Die Debatte um Böllerverbote zeigt offenbar Wirkung: Zum Start in das neue Jahrzehnt 2020 verpulverten die Mainzer deutlich weniger Feuerwerk als im Jahr zuvor – so zumindest der Eindruck gleich mehrerer Beobachter im Stadtgebiet von Mainz. Die Feinstaubwerte indes explodierten auch in dieser Silvesternacht: Um kurz nach Mitternacht ging die Kurve für PM10 an der Messstation in der Parcusstraße steil nach oben, 80 Mikrogramm waren es etwa um 5.00 Uhr morgens – bis 13.00 Uhr kletterte der Wert gar auf 91 Mikrogramm, weit über dem Verträglichen. Die Feuerwehr musste in Mainz zu gleich drei Balkonbränden ausrücken, 60 medizinische Notrufe mussten weitergeleitet werden.

Feuerwerk Silvester 2019 auf der Hechtsheimer Höhe. - Foto: gik
Feuerwerk Silvester 2019 auf der Hechtsheimer Höhe. – Foto: gik

Als es Mitternacht schlug, begrüßte auch Mainz das neue Jahrzehnt mit allerlei Raketen, Böllern und Knallerei. Nach unserer Beobachtung, die uns von mehreren Seiten bestätigt wurde, verballerten die Mainzer in diesem Jahr aber deutlich weniger Knallkörper als in den Jahren zuvor – in die Luft geschossen wurden mehr Raketenbatterien, die vielfach gleich semiprofessionell wirkten. Wunderschön. Weniger vertreten schienen hingegen die Bodenknallkörper, und so standen die Zuschauer zumindest auf der Hechtsheimer Höhe deutlich weniger in giftigen Rauchschwaden als es in den Vorjahren schon mal der Fall gewesen war.

Gut war die Luft dennoch nicht: Bis auf 91 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft kletterten die Feinstaubwerte in der Mainzer Parcusstraße im Laufe des Vormittags, auf der Mainzer Zitadelle waren es 83 Mikrogramm in der Spitze. Die Messstation an der Rheinallee war in Sachen Feinstaub in der Nacht deaktiviert. Mainz gehörte damit wieder einmal zu den Spitzenreitern bundesweit. Und die Werte sanken in diesem Jahr nur langsam: Noch am 2. Januar wurden in der Parcusstraße Feinstaubwerte über dem Grenzwert von 50 Mikrogramm gemessen. Grund war die windstille Inversionswetterlage, die nur langsam einen Luftaustausch zuließ.

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Überhaupt hält die Parcusstraße in Sachen Feinstaub bundesweit einen unrühmlichen fünften Rang: 2019 kam es hier mit insgesamt 18 Grenzwertüberschreitungen zum fünftschlechtesten Wert von ganz Deutschland, wie aus der Jahresbilanz des Umweltbundesamtes hervorgeht. Erlaubt sind laut EU-Regeln maximal 35 Überschreitungen pro Jahr des Tagesgrenzwerts von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft.

Balkonbrand in der Neujahrsnacht 2020 in der Mainzer Neustadt. - Foto: Stadt Mainz/Mainzer Feuerwehr
Balkonbrand in der Neujahrsnacht 2020 in der Mainzer Neustadt. – Foto: Stadt Mainz/Mainzer Feuerwehr

Eine sehr unruhige Nacht hatte zudem die Mainzer Feuerwehr: Zwischen 22.00  und 03.00 Uhr morgens gab es insgesamt 14 Feuerwehreinsätze, davon 10 im Stadtgebiet Mainz und vier Einsätze in den Landkreisen Mainz-Bingen und Alzey-Worms. In Mainz kam es dabei vor allem zu gleich drei Balkonbränden – vermutlich mindestens zum Teil durch Feuerwerkskörper ausgelöst. So wurden die Einsatzkräfte bereits um 17.25 Uhr zu einem Balkonbrand in die Münsterstraße gerufen. Eine aufmerksame Nachbarin hatte hier brennende Gegenstände auf einem Balkon im 9. Stock bemerkt. Die Dame unterstützte die Feuerwehr beim Auffinden der Brandwohnung, so konnte ein Übergreifen auf die Wohnung und somit ein größerer Schaden durch die Einsatzkräfte verhindert werden.

Um kurz nach Mitternacht gingen dann Notrufe ein, weil ein Balkon in der Mainzer Neustadt brannte: im 1. Stock eines Wohnhauses hatten Gegenstände hinter einer Betonbrüstung Feuer gefangen. Sofort wurde ein Löschangriff sowohl über die Drehleiter als auch über den Treppenraum vorbereitet. Kurz nach dem Eintreffen der Feuerwehr barst aber die Scheibe zur Wohnung, die Wohnung verrauchte daraufhin stark. Die Feuerwehr konnte aber einen noch größeren Schaden an der Wohnungseinrichtung verhindern. Die Wohnungen des gesamten Gebäudes mussten allerdings entraucht werden, eine Bewohnerin wurde vorsorglich vom Rettungsdienst in eine Mainzer Klinik transportiert.

Weniger Feuerwerk als in den Vorjahren gabs an Silvester 2019-2020 in Mainz. - Foto: gik
Weniger Feuerwerk als in den Vorjahren gabs an Silvester 2019-2020 in Mainz, die Luft war trotzdem nicht gut. – Foto: gik

Gegen 1.00 Uhr dann wurde die Feuerwehr zu einem Balkonbrand in die Mainzer Oberstadt gerufen. Beim Eintreffen war bereits der Nachbar, der den Brand bemerkt hatte, dabei, mit Wasser aus einem Gartenschlauch eine Brandausbreitung zu verhindern. Der Balkon stand in Vollbrand und der Brand drohte sich auf das Gebäudeinnere und das Dach auszubreiten. Personen befanden sich glücklicherweise nicht mehr im Gebäude, die Feuerwehr begann natürlich gleich mit der Brandbekämpfung und lobte: Auch durch das beherzte Eingreifen des Nachbarn habe eine Ausdehnung des Brandes auf weitere Gebäudeteile verhindert werden können. Die Eigentümerin kam später an die Einsatzstelle und musste vom Rettungsdienst vor Ort betreut werden.

Parallel dazu musste die Feuerwehr auch mehr als 60 eingehende Notrufe mit medizinischen Hilfeersuchen an die Rettungsleitstelle Mainz vermitteln, das waren deutlich mehr medizinische Notrufe als ein Jahr zuvor. Eine ausgesprochen ruhige Nacht hatte dagegen die Mainzer Polizei: Im gesamten Bereich des Polizeipräsidiums Mainz – also einschließlich Rheinhessen – kam es nur zu ganzen acht Strafanzeigen, eine verschwindend geringe Zahle für das abgedeckte Gebiet, betonte ein Polizeisprecher auf Mainz&-Anfrage. Darunter waren vier Sachbeschädigungen, zwei Eigentumsdelikte, einmal eine Beleidigung und einmal eine Körperverletzung – das war so wenig, dass die Mainzer Polizei nicht einmal eine Pressemitteilung dazu herausgab.

Feinstaubwerte in der Silvesternacht 2019-2020 an der Messstation in der Mainzer Parcusstraße. - Foto: gik
Feinstaubwerte in der Silvesternacht 2019-2020 an der Messstation in der Mainzer Parcusstraße. – Foto: gik

Grund für den niedrigen Stand: Man habe in diesem Jahr umfangreiche Präventionsmaßnahmen ergriffen, gerade an Stellen, wo es sonst zu Schlägereien oder Belästigungen gekommen sei, sagt Polizeisprecher Matthias Bockius gegenüber Mainz&. Das Ergebnis: Die Polizei stellte zwar in 67 Fällen die Identitäten von potenziellen Randalierern fest und sprach 29 Platzverweise aus – in Gewahrsam genommen werden mussten aber nur zwei Personen. Zum Vergleich: In Frankfurt wurden rund 70 Personen vorübergehend in Gewahrsam genommen. „Die Taktik war, frühzeitig bei kritischen Situationen einzugreifen, das ist aufgegangen“, sagte Bockius. Und noch etwas Positives hatte die Polizei zu vermelden: Weder kam es zu irgendwelchen Sexualdelikten in der Silvesternacht, noch wurden Feuerwerkskörper auf Polizisten oder andere Einsatzkräfte geworfen.

Info& auf Mainz&: Mehr zu den Feinstaubwerten in Mainz findet Ihr hier beim Umweltbundesamt bei den Aktuellen Luftdaten im Luftqualitätsindex. Die Jahresbilanz 2019 in Sachen Feinstaub findet Ihr hier als Tabelle.

 

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