Mainz gilt gemeinhin als sichere Stadt, nun will die Stadtverwaltung wissen: Ist das wirklich so? Wie sicher fühlen sich die Mainzer wirklich in ihrer Stadt? Gibt es Angst-Räume, wie sicher fühlt man sich auf Großveranstaltungen – und hilft es wirklich, wenn die Polizei dort mit Maschinengewehren Wache hält? Am Donnerstag startete die Stadt genau dazu eine groß angelegte Umfrage in Zusammenarbeit mit der Polizei und dem Institut für Publizistik der Universität Mainz. Die Umfrage läuft vorwiegend online, man kann aber auch ganz traditionelle Fragebögen auf Papier ausfüllen – die Abgabe sollte bis Ende Juni passiert sein.

Lidl Supermarkt in der Mainzer Neustadt mit Bahnanlage davor. - Foto: gik
Dunkle Ecken, Industriegelände, Parkplätze, Bahnanlagen – solche Ecken erhöhen in der Regel nicht das Sicherheitsgefühl von Menschen. – Foto: gik

„Mainz gilt als sichere Stadt“, betonte Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD), das belegten alle Statistiken der vergangenen Jahre. Trotzdem wolle die Stadt erfragen, „wo fühlen sich die Mainzer sicher oder unsicher, ich finde das wichtig“, sagte Ebling. Natürlich sei ein solches Gefühl subjektiv, „aber auch solche Faktoren sind wichtig“, unterstrich der OB – das könne wichtige Hinweise für Stadtentwicklung und Stadtplanung geben, wo sich etwas ändern müsse.

So galt vor einigen Jahren der Bahnhofsvorplatz als Drogenumschlagplatz und unsicherer Ort, zuletzt war diese Szene samt Unsicherheitsgefühl in die Grünanlagen hinter dem Stadthaus abgewandert. Die Stadt ging gemeinsam mit der Polizei an beiden Orten konsequent gegen Umtriebe vor, beide Ecken sind nun gefühlt deutlich sicherer geworden. Generell gelten dunkle Ecken und Unterführungen als sogenannte „Angsträume“, so wird als unangenehm immer wieder die Gegend zwischen den Bonifaziustürmen empfunden, auch das Altmünstercenter war so ein Ort. Die Unterführung an der Goethestraße wurde deshalb vor ein paar Jahren mit einem bunten Leuchtband versehen, Licht und Menschen helfen gegen ein diffuses Unsicherheitsgefühl.

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Der Mainzer Hauptbahnhof. - Foto: gik
Der Mainzer Hauptbahnhof galt vor ein paar Jahren als Schmuddelecke, sein Vorplatz als unsicheres Pflaster. Das hat sich gründlich geändert. – Foto: gik

„Das Thema Innere Sicherheit und Kriminalität interessiert die Leute“, sagte Gregor Daschmann, Professor für Kommunikationswissenschaften am Institut für Publizistik, der die Umfrage erstellt hat. „Wir fragen nach persönlichen Kriminalitätserfahrungen in den vergangenen zwölf Monaten, aber auch nach der eigenen Risikowahrnehmung, ob man glaubt, in den nächsten 12 Monaten Opfer einer Straftat zu werden“, erklärte Daschmann: „Und wir erheben auch, ob Anzeige bei der Polizei gestellt wurde.“ So könne man im Abgleich mit der Kriminalstatistik sehen, wie hoch die Dunkelziffer für Kriminalität in Mainz sei.

In dem Fragebogen können die Mainzer auch konkrete Orte oder Plätze angeben, auf denen sie sich besonders unsicher fühlen. Zugleich wird auch abgefragt, ob man im vergangenen Jahr Opfer einer Straftat war – von Einbruch über Taschendiebstahl bis hin zu Pöbeleien und Belästigungen. „Es geht nicht darum zu sagen, die Mainzer sind ein besonders ängstliches Volk“, betonte Daschmann, sondern darum zu sehen, ob Ängste in der Bevölkerung gestiegen oder heruntergegangen seien. Den Vergleich will die Studie dann zu vor 15 Jahren ziehen – 2004 führte die Stadt zuletzt eine solche Umfrage zum Sicherheitsempfinden der Mainzer durch.

Polizeistreife auf dem Mainzer Weihnachtsmarkt. - Foto: gik
Wie sicher fühlen sich die Mainzer auf Großveranstaltungen wie dem Mainzer Weihnachtsmarkt? Auch das will die Umfrage wissen. – Foto: gik

Einen Abgleich will die Studie aber auch zu den offiziellen Kriminalstatistiken ziehen, um zu erkennen: Entsprechen die erfassten Kriminalitätsdaten dem Empfinden in der Bevölkerung, oder klafft hier ein Graben? Die Frage etwa, wie wahrscheinlich es sei, in den kommenden 12 Monaten Opfer einer Straftat zu werden, stehe so eins zu eins in der „Viktimisierungsanalyse“ des Bundeskriminalamtes (BKA), erklärte Daschmann: „Wir können am Ende mit der Analyse des BKA abgleichen und dann statistisch erhärten, ob Mainz eine sichere Stadt ist, und wie hoch die Ängste der Menschen im Bundesvergleich sind.“

Ein wichtiger Bereich des Fragebogens dreht sich zudem um Fragen zu Großveranstaltungen und dem Auftreten der Polizei: Welche Großveranstaltungen hat der Befragte im Laufe des Jahres besucht und ist der Besuch solcher Events zurückgegangen oder eher gestiegen? Fühlen sich die Menschen auf Großevents wie Festen oder Fußballspielen eher sicher oder meiden sie gar solche Massenevents, und wenn ja, aus welchen Gründen? All das möchte der Fragebogen wissen – und stellt dann auch noch die Frage, welche Maßnahmen das Sicherheitsgefühl erhöhen und welche nicht. Fühlen sich Menschen also tatsächlich sicherer, wenn Straßen zu Festen durch Betonblöcke oder Müllwagen blockiert sind, wenn es viele Kontrollen auf dem Veranstaltungsgelände gibt oder wenn die Polizei sichtbar Beamte mit Maschinenpistolen vor Ort platziert?

Polizeikräfte beim Tag der Deutschen Einheit in Mainz. - Foto: gik
Hilft martialisches Auftreten der Polizei bei Großevents für das Sicherheitsgefühl – oder eher nicht? – Foto: gik

„Wie nehmen Leute das Verhalten der Polizei bei Großveranstaltungen wahr? Sollen wir mit einer starken Präsenz auftreten und vermitteln dadurch Sicherheit – oder passiert gerade das Gegenteil?“ Solche Fragen seien bundesweit bisher nur ganz selten erhoben worden, sagte Daschmann, für die Polizei seien sie aber sehr spannend. 32 Fragen sind es insgesamt, die bei der Umfrage gestellt werden, die Beantwortung dauere etwa 15 bis 20 Minuten, je nach Akribie des Antwortenden, sagte Daschmann.

Für die Mitarbeit setzen die Publizisten in erster Linie auf das Internet, die Auswertung kann so schneller und kostengünstiger geschehen. Da man aber wisse, dass gerade ältere Menschen das Thema Sicherheit eine große Rolle spiele, die aber oft nicht online unterwegs seien, werde es auch ausgedruckte Fragebögen geben, sagte Daschmann. Ab der kommenden Woche würden die Fragebögen in den Ortsverwaltungen ausliegen und könnten dort auch ausgefüllt wieder abgegeben werden. Erhoben werden übrigens keine personenbezogene Daten, die Angaben bleiben also völlig anonym.

Ein Polizeiauto vor dem Mainzer Dom. - Foto: Grimminger
Wie sicher ist Mainz und wie sicher fühlen sich seine Bürger? Das soll als Ergebnis am Ende der Sicherheitsumfrage 21019 stehen. – Foto: Grimminger

Um die Umfrage aber noch statistisch repräsentativer zu machen, werden Studierende des Instituts für Publizistik zudem 200 Face-to-Face Interviews und mehr als 200 Telefoninterviews durchführen. Damit könne man ein Ungleichgewicht bei den Online-Umfrageergebnisse ausgleichen und erhalte „Stichproben, die ein strukturgleiches Abbild der Mainzer bieten“, sagte Daschmann. 11.000 Fälle seien bei der letzten Umfrage 2004 eingegangen, „ich bin gespannt, ob wir das wieder erreichen.“ Der Zeitraum ist relativ kurz: Schon Ende Juni ist Deadline, die Ergebnisse soll es im Herbst geben.

Info& auf Mainz&: Dann also mal los: Zur Mainzer Sicherheitsumfrage 2019 geht es auf dieser Internetseite – nach dem Aufrufen geht es auch direkt los. Den Fragebogen gibt es übrigens in den fünf Sprachen Deutsch, Englisch, Russisch, Türkisch und Italienisch, es sind die in Mainz am häufigsten gesprochenen Sprachen. Mitmachen kann übrigens jeder, der möchte – auch wenn er nicht in Mainz wohnt, sich aber trotzdem für die Stadt und das Thema interessiert. Auf die Umfrage kommt Ihr auch direkt, wenn Ihr diesen QR-Code mit dem Smartphone einscannt:

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