Jedes Jahr rügt der Bund der Steuerzahler in seinem „Schwarzbuch“ Steuerverschwendung von Städten und Ländern, in diesem Jahr triff es erneut Mainz: Für ein provisorisches Baugerüst habe die Stadt Mainz rund 168.000 Euro bezahlt – weil das Gerüst bereits seit neun Jahren an der Volkshochschule (VHS) Mainz steht. Eigentlich hätte hier längst ein zweites Fluchttreppenhaus gebaut werden sollen, doch statt zwei Jahren blieb das Baugerüst satte neun Jahren stehen.

Die VHS in Mainz wurde fast zehn Jahre lang von einem Gerüst geziert. - Foto: gik
Die VHS in Mainz wurde fast zehn Jahre lang von einem Gerüst geziert. – Foto: gik

Seit 2013 stand an der Volkshochschule am Mainzer Karmeliterplatz ein provisorisches Gerüst, das die Landeshauptstadt angemietet hatte, berichtet der Bund der Steuerzahler (BdSt) in seiner aktuellen Mitteilung in Sachen „Schwarzbuch“, und rügt: „Fast hätte dieses kostspielige Provisorium sein zehnjähriges Jubiläum erreicht.“ Denn wegen Brandschutzvorschriften stellte man 2013 fest: Die städtische Volkshochschule benötigt dringend einen zweiten Rettungsweg, ohne den das 1960 errichtete Gebäude nicht weiterbetrieben werden darf.

Die Stadt stellte nun 2013 eilig ein Fluchttreppengerüst auf – eigentlich als Provisorium gedacht. Das Gerüst sollte bis September 2015 aufgestellt bleiben, dann sollte die grundlegende Ertüchtigung des VHS-Gebäudes beginnen: Geplant war ein modernes Treppenhaus aus Stahl und Glas als zweiter Rettungsweg. Doch aus Kostengründen habe „das hochverschuldete Mainz jedoch diese Baumaßnahme wiederholt verschoben“, berichtet der BdSt nun: „So wurden für das Fluchttreppengerüst aus rund zwei Jahren Standzeit satte neun Jahre.“

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Und das ging ins Geld: „Monat für Monat zahlte Mainz für das angemietete Gerüst durchschnittlich rund 1.700 Euro brutto“, heißt es im Schwarzbuch weiter. Die Gesamtmietkosten hätten sich bis heute auf rund 168.000 Euro brutto aufsummiert, rechnet der BdSt weiter vor. Für das neue Treppenhaus rechne die Stadt derweil mit Brutto-Baukosten von 268.000 Euro – damit war das Baugerüst schon mehr als halb so teuer wie die ganze Neubaumaßnahme.

Die VHS in Mainz von der Rückseite. - Foto: gik
Die VHS in Mainz von der Rückseite. – Foto: gik

Inzwischen kann sich Mainz den neuen Anbau wegen des warmen Geldsegens der Impfstoff-Herstellers Biontech problemlos leisten problemlos leisten, der BdSt rügt das Vorgehen dennoch als unnötige Verschwendung von Steuergeldern: „Letztlich wurde das Fluchttreppengerüst so teuer, dass seine Mietkosten absurderweise mehr als die Hälfte der Baukosten des regulären Treppenhauses betragen“, heißt es weiter: „Da kann man sich als Steuerzahler nur entrüsten.“

Das Gerüst an der VHS stehe übrigens teilweise immer noch, „entgegen der ursprünglichen Ankündigung der Landeshauptstadt Mainz wurde es noch nicht vollständig abgebaut“, fügte der BdSt noch hinzu: Bis dahin müsse Mainz weiterhin eine Monatsmiete von rund 1.400 Euro zahlen. Die Mainzer Stadtverwaltung hatte zuletzt noch am 31. Mai 2022 auf eine Anfrage der FDP im Stadtrat eingeräumt, „haushalts-und kapazitätsbedingte Gründe“ hätten zu der Verzögerung geführt.

„Mehrere Anläufe, die Maßnahme über Förderprogramme zu finanzieren, blieben ohne Erfolg, was zu zeitlichen Verzögerungen führte“, teilte Baudezernentin Marianne Grosse (SPD) mit, und kündigte an: Das Fluchtwegegerüst werde Ende August/Anfang September 2022 abgebaut. „Zu diesem Zeit-punkt beginnen die Umbaumaßnahmen am Gebäude“, so die Dezernentin weiter: „Hierzu wird das gesamte Gebäude mit einem Baustellengerüst eingerüstet.“

Info& auf Mainz&: Eine der weiteren jüngsten Rügen des Steuerzahlerbundes gegenüber der Stadt Mainz hatte es im Oktober 2019 gegeben – damals kritisierte der BdSt Kosten von 41.000 Euro für neue Stimmzettel bei der Kommunalwahl: Die Stadtverwaltung hatte wegen falsch geschriebener Kandidatennamen alle Stimmzettel neu drucken müssen.