Immer am 1. Juni feierten die Römer in der Antike das fest der Göttin Carna, 2022 ließ die Initiative Römisches Mainz (IRM) die Tradition wieder aufleben – in moderner Form und begleitet von der „Unsichtbaren Römergarde“. Nun finden die „Carnarien“ bereits zum dritten Mal statt, und die IRM lädt dazu an einen besonderen Ort: den Ollohof in der Mainzer Neustadt. Die einstmals älteste Autovermietung von Mainz soll künftig ein Kulturzentrum samt Kunsthochschule werden, warum das zu den Römern und der IRM passt, lest Ihr hier.

Das erste Fest der Göttin Carna im modernen Mainz fand am 1. Juni 2022 statt - Schwellköppe inklusive. - Foto: gik
Das erste Fest der Göttin Carna im modernen Mainz fand am 1. Juni 2022 statt – Schwellköppe inklusive. – Foto: gik

Es war am 1. Juni 2022, als sich an einer Straßenecke in der Mainzer Neustadt Schwellköppe, Legionäre und eine „Unsichtbare Römergarde“ nebst Festgästen trafen. Es gab Schafskäse und Oliven, dazu Brot und natürlich Wein – und man gedachte einer 2000 Jahre alten, in Vergessenheit geratenen Tradition: dem Fest der Göttin Carna, jener Schutzgöttin des Herzens und der Gesundheit, aber auch der Eingeweide und der Verdauung, die später von der Göttin Salus verdrängt wurde.

Beide Göttinnen wurden vor 2000 Jahren aber auch im antiken Mogontiacum verehrt: Um das Jahr 1920 wurde in der Badergasse in Mainz eine Bronzestatue der Göttin Carna gefunden. Und im Oktober 2020 stießen Archäologen bei Ausgrabungen im Mainzer Zollhafen auf eine fast 1,50 Meter große antike Statue, die sich als Abbildung der Göttin Salus entpuppte. Die Göttin stand in der antiken römischen Mythologie für das Wohlergehen, für Sicherheit und Gesundheit, in der späteren Kaiserzeit wurde sie auch mit der Sicherheit des römischen Staates und des Kaiserhauses in Verbindung gebracht.

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Carnarien: Fest von Bohnen & Wein, Gesundheit & Genuß

„Die Carnarien werden seit 2000 Jahren am 1.  Juni gefeiert, es war das Bohnenfest“, weiß Christian Vahl, Vorsitzender der Initiative Römisches Mainz (IRM). Ihr Fest am 1. Juni sei aber vor allem markiert von guten Dingen für das Wohlbefinden der Eingeweide: Bohnenpüree mit Speck galten als gut für die Verdauung, und Bohnen wurden im alten Rom ab Anfang Juni geerntet.

Festmahl zu Ehren der Göttin Carna im heutigen Mainz: Schafskäse und Oliven, Brot und Wein. - Foto: gik
Festmahl zu Ehren der Göttin Carna im heutigen Mainz: Schafskäse und Oliven, Brot und Wein. – Foto: gik

„Die letzten Oliven in Rom wurden im März geerntet, dann gewässert, und standen ab Juni zur Verfügung“, weiß Vahl weiter zu berichten, Schafskäse galt als Grundnahrungsmittel, und auch der Wein hatte eine jahreszeitliche Komponente: „Der alte Wein musste geleert werden, damit Platz für den neuen Wein war“, dessen Ernte bevorstand – ein Fest war die beste Form, Keller zu leeren und im Überfluss zu schwelgen.

2022 ließ die IRM die antike Tradition im modernen Mainz wieder aufleben, um neben den antiken Steinen auch das Alltagsleben der Römer wieder mehr im Bewusstsein zu verankern: Geschichte leben, römische Traditionen nachzuspüren, das hat sich die IRM zur Aufgabe gemacht. So wurde 2023 auch das antike Römische Theater mit moderner Musik sowie mit Musik aus antiken Instrumenten bespielt, und zu den Saturnalien im November fastnachtliche Spiele ins Leben gerufen.

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Statue der Göttin Carna, gefunden bei Ausgrabungen im Mainzer Zollhafen. Foto: GDKE Rheinland-Pfalz, Agentur Bonewitz
Statue der Göttin Carna, gefunden bei Ausgrabungen im Mainzer Zollhafen. Foto: GDKE Rheinland-Pfalz, Agentur Bonewitz

Und so soll auch in diesem Jahr wieder der 1. Juni zum Fest für die antike Göttin Carna werden – und zwar in ihrer wichtigen Bedeutung für die Medizin: „Die Göttin Carna gebot über den Weißdorn, und dieser hat bis heute Heilwirkung“, sagt Vahl, selbst Professor für Herzchirurgie und bis 2022 an der Universitätsmedizin Mainz Leiter der Herzchirurgie. „Die Römer konnten sich im Namen von Carna von bösen Geistern befreien, wenn man mit dem Weißdorn dreimal  ein Zeichen über der Hausschwelle machte“, berichtet Vahl.

„Auch konnte Carna dem Mythos entsprechend krankmachende und blutsaugende   ’strigae‘  – Hexenvögel – fernhalten“, berichtet Vahl von seinen Recherchen. Deshalb wurde Carna in späteren Zeiten auch zur Göttin des Schutzes gegen Vampire, weswegen man noch heute die Göttin Carna „an allen gotischen Kathedralen abgebildet finden“, weiß Vahl. Einen Tempel der Göttin Carna in Rom kennt man ebenfalls: Er stand auf dem Hügel Caelius, einem der sieben Hügel Roms.

3. Fest der Göttin Carna in Mainz findet im Ollohof statt

In der Kaiserzeit wurden der IRM zufolge an Carnas Festtag bis ins 4. Jahrhundert hinein Circusspiele abgehalten, bei denen sich die Römer verkleideten und dabei auch Tiere als Vorlagen für ihre Verkleidung nahmen. „Anders als bei den Saturnalien ging es nicht um einen Rollentausch, sondern um ein freischwebendes Spiel der Lebensfreude“, erzählt Vahl: „Es ging um die Freude darüber, gesund zu sein und darüber, dass die Erde wieder Genuss und Nahrung schenkt – da ergeben sich wieder einmal Bezüge zur Fastnacht.“

Der Ollohof, eine alte Autowerkstätte und -vermietung soll ein Kulturzentrum werden. - Foto: gik
Der Ollohof, eine alte Autowerkstätte und -vermietung soll ein Kulturzentrum werden. – Foto: gik

In Mainz werden die dritten Carnalien im Jahr 2024 an einem besonderen Ort stattfinden: Der „Ollohof“ in der Mainzer Neustadt soll in Zukunft zu einem Kulturzentrum und zur neuen Heimat der Kunsthochschule Mainz werden, wenn es nach den neuen Besitzern – drei Mainzer Architekten – geht. Bislang kämpfen die neuen Eigentümer noch mit der Stadt Mainz um das Nutzungskonzept, das ein alter Bebauungsplan für das Viertel behindert, die Macher sind aber optimistisch: Das Problem lasse sich lösen, das Zentrum in einem Hinterhof der Boppstraße werde kommen, zeigte sich Architekt Jochen Schrauth im Gespräch mit Mainz& optimistisch.

Nun will die IRM in dem rustikalen Ambiente das „Fest der Göttin Carna“ ausrichten – und das aus gutem Grund: Ehrensenator der Unsichtbaren Römergarde soll nämlich in diesem Jahr der frühere SPD-Fraktionschef im Mainzer Stadtrat, Oliver Sucher werden. Sucher ist Präsident des Mainzer Automobil Clubs (MAC), und der unterstütze seit Jahren tatkräftig die Aktivitäten der „Unsichtbaren Römergarde“ zur Verbesserung der Sichtbarkeit des Römisches Mainz, begründete Vahl im Gespräch mit Mainz& die Wahl.

Mainzer Automobilclub ist auch Förderer des antiken Mofgontiacum

So habe der MAC etwa die „Route 66 des Altertums“ in Erinnerung gerufen und an den vergessenen Römischen Meilenstein am Kleinen Haus des Staatstheaters erinnert, dort erinnert nun eine mit Hilfe des MAC gestiftete Stele an den historischen Spot. Der MAC habe auch mit der Aktion „Old for Old“ dafür gesorgt, dass Mainzer am „Tag des offenen Denkmals“ in den Oldtimern seiner Mitglieder kostenfrei zur Zitadelle und zum Römischen Theater und zurück transportiert werden konnten.

Feier zur Aufstellung des antiken Römischen Meilensteins am Kleinen Haus mit MAC-Präsident Oliver Sucher (ganz rechts) sowie IRM-Vorsitzendem Christian Vahl (2. von links). - Foto: gik
Feier zur Aufstellung des antiken Römischen Meilensteins am Kleinen Haus mit MAC-Präsident Oliver Sucher (ganz rechts) sowie IRM-Vorsitzendem Christian Vahl (2. von links). – Foto: gik

„Oliver Sucher vertritt diese Position, die den MAC als Teilhaber am kulturellen Leben im Mainz präsent werden lässt“, betonte Vahl. Umgekehrt verdiene auch „das lebendige Museum“ der Oldtimer-Sammlung des MAC Aufmerksamkeit: „Die Oldtimer sind rollende Kulturdenkmäler und der MAC organisiert jährlich die aufwendige Oldtimer Rallye „MAC Classic“, die jedes Jahr Ende August stattfindet und am Mainzer Weinmarkt endet. Die IRM ernennt jedes Jahr an den Carnalien einen Ehrensenator, erster Ehrensenator war der frühere Mainzer Kulturdezernent Peter Krawietz (CDU), zweiter der Mainzer Journalist Bernd Funke.

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Am 1. Juni wird zudem erneut der Musikarchäologie Rainer Müller sein nach antiken Vorbildern gefertigtes römisches Cornu spielen, „und so Klänge wiederbeleben, die vor 2000 Jahren in Mainz überall zu hören waren“, erklärt Vahl – „keine Autohupen, sondern Signaltöne und Militärmusik.“ Müller werde begleitet von Armin Hofmann, dem Centurio der Legio Prima Germanica Augusta, der die standesgemäße Ehrung zum Ehrensenator vornehmen wird. Für weltliche Musik sorgt zudem das „Trio Aeterna“, für das leibliche Wohl der Mainzer Stadtwinzer Markus Landenberger.

Musikarchäologie Rainer Müller und sein nach antiken Vorbildern gefertigtes römisches Cornu, hier im antiken Römischen Theater in Mainz 2023. - Foto: gik
Musikarchäologie Rainer Müller und sein nach antiken Vorbildern gefertigtes römisches Cornu, hier im antiken Römischen Theater in Mainz 2023. – Foto: gik

Die Ehrung Suchers sei im „Ollohof“ besonders passend, schließlich seid er Hof die älteste und größte Autovermietungsstelle nach dem Zweiten Weltkrieg gewesen, berichtete Vahl weiter. Im Rahmen der Feier könnten auch der älteste Aufofahrstuhl von Mainz sowie weitere Antiquitäten besichtigt werden. Über die Geschichte des Ollohofs wird zudem der Rektor der Kunsthochschule, Martin Henatsch informieren. Da sich in unmittelbarer Nähe auch die Werkstatt von Ludwig Lipp, dem Erfinder der Mainzer Schwellköpfe, befand, dürfen Gäste durchaus auch erneut mit einer Referenz der Schwellkopfträger rechnen.

Info& auf Mainz&: Das Römische Fest zu Ehren der Göttin Carna findet am Samstag, den 1.Juni 2024 im Ollohof in der Boppstraße 42 statt, und zwar von 11.00 Uhr bis 13.00 Uhr. Alle interessierten Mainzer sind eingeladen, vorbeizukommen, gerne auch als Römer verkleidet. Mehr zum Fest der Göttin Carna, der IRM und den Schwellköppen könnt Ihr noch einmal hier bei Mainz& nachlesen.