Die Hechtsheimer sehen einen neuen Stadtteil an ihrem südlichen Rand offenbar mehrheitlich kritisch: Bei einer Online-Umfrage des Stadtteilportals Mainz-Hechtsheim auf Facebook sprachen sich 65 Prozent gegen einen neuen Stadtteil aus, nur 35 Prozent waren dafür. Bei der Umfrage wurden allerdings nur 257 Stimmen abgegeben, die Umfrage ist damit keinesfalls repräsentativ. Dem Stadtteilportal folgen aber immerhin 1.768 Personen. Unterdessen schwenkte die Hechtsheimer SPD um: Hatte man vor der Kommunalwahl einen neuen Stadtteil südlich von Hechtsheim noch als „völlig fehl am Platz“ bezeichnet, hieß es nun, ein neuer Stadtteil sei „ein gute und nachhaltige Perspektive für den Wohnungsbau in Mainz.“

Weinfest im Kirchenstück mit Blick auf den Mainzer Stadtteil Hechtsheim. - Foto: gik
Soll es einen Stadtteil südlich von Mainz-Hechtsheim in Richtung Ebersheim geben? Die Hechtsheimer sind skeptisch. – Foto: gik

Oberbürgermeister Michael Ebling hatte bei der offiziellen Verkündung seiner Kandidatur für die Oberbürgermeisterwahl am 27. Oktober völlig überraschend angekündigt, er wolle einen neuen Stadtteil erschließen, „auf einer großen Fläche zwischen Hechtsheim und Ebersheim, stadtauswärts links der Rheinhessenstraße“. Vor zwei Jahren hatte die SPD noch einen entsprechenden Vorschlag der Mainzer CDU vehement abgelehnt und von einer „Schnapsidee“ gesprochen. Auch im Wahlprogramm der Mainzer SPD setzte man statt neuem Stadtteil noch auf Nachverdichtung, nun teilte die Mainzer SPD mit, ein neuer Stadtteil sei „die konsequente Weiterentwicklung“ dessen, was die SPD in ihrem Wahlprogramm beschlossen habe.

Auch verstehe man, „dass die Mainzer eine weitergehende Nachverdichtung über das bereits beschlossene Maß hinaus nicht mehr verstehen und akzeptieren werden“, betonte der Mainzer SPD-Chef Marc Bleicher nun, und unterstrich: „Wir sehen das genauso.“ Eblings Idee, einen Stadtteil an der Rheinhessenstraße in Richtung Ebersheim zu entwerfen, stößt indes auf Skepsis, denn genau hier verläuft eine wichtige Kaltluftschneise für Mainz. Auch in Hechtsheim sieht man einen Zuwachs im Süden offenbar skeptisch: Zwei Drittel der Teilnehmer an der Online-Umfrage sagten dazu Nein, nur ein Drittel Ja.

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Noch im März hatte auch die Hechtsheimer SPD einen neuen Stadtteil vehement abgelehnt: „Ein solches Viertel ist in unserer ohnehin stark belasteten Region völlig fehl am Platze“, sagten die inzwischen zur Ortsvorsteherin gewählte Tatiana Herda Muñoz und Klaus Euteneuer. Die Verkehrsbelastung würde noch einmal deutlich zunehmen, eine für die Naherholung wichtige Landschaft würde weiter zerstört – vor der Kommunalwahl im März ging es noch um die Idee der Mainzer CDU, einen neuen Stadtteil auf der Anhöhe oberhalb von Bodenheim zu errichten. Herda Muñoz und Euteneuer forderten deshalb von der Hechtsheimer CDU „ein eindeutiges Bekenntnis gegen mehr Verkehr und gegen Landschaftsverbrauch.“

Karte vom südlichen Mainz. - Foto: gik
Im Süden von Hechtsheim hatte die CDU einen neuen Stadtteil bewusst auf der Anhöhe oberhalb von Bodenheim vorgeschlagen, wo sich derzeit Felder befinden (orangene Felder), Ebling hingegen schlägt eine Lage an der Rheinhessenstraße vor (rote Felder). – Foto: gik

Inzwischen gelten die Bedenken offenbar nicht mehr: Man sehe in Eblings Vorschlag „eine gute und nachhaltige Perspektive für den Wohnungsbau in Mainz“, teilten Herda Muñoz und Euteneuer Ende vergangener Woche mit. Mainz wachse, „und zwar schnell und stark, die neuen Bürger müssen irgendwo leben, und zwar zu finanziellen Bedingungen, die sich Normalverdiener leisten können.“ Die CDU hatte im Mai 2017 vorgeschlagen, einen neuen Stadtteil für jungen Familien, Senioren und mit bezahlbarem Wohnraum zu planen, Eblings Vorschlag liegt nur wenige hundert Meter westlich davon. 

Eblings Vorschlag eines Null-Emissions-Quartiers unterscheide ihn von der CDU-Idee, dazu müsse an der Rheinhessenstraße „für den neuen Stadtteil keine neue Straße gebaut werden“, sagten Herda Muñoz und Euteneuer weiter – Ziel sei die Verlängerung der Straßenbahn nach Ebersheim. Alles das zeichne den Vorschlag aus und eröffne neue Möglichkeiten auch für Hechtsheim.

Die Rheinhessenstraße zwischen Ebersheim und Hechtsheim. - Foto: gik
Die Rheinhessenstraße (hier in Richtung Hechtsheim geschaut) markiert auch eine Kaltluftschneise, die genau rechts von der Straße den Hang entlang verläuft. – Foto: gik

Gleichzeitig kündigten die beiden SPD-Politiker an, „den weiteren Prozess konstruktiv-kritisch begleiten“ zu wollen. Ein neuer Stadtteil müsse gründlich geprüft, auch der Radverkehr müsse mit bedacht werden. Zwar sei die Radverbindung zwischen Hechtsheim und der Innenstadt vergleichsweise gut, „aber sie kann noch deutlich besser werden, und muss es werden, weil der Radverkehr ein wesentliches Element bei der notwendigen Verkehrswende ist.“ Auch müssten die Städte und Gemeinden im Landkreis Mainz-Bingen „stärker in die Pflicht genommen werden“, forderten sie: „Zukunftsplanungen dürfen nicht an der Gemeindegrenze enden, Stadt und Landkreis sollten mehr gemeinsam planen.“

Die Hechtsheimer Grünen äußerten sich daraufhin „bitter enttäuscht“ von der frisch gewählten neuen Ortsvorsteherin Herda Muñoz, für die sie eine Wahlempfehlung ausgesprochen hatten: „Nur ein paar Wochen nach vollendeter Wahl hat die designierte Ortsvorsteherin ihre Wahlaussagen vergessen oder hat sich drängen lassen, sie zu ignorieren“, sagte Ruper Röder (Grüne) der „Allgemeinen Zeitung“. Herda Muñoz „ignoriere“ die Kaltluftschneise, die einen preiswerten Mehrgeschosswohnungsbau ohnehin unmöglich mache, wenn ohne gravierende klimatische nachteile gebaut werden solle. Für klimaverträglichen Zubau preiswerten Wohnraums stünden in Mainz „noch beachtliche Flächen zur Verfügung“. Welche das sein könnten, sagte Röder in dem Zeitungsbericht nicht. 

Info& auf Mainz&: Mehr zu der Diskussion um einen neuen Mainzer Stadtteil, zu den Frischluftschneisen von Mainz sowie zur Haltung der SPD lest Ihr hier bei Mainz&. Die beiden Ideen der CDU und von SPD-OB-Kandidat Ebling haben wir hier verglichen.

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