Sie sind die Zuständigen für den Katastrophenschutz für Ort, sie müssen ihn organisieren und im Zweifelsfall ihre Einwohner warnen: die Bürgermeister in Rheinland-Pfalz. Doch im Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe im Ahrtal wurde nun deutlich: Informationen bekommen sie so gut wie keine. Was Warnungsmeldungen angehe, da sei sie „als Bürgermeisterin ein bisschen am Ende der Nahrungskette“, sagte Cornelia Weigand vor dem Untersuchungsausschuss. Die heutige Landrätin war die Warnerin in der Flutnacht, sie versuchte alles, um Katastrophenalarm auszulösen und Menschen zu retten – sie stand auf verlorenem Posten.

Die heutige Landrätin Cornelia Weigand (parteilos) im Untersuchungsausschuss des Mainzer Landtags. - Foto: gik
Die heutige Landrätin Cornelia Weigand (parteilos) im Untersuchungsausschuss des Mainzer Landtags. – Foto: gik

Cornelia Weigand ist eine eher nüchterne Frau, die nicht viele Worte macht, doch wenn sie spricht, ist sie hochgradig präzise. Weigand ist eine Schlüsselfigur, wenn es um die Flutkatastrophe im Ahrtal in der Nacht des 14. Juli geht, und ihre Aussagen haben eine Sprengkraft, die bereits den damaligen Landrat des Kreises Ahrweiler, Jürgen Pföhler (CDU), aus dem Amt fegte. Mit Spannung war deshalb ihre Aussage vor dem Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Flutkatastrophe im Ahrtal erwartet worden, mehrere Stunden lang gab Weigand Auskunft – über eine zutiefst erschütternde Nacht und über nicht vorhandene Kommunikationsketten im Warn- und Meldesystem.

Cornelia Weigand ist seit Februar 2022 Landrätin des Kreises Ahrweiler, im Juli 2021 war die parteilose Biologin Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Altenahr. „Das Ahrgebirge von seiner schönsten Seite“, so wirbt die Verbandsgemeinde bis heute auf ihrer Homepage. Altenahr liegt im engen mittleren Teil des Ahrtals, das kleine Flüsschen hat hier tiefe Schluchten und malerische Schleifen gegraben – ein Paradies für Urlauber, ausgestattet mit einer hohen Hoteldichte.

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Am Nachmittag des 14. Juli 2021 war Cornelia Weigand bereits im Krisenmodus: Starkregen und Hochwasser waren vorhergesagt, die Bürgermeisterin organisierte Sandsäcke, der Alarmplan Hochwasser wurde abgearbeitet. 3,70 Meter oder sogar 4,50 Meter lautete die Prognose, „das war schon ordentlich für uns“, berichtet Weigand. Um kurz vor halb vier Uhr am Nachmittag stand der Pegel bei Altenahr noch bei 1,60 Metern, „das war noch nichts Dramatisches“, sagt Weigand: „Die Ahr ist an dem Nachmittag relativ langsam gestiegen.“

Das Ahrtal bei Altenahr mit dem Hotel zur Post vor der Flutkatstrophe des 14. Juli 2021. - Foto: Hotel zur Post
Das Ahrtal bei Altenahr mit dem Hotel zur Post vor der Flutkatstrophe des 14. Juli 2021. – Foto: Hotel zur Post

Bei 1,60 Metern tritt die Ahr so langsam über das Ufer. „Denkt an die Fahrzeuge, das Wasser kommt“, sagte Weigand noch zu ihren Mitarbeitern in der Kreisverwaltung – der Parkplatz liegt direkt an der Ahr. Um kurz nach 15.00 Uhr fuhr Weigand zur Feuerwehreinsatzzentrale auf die andere Ahrseite, dort erreicht sie gegen 15.30 Uhr eine neue Prognose, die alles ändert: „5,50 Meter“, berichtet Weigand – das wäre noch einmal deutlich höher als das Jahrhunderthochwasser von 2016. Die Bürgermeisterin kann es nicht fassen.

„Lassen Sie uns den Katastrophenalarm ausrufen“

„Die Prognose war ganz pixelig, da musste man sich fragen: Ist das richtig? Passt das, passt das nicht? Muss man dem Glauben schenken?“ So beschreibt Weigand dem Untersuchungsausschuss ihre Gedankenabfolge. „Wir haben uns angeguckt“, berichtet die Bürgermeisterin weiter, ihr stellvertretender Wehrleiter starrt mit ihr auf den Bildschirm. „Eine der ganz klaren Erinnerungen, die ich habe, ist, dass ich meinen stellvertretenden Wehrleiter angeguckt habe: was kann ich für Sie tun?“, sagt sie: „Da war die ganz klare Antwort: Lassen Sie uns den Katastrophenalarm ausrufen.“

 

Weigand fährt zurück in ihr Büro, um 16.18 Uhr greift sie zum Telefonhörer. Den Katastrophenalarm ausrufen, das kann nur der Landrat des Kreises Ahrweiler, doch statt Jürgen Pföhler bekommt Weigand nur dessen engsten Mitarbeiter ans Telefon. „Die Pegelprognose ist auf 5,50 Meter hochgesprungen, das kann man zwar kaum glauben, aber wir müssen mindestens mit einem Hochwasser wie 2016 rechnen“, erklärt sie dem Mann: Damals habe man auch schon Hubschrauber zur Menschenrettung gebraucht. „Lassen Sie uns bitte den Katastrophenalarm ausrufen“, sagt Weigand eindringlich, „da kommt was.“

Die Kreisverwaltung von Ahrweiler im Mai 2022: Hier im Keller saß der Krisenstab. - Foto: gik
Die Kreisverwaltung von Ahrweiler im Mai 2022: Hier im Keller saß der Krisenstab. – Foto: gik

Doch der Mann vertröstet sie: Er müsse sich erst einmal erkundigen. 20 Minuten später ruft er zurück, doch nicht etwa mit der Information, dass man in der Kreisverwaltung zügig handelt. Man brauche noch mehr Informationen, müsse noch einiges verifizieren, sagt der Mitarbeiter, den Katastrophenalarm könne man jetzt nicht ausrufen. „Da wusste ich, dass da erst einmal nichts geschieht“, sagt Weigand.

Der Biologin lassen die 5,50 Meter keine Ruhe. „Ich habe dann versucht herauszubekommen, wie ich das verifizieren kann“, berichtet sie – „vernünftige Telefonnummern“ für Rückfragen habe sie indes nicht gehabt. Beim Deutschen Wetterdienst ruft sie an, mit wenig Erfolg. Dann sucht sie eine Telefonnummer beim Landesamt für Umwelt – die einzige, die sie im Internet finden kann, ist die Nummer der Pressestelle. Dort läuft nur ein Anrufbeantworter, Weigand bittet um Rückruf.

 

Gegen 17.20 Uhr kann sie endlich mit einem Verantwortlichen im Landesamt für Umwelt sprechen, dort bestätigt man ihr: Ja, die 5,50 Meter sind die aktuelle Prognose. Sie gibt die Information an ihren Wehrleiter weiter – und arbeitet sich durch die Telefonliste in ihrem Handy. Weigand ruft Bürgermeister in den Nachbargemeinden an, in Dernau, in Sinzig, warnt, es könne ein schreckliches Hochwasser kommen.

„Ich kann ein Stück Entwarnung geben“

Vergebliche Warnerin der Flutnacht: Landrätin Cornelia Weigand am Rande ihrer Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuss in Mainz. - Foto: gik
Vergebliche Warnerin der Flutnacht: Landrätin Cornelia Weigand am Rande ihrer Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuss in Mainz. – Foto: gik

Irgendwann zwischen 18.00 Uhr und 18.30 Uhr kommt ein neuer Anruf aus dem Landesamt: „Frau Weigand, ich kann sie bis zu einem gewissen Maß beruhigen“, sagt Abteilungsleiter Thomas Bettmann: „Der Hauptniederschlag geht nicht an der Ahr ‚runter, ich kann ein Stück Entwarnung geben – die Pegelprognose liegt jetzt bei vier Metern.“ So hat es Cornelia Weigand seit der Flutnacht mehrfach geschildert, so schildert sie es nun auch vor dem Untersuchungsausschuss.

Bettmann selbst bestritt bei seiner Vernehmung vor dem Ausschuss im Januar, das Wort „Entwarnung“ in dem Gespräch mit Weigand benutzt zu haben, doch die Senkung der Pegelprognose ist Fakt: Im Landesamt für Umwelt wähnte man an jenem Spätnachmittag, der Hauptniederschlag gehe nun nicht mehr über dem Ahrtal herunter, der Pegel werde doch nicht so hoch steigen – und senkte die Prognose auf vier Meter. Dass zu diesem Zeitpunkt schon ein wichtiger Pegel in Müsch ausgefallen war, wussten die Hochwasserexperten im Amt in Mainz nicht.

 

Doch Weigand glaubt dem Mainzer Anrufer nicht: „Ich saß im Büro am Rechner, wir hatten da noch Strom, und ich konnte online die Messwerte des Altenahrer Pegels einsehen“, berichtet die Bürgermeisterin. Die Pegelkurve stieg steil an und stand da schon bei vier Metern – eigentlich sollte man im für Pegelstände zuständigen Landesamt die Kurven kennen. Doch das ist offenbar nicht der Fall: „Da habe ich gesagt: Gucken Sie auf diese Kurve“, berichtet Weigand, „schon rein physikalisch müssen wir weit über vier Meter hinausschießen.“ Für sie sei da klar gewesen, „dass diese Entwarnung nicht greifen kann.“

Verwüstungen in Altenahr am Ahrufer am 28. Juli 2021, 14 Tage nach der Katastrophe. - Foto: gik
Verwüstungen in Altenahr am Ahrufer am 28. Juli 2021, 14 Tage nach der Katastrophe. – Foto: gik

Gehör findet die Bürgermeisterin beim Mainzer Landesamt genauso wenig, wie zuvor beim Landrat – und so nimmt das Verhängnis seinen Lauf. Im Keller des Altenahrer Rathauses macht sich nun der Rossbach breit, ein Nebenfluss der Ahr, und auch der Hauptfluss beginnt jetzt rasant zu steigen. „Die Ahr muss in einer Stunde über zwei Meter gestiegen sein, das ist eine extreme Geschwindigkeit“, berichtet Weigand. Erst laufen die Keller voll, dann die Räume, die eigentlich als Krisenzentrum dienen sollen. Dann, irgendwann gegen 20.00 Uhr, fällt der Strom aus, das Rathaus, die Feuerwache müssen geräumt werden.

„Die Geschwindigkeit und die Dramatik ist, wenn man das nicht miterlebt hat, außerhalb der eigenen Phantasie“, sagt Weigand, und fügt trocken hinzu: „Es sei denn, man mag Hollywood-Schinken.“ Irgendwann stand der Pegel in Altenahr bei 6,09 Metern, „dann war der Pegel weg“, berichtet sie. Mehr als zehn Meter hoch wird sich der kleine Fluss in dieser Nacht in Altenahr auftürmen, er wird Häuser wegreißen und Brücken, Öltanks, Autos, einfach alles.

 

„Es gab dann kein Festnetztelefon mehr, nur noch Mobilfunk“, berichtet die Bürgermeisterin weiter, „der Mobilfunk ging an dem Abend noch eine ganze Weile, aber er war instabil.“ Fotos kommen nicht mehr durch, auch nicht die von ihrem eigenen Haus – ihr Mann will ihr Bilder von den Fluten am eigenen Heim schicken, sie bleiben im schlechten Netz stecken. „Das war vielleicht gut so, sonst wäre ich vielleicht abgelenkter gewesen“, sagt Weigand: „Das waren keine schönen Bilder.“

Der Bahnhof von Altenahr und sein Umfeld am 28. Juli 2021, 14 Tage nach der Katastrophe. - Foto: gik
Der Bahnhof von Altenahr und sein Umfeld am 28. Juli 2021, 14 Tage nach der Katastrophe. – Foto: gik

Weigand telefoniert unterdessen weiter. Vier Mal hat sie in der Nacht Kontakt mit dem Landesamt für Umwelt, gegen 22.00 Uhr berichtet sie Bettmann, die Ahr sei jetzt bei etwa sechs Metern angekommen, es schwämmen Autos vorbei. Im Landesamt ist man jetzt doch alarmiert, der Katastrophenalarm ist aber immer noch nicht ausgerufen. Landrat Pföhler ist nicht erreichbar, Weigands flehende Anrufe laufen weiter ins Leere. „Der Landrat war entweder nicht anwesend oder nicht greifbar – er war nicht in der Kommunikation“, schildert Weigand es dem Ausschuss.

In Altenahr spitzt sich die Lage nun dramatisch zu. Mehrere große Hotels liegen direkt an der Ahr, 350 bis 400 Betten stark. „Die waren alle ausgebucht, die Leute waren ja wild auf Urlaub“, berichtet Weigand. Die Feuerwehr evakuiert unter Hochdruck, „die Menschen sind mehrheitlich aus den Hotels rausgekommen“, sagt Weigand. Ein Feuerwehrauto wird selbst von den Fluten eingeschlossen, „es guckte nur noch das Dach mit dem Blaulicht raus.“ Zwei Menschen retten sich auf dieses Dach, sie müssen die ganze Nacht dort ausharren. Zwei Feuerwehrmänner können sich in den Bahnhof von Altenahr flüchten. „Am nächsten Morgen stand der Bahnhof noch, da wussten wir: die beiden haben überlebt“, schildert Weigand die Lage.

 

Die Szenen im Ahrtal – sie werden apokalyptisch. „Ich habe teilweise selbst Anrufe bekommen von verzweifelten Menschen, die auf Dächern und in Bäumen saßen“, sagt Weigand: „Es war klar, dass viele, viele Menschen in einer absoluten Notsituation waren.“ Doch dann habe sie die Information bekommen, die Rettungshubschrauber hätten in der Nacht keine Starterlaubnis bekommen. „Dann als Bürgermeisterin diese Information zu bekommen: Es gibt keine Hubschrauber – das war eine spezielle Situation“, sagt sie.

Verwüstetes Hotel zur Post in Altenahr am 28. Juli 2021. - Foto: gik
Verwüstetes Hotel zur Post in Altenahr am 28. Juli 2021. – Foto: gik

Irgendwann nach 21.00 Uhr, als die Pegelprognose auf sieben Meter sprang, habe sie den Pfarrer angerufen, sagt Weigand: „Ich bin halt Atheistin“, bekennt sie, aber da habe sie gesagt: „Das einzige, was vielleicht noch helfen kann, ist beten.“ Die Bürgermeisterin, der Pfarrer, die Feuerwehrleute, sie alle belassen es nicht dabei. Die Kirche von Altenahr wird für die evakuierten Menschen geöffnet, sie liegt oberhalb am Hang, sicher vor den Fluten.

„Wir sind noch relativ lange dageblieben, haben im Kirchenasyl geschaut, was man für die Menschen tun kann“, berichtet Weigand – viel ist es nicht. Essen auszugeben, sei „illusorisch“ gewesen, niemand hat Essen oder Getränke vorrätig. Aber wenigstens Decken habe man für die Menschen gehabt, ein Lichtmast wird vor der Kirche aufgestellt. „Ansonsten war ja alles stockfinster, es gab ja nirgends Strom“, sagte Weigand. Um halb 12 Uhr hört das Wasser endlich auf zu steigen, um zehn vor 12 Uhr ist es eine Handbreit gefallen.

 

Hat Weigand nicht irgendwann am Abend mal daran gedacht, selbst die Medien anzurufen, den SWR? Nein, sagt Weigand nach ihrer Vernehmung gegenüber Mainz&, sie habe auch gar keine Telefonnummern gehabt, die sie hätte anrufen können. Irgendwann in der Nacht fährt sie mit der Feuerwehr zusammen aus dem Tal auf die Höhe, auf der Suche nach Handynetz, erst dort oben erfährt sie, dass andere Landkreise bereits Katastrophenalarm ausgerufen haben.

Völlig zerstörtes Hotel Central in Altenahr am 28. Juli 2021 - 14 Tage nach der Katastrophe. - Foto: gik
Völlig zerstörtes Hotel Central in Altenahr am 28. Juli 2021 – 14 Tage nach der Katastrophe. – Foto: gik

Mehrfach versucht sie, Landrat Pföhler zu erreichen, erst um 23.42 Uhr gelingt es. Pföhler sei „erregt“ gewesen, habe ihr geschildert, dass er sein eigenes Haus habe räumen müssen, berichtet Weigand – die Bürgermeisterin unterbricht ihn. „Ich habe ihn dann irgendwann unterbrochen und ihm geschildert, wie die Lage in der Verbandsgemeinde ist“, sagt sie trocken: „Ich bin davon ausgegangen, dass er das wissen will.“

Dass Pföhler das überhaupt nicht interessiert, ist verbrieft. Erst um kurz nach 23.00 Uhr hat der Landrat den Katastrophenfall ausrufen lassen. „Wenn ich höre, dass dieser Mann noch Zeit hatte, seinen Porsche aus der Garage zu fahren, mit seinem Hund spazieren zu gehen, und abends in einer Nobelherberge Essen zu gehen, dann frage ich mich: was hat der Mann gemacht“, schimpfte Mitte Mai der Bürgermeister von Schuld, Helmut Lussi, bei seiner Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuss.

 

Was Weigand von dem Agieren des Landrats, ihrem Vorgänger hält, hält sie vornehm zurück. Doch das Gespräch ist kaum zu Ende, da erreicht sie ein anderer Anruf: „Um zwei Minuten vor Mitternacht hat mich noch der Ortsbürgermeister von Mayschoß erreicht“, berichtet die Bürgermeisterin: „Frau Weigand, Sie sind meine letzte Hoffnung“, fleht der Mann. Seine Schwiegermutter sei schlecht zu Fuß, sie seien nun über das Dach auf die Scheune geflohen, säßen auf dem Dach, „und das Dach gibt nach“.

Zerstörte Gleise in Kreuzberg an der Ahr, Tage nach der Flutkatastrophe. - Foto: gik
Zerstörte Gleise in Kreuzberg an der Ahr, Tage nach der Flutkatastrophe. – Foto: gik

„Die Verbindung war sehr schlecht, wir haben uns da gegenseitig angebrüllt“, schildert Weigand die Situation, „die Ahr toste überall drum herum.“ Das einzige, was sie dem Mann habe sagen können, war: „Es fliegen keine Hubschrauber, halten Sie durch“, berichtet Weigand: „Er hat überlebt, das Dach hat gehalten.“

In der Dämmerung am nächsten Morgen zeichnet sich allmählich das ganze Schreckensbild ab. „Wir sind dann auf die Burgruine hoch, mein Wehrleiter und ich“, berichtet Weigand, von dort sehen sie ein überflutetes Tal und Bahngleise, die in der Luft hängen, wo eigentlich eine Brücke sein sollte. In der Verbandsgemeinde Altenahr sterben in jener Nacht 34 Menschen, dazu 5 Besucher von außerhalb – im ganzen Ahrtal sind es 134.

„Es hätte in Sinzig keine Toten mehr geben müssen“

Morgens um 1.00 Uhr erreichen die Fluten Bad Neuenahr und Sinzig, in Bad Neuenahr-Ahrweiler sterben 73 Menschen, in Sinzig 14 – davon 12 Menschen in einem Behindertenheim. „Es hätte nachts um ein Uhr in Sinzig keine Toten mehr geben müssen, wenn der Landrat rechtzeitig Katastrophenalarm ausgelöst hätte“, sagt Bürgermeister Lussi noch.

Landrat Pföhler ist nun für den 8. Juli zur Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuss geladen, kommen muss er – doch ob er auch etwas sagt, ist unklar: Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Pföhler, als Beschuldigter hat er ein Aussageverweigerungsrecht. Kommenden Freitag will der Ausschuss der Frage nachgehen, wie sich die Lage in der Einsatzleitung des Kreises in Ahrweiler darstellte, als Zeugen werden die leitenden Akteure der Flutnacht erwartet.

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