt vor einer Gedenktafel für Weinköniginnen und schrieb dazu: “Ihr begeht echt einen großen Fehler, wenn ihr die Krone abschafft!”

Die heutige CDU-Europaabgeordnete Christine Schneider, lange auch Landtagsabgeordnete in Mainz, als Pfälzer Weinkönigin. - Foto: Schneider
Die heutige CDU-Europaabgeordnete Christine Schneider, lange auch Landtagsabgeordnete in Mainz, als Pfälzer Weinkönigin. – Foto: Schneider

Bei Pfalzwein fühlte man sich missverstanden und betonte, man wolle das Amt “nicht abschaffen”, sondern modernisieren, denn die Krone stoße “in der Branche und außerhalb der Region auf Unverständnis, und steht damit einem fachlichen Austausch im Weg”. In der Branche sieht man das allerdings völlig anders: Die Pfälzischen Weinhoheiten seien “wohl eine der bekanntesten und am positivsten besetzten Marken, die die Pfalz überhaupt zu bieten hat”, wunderte sich auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Jo Steiniger: “Wie die Pfalzwein jetzt ohne Not auf die Idee kommt, diese Marke herzugeben, verstehe ich beim besten Willen nicht!!”

Damit war die Debatte eröffnet: Steht die Weinkönigin für eine veraltete, angestaubte Tradition, ist ihre Krone gar ein überflüssiges Relikt? Die Bezeichnung “Botschafter” sei doch völlig austauschbar, schimpften die Kritiker, vor einer Verwechslung mit den “Kultur- und Weinbotschaftern” – Tourismusführer in Weinregionen – wurde gewarnt. “Die Krone steht für Wissen und Leidenschaft für unsere Heimat und unser Kulturgut Wein”, schrieb die CDU-Europaabgeordnete Christine Schneider, einst selbst Pfälzische Weinkönigin – es sei gerade das Geschmeide, das für Sichtbarkeit sorge.

Deutsche Weinkönigin: Krone ist ein Hingucker und nicht Unmodern

Das bestätigte auch die amtierende Deutsche Weinkönigin Eva Brockmann 2023 kurz nach ihrer Wahl im Gespräch mit Mainz&: Natürlich sei das Amt noch zeitgemäß, und es sei gerade die Krone, die Türen öffne. “Man betritt einen Raum als Weinkönigin, und wird sofort als solche erkannt – dafür braucht es die Krone”, sagte Brockmann: “Mit der Krone steht und fällt nicht die Modernität dieses Amtes – sondern mit der Person, die diese Ämter ausfüllt.” Tatsächlich ist es gerade die Aura des “Royalen”, die auf Terminen, Weinfesten und Messen für den Hingucker sorgt, die Trägerin heraushebt und für Einladungen zu Interviews in Medien gerade im Ausland führt: Eine “Queen” hat noch immer diesen “Wow”- Effekt.

Krone zur lässigen Lederjacke: Das Amt der Deutschen Weinkönigin ist längst in der Moderne angekommen. Hier die amtierende Weinkönigin Eva Brockmann mit ihren beiden Weinprinzessinnen. - Foto: DWI
Krone zur lässigen Lederjacke: Das Amt der Deutschen Weinkönigin ist längst in der Moderne angekommen. Hier die amtierende Weinkönigin Eva Brockmann mit ihren beiden Weinprinzessinnen. – Foto: DWI

Modernisiert ist das Amt zudem längst: Die “Queenies” sind heute moderne Weinfachfrauen, die – perfekt geschult – mit enormem Weinwissen ausgestattet sein müssen, und als moderne Marketingfrauen deutsche Weine in aller Welt und vor allem in allen Veranstaltungsformen professionell und charmant vertreten müssen. Die Deutsche Weinkönigin sei “ein Original, das es mit seiner Strahlkraft in keiner anderen Branche gibt”, verteidigte denn auch Ernst Büscher, Pressesprecher des Deutschen Weininstituts, vergangenes Jahr die Institution zu ihrem 75. Jubiläum, und fügte trocken hinzu: “Wenn sie keine Krone aufhat, ist sie eine Teilnehmerin wie jede andere.”

Bei all dem fällt eines auf: Dass jetzt auch Männer für den Job infrage kommen sollen – dagegen hat eigentlich niemand etwas. 2016 gab es bereits einen Weingott “Bacchus” im Moselort Kesten, der Mann war kein Weinexperte und mehr ein Marketinggag, weil sich keine Bewerberin mehr fand. 2022 wollte der Bacharacher Winzer Gero Schüler Weinkönig am Mittelrhein werden – wäre er es geworden, hätte er ein Jahr aber nicht zur Wahl der Deutschen Weinkönigin antreten können: Die Statuten verbaten es. Am Ende wurde es doch wieder eine Frau, Schüler aber amtierte ein Jahr lang als “Weinprinz” an ihrer Seite.

Felix I. von Heimersheim als erster Weinkönig an der Ahr

Nun also die Ahr: Vergangenes Wochenende wurde im Weinort Heimersheim zum, ersten Mal ein Mann ins Amt der Weinkönigin gewählt. Mit Felix I. übernimmt erstmals in der Geschichte des Weinbaugebiets Ahr ein Mann die repräsentative Rolle und wird gemeinsam mit Hofdame Marie ein Jahr lang die Ahrweine vertreten. Passend zum historischen Motto des Heimersheimer Weinfestes trägt der Weinkönig eine mittelalterliche Gewandung – und eine Krone.

Weinkönig Felix I. mit Hofdame Marie. - Foto: Ahrtourismus, Hagen Hoppe
Weinkönig Felix I. mit Hofdame Marie. – Foto: Ahrtourismus, Hagen Hoppe

Winzer oder Weinfachmann ist der gewählte indes nicht: Felix ist Erzieher, der 27-Jährige engagiere sich “seit Kindertagen in den örtlichen Vereinen und setzt sich zudem für queere Aufklärung ein”, teilte die Ahrtal-Tourismus mit. Damit setze er “ein wichtiges Zeichen für Modernität und Vielfalt.” Im Jahr zuvor habe Felix als Junker im Wein-Trio 2023/24 seine Leidenschaft für den Wein entdeckt und beschlossen, diese in seiner neuen Rolle als Weinkönig weiter zu verfolgen.

“Ich bin hoch motiviert, mich für die Weinbautradition im Ahrtal und die hervorragenden Ahrweine einzusetzen”, teilte der frisch gewählte Weinkönig mit. Er habe in Heimersheim “offene Türen eingerannt, als ich mich um das Amt als Weinkönig beworben habe”, verriet er noch: “Der große Zuspruch nach meiner Proklamation hat mich darin bestätigt und bestärkt.”

Erster Weinkönig bereits in Rheinhessen, Pfälzer Weinkönigin bleibt

Der erste Weinkönig in Deutschland, wie man im Ahrtal herausstrich, ist Felix I. indes nicht: 2017 wurde bereits im rheinhessischen Weinort Saulheim der Jungwinzer Magnus Kissel zum Weinkönig gewählt Magnus der I. trug ein Szepter statt einer Krone zu seinen Terminen, und führte als tatsächlich erster den Titel “Weinkönig”. Und der Trend könnte sich fortsetzen: Bei der Wahl zur Rheinhessischen Weinkönigin tritt dieses Jahr Levin McKenzie an – ein Jungwinzer aus Ingelheim mit eigenem Wein-Podcast und coolem Instagram-Account, ein “Influwinzer”.

Winzer Magnus Kissel war 2017 tatsächlich der erste Weinkönig: Im Weinort Saulheim regierte er mit Szepter und Weinprinzessinnen an seiner Seite. - Foto: gik
Winzer Magnus Kissel war 2017 tatsächlich der erste Weinkönig: Im Weinort Saulheim regierte er mit Szepter und Weinprinzessinnen an seiner Seite. – Foto: gik

In der Pfalz haben sie übrigens inzwischen zurückgerudert: Die Pfälzer Weinkönigin bleibt nun doch eine Königin samt Krone – zumindest, wenn es eine Frau ist. Bei der Wahl am 4. Oktober im Saalbau in Neustadt soll entweder eine Königin samt Krone gekürt werden, oder eine männliche Weinhoheit, die dann eine goldene Anstecknadel bekomme, heißt es nun. Man habe in der Debatte festgestellt, dass die Weinhoheiten “nicht ausschließlich die Winzerinnen und Winzer und das Weinbaugebiet Pfalz repräsentieren, sondern vielen Menschen in der Region etwas bedeuten – sie stehen damit auch für die Region, deren Identität und Lebensgefühl”, teilte die Pfalzwein mit.

Man wolle nun eine Interessensgemeinschaft “Pfälzer Weinhoheiten” gründen, die sich auf eine breitere gesellschaftliche Basis stellen und künftig alle relevanten Themen rund um das Amt der “Pfälzer Weinhoheiten” regeln soll. Und auch im Deutschen Weininstitut (DWI), Träger der Deutschen Weinkönigin denkt man um: Sollte in diesem Jahr ein Mann zum Weinkönig einer der 13 Weinanbaugebiete gewählt werden, wird der wohl auch 2025 zur Wahl der Deutschen Weinkönigin antreten dürfen – mal sehen, ob auch Männer Weinkönigin können. In jedem Fall gelte aber: Das Amt bleibe royal, die Marke erhalten, betont man beim DWI – “Wir halten an unserer Weinkönigin fest.”

Info& auf Mainz&: Mehr zum ersten Weinkönig in Rheinhessen könnt Ihr noch einmal hier nachlesen. Die gesamten Mitteilungen von Pfalzwein zum Thema Weinkönigin findet Ihr hier im Internet.