Rund 200.000 kostenlose FFP2-Masken hatte das Land Rheinland-Pfalz im vergangenen Herbst den Schulen zum Schutz vor Ansteckungen mit dem Coronavirus versprochen, Ende November wurden die Masken an Lehrer und Erzieher ausgegeben – doch nun stellte sich heraus: Die Masken der chinesischen Marke Lamdown sind fehlerhaft und müssen zurückgerufen werden. Peinlich aber: Die zuständige Aufsichtsbehörde hatte noch im August die Masken als sicher eingestuft. Nun will das Land 250.000 Ersatzmasken aus rheinland-pfälzischer Produktion liefern – die fehlerhaften Masken waren jedoch schon seit Wochen im Einsatz. Nun haben Lehrer ein höchst mulmiges Gefühl.

Diese FFP2-Masken der Marke Lamdown, die an Schulen geliefert wurden, werden zurückgerufen - sie sind fehlerhaft. - Foto: gik
Diese FFP2-Masken der Marke Lamdown, die an Schulen geliefert wurden, werden zurückgerufen – sie sind fehlerhaft. – Foto: gik

„Wichtige Mitteilung! Dringende Bitte um Quarantäne“ – das Schreiben, das die Schulen in Rheinland-Pfalz am Freitag erhielten, sparte nicht mit Ausrufezeichen. Mit dem Schreiben werden Gesichtsmasken der Marke Lamdown, Typ SD-KN 95, mit sofortiger Wirkung zurückgerufen, das Schreiben schickte das Landesamt für Jugend und Soziales am 7. Januar an die Schulen im ganzen Bundesland. Der Grund: Die Masken des chinesischen Herstellers Lanshan Shendun „entsprechen nicht den gültigen Anforderungen der europäischen Verordnung über persönliche Schutzausrüstung“, heißt es in einem Schreiben der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Süd, das Mainz& vorliegt. Die Masken seien damit zum Schutz des Trägers vor dem Corona-Virus SARS-Cov-2 nicht geeignet und sollten auf keinen Fall weiter verwendet werden.

Die Masken gehörten nach Recherchen von Mainz& zu einer Lieferung an die Schulen, die im November 2020 erfolgte, die Masken wurden ab Ende November an Lehrer und Erzieherinnen in Schulen ausgegeben. Eigentlich hatte das Land Rheinland-Pfalz mit den kostenlosen FFP2-Masken für mehr Sicherheit seiner Beamten und Angestellten sorgen wollen, nun stellt sich heraus: Die Masken aus China erfüllen nicht die Schutzanforderungen einer FFP2-Maske. Wie viele dieser fehlerhaften Masken an die Schulen geliefert wurden, ist unklar, das Landesamt forderte die Schulen auf, dem Amt zu melden, was sie an Beständen noch vorrätig hätten.

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Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) im Sommer beim Besuch an einer Schule. - Foto: rlp.de
Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) im Sommer beim Besuch an einer Schule. – Foto: rlp.de

Die fehlerhaften Masken fallen mitten in eine ausgesprochen aufgeheizte Situation: Seit Wochen debattieren Lehrer, Schulleiter, Eltern und das Bildungsministerium in Rheinland-Pfalz um die Frage, wie sicher der Schulbetrieb in Sachen Corona ist. Während Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) seit Monaten mantrahaft betont, die Schulen seien „kein Treiber der Pandemie“, der Betrieb in den Klassen sicher, kritisieren Lehrer, Gewerkschaften und Schulleiter seit Wochen, die Gefahr werden völlig unterschätzt: In den Schulen gebe es sehr wohl Infektionen und Ansteckungen, statt dem eisernen Festhalten am Präsenzunterricht brauche es flexible Modelle von Wechselunterricht und Fernunterricht – was wiederum die Ministerin bislang strikt ablehnt.

Seit dem 4. Januar sind die Schulen in Rheinland-Pfalz zwar im Fernunterricht, doch der Notbetrieb der Nachmittagsbetreuung läuft weiter – viele Erzieher haben dabei ein ausgesprochen mulmiges Gefühl, vor allem, da die versprochenen Lüftungsanlagen immer noch nicht in den Klassenzimmern angekommen sind. Just am Freitag habe sie genau eine solche KN95-Maske im Unterricht getragen, berichtete eine Lehrerin gegenüber Mainz&, die ihren Namen nicht genannt haben möchte: „Ich habe mich damit sicher gefühlt“, berichtete die Frau weiter. Als dann aber die Nachricht mit dem Rückruf der Masken gekommen sei, „habe ich mich schon etwas verarscht gefühlt“, sagt sie wütend. Man habe das Gefühl, „verheizt zu werden“, berichten auch andere Lehrer aus den Schulen.

Die Masken aus chinesischer Herstellung wurden noch eigens mit einem Qualitätszertifikat versehen, ausgestellt von der SGD Süd. - Foto: gik
Die Masken aus chinesischer Herstellung wurden noch eigens mit einem Qualitätszertifikat versehen, ausgestellt von der SGD Süd. – Foto: gik

Das Peinliche: Die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Süd stufte noch am 18. August „aufgrund eines positiven Schnelltests“ die Masken des chinesischen Herstellers „als verkehrsfähig ein“, wie es im Schreiben des Landesamtes für Soziales heißt, das Mainz& ebenfalls vorliegt. Die SGD Süd zertifizierte die Masken sogar mit dem Prüfzeichen „CE“ und stellte ein Qualitätszertifikat aus. Nun seien „nachträglich Tatsachen über im Ergebnis abweichende Testberichte bekannt“ geworden, die dazu geführt hätten, „dass die Bestätigung vom 18.08.2020 am 07.01.2021 durch die SGD Süd widerrufen wurde“, so das Landesamt weiter.

Offenbar stellte die Prüfbehörde also erst im Januar fest, dass andere Tests der Masken zu deutlich anderen Ergebnissen kamen – und widerrief nun ihre Zertifizierung. Es ist schon das zweite Mal, das die Schulen mit fehlerhaften Masken beliefert wurden: Anfang Dezember klagte die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), die Qualität der an die Schulen gelieferten Masken sei mangelhaft: „Es gibt etliche Schulen, die mit Masken beliefert worden sind, die nicht in Ordnung sind“, berichtet GEW-Landeschef Klaus-Peter Hammer gegenüber Mainz&. Da gebe es Masken, „die komisch riechen, und solche, wo die Bänder nicht richtig saßen“, berichtet Hammer weiter, bei einem anderen Teil der Masken sei keine Zertifizierung des europäischen Sicherheitsstandards vorhanden.

Solche Masken chinesischer Herkunft wurden im Dezember an Schulen geliefert, ihre Schutzeigenschaften sind aber zweifelhaft. - Foto: privat
Solche Masken chinesischer Herkunft wurden im Dezember an Schulen geliefert, ihre Schutzeigenschaften sind aber zweifelhaft. – Foto: privat

Damals handelte es sich nach Recherchen von Mainz& um Masken einer Firma mit Namen Surefat mit der Kennung KN95, dem chinesischen Standard für FFP2-Masken. Vor Masken mit der Kennzeichnung KN95 wird seit dem Frühjahr immer wieder gewarnt, weil diese Produkte chinesischer Herkunft die Anforderungen des europäischen FFP2-Standards eben nicht voll erfüllen – im Internet sind seitenlange Listen mit Produkten zu finden, vor denen Prüfinstitute warnen. Die Ende November an die Schulen gelieferten Masken stammten tatsächlich aus Restbeständen des Bundes, die während der Mangelsituation im Frühjahr beschafft wurden, inzwischen aber nicht mehr auf dem Markt vertrieben werden dürfen.

Anfang Dezember musste das für die Beschaffung der Masken zuständige Landesamt für Soziales dann einräumen: den Schulen seien 16.000 Masken mit zweifelhafter Filterwirkung geliefert worden, die Masken des Herstellers Jiangxi Mailin Kangda habe man vom Bund bekommen. Erst jetzt aber sei dem Amt bekannt geworden: Zu den Masken gebe es eine Produktwarnung im europäischen Schnellwarnsystem RAPEX. Auch bei diesen Masken hatte jedoch eine Prüfbehörde, in diesem Fall der TÜV Nord, den Masken „eine ausreichende Filterwirkung gemäß der Norm EN 149, und damit die Eignung für den Infektionsschutz bestätigt“.

Erst aufgrund von Beschwerden der Schulen sowie von Presseberichten fiel dann auf: ein belgischer Prüfbericht kam zu einem ganz anderen Ergebnis, danach hatten die Masken eine Filterleistung von nur 92 Prozent statt der geforderten mindestens 94 Prozent. Das Landesamt habe von dem belgischen Prüfbericht keine Kenntnis gehabt, man habe die Masken „nach bestem Wissen und Gewissen ausgeliefert“, betonte im Dezember der Präsident des Landesamtes, Detlef Placzek – und versprach, umgehend Ersatz zu liefern. Doch nun ist entweder auch der Ersatz mangelhaft – oder in der ersten Lieferung waren noch mehr Masken fehlerhaft als die bisher eingeräumten 16.000.

Schulbetrieb ohne Abstand ist noch immer an deutschen Schulen Normalität - trotz Corona. In diesem Klassenzimmer hängt eine Lüftungsanlage, entworfen vom MPI Chemie in Mainz. - Foto: MPIC
Schulbetrieb ohne Abstand ist noch immer an deutschen Schulen Normalität – trotz Corona. In diesem Klassenzimmer hängt eine Lüftungsanlage, entworfen vom MPI Chemie in Mainz. – Foto: MPIC

„Masken in den Umlauf zu bringen, die den europäischen Standards nicht genügen, ist nicht nur mangelhafter Gesundheitsschutz, sondern vor allem mangelnde Wertschätzung den Kollegen gegenüber“, schimpft derweil der Landeschef der Lehrergewerkschaft VBE, Gerhard Bold, Kollege Hammer sieht das genauso: „Die Kollegen sind verärgert und frustriert“, kritisierte er, „sie haben das Gefühl, man nimmt ihre Bedürfnisse nicht ernst.“ „Lehrkräfte müssten Masken bekommen, die sie auch guten Gewissens tragen könnten, fügte er hinzu.

Bildungsministerin Hubig reagierte noch am Samstag verärgert auf den Vorfall: „Man muss sich darauf verlassen können, dass eine Schutzausrüstung, die zertifiziert ist, dieser Zertifizierung auch gerecht wird“, sagte die Ministerin: „Ich kann sehr gut verstehen, wenn Lehrer darüber verärgert sind.“ Die Mitarbeiter dürften nicht „durch eine fragwürdige Funktionsfähigkeit der Schutzausrüstung verunsichert werden“, sondern müssten im Bedarfsfall „auf gutes und sicheres Material zurückgreifen können.“ Das Land Rheinland-Pfalz werde nun ab sofort keine vom Bund gelieferten Masken mehr einsetzen, sondern 250.000 FFP2-Masken aus rheinland-pfälzischer Produktion für die Schulen bereitstellen. „Wir machen Druck, damit vor der Rückkehr in den Präsenzunterricht neue und einwandfreie Masken vor Ort sind“, betonte Hubig.

Info& auf Mainz&: Mehr zur Debatte über den Präsenzunterricht und die Frage, welche Rollen Schulen als Ansteckungsorte in der Corona-Pandemie spielen, lest Ihr hier bei Mainz&.

 

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