Das Drama um die Flüchtlinge auf der Türschwelle Europas bewegt, natürlich auch die Menschen in Mainz. In den sozialen Netzwerken wird heftig diskutiert, ob das Bild eines ertrunkenen Flüchtlingsjungen an einem türkischen Strand geteilt werden darf oder nicht – aber die Frage ist müßig: das Bild ist längst zum Symbol für die völlig gescheiterte Flüchtlingspolitik der EU geworden. Unterdessen stockt Rheinland-Pfalz die Zahl der Erstaufnahmeeinrichtungen ständig weiter auf. Der Mainzer Sozialdezernent Kurt Merkator (SPD) fordert unterdessen offen eine andere Verteilung im Land – Mainz ächzt unter dem Problem der Unterbringung.

Open Ohr - Wandgemälde Flüchtlinge mit Menschen
Augenblicke von Flüchtlingen, festgehalten auf dem Open Ohr 2015 – Foto: gik

Gerade erst, am 25. August, kündigte das Land an, auf dem Layenhof eine neue Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende installieren zu wollen, schon in diesen Tagen sollen die Container dafür anrollen. Freitagabend – also am 4. September – wird es dazu um 17.00 Uhr eine Informationsveranstaltung auf dem Layenhof in Gebäude 5856 geben. Geplant sind rund 100 Container für bis zu 500 Menschen. Das Land verkündete stolz, man werde die Plätze in den Erstaufnahmeeinrichtungen auf 7.400 steigern.

Merkator fordert andere Verteilung der Flüchtlinge im Land

Doch diese Zahl ist schon wieder Makulatur: Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sprach nach dem Treffen mit kommunalen Vertretern am Donnerstag plötzlich von 8.300 Plätzen, völlig überraschend. Die Zahl war neu, wie Mainz& herausfand, offenbar ändern sich die Bettenzahlen so schnell dass kaum noch jemand hinterher kommt. Aber selbst das soll noch nicht reichen: Dreyer verriet, das das Land dabei ist, noch weitere Orte für Erstaufnahmeeinrichtungen zu prüfen.

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Unterdessen fordert der Mainzer Sozialdezernent Kurt Merkator (SPD) inzwischen entschieden einen anderen Verteilerschlüssel für die Flüchtlinge in Rheinland-Pfalz. Es sei einfach nicht richtig, dass Städte wie Mainz, die ohnehin schon unter Wohnungsnot leiden, wegen ihrer Einwohnerzahl große Mengen der Flüchtlinge unterbringen müssten. Und das hat nichts mit mangelnder Bereitschaft zu tun, wohl aber mit viel zu langsam frei gegebenem Raum in Bundesimmobilien und Bundeswehr-Kasernen.

Mainzer Polizei sammelte zwei Tonnen Hilfsgüter

Derweil mehren sich die Stimmen, die die Asylsuchenden bei uns als Bereicherung empfinden: Flüchtlinge können Chance für Deutschland sein, Chance für die Unternehmen angesichts des Fachkräftemangels, Chance für leer gewordene Regionen. Man kann ja fast nicht anders, als stolz auf die überwältigende Hilfsbereitschaft der Deutschen zu sein. Ein weiteres tolles Beispiel dafür: In Mainz sammelte die Polizei in wenigen Wochen rund zwei Tonnen (!) an Spenden für Flüchtlinge in ihren eigenen Reihen: Kleidung, Schuhen, Taschen, Koffer und Spielzeug wurden in insgesamt drei Lkw-Ladungen an die Aufnahmestelle in Ingelheim geschickt – grandios.

Wormser Straße - Flüchtlingszimmer
Zusätzliche Betten soll es auf dem Layenhof geben – Foto: gik

Unterdessen fordern die zunehmend verzweifelnden Kommunen, Asylsuchende, die keine Aussicht auf Bleiberecht haben, gar nicht erst auf die Kommunen zu verteilen. Auch Merkator sagte in den vergangenen Wochen wiederholt gegenüber Mainz&, dies würde eine große Entlastung bedeuten. Rund 40 Prozent der Flüchtlinge kommen nämlich derzeit aus den Balkanstaaten, erst war es das Kosovo, jetzt sind es vor allem Albaner. Das Problem: sie haben kaum Chance auf Anerkennung, weil die Balkanländer weitgehend als sicher vor Verfolgung gelten. Das stimmt zwar nicht für viele Sinti und Roma, allerdings durchaus schon für die meisten in der Bevökerung.

Politik will Flüchtlinge vom Balkan schneller wieder zurückschicken

CDU-Landeschefin Juli Klöckner berichtete bei einem Pressetermin am Mittwoch, in Albanien werde erzählt, dass jeder Ankommende in Deutschland 1.000 Euro bekomme. Das wäre natürlich eine Erklärung, warum derzeit so viele Menschen aus dem Land sich auf den Weg nach Deutschland machen. Doch hier blockieren sie im Grunde Betten und Plätze für Flüchtlinge aus Syrien und anderen Kriegs- und Krisenregionen. Nun kann man mit Fug und Recht sagen, dass jeder das Recht hat, eine bessere Zukunft zu suchen – aber Tatsache ist auch: die 38.000 Flüchtlinge, die in diesem Jahr nach Rheinland-Pfalz kommen, müssen irgendwie versorgt werden – und bei der Zahl wird es nicht bleiben.

Und so diskutiert die Politik zunehmend darüber, wie man Flüchtlinge aus den Balkanstaaten schneller wieder in ihre Heimat zurückschicken kann – oder wie es gelingt dass sie gar nicht erst kommen. Klöckner forderte nun eine Aufklärungskampagne in Albanien, die CDU-Oberbürgermeisterin von Ludwigshafen, Eva Lohse, Einrichtungen des Landes, in denen diese Menschen solange untergebracht werden, bis sie gesammelt zurückgeschickt werden. Doch ist das Rechtens? Wo ist die Lösung?

Dreyer: Lösung liegt in schnellerer Bearbeitung von Asylanträgen

„Die Lösung liegt in der schnelleren Bearbeitung der Asylanträge“, sagte Ministerpräsidentin Dreyer heute. Und sie kritisierte, dass dem Land dafür viel zu wenig Personal des Bundes zur Verfügung steht: Ganze 20 Entscheider seien in Rheinland-Pfalz tätig, zugesagt hatte der Bund viel mehr. Höchste Zeit, finden wir, dass die Politik endlich mal an einem Tisch alle Ressourcen bündelt und wirklich alles unternimmt, um diese Situation gescheit zu bewältigen. Kommende Woche nämlich beginnt das neue Schuljahr, dann werden in den Mainzer Schulen zahlreiche Flüchtlingskinder erwartet.

Info& auf Mainz&: Mehr zu den Layenhof-Plänen findet Ihr hier. Die Infoveranstaltung für die Bewohner des Layenhofs findet am 4. September 2015 um 17.00 Uhr im Saal des Gebäudes 5856 statt.

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