Die Mainzer Innenstadt bekommt aktuell von Händlern und Gastronomen keine gute Noten: Der eigene geschäftliche Erfolg sei in den vergangenen Jahren gesunken, das gaben mehr als die Hälfte der Befragten bei einer Umfrage des Mainzer Citymanagements an. Der Standort Mainz erhielt von den Befragten denn auch lediglich die Schulnote 3,15 – die Liste der Verbesserungsvorschläge ist lang. Eine einheitliche Haltung zu Sonderaktionen wie Nacht-Shopping scheint es aber nicht zu geben. Mainz& kommentiert: Mehr Leben, bitte – auch in der Nacht!

Wie attraktiv ist die Mainzer Innenstadt noch zum Einkaufen? Händler und Gastronome geben nun lediglich die Note 3. - Foto: gik
Wie attraktiv ist die Mainzer Innenstadt noch zum Einkaufen? Händler und Gastronome geben nun lediglich die Note 3. – Foto: gik

Schon lange wird in Mainz diskutiert, wie die Attraktivität der Innenstadt gesteigert werden kann, denn die Probleme der Branche sind groß: Zuerst war es der Online-Handel, dann kam die Corona-Pandemie, und inzwischen ächzen die Einzelhändler und Gastronome in Mainz unter einer erheblichen Kaufzurückhaltung, ausgelöst durch massive Inflationssprünge und erhebliche Preisrallyes bei den Energiekosten.

Auch die Erreichbarkeit der City ist immer wieder ein Thema: Man merke deutlich, dass durch die immer mehr erschwerte Erreichbarkeit der Innenstadt für Autofahrer die Kundenfrequenz zurück gehe, klagen Einzelhändler bereits seit gut drei Jahren: Durch permanente Staus, reduzierte Zufahrtstraßen und auch durch Tempo 30 auf den Hauptverkehrsachsen sei die Attraktivität der Mainzer Innenstadt fürs Umland stark gesunken. Viele, die früher aus rheinhessischen Orten nach Mainz zum Shoppen kamen, führen inzwischen nach Wiesbaden, Ingelheim oder ins Main-Taunus-Zentrum.

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Geschäftlicher Erfolg deutlich gesunken: Schulnote 3,15

Die Effekte der ausbleibenden Kundenströme sind nicht zu übersehen: Leerstände in der Innenstadt, ein Trend zu Billigläden, Veröden der Fußgängerzonen – „Trading Down“ nennt man in Fachkreisen eine solche Abwärtsspirale, wie sie in Mainz derzeit vor allem an der Großen Bleiche zu sehen ist. Während in anderen Bereichen der Fußgängerzone wie der Brand oder rund um die Römerpassage geshoppt wird, hat sich die Große Bleiche zum echten Sorgenkind entwickelt – eine Lösung fand die Stadt bisher nicht.

Problemzone Große Bleiche: Aus der einstigen Einkaufsstraße ist die Schmuddelecke der Innenstadt geworden. - Foto: gik
Problemzone Große Bleiche: Aus der einstigen Einkaufsstraße ist die Schmuddelecke der Innenstadt geworden. – Foto: gik

Nun berichtet eine Umfrage des City Managements Mainz: Die Zufriedenheit der Einzelhändler und Gastronome mit ihren Geschäftsergebnissen in der Innenstadt sinkt im Ganzen deutlich. Die eigenen geschäftlichen Erfolge am Standort Mainz-Innenstadt hätten sich sich in den vergangenen Jahren verschlechtert – das gab mehr als die Hälfte der Befragten Innenstadtakteure an. Nur rund 22 Prozent berichteten, ihr geschäftlicher Erfolg habe sich seit dem Beginn ihrer Tätigkeit am Standort verbessert.

„Folgerichtig geben die Befragten dem Standort Mainz Innenstadt im Schnitt auch nur die Schulnote 3,15“, berichtet Citymanagerin Sandra Klima. Die Umfrage habe das Mainzer Citymanagement in den vergangenen Wochen unter Händlern und Gastronomen aus der City durchgeführt. „Insgesamt spiegelt die Befragung das wider, was wir auch in persönlichen Gesprächen hören“, sagte Klima: „Wir müssen weiter auf die Attraktivitätssteigerung der Innenstadt durch mehr Aufenthaltsqualität drängen, für mehr gemeinsames Handeln der Innenstadtakteure werben und gleichzeitig online und durch Events Menschen in die Stadt locken.“

Wünsche: Sauberkeit, Aufenthaltsgelegenheiten, Minispielplätze

Gefragt nach Anregungen zur Verbesserung der Standortqualität, sei deshalb auch „sehr häufig“ der Hinweis auf mehr Sicherheit und Sauberkeit und die Erhöhung der Anzahl der Mülleimer im Stadtgebiet gekommen, berichtete die Citymanagerin weiter. Es brauche zudem nach Ansicht der Befragten auch mehr Aufenthaltsmöglichkeiten für Besucher. Ein Befragter habe angeregt, die Plätze mit Highlights wie Kunstinstallationen oder Minispielplätzen oder insgesamt mehr Dekorationen zu beleben.

Mehr solche Mini-Verweilecken samt Spielmöglichkeit wünschen sich manche Innenstadtakteure. - Foto: gik
Mehr solche Mini-Verweilecken samt Spielmöglichkeit wünschen sich manche Innenstadtakteure. – Foto: gik

Wichtig sei den Befragten eine Attraktivitätssteigerung auch unter der Woche und unabhängig von Festen, betonte Klima zudem. Gleich mehrere Befragte hätten aber auch kritisch den Blick auf die eigene Gruppe gerichtet – und sich insgesamt einheitlichere Öffnungszeiten in allen Geschäften, sowie eine bessere gemeinsame Bewerbung von Shopping-Highlights wie Weihnachtsgeschäft, Winterschlussverkauf oder ähnlichem gewünscht.

Ein geteiltes Bild habe es zudem beim Thema „Anzahl der verkaufsoffenen Sonntage“ gegeben: So wünschte sich fast die Hälfte der Befragten sich eine höhere Anzahl Verkaufsoffener Sonntage, von denen es derzeit zwei pro Jahr gibt. 20 Prozent wünschten sich drei Verkaufsoffene Sonntage, 28 Prozent sogar vier. Für 28 Prozent der Befragten waren hingegen zwei verkaufsoffene Sonntage wünschenswert, 20 Prozent wollten hingegen sogar ganz darauf verzichten.

Lange Einkaufsnacht, verkaufsoffene Sonntage: geteiltes Echo

Gefragt wurde in der Umfrage zudem nach der langen Einkaufsnacht, die im September 2023 rund um das Event „Mainz leuchtet“ veranstaltet wurde. Mit 57 Prozent wünschte sich eine Mehrheit der Befragten eine Wiederholung, immerhin 43 Prozent wollten das aber nicht. Die „lange Einkaufsnacht“ hatte gegenüber dem Licht-Event eher im Hintergrund gestanden, welche Geschäfte öffnen würden und wie lange, blieb weithin unklar – bei Weitem nicht alle Geschäfte machten bei der Aktion mit.

Die Stadt Mainz hat bereits mehrfach Anläufe zur Verbesserung der Innenstadt gestartet, mal sollten 10.000 Parkkarten die Kunden zum Einkaufen locken, mal Stadtgutscheine und „Kaffee aufs Haus“. Wirklich geholfen hat bisher nichts so richtig: 2019 stellte eine Studie der Passantenfrequenz Mainz ein schlechtes Zeugnis aus: Bei dem bundesweiten Ranking auf der Grundlage von Passantenzählungen kam Mainz mit seinem Brand-Zentrum nur auf einen 55. Platz von 100 Einkaufslagen und lag bei Umsatz und Übernachtungen weit hinten.

Oberbürgermeister Nino Haase (partielos) bei der Vorstellung der neuen "Abfallhaie" in der Mainzer Altstadt. - Foto: Stadt Mainz
Oberbürgermeister Nino Haase (partielos) bei der Vorstellung der neuen „Abfallhaie“ in der Mainzer Altstadt. – Foto: Stadt Mainz

Als Gründe nannte die Studie unter anderem eine schlechte Dynamik im Einzelhandel in Sachen Neueröffnungen und Innovationen, ein mangelhaftes Angebot an Großflächen – und die Verkehrslage: Laut Umfrageergebnisse sei die mangelnde Zugkraft von Mainz auf das Umland „insbesondere auf die Verkehrsinfrastruktur zurückzuführen“ – die Anbindung sei „aktuell nicht optimal“, hieß es damals, im Jahr 2019. Seither hat sich die Erreichbarkeit der Mainzer City samt Parkhäuser eher weiter verschlechtert.

Die Stadt Mainz setzt zur Attraktivitätssteigerung unter anderem auf das neue Einkaufszentrum „Boulevard LU“, auf besseres Leerstandsmanagement – und eine neue Müllkampagne: Neue Mülleimer, genannt „Abfallhaie“, mit mehr Volumen und Zigarettenschlitz sollen für weniger Müll auf der Straße sorgen. Anfang Februar startete die Stadt Mainz zudem eine „Anti-Littering-Kampagne“ für mehr Sauberkeit auf den Straßen von Mainz – mehr dazu hier bei Mainz&.

Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) betonte zudem jüngst in diesem Zusammenhang, er habe eine Neuorganisation der Reinigungsleistungen zwischen den Ämtern auf den Weg gebracht: Dabei soll das Thema Reinigung an einer Stelle gebündelt werden, so sollten mehr Effektivität und Koordination erreicht werden.

Info& auf Mainz&: Mehr zur Frequenzstudie von Innenstädten aus dem Jahr 2019 lest Ihr hier bei Mainz&, was Fachleute zur Belebung von Innenstädten empfehlen, könnt Ihr hier bei Mainz& nachlesen: „Nachtshopping und Mieten halbieren.“

Kommentar& auf Mainz&: Mehr Leben, bitte, auch bei Nacht!

Dienstagabend 22.30 Uhr, Mainz. Eine kleine Gruppe Durstiger und Hungriger sucht nach einer Veranstaltung noch nach etwas zu Essen und zu Trinken – und muss unverrichteter Dinge nach Hause fahren. Eine Restaurant mit offener Küche, zu dieser Uhrzeit? „Nein, leider nicht, tut uns Leid“, schallt es den Suchenden aus allen Richtungen entgegen: „Wenn wenig los ist, machen wir eben früher zu.“ So geschehen aktuell in dieser Woche.

Mainz bei Nacht: schön, aber eine Genuss-Ödnis? - Foto: gik
Mainz bei Nacht: schön, aber eine Genuss-Ödnis? – Foto: gik

Nun ist den Gastronomen sicher eher weniger ein Vorwurf zu machen: Wenn sich der Betrieb nicht lohnt, macht das Offenhalten wenig Sinn. Doch ist das nicht zutiefst bedenklich? 22.30 Uhr – das ist schließlich keine Uhrzeit für ein Mainzer „Nachtleben“! Falls es das denn noch gibt: Immer öfter fällt auf, dass selbst gut gehende Weinstuben an Wochentagen, wo sonst der Betrieb brummte, dunkel da liegen – zu. Selbst Pizzerien, früher der Garant für langes warmes Essen, sind heute dicht und verlassen.

Wo ist sie hin, die fröhliche Genusskultur in Mainz, die an allen (!) Wochentagen mindestens bis Mitternacht ging? Ist es aktuell die Fastenzeit, oder doch noch die Inflation und allgemeine Preissteigerung, wie Gastronome berichten? Und was tun eigentlich Touristen, die um 22.00 Uhr oder später aus einer Veranstaltung, dem Theater oder einem anderen Kulturevent fallen, hungrig und durstig durch Mainz irren? Die Entwicklung gibt zu denken, die schlechte Bewertung der Händler und Gastronome auch: Mainz braucht MEHR Leben in der Stadt, nicht weniger – das gilt auch für die Nacht.