Wenn am heutigen Mittwoch der Mainzer Stadtrat zu seiner Sitzung zusammentritt, kommt es gleich zu mehreren Premieren: Erstmals tagt der Rat in der Halle 45 in Mainz-Mombach – und erstmals wird die Stadtratssitzung im Livestream übertragen, und das gleich in einer Sitzung mit grundlegenden Entscheidungen für Mainz: Die 60 Stadträte sollen über den neuen Kostenplan zur Rathaussanierung entscheiden, über den Neubau des Guttenberg-Museums am alten Standort sowie über die Anschaffung von neuen Blitzern im Stadtgebiet. Auch eine Resolution zur Aufnahme von Flüchtlingen steht auf der Tagesordnung, ebenso das Thema Baggersee im Weisenauer Steinbruch.

Der Mainzer Stadtrat im alten Sitzungssaal im Mainzer Rathaus, von der Besuchertribüne aus gesehen. Foto: gik
Der Mainzer Stadtrat im alten Sitzungssaal im Mainzer Rathaus, von der Besuchertribüne aus gesehen. Foto: gik

Übertragungen von Parlamentssitzungen live und im Internet sind eigentlich längst Standard, der rheinland-pfälzische Landtag bietet bereits seit einigen Jahren Livestreams von den Plenumssitzungen an, seit Beginn der Corona-Pandemie sind auch so gut wie alle Ausschusssitzungen in Echtzeit online zu verfolgen. Bei der Stadt Mainz zierte man sich hingegen lange, erst im Juni 2019 machte der Stadtrat bei seiner ersten Sitzung nach der Kommunalwahl mit einer neuen Hauptsatzung den Weg für Livestreams frei: die neue Hauptsatzung ermöglicht nun auch Bild- und Tonaufnahmen von Stadtratssitzungen.

Doch eine Umsetzung scheiterte danach erneut: Als der Stadtrat wegen der Rathaussanierung in die Steinhalle des Landtags zog, lehnte der Landtag eine Mitnutzung seiner Technik durch die Stadtverwaltung aus Sicherheitsgründen ab, eine eigene Lösung wurde bislang nicht realisiert. Nun kommt er aber doch: Die Stadtratssitzung am 23. September wird erstmals per Livestream übertragen. Auf der neu eingerichteten Internetseite „Stadtratssitzung live“ können Interessierte am Mittwoch ab 15.00 Uhr die Ratssitzung mitverfolgen. Eine Aufzeichnung der Sitzung soll danach auf der gleichen Seite zur Verfügung gestellt werden.

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Der Stadtrat soll am Mittwoch über die Rathaussanierung abstimmen, samt Kostenexplosion. - Foto: gik
Der Stadtrat soll am Mittwoch über die Rathaussanierung abstimmen, samt Kostenexplosion. – Foto: gik

Spannend genug wird es: Auf der Tagesordnung stehen wichtige Themen für die Stadtentwicklung, so sollen die Stadträte etwa den neuen Kostenplan zur Rathaussanierung beschließen. Erst vor zwei Wochen hatte Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) eine wahre Explosion der Sanierungskosten verkündet: Statt ursprünglich 50 Millionen Euro soll die Sanierung nun knapp 100 Millionen Euro kosten – und auch das nur, wenn auf wesentliche Neuerungen wie das Bürgerdach oder ein transparentes Bürgerfoyer verzichtet wird.

Ob die Stadträte das mittragen, ist bislang unklar, von der Opposition kam scharfe Kritik, der neue Plan opfere alle Verbesserungen für die Bürger, das sei inakzeptabel. Die CDU stellte gar den gesamten Sanierungsbeschluss in Frage – eine Mehrheit, ihn zu kippen, hat sie nicht. Die AfD beantragt am Mittwoch erneut einen Bürgerentscheid – ein solcher wurde bereits vom Rat mehrfach verworfen. Die Opposition wirft zudem Oberbürgermeister Ebling vor, das wahre Kostenausmaß vor der OB-Wahl im Herbst 2019 bewusst verschwiegen zu haben, der Bund der Steuerzahler forderte, einen Rathaus-Neubau „endlich vorurteilsfrei zu prüfen“ – dass die Kritiker am Mittwoch Gehör finden, ist indes nicht zu erwarten. Die Beschlussvorlage für den Stadtrat folgt bislang genau den Vorstellungen des Oberbürgermeisters.

Auch die Mülldeponie im alten Steinbruch sowie der dort geforderte Baggersee sind Themen im Stadtrat. - Foto: gik
Auch die Mülldeponie im alten Steinbruch sowie der dort geforderte Baggersee sind Themen im Stadtrat. – Foto: gik

Ansonsten spielen die Themen Verkehr, Umwelt und Corona eine große Rolle: Die CDU fragt unter anderem nach dem Umgang mit Maskenverweigerern im ÖPNV, die SPD nach der Verwendung der Corona-Soforthilfsmaßnahmen des Landes. Piraten & Volt wollen Auskunft zu den sozialen Folgen der Corona-Pandemie – und dazu, wie verhältnismäßig die Vertreibungsaktion der Stadt gegen angebliches Partyvolk am Mainzer Winterhafen war.  Die ÖDP setzt zudem Maßnahmen und Strategien zum Schutz bei Extremwetter auf die Tagesordnung, und fragt nach der Haltung der Stadt zum neuen Wiesbadener Stadtteil Ostfeld – mehr dazu hier bei Mainz&. Den ersehnten und von einer Petition geforderten Baggersee im Weisenauer Steinbruch machen ÖDP und CDU zum Thema – gerade erst forderte der Weisenauer Ortsvorsteher Ralf Kehrein (SPD), die dort geplante Mülldeponie zu überdenken, sie sei inzwischen überflüssig.

Bei den Anträgen fordern Piraten & Volt mehr begrünte Gebäude für Mainz, die AfD will die Hundesteuer abschaffen, die CDU mehr Outdoor-Fitnessanlagen errichten. Die regierende Ampel-Koalition aus Grünen, SPD und FDP wiederum will die Sonderregelungen für die Außengastronomie gleich bis Ende 2021 verlängern und fordert, bessere Lösungen für die Unterbringung Obdachloser unter Corona-Bedingungen für den Winter zu erarbeiten. Gemeinsam mit ÖDP und Linken hat die Ampel zudem eine Resolution auf den Weg gebracht: Man „unterstütze die Bemühungen der Landesregierung, beim Bundesminister des Inneren Zustimmung für die Aufnahme von Geflüchteten aus dem Lager Moria zu finden“, heißt es da – wie viele Flüchtlinge Mainz aufzunehmen bereit wäre, sagen die Antragsteller nicht.

Info& auf Mainz&: Die gesamte Tagesordnung des Mainzer Stadtrats für den 23. September 2020 findet Ihr mit allen Themen und Unterlagen hier im Internet, der Stadtrat tagt erstmals in der Halle 45 in Mainz-Mombach. Die Sitzung beginnt um 15.00 Uhr und kann auf dieser Internetseite im Livestream verfolgt werden.

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