Der landesweite Warntag in Rheinland-Pfalz und Hessen ist nicht reibungslos verlaufen: Zwar zog das Mainzer Innenministerium ein zufriedenes Fazit, das Land Hessen informierte hingegen über eine Panne, die alle beteiligten Bundesländer betraf. Demnach funktionierte die technische Übertragung der Warnnachricht von MOWAS an die Warnapps Katwarn und HessenWARN am Donnerstag nicht. Das ist nicht banal: Probleme mit der Schnittstelle hatte es schon bei der Flutkatastrophe im Ahrtal 2021 gegeben, Warnungen zur Flutwelle wurden deshalb nicht zwischen den Apps Katwarn und NINA ausgetauscht. Betroffene im Ahrtal blieben auch deswegen ungewarnt.

In Mainz schrillten am Donnerstag pünktlich um 10.00 Uhr die Sirenen zum ersten Landesweiten Warntag los. - Foto: gik
In Mainz schrillten am Donnerstag pünktlich um 10.00 Uhr die Sirenen zum ersten Landesweiten Warntag los. – Foto: gik

Am Donnerstag hatte es in den vier Bundesländern Hessen, Rheinland-Pfalz, Bayern und Nordrhein-Westfalen erstmals einen eigenen Landesweiten Warntag gegeben, der zusätzlich zum bundesweiten Warntag im September stattfand. In Mainz schrillten pünktlich um 10.00 Uhr die Sirenen los, nachdem landesweit eine Warnung über das Modulare Warnsystem MOWAS ausgelöst worden war. In Rheinland-Pfalz geschah das erstmals durch das neue Lagezentrum Bevölkerungsschutz im Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz (LfBK) in Koblenz.

Innenminister Michael Ebling (SPD) zog am Mittag ein zufriedenes Fazit: „Der landesweite Warntag hat gezeigt, dass wir in Rheinland-Pfalz über leistungsfähige Warnsysteme verfügen, die im Ernstfall Leben retten können“, teilte Ebling bereits um 11.00 Uhr mit, kurz nachdem die Warnsysteme um 10.45 Uhr plangemäß Entwarnung gegeben hatten. Ziel des Landes sei es, „diesen Erfolg weiter auszubauen und unsere Warninfrastruktur stetig zu optimieren“, betonte der Minister. Die Belastungsprobe habe die Funktionsfähigkeit der verschiedenen Warnmittel bestätigt, darunter die Warn-Apps NINA und KATWARN, der Mobilfunkdienst Cell Broadcast sowie Radio und Fernsehen.

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Panne am Warntag: Keine Warnung via Katwarn und HessenWARN

Doch das stimmte so nicht: Wie das Land Hessen am Mittag mitteilte, war es bei dem Ausspielen des Warnsignals zu einer schweren Panne gekommen. „Leider kam es bei der technischen Übertragung der Warnnachricht vom bundesweiten Modularen Warnsystem an die HessenWARN- sowie auch die KATWARN-App zu einem Fehler“. teilte der hessische Innenminister Roman Poseck (CDU) mit. Das habe zur Folge gehabt, dass die Auslösung beider Apps in sämtlichen der übenden Bundesländer nicht funktioniert habe – also auch nicht in Rheinland-Pfalz. Die hessische Warnapp beruht auf Katwarn, ist aber deutlich umfangreicher als Katwarn oder NINA, in ihr finden sich auch Warnungen zu Rückrufen, Betrugsdelikten oder Wildunfallgefahren.

Die vom Fraunhofer Institut in Kaiserslautern entwickelte Warnapp Katwarn ist das Original der Handy-Warnapps in Deutschland. – Foto: Katwarn
Die vom Fraunhofer Institut in Kaiserslautern entwickelte Warnapp Katwarn ist das Original der Handy-Warnapps in Deutschland. – Foto: Katwarn

Poseck betonte, aufgrund des Warnmittelmixes aus Warnapps, Cell Broadcast und Sirenen hätten die Bürger „gleichwohl erreicht werden“ können, der Fehler werde nun seitens des Anbieters untersucht. Das aber weckt ungute Erinnerungen an die Flutkatastrophe im Ahrtal im Juli 2021: Damals nämlich waren Warnungen an die Bevölkerung vor der Flutwelle im Ahrtal zwar auf Katwarn ausgespielt, aber eben nicht an die Zwillings-App NINA weitergeleitet worden – heraus kam das aber erst ein Jahr später im Untersuchungsausschuss des Mainzer Landtags.

Das Problem dabei: Die Warnapps Katwarn und NINA existieren parallel, die Kommunen können selbst entscheiden, welches System sie benutzen – viele Bürger wissen aber gar nicht, dass es da einen Unterschied gibt, und welche Warnapp ihre Kommunen eigentlich bespielt. Die Stadt Mainz etwa nutzt wie viele Kommunen die Warnapp NINA, die für kommunale Träger billiger ist. In Hessen aber beruht das landesweite Warnsystem weitgehend auf Katwarn, von dessen System auch die HessenWARN-App gespeist wird.

Schnittstelle zwischen Katwarn und NINA versagte im Ahrtal

Und genau das hatte 2021 auch zu dem technischen Übertragungsfehler geführt: Bei einer von Hessen gewünschten Programmieränderung für die App HessenWARN war damals ein technischer Fehler entstanden, der am 14. Juli 2021 dazu führte, dass Warnmeldungen von Katwarn eben nicht automatisch an NINA übertragen und dort auch ausgespielt wurden – so hatte es der Gesamtprojektleiter für Katwarn, Daniel Faust, im Mai 2022 vor dem Untersuchungsausschuss des Mainzer Landtags ausgesagt.

Die Schnittstelle zwischen den Warnapps NINA und Katwarn funktionierte 2021 im Ahrtal nicht. - Foto: BBK
Die Schnittstelle zwischen den Warnapps NINA und Katwarn funktionierte 2021 im Ahrtal nicht. – Foto: BBK

Das Problem dabei: Dieser Schnittstellenfehler war erst im Dezember 2021 aufgefallen und bereinigt worden. Faust hatte damals kritisiert, man habe keine technische Umgebung, in der man testen könne, ob Abläufe nach Umstellungen funktionierten – das liege am Bundesamt für Katastrophenschutz BBK. Dort sollte in der Folge eine solche Testumgebung entwickelt werden, ob das geschah, darüber informierte das BBK nie. Es stehe ja „wie ein rosa Elefant im Raum, dass sich diese Fehler wiederholen können“, merkte damals der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Martin Haller, einigermaßen fassungslos an.

Dass es nun neuerliche technische Probleme bei der Koordinierung zwischen Katwarn und NINA gab, dürfte also getrost als Alarmsignal gewertet werden. Poseck betonte denn auch, der Warntag am Donnerstag habe „gezeigt, wie wichtig die regelmäßige Überprüfung der Funktionsfähigkeit unseres breit angelegten Warnsystems ist.“ Die Fehler sollten nun schnellstmöglich mit dem Anbieter behoben werden – der Warntag habe sich damit bereits jetzt gelohnt und solle auch künftig fortgesetzt werden. Grundsätzlich habe der Verlauf des Warntages gezeigt, „dass Hessen im Bereich des Bevölkerungsschutzes gut aufgestellt ist und die Bürgerinnen und Bürger im Ernstfall zuverlässig gewarnt werden können.“

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Ebling: 2026 sollen Kommunen selbst MOWAS auslösen können

In Rheinland-Pfalz hatten sich an dem ersten Landesweiten Warntag insgesamt rund 40 Landkreise, kreisfreie Städte und Verbandsgemeinden mit eigenen Warnungen beteiligt. Für das kommende Jahr sollten nun die Kommunen selbst in der Lage sein, MoWaS über ihre jeweilige Integrierte Leitstelle auslösen zu können, kündigte Ebling an: „So können die Verantwortlichen in den Kommunen praxisnah Erfahrungen mit dem System sammeln und die Abläufe erproben.“

Das Lagezentrum Bevölkerungsschutz in Koblenz ist zum 1,. Januar 2025 gestartet und soll künftig als eine echte Warnmeldungszentrale fungieren. - Foto: Innenministerium RLP
Das Lagezentrum Bevölkerungsschutz in Koblenz ist zum 1,. Januar 2025 gestartet und soll künftig als eine echte Warnmeldungszentrale fungieren. – Foto: Innenministerium RLP

Auch das war eines der Kernprobleme in der Flutkatastrophe im Ahrtal vor vier Jahren: Da hatte sich gezeigt, dass gerade Ehrenamtliche im Katastrophenschutz in denn Kommunen vor Ort mit dem Warnsystem MOWAS überhaupt nicht umgehen können – genau deshalb wurde die höchste Warnstufe 5 samt Evakuierungsanordnung in der Kreisverwaltung Ahrweiler mit über einer Stunde Verspätung und erst nach 23.00 Uhr herausgegeben: Der einzige, der MOWAS bedienen konnte, war nicht früher von einem Einsatz zurückgekehrt. So unterblieben essentielle Warnungen vor der Flutwelle – allein im Raum Bad Neuenahr-Ahrweiler starben nach 23.000 Uhr mehr als 80 der insgesamt 136 Toten in der Flutnacht.

Als eine Konsequenz aus der Flutkatstrophe baut das Land Rheinland-Pfalz seither gemeinsam mit den Kommunen zudem die Sirenen im Land wieder deutlich aus. In den vergangenen drei Jahren hätten so insgesamt 660 Sirenen ertüchtigt und neu gebaut werden können, teilte das Mainzer Innenministerium mit. Land und Bund hatten im Rahmen der Sirenenförderung seit 2021 Zuwendungen in Höhe von insgesamt rund 11,4 Millionen Euro für den Ausbau von Sirenen bewilligt. Für das Jahr 2025 sieht das Land weitere Fördermittel in Höhe von 2 Millionen Euro vor.

Sirenen werden modernisiert und ausgebaut

Hessen hat seit 2020 seine Kommunen bei der Modernisierung der Sirenenanlagen mit rund 2,1 Millionen Euro unterstützt und stellt pro Jahr rund 1,6 Millionen Euro für den Wiederaufbau einer flächendeckenden Sirenenwarninfrastruktur zur Verfügung, dazu kommen noch fast 900.000 Euro an Bundesmitteln. Im Jahr 2023 habe man so in Hessen mit dem Sonderförderprogramm fast 1.000 Maßnahmen in Gesamthöhe von mehr als 4,7 Millionen Euro gefördert, betonte Poseck.

Eine der neuen, modernen Funksirenen, wie sie derzeit überall angeschafft werden, hier in Mainz-Ebersheim. - Foto: gik
Eine der neuen, modernen Funksirenen, wie sie derzeit überall angeschafft werden, hier in Mainz-Ebersheim. – Foto: gik

In den Jahren 2021 und 2022 seien es bereits mehr als 500 Maßnahmen mit rund 6,4 Millionen Euro gewesen. Im Ergebnis hätten inzwischen wieder rund 85 Prozent der Kommunen Sirenen in Betrieb, weitere zehn Prozent beabsichtigten, kurzfristig wieder Sirenen für die Warnung der Bevölkerung einzusetzen.

In Rheinland-Pfalz betonte der Minister, der Warntag habe „gezeigt, dass wir auf einem guten Weg sind, aber wir wollen noch besser werden.“ Das neue Lagezentrum Bevölkerungsschutz erweise sich dabei als „wertvoller Baustein im Umgang mit Not- und Gefahrenlagen in Rheinland-Pfalz.“ In dem Lagezentrum laufen erstmals überhaupt im Bundesland alle wichtigen Informationen zu Krisen, Wetter und möglichen Katastrophen in einem Raum zusammen, werden fachkundig ausgewertet und bei Bedarf an die Kommunen weitergegeben. Das Lagezentrum soll einmal rund um die Uhr und an sieben Tagen besetzt sein.

Info& auf Mainz&: Mehr zur hessischen Warnapp HessenWARN könnt Ihr ausführlich hier bei Mainz& nachlesen.