Die Sperrung der Theodor-Heuss-Brücke löst derzeit ein wahres Brainstorming in Sachen Verkehr in Mainz aus. Zum einen, weil die Brückensperrung zu erheblichen Staus auf dem Mainzer Autobahnring und den zwei verbleibenden Autobahnbrücken führt – aber auch, weil die Mainzer Innenstadt derzeit so leer und unbelastet ist wie nie. „Ich vermute, dass 60 Prozent des Verkehrs durch die Mainzer Innenstadt Durchgangsverkehr ist“, sagt deshalb nun der Verkehrsexperte der Mainzer CDU, Thomas Gerster, und fordert im Mainz&-Interview: „Wir müssen überlegen, wie wir den Durchgangsverkehr dauerhaft aus der Innenstadt halten.“ Vier Konsequenzen ergeben sich bisher aus Gersters Sicht aus den ersten Erfahrungen mit der Brückensperrung.

Thomas Gerster, verkehrspolitischer Sprecher der Mainzer CDU. - Foto: CDU Mainz
Thomas Gerster, verkehrspolitischer Sprecher der Mainzer CDU. – Foto: CDU Mainz

Die Sperrung der Theodor-Heuss-Brücke führt derzeit zu allerlei Aha-Erlebnissen in Mainz. Weil die wichtige Rheinquerung direkt neben der Mainzer Innenstadt seit Sonntag wegen Sanierungsarbeiten für den Individualverkehr gesperrt ist, ergeben sich ganz neue Verkehrsströme: Der Mainzer Autobahnring wird derzeit erheblich belastet, auch die Autobahnzubringer aus der Mainzer Innenstadt leiden unter einem erheblichen Verkehrsdruck, den es sonst so nicht gibt. Das lässt gleich mehrere Schlussfolgerungen zu: Aus der Mainzer Innenstadt und den Stadtteilen pendelt jeden Tag eine erhebliche Anzahl von Mainzern über den Rhein. Und: Der Durchgangsverkehr durch Mainz zur Theodor-Heuss-Brücke ist offenbar erheblich aufkommensstärker als gedacht.

40 bis 50 Prozent hatte die Mainzer Verkehrsdezernentin Katrin Eder (Grüne) im Vorfeld der Brückensperrung als Durchgangsverkehr aus Rheinhessen durch die Mainzer Innenstadt angegeben. „Ich vermute, dass eher 60 Prozent des Verkehrs durch die Mainzer Innenstadt Durchgangsverkehr ist“, sagte nun der Verkehrsexperte der Mainzer CDU, Thomas Gerster, im Mainz&-Interview: „Es war am Montag total ruhig in der Innenstadt.“ Tatsächlich herrschte in weiten Teilen der Mainzer Innenstadt an den ersten beiden Tagen der Brückensperrung zeitweise gähnende Leere. Selbst zu Zeiten, wo sonst im Berufsverkehr Auto an Auto steht, waren wichtige Durchgangsachsen wie die Rheinallee oder die Kaiserstraße so gut wie leer.

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„Durch Mainz durch fährt eigentlich nur, wer nicht anders kann, das macht ja keiner aus Vergnügen“, sagte Gerster nun: „Wir haben hier nun mal eine Situation, wo die Leute den Rhein queren – Mainz hat die einzige Rheinquerung auf 150 Kilometern Rhein.“ Die Konsequenz aus Gersters Sicht: „Wir brauchen dringend neue Rheinbrücken, das sieht man derzeit ja deutlich“, sagte er. Mainz brauche eine weitere Autobrücke im Stadtgebiet, dazu brauche es weitere Rheinbrücken im Norden und im Süden der Stadt – Gerster spielte damit auf eine weitere Rheinbrücke zwischen Bingen und Rüdesheim an, sowie auf eine immer mal wieder angedachte Rheinbrücke bei Oppenheim. Beide Brückenplanungen kommen seit Jahrzehnten nicht Recht voran, für die Brücke bei Bingen wird es nun immerhin eine neue Machbarkeitsstudie geben.

Leere Mainzer Rheinallee am Montagabend, 17.00 Uhr - im Berufsverkehr. - Foto: gik
Leere Mainzer Rheinallee am Montagabend, 17.00 Uhr – im Berufsverkehr. – Foto: gik

Die zweite Konsequenz aus den derzeitigen Erfahrungen für Gerster: „Wenn es keine neue Rheinbrücke gibt, geht die Citybahn nicht – wir hätten sonst das Chaos, das wir heute haben, in Zukunft jeden Tag“, betonte Gerster. Die Mainzer CDU fordert schon länger, das Projekt einer Citybahn zwischen Mainz und Wiesbaden nur zu realisieren, wenn für die Bahn eine neue Rheinbrücke gebaut wird. Eine Streckenführung über die Theodor-Heuss-Brücke, wie derzeit geplant, hält die CDU nicht für vereinbar mit dem täglichen Berufsverkehr. „Wir brauchen eine weitere Straßenbrücke, eine reine Rad- und Fußgängerbrücke wird das Problem nicht lösen“, betonte Gerster.

Die dritte Konsequenz: „Wir brauchen dringend den Ausbau des Mainzer Rings, damit wir endlich eine Ortsumgehung für Mainz haben“, sagte Gerster. Jede kleine Kommune auf dem Land habe inzwischen so eine Ortsumgehung, argumentiert er: „Bei uns ist das eben der Mainzer Ring, und der muss dringend ausgebaut werden, damit dort der Verkehr läuft – und zwar um die Stadt herum.“ Die Brückensperrung zeige derzeit ja: „Wir haben in Mainz viel zu viel Quell- und zu wenig Zielverkehr“, sagte Gerster, der selbst in der Mainzer Altstadt lebt. Zu viel Verkehr wolle offenbar nur durch die Stadt durch, „die kommen aus allen Teilen Rheinhessens und wollen in alle Teile Hessens“, sagte er, „das kriegen wir nicht über den ÖPNV gelöst, sondern nur über neue Brücken.“

Die Eisenbahnbrücke Nord, die Kaiserbrücke, direkt neben der Mainzer Neustadt. - Foto: gik
Die Eisenbahnbrücke Nord, die Kaiserbrücke, direkt neben der Mainzer Neustadt. Parallel zu der Brücke könnte eine Autobrücke entstehen, das wird derzeit geprüft. – Foto: gik

Sein Traum, sagte der CDU-Politiker, sei deshalb „eine Autobrücke, die über die Eisenbahnbrücke Nord geht“ – und Gerster meinte damit auch wirklich „über“: Die Autos könnten bei so einer Brücke oben drauf fahren, die Eisenbahn unten drunter. „Lärm zu Lärm“, sagt Gerster, „schließlich haben wir dort mit der Kaiserbrücke schon eine Brücke.“ Die Straßenbrücke könne im Bereich der jetzigen Hochstraße angebunden werden, damit die Autos nicht durch die Mainzer Neustadt müssten – der CDU-Landtagsabgeordnete Gerd Schreiner hatte das bereits 2015 vorgeschlagen, Gerster greift diese Idee nun wieder auf.

Die Eisenbahnspuren unten könnten dann gleich mit einem dritten Gleis ausgebaut werden, dort könne dann eine Direktverbindung von Ingelheim nach Frankfurt rollen, die nicht über den Mainzer Hbf geht. „Das wäre eine bedeutende Beschleunigung des ÖPNV“, sagte Gerster, so könne die Bahn für Pendler aus dem Rheinhessischen ins Rhein-Main-Gebiet attraktiver werden.

Der Mainzer CDU-Landtagsabgeordnete Gerd Schreiner im September 2015 unter der Mombacher Hochbrücke mit seinem Plan für eine Innenstadttangente samt neuer Rheinbrücke. - Foto: gik
Der Mainzer CDU-Landtagsabgeordnete Gerd Schreiner im September 2015 unter der Mombacher Hochbrücke mit seinem Plan für eine Innenstadttangente samt neuer Rheinbrücke. – Foto: gik

Eine Pendlerstudie der Industrie- und Handelskammer Frankfurt hatte 2018 gezeigt: Die Zahl der Pendler aus dem rheinhessischen Umland in die Rhein-Main-Region hinein hat erheblich zugenommen. Allein 70.000 Menschen fahren pro Tag nach Mainz zur Arbeit, von Mainz aus rund 40.000 nach Hessen. Und eine wachsende Zahl von Arbeitnehmern pendelt von rheinhessischen Gemeinden aus in alle möglichen Bereiche des Rhein-Main-Gebiets zur Arbeit -etwa in der Rheingau-Taunus-Kreis, nach Darmstadt, Offenbach oder Groß-Gerau. Die Verflechtungen in der Großregion hätten erheblich zugenommen, konstatierten die Wirtschaftsvertreter 2018, die Verkehrsinfrastruktur halte damit aber bei Weitem nicht Schritt.

„Wenn man von Gau-Odernheim nach Frankfurt-Eschborn will, das dauert mit dem ÖPNV viel zu lange“, sagte auch Gerster. Die Konsequenz: Gerade aus den rheinhessischen Gemeinden fahren viele Pendler mit dem Auto. Gerster fordert nun, es brauche neue Überlegungen, den Durchgangsverkehr aus Mainz zu halten. „Was machen wir, außer einem Ausbau des Mainzer Rings, um diesen Verkehr rauszuhalten“, fragte der Oppositionspolitiker: „Dann hätten wir nämlich ideale Verhältnisse hier in Mainz.“

Info& auf Mainz&: Mehr zum Thema Rheinbrücke zwischen Mainz und Wiesbaden lest Ihr hier auf Mainz&, um die Rheinbrücke bei Bingen geht es in diesem Mainz&-Text. Die CDU hatte im Kommunalwahlkampf ebenso wie ihr OB-Kandidat Nino Haase mit dem Thema Rheinbrücken geworben, mehr dazu hier. Über die Pendlerstudie der IHK haben wir hier berichtet, die Vision von einer „Brooklyn Bridge“ für Mainz könnt Ihr hier nachlesen.

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