Das ist ein Paukenschlag: Die Ingelheimer Baugesellschaft Dirk Gemünden kauft das Karstadt-Areal an der Ludwigsstraße in Mainz – und macht damit den Weg frei für ein Einkaufszentrum an der Ludwigsstraße. Wann das kommen wird, steht allerdings noch in den Sternen – noch ist der Verkauf von ECE an Gemünden nicht ganz in trockenen Tüchern. Die Investoren fühlen sich aber schon so sicher, dass sie am Dienstag vor die Presse traten: Man wolle das Quartier aufwerten und dabei eine Kombination zwischen Wohnen und Handel verwirklichen. Ein Einkaufszentrum an der LU soll nun endlich kommen – in deutlich kleinerer und verträglicherer Form als einmal geplant.

Startschuss frei: Aus dem Karstadt-Areal soll nun endlich eine neue Einkaufsmeile werden. – Foto: gik

Damit könnte an der Ludwigsstraße die dringend notwendige städtebauliche Aufwertung geschehen, aber in durchaus behutsamer Form: Das Gebäude der Deutschen Bank, das Karstadt-Haus und das Parkhaus sollen im Prinzip im Bestand erhalten bleiben. Neu gebaut wird hingegen Karstadt-Sport sowie das dahinter liegende Gelände, das bislang noch dem Bistum Mainz gehört. Hier soll vor allem Wohnraum entstehen mit Handelsflächen im Erdgeschoss. Die größte Neuerung: die Pavillonfront entlang der LU wird verschwinden, hier soll eine völlig neue Front entstehen, die höher wird als heute – genau 12,50 Meter hoch.

„Das ist eine große Chance“, sagte Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) am Dienstag. Die Ludwigsstraße sei „die Situation in der Stadt, die am lautesten danach ruft: Bitte verändere mich! Wenn Sie ganz dicht rangehen, können Sie die Steine das rufen hören.“ Die Stadt sei „sehr froh“, dass es künftig für das gesamte Areal einen einzigen Eigentümer gebe, mit dem die Stadt verhandeln könne. Nun gebe es endlich die Chance, „die Attraktivität zu heben, Handelsmöglichkeiten zu sichern und zu erweitern und auch dem Aspekt Wohnen Rechnung zu tragen“, sagt Ebling: „Das wollten wir immer.“

- Werbung -
Werben auf Mainz&

Entstehen soll an der LU nun eine Handelsfläche von 17.000 Quadratmetern. „Da muss niemand Sorge haben, dass hier etwas Überdimensioniertes entsteht“, betonte der OB. Das sei weit von den ursprünglich einmal mehr als 30.000 Quadratmetern Einkaufsfläche entfernt. Offenbar zog die Stadt damit auch die Konsequenz aus Einzelhandelsuntersuchungen, die ergeben hatten, eine Mega-Mall würde Kaufkraft in erheblichem Maße von umliegenden Läden abziehen. Die neue Planung sehe eine „sehr verträgliche Größe“ vor, betonte Ebling: „Das ist kein Staubsauger, der alles abzieht.“

Das Karstadthaus steht kurz vor dem Eigentümer-Wechsel, dann könnte die LU in Zukunft ein neues Gesicht bekommen. – Foto: gik

„Wir sind mit den Verhandlungen so weit, dass wir sagen können: wir stehen kurz vor dem Abschluss des Kaufs des Karstadt-Gebäudes“, sagte Friedrich Albrecht Graf von Pfeil, Geschäftsführer der J. Molitor GmbH. Käufer der Immobilie wäre die Rhein-Nahe-Immobilien GmbH, deren Gesellschafter zu gleichen Teilen die Sparkasse Rhein-Nahe und die Molitor GmbH sind. Die Molitor GmbH wiederum ist ein hundertprozentige Schwesterfirma des Bauunternehmers Gemünden.

„Wir haben uns über eine Absichtserklärung mit dem Investor verständigt“, sagte Ebling. Die umfangreiche Absichtserklärung soll am 14. September in den städtischen Ausschüssen auf einer gemeinsamen Sitzung beraten und am 27. September vom Stadtrat verabschiedet werden.

„Was wir Ihnen vorstellen können, ist eine städtebauliche Aufwertung durch urbane Mischnutzung“, sagte Baudezernentin Marianne Grosse (SPD), „das können wir mit dem Konzept heute verfolgen, das ist ein riesengroßer Schritt.“ Die Stadt stehe mit ihrem neuen Konzept nun fest auf den 14 Leitlinien, die der Stadtrat im Mai 2016 verabschiedet hatte – damals hatte der Stadtrat allerdings die Kriterien für eine Bebauung der LU grundlegend verändert und auch bereits den Verkauf der städtischen Plätze zwischen den Pavillons an einen künftigen Investor vorbereitet. Der Ortsvorsteher der Altstadt, Brian Huck (Grüne) hatte damals gewarnt, der Stadtrat kippe damit die alten Leitlinien von 2013 – vergeblich.

Die Pavillons an der Ludwigsstraße werden verschwinden, hier wird eine neue, höhere Front entstehen. – Foto: gik

„Ziel sei nun, einen Bebauungsplan zwischen Weißliliengasse und Gutenbergplatz aufzustellen“, sagte Grosse weiter. Die Planungen werden dabei nicht über die Weißliliengasse hinaus gehen, das Areal um den früheren Foto Oehling bleibt unberührt. Man werde hier nichts ändern, sagte Graf von Pfeil: „Die Immobilie Oehling ist gut und langfristig vermietet, wir haben keinen Bedarf, das zu ändern.“ Auch der sogenannte China-Pavillon der Familie Leuchter am Gutenbergplatz wird vorerst von den Planungen unberührt bleiben – die Familie hatte sich bisher standhaft geweigert zu verkaufen. Trotzdem soll der Pavillon in den Bebauungsplan einbezogen werden. Die Überbauung der Fuststraße wiederum wird verschwinden, die Straße selbst eine nach oben offene Straße werden – ansonsten soll sich gebäudetechnisch am Bischofsplatz nur auf dem Immobiliengelände des Bistums etwas verändern.

 

Für den Bereich entlang der Ludwigsstraße werde es Architektenwettbewerbe geben, sagte Grosse. Fest steht aber, dass die Gebäudefront entlang der LU auf die Kante der heutigen Pavillons vorgezogen und auf 12,50 Meter aufgestockt werden sollen. Grosse betonte, man stehe damit auf dem Boden der zuletzt beschlossenen 14 Leitlinien für die Ludwigsstraße. „Es ist für uns von entscheidender Bedeutung, wie gehen wir damit um, wenn die Gebäude an die LU heranrücken,“ sagte die Dezernentin. Entscheidend sei für die Stadt, dass die Fassadengliederung vielschichtig bleibe und dahinterliegende Gebäude weiter sichtbar blieben. „Wir legen sehr viel Wert auf eine große, offene Eingangssituation“, sagte Grosse weiter, wo genau die liegen werde, sei aber offen. Festgelegt sei aber auch, dass der Bereich an der LU nur „en bloc“ bebaut werden dürfe.

Bauunternehmer Dirk Gemünden hatte schon im August 2016 bei der Bürgerinitiative Ludwigsstraße seine Vorstellungen für die Einkaufsmeile in Mainz skizziert. – Foto: gik

Die Plätze zwischen den Pavillons werden aber definitiv verschwinden, die Stadt hat bereits beschlossen, die Plätze an die neuen Investoren zu verkaufen. Grünflächen werde es dort künftig nicht geben können, sagte Bauunternehmer Tim Gemünden: „Damit der Handel funktioniert, braucht man eine Flaniermeile“, betonte Gemünden, diese Meile wolle man völlig neu entlang der LU schaffen.

Allerdings sind vor das Projekt noch einige Hürden gesetzt: Die neuen Investoren müssen sich noch endgültig mit dem Bistum Mainz über den Kauf des Grundstücks einigen – der neue Bischof muss den ursprünglichen Vereinbarungen noch zustimmen. Vor allem aber stehen die Verhandlungen mit den Karstadt-Eigentümern über den Verbleib im Warenhaus noch aus. Karstadt hat ebenso wie die Deutsche Bank noch einen Mietvertrag bis 2026, bislang hat das Warenhaus alle Vorschläge für einen Umzug abgelehnt.

„Wir wollen das Gebäude gemeinsam mit Karstadt entwickeln“, betont Graf von Pfeil. Man werde versuchen, „mit beiden Mietern eine Lösung zu finden, dass beide hinterher wieder integriert werden – nur mit einer besseren Lösung.“ Denkbar sei etwa, im Erdgeschoss des Deutsche Bank-Gebäudes eine Einkaufsmöglichkeit zu schaffen, in die Karstadt ziehen könnte, während das Gebäude renoviert werde. Die Verhandlungen mit Karstadt könnten sich allerdings durchaus noch hinziehen, das ist den neuen Eigentümern bewusst. Zu einem Zeitplan wollte sich deshalb am Dienstag niemand äußern.

Die Industrie- und Handelskammer begrüßte am Dienstag die Einigung, das bedeute „wieder Zukunftsperspektiven für den Standort Mainz.“ Die Einigung zwischen ECE und J. Molitor komme „zu einem Zeitpunkt, an dem Mainz sich als Einzelhandelsstandort mehr denn je gegen die Konkurrenz benachbarter Städte durchsetzen muss“, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Günter Jertz. Nun biete sich „die Möglichkeit, den Mainzer Einzelhandel wieder in eine führende Position im Rhein-Main-Gebiet und in Rheinhessen zu hieven.“ Deshalb sollten jetzt „alle Innenstadt-Akteure den Erwerb durch ein regionales Unternehmen als Chance begreifen und gemeinsam nach vorne schauen“, appellierte Jertz an die Stadträte, die Absichtserklärung zu verabschieden.

Info& auf Mainz&: Details zur Beschlussvorlage der Stadt für die Ausschüsse und den Stadtrat lest Ihr in Kürze ebenfalls auf Mainz& – das werden wir in Ruhe auswerten 😉 Was Bauunternehmer Dirk Gemünden schon im August 2016 als Plan für die LU hatte, könnt Ihr hier nachlesen.

Bis dahin hier schon einmal die Kurzform – das sieht die Absichtserklärung der Stadt Mainz vor:

• Städtebauliche Aufwertung durch eine standortgerechte urbane Funktionsmischung mit Einzelhandel, Dienstleistungen, Gastronomie und Wohnnutzungen
• Gesamtverkaufsfläche  von 17.000 m² (ohne die Verkaufsflächen des Pavillons Gutenbergplatz 2)
• Erhaltung und ggf. Umbau des Karstadt-Kaufhauses
• Erhalt des Parkhauses
• Das ehemalige Gebäude Karstadt Sport wird zusammen mit dem Grundbesitz des Bistums am Bischofsplatz zu einem Wohn- und Geschäftshaus entwickelt, inkl. gefördertem Wohnungsbau
• Die Stadt bringt ihre Flächen zwischen den Pavillons in die gemeinsame Entwicklung ein
• Die Stadt betreibt ein Bebauungsplanverfahren für den Bereich zwischen Gutenbergplatz und Weißliliengasse incl. des Pavillons Gutenbergplatz 2
• Im Zuge der Umsetzung werden Architekturwettbewerbe ausgelobt
• Die Entwicklung wird in städtebaulichen Verträgen fixiert
• Die Öffentlichkeit wird in geeigneter Form einbezogen
• Die weitere Planung soll auf dem vom Investor vorgelegten Rahmenplan (Faerber Architekten, 17.08.2017) sowie der o. a. Beschlusslage des Stadtrates aufbauen

 

HINTERLASSEN SIE EINEN KOMMENTAR

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein