Es war der Paukenschlag am Mittwoch: Einen neuen Stadtteil für Mainz wolle er in seiner zweiten Amtszeit als Oberbürgermeister entwickeln, kündigte Michael Ebling (SPD) bei der Bekanntgabe seiner erneuten Kandidatur an – und sorgte bei der Opposition umgehend für Staunen: „Ebling zieht mit einer CDU-Idee in den Wahlkampf“, sagte CDU-Fraktionschef Hannsgeorg Schönig, und CDU-Chefin Sabine Flegel reagierte: „Das ist wohl ein Witz: Die Idee und den Antrag der CDU für einen neuen Stadtteil als Schnapsidee abschmettern und dann 60 Stunden nach Schließung der Wahllokale, das gleiche fordern. Da fehlen einem echt die Worte!“

CDU-Baufachmann Gerd Schreiner auf der Anhöhe zwischen Hechtsheim und Bodenheim mit einem Plan für den neuen Stadtteil "Rheinhöhe" im Mai 2017. - Foto: gik
CDU-Baufachmann Gerd Schreiner auf der Anhöhe zwischen Hechtsheim und Bodenheim mit einem Plan für den neuen Stadtteil „Rheinhöhe“ im Mai 2017. – Foto: gik

Tatsächlich war es die CDU, die im Mai 2017 den Vorschlag machte, einen neuen Stadtteil für Mainz zu entwickeln. Der neue Stadtteil mit Namen „Rheinhöhe“ könne auf der Anhöhe zwischen Hechtsheim und Bodenheim liegen, auf städtischer Gemarkung und mit Blick auf den Rhein. Felder von Landwirten befinden sich dort derzeit, das Landschaftsschutzgebiet Laubenheimer Ried beginnt erst weiter unten am Hang. Hier oben wäre Platz für einen ganzen Stadtteil, 800 mal 900 Meter groß, mit Platz für 1.000 Häuser und rund 10.000 Mainzer, sagte damals der Bauexperte der Mainzer CDU, der Landtagsabgeordnete Gerd Schreiner. Entstehen könne ein Stadtteil mit eigenen Kirchen und Kitas, angebunden mit einer Querspange an die Rheinhessenstraße und hinunter zur Bundesstraße 9 zwischen Bodenheim und Laubenheim.

Der neue Stadtteil solle ein Befreiungsschlag im höchst angespannten Mainzer Miet- und Immobilienmarkt sein und Platz für bezahlbares Wohnen, kleine Häuser für junge Familien mit Garten, aber auch Wohnraum für Singles und Senioren bieten, zählte Schreiner auf. Ein neuer Stadtteil könne allein durch seine Masse helfen, die Preise zu senken, so wie das in den 1960er Jahren durch den neuen Stadtteil Lerchenberg gelang. Mainz könne mit seiner aggressiven Nachverdichtung nicht mehr so weiter machen, die Stadt verliere derzeit auch noch ihr letztes Grün, warnte Schreiner.

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Die SPD reagierte harsch auf den Vorschlag, sprach von „Schnapsidee“ und „Luftschlössern“, nannte einen neuen Stadtteil „realitätsfern“ und „illusorisch“. Die CDU mache sich „für einige, wenige mit dickem Geldbeutel stark“, das sei „keinesfalls sozial“, schimpfte der Vorsitzende der Neustadt-SPD, Erik Donner. Bei näherem Hinsehen falle der CDU-Vorschlag „wie ein Kartenhaus in sich zusammen.“ Und noch in ihrem Wahlprogramm für die Kommunalwahl lehnte die SPD einen neuen Stadtteil für Mainz weiter ab, das Wachstum von Mainz wolle man „mit vorhandenen städtebaulichen Instrumenten steuern“, hieß es.

Karte des südlichen Stadtgebiets von Mainz zwischen Hechtsheim und Ebersheim mit Markierungen für zwei mögliche neue Stadtteile. - Foto: gik
Karte des südlichen Stadtgebiets von Mainz zwischen Hechtsheim, Ebersheim und Bodenheim. Rechts der Bereich auf der Anhöhe, wo die CDU den Stadtteil „Rheinhöhe“ ansiedeln würde, links der Bereich entlang der Rheinhessenstraße, wo Ebling einen neuen Stadtteil vorschlagen will. – Foto: gik

Am Mittwoch schlug Ebling nun bei der Bekanntgabe seiner erneuten Kandidatur als Oberbürgermeister von Mainz vor, „einen neuen Stadtteil zu erschließen, auf einer großen Fläche zwischen Hechtsheim und Ebersheim, stadtauswärts links der Rheinhessenstraße.“  Die Nachverdichtung in den Mainzer Stadtteilen stoße an ihre Grenzen, Mainz brauche neue Flächen – ein neuer Stadtteil an der Rheinhessenstraße sei da geeignet. Im Unterschied zur CDU würde Ebling den neuen Stadtteil direkt neben die Rheinhessenstraße setzen, der neue Stadtteil solle per Straßenbahn von Hechtsheim aus angebunden werden, sagte er.

Räumlich gesehen trennt die beiden Ideen damit lediglich ein paar Hundert Meter, der Nachteil: Ebling wolle den neuen Stadtteil „augenscheinlich mitten in die Frischluftschneise setzen“, kritisierte Schreiner auf Mainz&-Anfrage am Mittwoch – vor zwei Jahren hatte der CDU-Mann seine Idee mit dem Stadtteil auf der Anhöhe genau damit begründet: Unten im Tal, entlang der Rheinhessenstraße, verlaufe eine der Hauptfrischluftschneisen für die Mainzer Innenstadt, sagte Schreiner – und die habe schon jetzt große Probleme mit Hitze und Feinstaub. Die Frischluftschneisen zuzubauen sei da gar keine gute Idee, warnte er.

CDU-Vorschlag für den Stadtteil Rheinhöhe in Mainz. - Foto: gik, Grafik: Schreiner
CDU-Vorschlag für den Stadtteil Rheinhöhe in Mainz. – Foto: gik, Grafik: Schreiner

„Der OB hat keine eigenen Ideen mehr“, kritisierte Schreiner weiter, das sei doch „ein Offenbarungseid“: „Diese Stadt hat neue Ideen schon seit Jahren bitter nötig,  Oberbürgermeister Ebling kann diese nicht liefern – jetzt muss er schon unsere Ideen klauen, die er noch vor wenigen Wochen vehement abgelehnt hat.“ Ebling ziehe mit einem CDU-Vorschlag in den Wahlkampf, ärgerte sich auch CDU-Fraktionschef Hannsgeorg Schönig: „Vor zwei Jahren wollten wir bezahlbaren Wohnraum für alle Bevölkerungsschichten schaffen, damals war die SPD nicht in der Lage, über ihren eigenen Tellerrand hinauszublicken.“ Ein neuer Stadtteil könne sich „schon längst in der Umsetzung befinden, wenn die SPD nicht jeden Vorschlag der CDU aus Prinzip abschmettern würde“, kritisierte er.

Es sei doch „der SPD zu verdanken, dass in Mainz immer noch Wohnungsnot herrscht und die Mieten explodieren, ohne Perspektive auf eine Verbesserung der Situation“ betonte Schönig. CDU-Chefin Flegel nannte das „dreist“: Immer wieder verhindere die Ampel innovative und gute Vorschläge der CDU, „das hat Methode in Mainz“, schimpfte Flegel. So habe die Ampel erst die CDU-Idee eines Mehrwegbechersystems abgelehnt und dann als eigene verkauft. „Wenn die Ampel nach dem Mehrwegbechersystem und dem neuen Stadtteil nun auch noch eine neue Rheinbrücke fordert, dann wissen wir wenigstens, dass unser gesamtes Wahlprogramm zeitverzögert unter dem Logo der Ampel umgesetzt werden soll“, fügte Flegel hinzu.

Die Mainzer kritisierten unterdessen Eblings Vorstellung, der neue Stadtteil solle auf Parkplätze „weitgehend verzichten“ und hauptsächlich mit der Straßenbahn angebunden werden. Das sei dann wohl ein Stadtteil „für Leute ohne Freunde“, schrieb eine Mainz&-Leserin auf Facebook: „Keine Parkplätze – kein Besuch.“ – „Bezahlbarer Wohnraum für Menschen ohne Bedarf an Individualverkehr, auf das Konzept bin ich jetzt aber mal sehr gespannt“, kommentierte ein anderer Leser ironisch. „Wird dann in näherer Umgebung ein Parkhaus gebaut, wo Fremde zur Kasse gebeten werden?“, fragte sich eine weiterer Leserin: „Also an nicht durchdachten Konzepten mangelt es in dieser Stadt nie.“

Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter wurde unterdessen schon mal ein neuer Name für den Stadtteil gesucht – die (nicht unbedingt ernst gemeinten) Vorschläge reichten von Hechbersheim über Dorschdheim bis hin zu Worschdheim. „Echtsheim“, schlug eine weitere Mainz&-Leserin vor, „oder, um das Ego vom OB zu schmeicheln: Eblingsheim.“

Info& auf Mainz&: Die komplette Idee des neuen Stadtteils „Rheinhöhe“ könnt Ihr hier noch einmal auf Mainz& nachlesen, die Reaktionen dazu findet Ihr hier. Die komplette Vorstellung von Eblings Kandidatur könnt Ihr hier auf Mainz& nachlesen.

Anmerkung: die Lage der beiden Gebiete ist von uns nur grob geschätzt! Nicht dass jemand sagt: genau so soll das sein – das sind vorsichtige Annahmen auf der Grundlage der bisherigen Aussagen. 

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