Die 55. Mainzer Johannisnacht rollt, und es ist wie immer eine große Stadtfest-Party. Herzensmenschen treffen, miteinander Klönen und Feiern, über die LU bummeln – der Freitag stand ganz im Zeichen der Mainzer Geselligkeit. Das Wetter spielt nur so mäßig mit, auch die EM scheint doch einige vom Festbesuch abzuhalten, die Besucherzahlen sind deutlich niedriger als 2023. Der Stimmung tut das keinen Abbruch, Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) eröffnete die Johannisnacht gleich drei Mal – und ein prominenter Römer-Kämpfer wurde am Samstagnachmittag gegautscht.

Hatten Spaß bei der Eröffnung der 55. Mainzer Johannisnacht am Freitagabend (von links): Kulturdezernentin Marianne Grosse (SPD)=, Gautschmeister Jürgen Schunk, Moderatorin und OB Nino Haase (parteilos). - Foto: gik
Hatten Spaß bei der Eröffnung der 55. Mainzer Johannisnacht am Freitagabend (von links): Kulturdezernentin Marianne Grosse (SPD)=, Gautschmeister Jürgen Schunk, Moderatorin und OB Nino Haase (parteilos). – Foto: gik

Die Mainzer Johannisnacht, das sei ein Stück Mainzer Identität, sagte Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) – und das große Stadtfest „bindet auch Menschen, die neu nach Mainz kommen“, sagte Haase, das sei ihm selbst so gegangen, als er vor 21 Jahren nach Mainz kam. Gegen 20.15 Uhr war es dann so weit: Gemeinsam mit Festdezernentin Marianne Grosse (SPD) und Gautschmeister Jürgen Schunk betätigte Haase den roten Knopf auf der Bühne – die 55. Mainzer Johannisnacht war damit offiziell eröffnet.

Doch dabei blieb es nicht: Auf gleich zwei weiteren Bühnen, auf dem Markt und auf der Rockland-Bühne auf dem Liebfrauenplatz, eröffnete Haase das große Mainzer Stadtfest gleich noch zwei Mal. Mainz sei zum einen „die dynamischste Großstadt Deutschlands“, pflege zugleich aber auch seinen Traditionen, betonte der OB dabei: „Mainz gibt es seit 2000 Jahren, und wird es noch in 2000 Jahren geben, und genau diese Schnittstelle bedient die Johannisnacht“, schwärmte er: „Und deshalb ist es so ein fantastisches Fest: Vier Tage Mainz leben und richtig Mainz fühlen!“

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Gautschmeister: „Gutenberg ist Herzenssache“ – Fans aus Schottland

Auf dem Liebfrauenplatz konnte der OB dabei auch internationales Publikum begrüßen: „A warm welcome to all you mates from Scotland“, rief Haase einigen Schottischen Fußballfans zu. Die Gäste aus dem Norden waren aus Aberdeen und der Nähe von Edinborough angereist, wie sie im Gespräch mit Mainz& verrieten, und hatten in Mainz ihr Basislager für die Fußball-EM aufgeschlagen, und reisen von hier zu den Spielen ihrer Mannschaft nach Stuttgart und Frankfurt. Dass sie nun per Zufall mitten in eine riesige Stadtparty gerieten, begeisterte die Schotten sichtlich: Ihre Kollegen säßen zum Teil in anderen Städten, wo weitaus weniger los sei, berichteten sie grinsend.

Dom, Gautschmeister im Gutenberg-Outfit, Weinschorle und Sonne - Herz, was willst Du mehr? - Foto: gik
Dom, Gautschmeister im Gutenberg-Outfit, Weinschorle und Sonne – Herz, was willst Du mehr? – Foto: gik

Einige Meter weiter ließen sich gerade einige Damen aus Bayern an einem Tisch zum Essen nieder, auch sie besuchten die Johannisnacht zum ersten Mal – und waren sichtlich angetan von dem Fest. Das feiern die Mainzer seit 1968, ins Leben gerufen wurde es vom damaligen Mainzer Sozialdezernenten Karl Delorme (SPD). Delorme, selbst gelernter Buchdrucker, initiierte die Stadtparty zu Ehren des 500. Todestages des berühmtesten Sohnes der Stadt: Johannes Gutenberg, Erfinder des Buchdrucks mit beweglichen Lettern.

„Gutenberg ist Herzenssache“, bekannte denn auch Gautschmeister Jürgen Schunk bei der Eröffnung, und das wurde natürlich so richtig sichtbar am Samstag bei einem der Highlights der Mainzer Johannisnacht: Pünktlich um 16.00 Uhr begann auf der Bühne auf dem Liebfrauenplatz das große Buchdrucker-Gautschen. Bei dem Brauch aus dem Mittelalter werden den Buchdrucker-Lehrlingen am Ende ihrer Lehrzeit die Druckerschwärze abgewaschen, und das nicht nur symbolisch: Die Gautschlinge wurden in einem großen Zuber Wasser getunkt – genau das geschieht jedes Jahr auch bei der Mainzer Johannisnacht.

Ehren-Gautschling 2024: Römer-Kämpfer Christian Vahl

Auf offener Bühne und sehr zur Gaudi der Menge wurden am Samstag rund 30 junge Ex-Lehrlinge in dem riesigen Zuber getunkt und gegautscht, die meisten sind heute Mediengestalter oder bekleiden andere Berufe der digitalen Medienzunft. „Tunkt sie tiiief!“ schallte es da über den Liebfrauenplatz, auf dem sich trotz wiederholter Regenschauer einige Hundert Zuschauer eingefunden hatten.

Ehren-Gautschling 2024 Christian Vahl auf dem Weg in den Zuber. - Foto: gik
Ehren-Gautschling 2024 Christian Vahl auf dem Weg in den Zuber. – Foto: gik

Die erlebten dann auch, wie der Ehren-Gautschling des Jahres 2024 in der Wasser-Bütt landete: Christian Vahl, Herzchirurg und ehemaliger Leiter der Herzchirurgie an der Mainzer Universitätsmedizin, dazu Rotarier, Kunstgalerie-Inhaber und Vorsitzender der Initiative Römisches Mainz (IRM). Vahl wurde für sein Engagement für die Stadt und vor allem für die Bewahrung des römischen Erbes geehrt, dazu ist er Initiator der Närrischen Nachtvorlesung sowie  Sprecher der Findungskommission des Mainzer Medienpreises.

Er sei zutiefst gerührt über die Ehre, sagte Vahl nach seinem Bad im Zuber. Die Ehren-Gautschlinge haben eine lange Tradition, sie werden mit der Taufe in die Reihe der „Jünger Gutenbergs“ aufgenommen – zu den Geehrten gehörten in der Vergangenheit schon Fastnachtsikone Margit Sponheimer, die jeweiligen Direktoren des Gutenberg-Museums natürlich, aber auch Comedians und Schauspieler wie Sven Hieronymus oder Gutenberg-Musical-Erfinder Frank Golischewski. 2023 landeten Neu-OB Haase sowie der Mainzer Stadtschreiber Alois Hotschnig in der Wasser-Bütt.

Launisches Wetter, Gautschen-Gaudi und Buchdrucker-Eid

Die große Gaudi, bei der auch die tatkräftigen Packer hinterher gut getränkt sind, endet traditionell mit dem altehrwürdigen Eid der Gegautschten: „Ihr seid nun als ehrbare Gesellen und Schwarzkünstler anerkannt“, erklärte Gautschmeister Schunk: „Wir erwarten von Euch jetzt und immer, Eurer hohen Aufgabe und Verantwortung bewusst handelt, wie schön dieser Beruf ist. Ich frage Euch: Wollt Ihr Euch solcher guten und kollegialen Art befleißigen, dann sprecht mir nach: Jawohl, wir wollen es!“

Ehren-Gautschling Christian Vahl bekam den traditionellen Ehren-Gautschbrief überreicht. - Foto: gik
Ehren-Gautschling Christian Vahl bekam den traditionellen Ehren-Gautschbrief überreicht. – Foto: gik

Natürlich wollten die frisch Gegautschten, und gelobten das mit dem traditionellen Glas Wein in der Hand – und bekamen anschließend noch ein Ständchen des Ehren-Gautschlings: Vahl spielte mit dem Trio Aeterna und Sängerin Kathrin Dohle noch die Mainzer Hymne „Im Schatten des Doms“. Neben dem Ehren-Gautschbrief bekam Vahl zudem einen dunkelroten Bademantel überreicht, den ein eingestickter Gutenbergkopf ziert.

Zum Glück kam zum Ende der Veranstaltung auch die Sonne wieder heraus. Wettermacher Petrus zeigte sich an den ersten beiden Festtagen durchaus launisch: Am Freitag wie auch am Samstag sorgten immer wieder heftige Regenschauer dafür, dass die Gäste Schutz und Unterstand suchen mussten. Der Besucherandrang war denn auch am Freitagabend und am Samstagnachmittag deutlich reduzierter als im Vorjahr, als das Fest bei strahlendstem Sommerwetter einen Besucherrekord verzeichnete.

Vier Tage Stadtfest mit Büchermarkt, Rummel und Feuerwerk

Vier Tage lang feiert Mainz insgesamt den Sommer, die Lebensfreude und den Namenstag des berühmten Buchdruckers, bis in die Nacht hinein wird auf der Festmeile vom Schillerplatz bis an den Rheinufer gefeiert. Am Samstag startete auch der große antiquarische Büchermarkt rund um den Ballplatz in das Fest, der Künstlermarkt am Rheinufer samt Kirmes Rheinvergnügen lockten die Besucher bereits am Freitagabend an.

Gemeinsamer Schwur der Gautschlinge am Ende. - Foto: gik
Gemeinsamer Schwur der Gautschlinge am Ende. – Foto: gik

Allerdings drückt auch die Fußball-EM im eigenen Land offenbar auf die Besucherzahlen – zu den Abendspielen verschwanden viele vor die Fernseher, zumal am späteren Freitagabend zuweilen ein kühler Wind durch die Gassen pfiff. Die Polizei freute sich wiederum über einen entspannten Auftakt: Es seien nur wenige Einsatzlagen zu verzeichnen gewesen, selbst der Starkregen am Freitag habe keine negativen Auswirkungen gehabt, hieß es in einem kurzen Zwischenbericht.

Die Mainzer Johannisnacht geht noch bis einschließlich Montagabend und endet mit dem traditionellen Großfeuerwerk, das ab 22.30 Uhr auf dem Rhein abgefeuert wird, und zwar vor dem Kurfürstlichen Schloss.

Info& auf Mainz&: Alle Infos rund um die Mainzer Johannisnacht findet Ihr hier bei Mainz&. Und natürlich darf unsere Fotogalerie nicht fehlen: