Nach zehn Jahren erhöht die Stadt Mainz nun erstmals wieder die Preise für Schmutzwasser und Niederschlagswasser. „Es war jetzt wieder an der Zeit – leider“, sagte die Vorstandsvorsitzende des Mainzer Wirtschaftsbetriebs, Jeanette Wetterling. Es seien nun zu viele preissteigernde Faktoren zusammengekommen: Tariflohnerhöhungen, Investitionen, der Verlust von Großkunden – und zuviel Müll in der Kanalisation, der da nicht hingehört. Im bundesweiten Städtevergleich blieben die Mainzer Entwässerungsentgelte aber mit am günstigsten, hieß es weiter.

Die Kläranlage der Stadt Mainz in Mainz-Mombach. - Foto: gik
Die Kläranlage der Stadt Mainz in Mainz-Mombach. – Foto: gik

Zum 1. Januar 2022 kostet damit Schmutzwasser 1,62 Euro pro Kubikmeter, für das Niederschlagswasser werden dann 0,75 Euro pro Quadratmeter fällig, das seien 22 beziehungsweise 15 Cent mehr als bislang, teilte der Mainzer Wirtschaftsbetrieb nun mit.  Das Unternehmen verdiene an der Kostensteigerung übrigens nichts, betont man bei der städtischen Tochter, denn Gebühren und Beiträge dürfen nur der Kostendeckung dienen, nicht aber der Gewinnerzielung.

Damit wird erstmals seit zehn Jahren die Entsorgung von Abwasser aus Toilette, Spüle und Dusche, aber auch des Regenwassers von oben in Mainz teurer, Wetterling nannte dafür eine Vielzahl von Gründen: allgemeine Kostensteigerungen, Tariflohnerhöhungen,  aber auch Investitionen, dazu der Verlust von Großkunden wie Cargill oder Nestlé – beide Unternehmen waren in den vergangenen Jahren aus Mainz abgezogen. „Unter dem Strich war das in Gänze einfach nicht mehr aufzufangen“, sagte Wetterling weiter. Denn die Bandbreite des Aufgabengebiets sei immens, der Bereich „Entwässerung“ kalkulatorisch eine echte Herausforderung.

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In der Mainzer Kläranlage wird das Abwasser seit Sommer 2021 auch auf Coronaviren untersucht - als Frühwarnsystem. - Foto: gik
In der Mainzer Kläranlage wird das Abwasser seit Sommer 2021 auch auf Coronaviren untersucht – als Frühwarnsystem. – Foto: gik

Der Mainzer Wirtschaftsbetrieb betreibt die größte kommunale Kläranlage in Rheinland-Pfalz, dazu ein Kanalnetz von mehr als 800 Kilometern Länge, das ständig gepflegt, kontrolliert und repariert werden muss. Dazu besitzt das Unternehmen unter anderem einen Fuhrpark aus Spezialfahrzeugen, darunter seien eigens angefertigte Unikate, die maßgeschneidert für die Kanal- oder Sinkkastenreinigung seien – und bis zu 750.000 Euro Wert, und zwar pro Stück. Bezahlt werden muss natürlich auch die Belegschaft von rund 200 Mitarbeitern, ein Labor, in dem die Zusammensetzung der Abwässer kontrolliert und das auch für moderne Forschung genutzt wird – etwa zur Untersuchung der Abwässer auf Coronaviren.

Eine Vielzahl von Hochleistungspumpen in dem Kanalnetz muss zudem gewartet werden, die im gesamten Stadtgebiet verteilten Pumpen sorgen dafür, dass das Abwasser auch wirklich dort ankommt, wo es ankommen soll: im Zentralklärwerk in Mainz-Mombach. Rund 45 Millionen Liter Schmutz- und Niederschlagswasser erreichen die Mainzer Kläranlage, und zwar pro Tag, und gerade dieses Schmutzwasser macht zunehmend einen Haufen Probleme: „Es landen einfach viele zu viele Dinge in der Kanalisation, die dort nicht hingehören“, klagte Wetterling: Windeln, Wattestäbchen, Essensreste, Binden, wasserfeste Küchen-, vor allem aber Feuchttücher sorgten nicht nur für einen stetig wachsenden Müllberg in der Kläranlage, der anschließend teuer entsorgt werden müsse.

Arbeitsbereiche des Mainzer Wirtschaftsbetriebs: Kanäle, Rühre, Labor und Kläranlage. - Foto: Wirtschaftsbetrieb Mainz
Arbeitsbereiche des Mainzer Wirtschaftsbetriebs: Kanäle, Rühre, Labor und Kläranlage. – Foto: Wirtschaftsbetrieb Mainz

„Noch schlimmer sind die Schäden, die dadurch an unseren Anlagen entstehen können“, betonte die Unternehmenschefin. Verstopfte Zuläufe seien da nur ein Beispiel, lahmgelegte Abwasserpumpen ein anderes. Zuletzt sei ein Rechen unter der Abfalllast, die in seinem Inneren angefallen war, regelrecht zusammengebrochen. „Bei seinem Einbau vor nicht einmal zehn Jahren war mit solchen Mengen nicht zu rechnen gewesen und das Maschinenteil deshalb auch nicht dafür ausgelegt“, erklärte Wetterling. Eine Reparatur sei nun unmöglich gewesen, der Rechen habe getauscht werden müssen – der Schaden allein in diesem Fall: rund 70.000 Euro. „Geld, dass wir größtenteils sparen könnten, wenn wasserunlösliche Stoffe nicht über die Toilette oder den Abfluss entsorgt würden“, betonte Wetterling.

Bereits im April 2020, im ersten Corona-Lockdown, hatte das Unternehmen eindringlich darum gebeten, die Toilette nicht als Mülleimer zu nutzen: Taschentücher oder Küchenkrepp, Binden, Windeln und dazu Fette und Essensreste könnten sich zu meterlangen „Müll-Monstern“ verbinden, die dann Rohre und Kanäle verstopfen oder Pumpen lahmlegen könnten, indem sie Motoren beschädigten oder sogar zerstörten. Nun machen die Wirtschaftsbetriebe die Müll-Monster auch für einen Teil der Preissteigerungen mit verantwortlich.

Feste Stoffe wie Windeln und Taschentücher gehören ebensowenig in die Toilette wie Essensreste oder gar Arzneimittel. - Foto: WB Mainz
Feste Stoffe wie Windeln und Taschentücher gehören ebensowenig in die Toilette wie Essensreste oder gar Arzneimittel. – Foto: WB Mainz

Keine Rolle für die Preissteigerung habe hingegen die neue Klärschlammverbrennungsanlage gespeilt, betonte Wetterling weiter – der Bau der Anlage war vor Jahren hochumstritten, Gegner hatten damals gewarnt, die Anlage würde zu höheren Wasserpreisen führen. Die Gebühren- und Abgabenschraube werde „durch die Klärschlammverbrennungsanlage nicht weiter angezogen – im Gegenteil“, sagte sie: Auch wenn der Bau länger gedauert und die Anlage dadurch unter dem Strich mehr gekostet haben werde als geplant, „zahlen die meisten Gesellschafter der Thermischen Verwertung Mainz GmbH für die Entsorgung ihres Klärschlamms weniger als auf dem freien Markt. Mittlerweile hätten sich die Preise auf dem Markt verdreifacht „und das hat sogar unsere extremsten Prognosen bei Weitem übertroffen“, unterstrich Wetterling: Die Anlage werde wird wie geplant zur Entgeltstabilität beitragen.

Die Preise weiter steigen lassen wird hingegen die geplante vierte Reinigungsstufe der Mainzer Kläranlage: Diese vierte Reinigung des Abwassers soll kleinste Mikroschadstoffe wie Arzneimittelrückstände, Röntgenkontrastmittel oder Pestizide aus dem Wasser filtern können, seit rund einem Jahr laufen dafür bereits die Planungen. „Frühestens 2026 wird die Mainzer Kläranlage entsprechend aufgepeppt sein“, sagte Wetterling, und räumte ein: „Auch das wird Geld kosten und die Entgelte erneut steigen lassen.“

Ein Spülfahrzeug für die Mainzer Kanalisation spült einen Gullieinlauf. - Foto: WG Mainz
Ein Spülfahrzeug für die Mainzer Kanalisation spült einen Gullieinlauf. – Foto: WG Mainz

Für die Kalkulation der ab 1, Januar 2022 geltenden Preise werden übrigens jeweils die Kostenentwicklung der vergangenen drei Jahre herangezogen, dazu kommen dann noch die Kostenprognosen für die kommenden drei Jahre. Die so ermittelten Gesamtkosten werden
dann durch die abgerechneten Wassermengen beziehungsweise die veranlagten Grundstücksflächen dividiert, dadurch ergebe sich die Schmutzwassergebühr pro Kubikmeter und der Beitrag für Niederschlagswasser je Quadratmeter, so das Unternehmen weiter. Würde sich dabei eine Absenkung der Preise ergeben, versichern die Wirtschaftsbetriebe weiter, „dann würden die Gebühren und Beiträge gesenkt und zu viel geleistete Zahlungen im nächsten Abrechnungsbescheid als Guthaben ausgewiesen.“

Info& auf Mainz&: Mehr zu den Gebühren und Abgaben in Sachen Abwasser findet Ihr hier beim Wirtschaftsbetrieb der Stadt Mainz, auf der Internetseite findet Ihr auch viele weitere Informationen zu Kläranlage, Kanalnetz und ähnlichen Themen. Ausführliche Infos zum Thema „Deine Toilette ist kein Mülleimer“ könnt Ihr hier bei Mainz& nachlesen, über das Forschungsprojekt, „Coronaviren im Abwasser erkennen“ haben wir hier bei Mainz& berichtet.

 

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