Die CDU ist auch die klarer Siegerin bei der Bundestagswahl im Wahlkreis Mainz, doch Wahlkreissiegerin Ursula Groden-Kranich gehört trotzdem zu den Verlierern des Abends. Die Landeshauptstadt selbst bleibt eine Hochburg der Grünen, die aber dennoch die Konkurrenz der SPD fürchten müssen – und der Sensations-Sieger des Abends heißt auch in Mainz: die Linke. So in etwa lässt sich das Bundestagswahlergebnis für die Landeshauptstadt Mainz und den Wahlkreis Mainz zusammenfassen. Ein wichtiges Ergebnis dabei: Die Wahlbeteiligung in Mainz-Stadt betrug sensationelle 85,6 Prozent. Eine Mainz&-Analyse.

Wahlsieger und mutmaßlich nächster Bundeskanzler: CDU-Kandidat Friedrich Merz. - Screenshot: gik
Wahlsieger und mutmaßlich nächster Bundeskanzler: CDU-Kandidat Friedrich Merz. – Screenshot: gik

Schon die ersten Prognosen um 18.00 Uhr machten an diesem Wahlabend deutlich, was sich in den Wochen zuvor abzeichnete: Die CDU ist die Siegerin der vorgezogenen Bundestagswahl 2025. Nach dem Stand der Hochrechnungen gegen 22.00 Uhr liegt die Union demnach mit 28,5 Prozent auf Platz eins, mit deutlichem Vorsprung vor der AfD, die auf 20,5 Prozent kommt. Die beiden großen Verlierer des Abends heißen SPD und FDP: Die Kanzlerpartei verliert mehr als 9 Prozentpunkte und fällt auf nur noch 16,5 Prozent – ein Debakel für die Sozialdemokraten, das wohl vor allem der Performance von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zuzuschreiben ist.

Zweiter großer Verlierer: die FDP. Sie verliert knapp 7 Prozentpunkte und scheitert mit Sicherheit an der Fünf-Prozent-Hürde – das zeichnete sich nach langem Bangen im Laufe des späteren Abends deutlich ab. Die Grünen wiederum müssen ebenfalls Federn lassen (-2,8 Prozent laut ZDF) und kommen nur noch auf 11,9 Prozent, die Linke hingegen schafft ein Sensations-Comeback mit 6,7 Prozent. Ob das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) den Einzug in den Bundestag schafft, ist weiter unklar: Das BSW bewegte sich gegen 22.00 Uhr weiter mal über, mal unter 5 Prozent.

- Werbung -
Werben auf Mainz&

Ergebnis im Wahlkreis Mainz: Sieg CDU, Sieger Daniel Baldy

Der Trend im Bund spiegelt sich zum Großteil auch im Ergebnis im Wahlkreis Mainz: Auch hier ist die CDU mit 26,5 Prozent der Zweitstimmen die große Siegerin. Direktkandidatin Ursula Groden-Kranich (CDU) kann mit 27,3 Prozent auch klar den Wahlkreis für sich entscheiden, und doch könnte die Christdemokratin am Ende leer ausgehen: Nach dem Stand der Prognosen gegen 23.00 Uhr wird es für Groden-Kranich wegen der Wahlrechtsreform wohl eher nicht zum Einzug in den Bundestag reichen. Groden-Kranich hatte am Abend auf der Wahlparty der Mainzer CDU auch deutlich kritisiert, die Neuregelung missachte den Wählerwillen.

Bangen am Abend bei der Mainzer CDU um den Sieg im Wahlkreis mit Direktkandidatin Ursula Groden-Kranich (Mitte). - Foto: gik
Bangen am Abend bei der Mainzer CDU um den Sieg im Wahlkreis mit Direktkandidatin Ursula Groden-Kranich (Mitte). – Foto: gik

„Wir müssen bis morgen warten“, sagte am späten Abend CDU-Kreischef Thomas Gerster auf Mainz&-Anfrage: „Wir haben gewonnen, darüber freue ich mich sehr.“ Groden-Kranich habe zudem einen „grandiosen Wahlkampf gemacht“, doch aufgrund des neuen Wahlrechts werde es wohl zum Sprung in den Bundestag nicht reichen. Denn die CDU holte in Rheinland-Pfalz bis auf den Wahlkreis Kaiserslautern alle anderen 14 Erststimmen, nun hängt es davon ab, wie viele Sitze die CDU Rheinland-Pfalz im Bundestag erringen kann.

Landesweit holte die CDU in Rheinland-Pfalz mit 30,6 Prozent ebenfalls den Sieg, im Gegensatz zu früheren Wahlen legte aber auch hier im Land die AfD stark zu und kommt jetzt auf 20,1 Prozent – im Wahlkreis Kaiserslautern liegt die in Teilen rechtsextreme Partei gar mit 25,9 Prozent auf Platz 1. In Mainz hat die AfD hingegen weiter wenig zu melden: Im gesamten Wahlkreis Mainz-Bingen kommt sie nur auf 10,8 Prozent der Zweitstimmen, in Mainz selbst sogar nur auf 8,4 Prozent.

Grüner Direktkandidat Thorsten Becherer enttäuscht: Nur Platz 3

Bemerkenswert: Auch in Mainz-Stadt holte Groden-Kranich mit 24,3 Prozent die meisten Erststimmen, ganz knapp vor Daniel Baldy von der SPD, der den Wahlkreis 2021 gewonnen hatte. Baldy schob sich mit 23,6 Prozent sogar noch ganz knapp vor den Grünen Thorsten Becherer, der auf 23,2 Prozent kam. Das waren zwar 1,1 Prozentpunkte mehr als 2021, reichte aber nicht für den Sieg, denn im Umland Mainz-Bingen erzielte Becherer lediglich 12,9 Prozent der Erststimmen und kam so am Ende im gesamten Wahlkreis Mainz nur auf 19,1 Prozent.

Der Essity-Manager Thorsten Becherer schaffte es im Wahlkreis Mainz nicht ganz nach vorne. - Foto: Grüne
Der Essity-Manager Thorsten Becherer schaffte es im Wahlkreis Mainz nicht ganz nach vorne. – Foto: Grüne

„Persönlich bin ich natürlich enttäuscht“, sagte Becherer am Abend im Gespräch mit Mainz&, „ich hätte mir mehr gewünscht, aber ich glaube, es ist ein respektables Ergebnis.“ Er selbst habe im Wahlkampf alles gegeben, „wir hatten noch nie so viel Engagement im Wahlkampf wie jetzt“, sagte Becherer weiter. Und immerhin hätten die Grünen „unser Ergebnis als einzige Ampelpartei halbwegs gehalten.“ Tatsächlich verloren die Grünen mit rund 2,8 Prozentpunkten am wenigsten im Vergleich zu SPD und FDP, doch Kanzlerkandidat Robert Habeck blieb damit unter dem Ergebnis von Annalena Baerbock 2021 – und weit unter seinen eigenen Ambitionen.

Selbstkritik mochten die Grünen dennoch am Wahlabend nicht üben: Habeck sah die Schuld am Ergebnis vor allem darin, dass sich die Grünen nach der umstrittenen Abstimmung im Bundestag zur Migrationspolitik nicht klar von CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz abgegrenzt hätten. Becherer wiederum sagte, als Politik-Quereinsteiger sei es für ihn einfach schwierig gewesen, sich gegenüber zwei bekannten Bundestagsabgeordneten zu behaupten. „Wir wussten von Anfang an, dass der Bekanntheitsgrad das Problem ist“, sagte Becherer, „gerade in der kurzen Zeit und im Winter sich bekannt zu machen, war schwierig.“

SPD nur noch bei 18 Prozent, Baldy aber im Bundestag

Das aber zeigt: Die Grünen siegen nicht mehr automatisch, egal welchen Kandidaten sie aufstellen – ein wesentlicher Unterschied zu den jüngsten Wahlen in Mainz. Landesweit kommt die Mit-Regierungspartei auch nur noch auf 10,4 Prozent in Rheinland-Pfalz, das sind 2,2 Prozentpunkte weniger als 2021. Im Wahlkreis Mainz liegen die Grünen aber mit 20,7 Prozent der Zweitstimmen immerhin auf Platz 2 – in Mainz selbst sind sie gar mit 24,1 Prozent weiter starke Kraft – allerdings nur noch hauchdünn vor der CDU, die auch in Mainz-Stadt auf 23,7 Prozent kommt.

Der SPD-Mann Daniel Baldy (Mitte) bleibt Abgeordneter im Deutschen Bundestag, hier mit den SPD-Chefs Ata Delbasteh und Jana Schmöller. - Foto: gik
Der SPD-Mann Daniel Baldy (Mitte) bleibt Abgeordneter im Deutschen Bundestag, hier mit den SPD-Chefs Ata Delbasteh und Jana Schmöller. – Foto: gik

Verlierer und Gewinner des Wahlabends zugleich ist denn  auch die SPD: Die Sozialdemokraten müssen auch in ihrer einstigen Hochburg Mainz erhebliche Verluste hinnehmen (-7,1 Prozentpunkte) und kamen am Sonntag nur noch auf 18,1 Prozent in Mainz-Stadt und auf 18,5 Prozent im gesamten Wahlkreis. Bei den Chefs der Mainzer SPD tröstete man sich damit, man liege ja immerhin noch um zwei Prozentpunkte vor dem Bundestrend: „Hier in Mainz sind wir stabil“, rief SPD-Kreischef Ata Delbasteh am Abend den SPD-Anhängern in der Kulturei zu: „Darauf können wir aufbauen, und darauf werden wir aufbauen!“

Dass bei den Sozialdemokraten am Abend doch noch Jubel aufkam, lag an einem Mann: Daniel Baldy. Der SPD-Bundestagsabgeordnete verlor zwar den Wahlkreis an die CDU-Konkurrentin, Dank des guten Listenplatz 4 reichte es dennoch zum Einzug, wie die SPD am Abend bekanntgab – auch, weil die SPD lediglich ein Direktmandat in Rheinland-Pfalz im Wahlkreis Kaiserslautern holte. Baldy übertraf mit seinem persönlichen Erststimmenergebnis im Wahlkreis Mainz mit 23,7 Prozent zudem deutlich das Zweitstimmenergebnis der SPD im Wahlkreis, ein Erfolg für den gerade einmal 30-Jährigen.

FDP im Tal der Tränen: Raus aus dem Bundestag, Absturz in Mainz

„Ja, das Ergebnis ist heute nicht so wie vor vier Jahren, als wir jubeln konnten“, räumte Baldy am Sonntagabend auf der Wahlparty der SPD ein. Grund dafür seien diverse Ursachen, einer davon sei aber „auch der Spitzenkandidat“ gewesen – also Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). „Ich habe eine Partei erlebt, die trotzdem gelaufen ist“, dankte Baldy den Helfern, der Türwahlkampf sei dabei der Schlüssel zum Erfolg gewesen. Ziel müsse nun sein, dass Rheinland-Pfalz bei der Landtagswahl im Frühjahr 2026 SPD-Land bleibe.

FDP mit Parteichef Christian Lindner: Absturz ins Tal der Tränen. - Foto: gik
FDP mit Parteichef Christian Lindner: Absturz ins Tal der Tränen. – Foto: gik

Dafür aber wird sich auch im Bund die SPD stark erneuern müssen: „Dieses Ergebnis ist eine Zäsur, das muss aufgearbeitet werden“, forderte am Abend eine sichtlich mitgenommene SPD-Landeschefin Sabine Bätzing-Lichtenthäler im SWR-Fernsehen, und räumte ein: „Die Ampel ist abgewählt, das ist ein bitteres Ergebnis.“ Nun müsse die SPD klären, wieso sie derart stark das Vertrauen der Wähler verloren habe – und wie sie es zurückgewinnen könne. Eines ist dabei schon klar: Kanzler Scholz kündigte am Abend seinen Rückzug an.

Im Tal der Tränen befindet sich derweil die FDP: Sie stürzte auch in Mainz auf nur noch 5,1 Prozent der Zweitstimmen ab, das waren satte sechs Prozentpunkte weniger als 2021. Direkt-Kandidat David Dietz holte gar nur 3,8 Prozent der Erststimmen, in der Stadt Mainz waren es ebenfalls nur 3,7 Prozent, die Wahlparty der FDP Mainz am Abend: Verwaist. Die Erfolge der Liberalen in der Ampel-Regierung seien „nicht durchgedrungen“, sagte der FDP-Fraktionschef im Mainzer Landtag, Philipp Fernis. Die Zerstrittenheit der Ampel-Regierung in Berlin, ihr Bruch am Ende – all das ging vor allem auch mit den Liberalen nach Hause.

Comeback des Jahres: Linke erzielt in Mainz 13,9 Prozent

Am späteren Abend rutschte die FDP denn auch immer weiter weg von der Fünf-Prozent-Hürde, gegen Mitternacht lag sie gar nur noch bei 4,4 Prozent. „Das werden bittere vier Jahre“, sagte ein Liberaler noch. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) könnte es nach neuestem Stand hingegen womöglich doch noch über die Fünf-Prozent-Hürde schaffen, in Mainz erzielte das neue Bündnis ganze 3,3 Prozent der Zweit- und 2,2 Prozent der Erststimmen.  Das war immerhin mehr als die Europapartei Volt, die gerade einmal auf 1,3 Prozent der Zweit- und 1,9 Prozent der Erststimmen kam.

Vorläufiges Endergebnis der Bundestagswahl in Mainz. - Grafik: Landeswahlleiter, Screenshot: gik
Vorläufiges Endergebnis der Bundestagswahl in Mainz. – Grafik: Landeswahlleiter, Screenshot: gik

Die heimliche große Siegerin der Wahlnacht war denn auch eine klängst Totgesagte: die Linke fuhr in Mainz mit 11 Prozent der Zweitstimmen einen Sensationserfolg ein – im Stadtgebiet Mainz kam sie gar auf 13,9 Prozent – das waren 8,3 Prozentpunkte mehr als 2021. Offenbar profitierte gerade die alte Linkspartei von zwei frischen neuen Köpfen an der Bundesspitze und dem Protest gegen die Abstimmung der CDU im Bundestag zur Migrationspolitik.

Bei den Erststimmen verlor die Linke im Vergleich zu 2021 allerdings deutlich um vier Prozentpunkte, und kam mit ihrem Spitzenkandidaten „nur“ noch auf 11 Prozent. Der Grund: Direktkandidat Gerhard Trabert war mitten im Wahlkampf schwer erkrankt und hatte keinerlei Termine wahrnehmen können, das schadete der Linken ganz offensichtlich – vielleicht auch, weil sie eine klare Entscheidung, wie es mit Trabert weitergeht, vermied.

„Wir haben von Gerhard Trabert nichts gehört“, räumte der Vorsitzende der Linkspartei in Rheinland-Pfalz, Dave Koch, am Abend im SWRT-Fernsehen ein, fügte aber hinzu: „Wir gehen davon aus, dass wir in Kürze von der Familie ein Signal bekommen, ob er das Mandat annehmen kann oder nicht.“ Die rheinland-pfälzische Linke werde voraussichtlich nun zwei Sitze im neuen Bundestag bekommen. „Das ist das Comeback des Jahres“, freute sich Koch.

Info& auf Mainz&: Alle Ergebnisse der Bundestagswahl in Rheinland-Pfalz findet Ihr hier im Internet, alle Ergebnisse in Mainz im Detail bis hinunter auf jeden Stimmbezirk könnt Ihr hier nachschlagen. Was die CDU am Wahlabend sagte, haben wir bereits in unserem ersten Text zum Wahlabend hier bei Mainz& aufgeschrieben.

UPDATE&: „Der nächste Kanzler heißt Friedrich Merz!“ – Klarer Sieg der CDU bei Bundestagswahl, Debakel für SPD, FDP muss zittern