Die närrischen Tage sind da, mit dem Rosenmontag stünde eigentlich der Höhepunkt der Fastnachtszeit bevor – eigentlich. Nach dem Aus für die Straßenfastnacht durch die Corona-Pandemie (ja, die gibt es auch noch), dämpft nun auch der Krieg in der Ukraine die Lust auf Feiern gewaltig. Dennoch: So ganz ohne kleine närrische Events sollen für viele die drei letzten Fastnachtstage nicht verstreichen. Am Sonntag lädt die Johanniskirche, der Alte Dom zu Mainz, zur Friedensandacht werden. Und der Schobbezug des Mainzer Narren-Clubs sowie die Närrische Stadtrundfahrt des MCV rollen ohnehin – durchs Internet. Auf der Straße gibt’s schließlich den „Do it Yourself“-Umzug – und Querdenker-Proteste am Montag.

Johanniskirche/Alter Dom links, Willigis-Dom rechts. - Foto: gik
Johanniskirche/Alter Dom links, Willigis-Dom rechts. – Foto: gik

Der große Gottesdienst für die närrischen Garden im Mainzer Dom hat ja schon lange Tradition, am Sonntag dürfte er zum Friedensgebet werden. Und der Gottesdienst im großen katholischen Dom bekommt nun auch ein Pendant im alten Vorgängerbau: Die evangelische Kirche lädt am Fastnachtssonntag um 13.00 Uhr zu einer Andacht in die Johanniskirche, den Alten Dom von Mainz. Ursprünglich sollte es die erste „Fastnachtspredigt“ der evangelischen Kirche werden, nun aber soll es eine Friedensandacht werden: Dekan Andreas Klodt wird durch die Friedensandacht führen, Thomas Metz, der frühere Leiter der Generaldirektion Kulturelles Erbe, übernimmt den Part der Lesungen.

Die Fastnachtspredigt wird Christian Vahl halten, der – passend zum diesjährigen Fastnachtsmotto – als „Krabbenfischer vom Fastnachtsbrunnen“ auflaufen wird. „Es ist an der Zeit für den Narren, in sich zu gehen, von den üblichen Alltagsbegebenheiten abzusehen und sich umzuwenden, neu in die Ferne und Nähe zugleich zu schauen“, sagte Vahl im Vorfeld. Die Frage, wie man angesichts des Todes zu leben vermöge, müsse auch ein Narr zu beantworten versuchen. Das sei schon deswegen in Mainz ein besonderes Anliegen, da Mainz jedes Jahr am 27. Januar Krieg und Zerstörung der eigenen Stadt gedenkt: 2022 jährt sich zum 77. Mal der Bombenangriff auf Mainz, bei dem im Jahre 1945 mehr als 1.200 Mainzerinnen und Mainzer zu Tode kamen und große Teile des „Goldenen Mainz“ in Schutt und Asche gelegt wurden.

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Für den musikalischen Rahmen der Friedensandacht wird das „Trio Aeterna“ des Karneval Clubs Kastel (KCK) sorgen, das auch Vahl sowie Kathrin Dohle und Thomas Rück besteht. Die Veranstaltung sei für alle Menschen aller Konfessionen offen, betonen die Organisatoren, Verkleidungen seien grundsätzlich erlaubt, natürlich auch Gardeuniformen. Der Eintritt erfolgt in der Reihenfolge des Eintreffens, es gelten die 3G-Regeln. Wer in der Kirche selbst keinen Platz mehr bekommt: Der Bischofsplatz neben dem alten Dom sei groß genug, um den Besuchern, Kindern und Gardisten genügend Platz zu bieten, die das Anliegen der Friedensandacht am Fastnachtssonntag mit ihrer Präsenz unterstützen wollen.

MCV: Närrische Stadtrundfahrt, Kindermaskenfest und Posse

Der MCV lädt zur großen Närrischen Stadtrundfahrt mit (von links) Adi Guckelsberger, Tobias Mayer als "Frederik" und Reinhard Urban. - Foto: MCV
Der MCV lädt zur großen Närrischen Stadtrundfahrt mit (von links) Adi Guckelsberger, Tobias Mayer als „Frederik“ und Reinhard Urban. – Foto: MCV

In den Endspurt geht derweil auch die digitale Fastnacht: Pünktlich zum Fastnachtswochenende lädt der Mainzer Carneval-Verein (MCV) seit Samstag zur Närrischen Stadtrundfahrt – ganz gemütlich von zuhause aus. Der Zuschauer wird dabei virtuell auf eine Rundreise durch Mainz mitgenommen, entlang der schönsten Plätze der Mainzer Innenstadt – und dort finden sich Redner, Musiker und andere Fastnachtsaktive zum Vortrag oder der Musiknummer ein. Gedreht wurde der Film ganz real in Mainz, „es ist eine Mischung aus Musikvideos und Beiträgen“, verriet Tobias Mayer Mainz& im Vorfeld, und es gebe auch richtige Spielszenen mit den Fastnachtsaktiven.

Mayer ist denn auch quasi als Reiseführer dabei: Seine Kunstfigur „Frederik van der Sonne“ trifft eines Tages vor der MCVC-Geschäftsstelle MCV-Präsident Reinhard Urban und Sitzungspräsident Adi Guckelsberger, mit der Rad-Rikscha fährt „Frederik“ dann mit Guckelsberger quer durch Mainz – eine launige und höchst närrische Stadtrundfahrt. Den Zugang erwirbt man für 13,50 Euro in der Mediathek des MCV, da gibt es dann auch den Link zum digitalen Kindermaskenfest des MCV, eine Serie von 14 Clips für eine bunte Kinder-Narrenwelt.

Mit der Fahrrad-Riksha quer durch Mainz: Adi Guckelsberger und Tobias Mayer als "Frederik". - Foto: MCV
Mit der Fahrrad-Riksha quer durch Mainz: Adi Guckelsberger und Tobias Mayer als „Frederik“. – Foto: MCV

Noch drei Mal wird zudem im Mainzer Staatstheater die Fastnachtsposse der MCV-Scheierborzeler gegeben – zweimal an diesem Sonntag, und einmal am Fastnachtsdienstag. Die diesjährige Posse „Die lustische Weiber 2.0“ werden mit viel Lob und Beifall bedacht – mehr zum Hintergrund und zur Handlung lest Ihr hier bei Mainz&.

„Schobbezug“ und Fastnachtsumzug „Do it Yourself“

Dass der Rosenmontag nun schon zum zweiten Mal ohne den großen närrischen Lindwurm auskommen muss – für die Mainzer Narren ist das ein echter Grund zum Trauern. Die Absage des Rosenmontagszuges war der Corona-Pandemie geschuldet, nun wirkt sie wie eine gute Idee im Angesicht des verheerenden Krieges in der Ukraine. Doch die Mainzer Narren wären nicht echte Narren, wenn sie sich nicht wenigstens kleine Ersatz-Events ausgedacht hätten. „Fassenacht ohne Umzug? Nicht mit uns“, heißt es da beim Mainzer Narren-Club – und der lud flugs zum „Schobbezug“.

 

Der besteht aus lauter Mini-Videos, auf denen Fastnachter ein klassisches Mainzer Schoppenglas schlicht von links nach rechts reichen, der Fastnachtsgruß „Helau“ ertönt dabei auch – und aus den aneinandergeschnittenen Videos dürfte der längste Spaziergang eines Weinschorle-Glases werden, den die Welt je gesehen hat… Den Anfang machten bereits gut ein Dutzend bekannter Narren, bis zum Fastnachtssamstag konnten alle Närrinnen & Narhallesen ihre Videos einsenden – das Ergebnis wird am Rosenmontag auf dem Youtube-Kanal des MNC zu sehen sein.

Fastnachtsumzug "Do it yourself" der Mainzer Kleppergarde. - Foto: Kleppergarde
Fastnachtsumzug „Do it yourself“ der Mainzer Kleppergarde. – Foto: Kleppergarde

„Die Straßenfastnacht fällt aus? Nicht mit uns“, heißt es auch bei der Mainzer Klepper-Garde – und die traditionsreichen Klepperer laden einfach zum Fastnachtsumzug „Do it yourself“: „Ab ins Kostüm, Code gescannt und los geht’s vom Altweiberdonnerstag bis zum Fastnachtsdienstag“, heißt es bei der Garde, die stilgerecht passend zu ihren Uniformen aus bunten Schnitzeln zur närrischen Umzugs-Schnitzeljagd laden: Mit dem Handy durchstreift man dabei die Mainzer Innenstadt, QR-Codes führen dabei zu 11 Stationen.

„Durch Scannen der Codes erhaltet ihr fastnachtliche Aufgaben“, heißt es bei der Kleppergarde weiter: „Nachdem ihr alle Fragen/Aufgaben der Station erledigt habt, klickt auf „Senden“ und ihr erhaltet den Standort der nächsten Station.“ Alle Gruppen mit Teilnehmern unter 18 Jahren, die alle Stationen durchlaufen haben, erhalten als Preis eine Fastnachtsbox. Die Aktion startet am Altweiberdonnerstag und endet am Fastnachtsdienstag, die erste Station findet man am Neubrunnenplatz – von dort geht’s los zum ersten Mainzer „Do it yourself“-Fastnachtsumzug.

Wer dabei durch Mainz läuft, sollte immer mal wieder einen Blick auf die Schaufenster der Geschäfte werfen: Das Mainzer City-Management hatte einen Schaufensterwettbewerb zum Thema Fastnacht ausgerufen, viele Geschäfte haben deshalb ihre Fenster fastnachtlich dekoriert – und die Dekorationen sind noch bis zum 2. März zu sehen.

Querdenker-Demo und Friedens-Mahnungen

Auch in früheren Rosenmontagsumzügen stellten sich die Mainzer Narren Umtrieben von braun bis national stets entschieden in den Weg. - Foto: gik
Auch in früheren Rosenmontagsumzügen stellten sich die Mainzer Narren Umtrieben von braun bis national stets entschieden in den Weg. – Foto: gik

Allein werden die Narren am Rosenmontag sicher nicht auf den Straßen von Mainz sein – und das wohl auch in weniger froher Gesellschaft: „Querdenker“ und Impfgegner rufen bereits seit Tagen zum großen Protestzug auf – ausgerechnet am Rosenmontag in Mainz. Die Protestler wollen offenbar den Rosenmontag für einen „Umzug“ ihrer Art zweckentfremden, die Dachgemeinschaft Mainzer Fastnacht eG verurteilte die Pläne bereits scharf: „Rosenmontag ist unser höchster närrischer Feiertag und steht ganz im Zeichen des Brauchtums“, betonte Vorstandssprecher Markus Perabo, man distanziere sich ganz klar von den „Querdenkern“. Zu erwarten ist nun, dass sich den „Querdenkern“ Gegendemonstranten entgegen stellen – Mainz steht ein unruhiger Rosenmontags-Abend bevor.

Doch auch Zeichen für Frieden und Freiheit wird es am Montag in Mainz geben: „Eigentlich hatten wir vor, am Rosenmontag mit dem Partylaster und lauten Fastnachtsliedern durch Mainz zu fahren“, teilten die Betreiber eben dieses Gefährtes auf ihrer Facebookseite mit. Angesichts des Krieges in der Ukraine „ist uns das Feiern vergangen“, heißt es weiter – die Tour werde dennoch stattfinden, nur anders als geplant, heißt es weiter: „Wir spielen Antikriegssongs wie „Wozu sind Kriege da“, „Give Peace a Chance“, „Freiheit“ von Marius Müller Westernhagen und viele mehr“.

Info& auf Mainz&: Wer nun die närrischen Motivwagen des MCV vermisst: Die gezeichneten Karikaturen sind derzeit in der „Lulu“, im ehemaligen Mainzer Karstadt auf der Ludwigsstraße zu sehen – mehr dazu hier bei Mainz&.