Mehr als drei Jahre nach der Flutkatastrophe im Ahrtal hat die Polizei in Rheinland-Pfalz nun erstmals eigene Hubschrauber mit einer Seilwinde zur Rettung von Menschenleben aus der Luft. Vergangenen Donnerstag wurden die beiden neuen Hubschrauber vom Typ Airbus H145 vorgestellt. Ausgestattet werden können sie jeweils mit Rettungswinden sowie mit doppelt so großen Wasserbehältern zur Brandbekämpfung aus der Luft wie bisher. Der neue Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) sprach von einem „Meilenstein beim Bevölkerungsschutz“.

Foto des überfluteten Ahrtals bei Dorsel am Abend des 14. Juli 2021, aufgenommen aus dem hessischen Polizeihubschrauber. - Foto: Tobias Frischholz, via Abschlussbericht UA Ahrtal
Foto des überfluteten Ahrtals bei Dorsel am Abend des 14. Juli 2021, aufgenommen aus dem hessischen Polizeihubschrauber. – Foto: Tobias Frischholz, via Abschlussbericht UA Ahrtal

Als in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 eine gigantische Flutwelle durchs Ahrtal rauschte, standen die Rettungskräfte vor einem massiven Problem: Es fehlten Hubschrauber zur Rettung von Menschen aus der Luft. Währen im Ahrtal Menschen auf Campingwagen, und später auf Hausdächern ausharrten, und – von Wassermassen eingeschlossen – auf Rettung hofften, suchten Polizeistellen und ADD verzweifelt nach Hubschraubern, die mittels Rettungswinde die Menschen in Sicherheit bringen konnten.

Doch Rheinland-Pfalz besaß bislang keine Hubschrauber, die mit einer Rettungswinde ausgestattet waren: Das Land verließ sich auf eine Kooperation mit dem Nachbarland Hessen, dessen Polizei-Fliegerstaffel zwei Hubschrauber mit dieser Ausstattung besaß. Doch am Abend des 14. Juli 2021 waren die hessischen Hubschrauber – stationiert in Egelsbach bei Langen in Nähe des Frankfurter Flughafens – weit weg: Die Hessen werden zwar bereits um 17.42 Uhr aus Rheinland-Pfalz angefragt, doch danach meldet sich die zuständige Behörde ADD einfach nicht mehr – so berichtete es Hubschrauberpilot Tobias Frischholz dem Untersuchungsausschuss des Mainzer Landtags.

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Rettungshubschrauber mit Seilwinde fehlten schon 2016 an der Ahr

Gegen 18.45 Uhr machen sich die Hessen deshalb eigenständig auf den Weg ins Ahrtal, bis sie auf dem Campingplatz in Dorsel ankommen ist es 20.15 – drei Stunden nach Beginn der Katastrophe. Trotzdem können die Hessen am Abend noch fünf Menschen retten, bevor Dunkelheit und Wetter einen weiteren Einsatz unmöglich machen. Hunderte Menschen verbringen die Nacht auf den Dächern ihrer Häuser oder auf Balkonen, erleben eine Nacht des Schreckens – die Rettung kommt erst am nächsten Morgen, und für manche zu spät. In der Flutnacht sterben im Ahrtal 136 Menschen, eine Person davon gilt bis heute als vermisst.

Stellten drei Jahre nach der Flutkatastrophe die neuen Hubschra7uber der Polizei Rheinland-Pfalz vor: Ministerpräsident Alexander Schweitzer (links) und Innenminister Michael Ebling (beide SPD). - Foto: Innenministerium RLP, Stephan Dinges
Stellten drei Jahre nach der Flutkatastrophe die neuen Hubschra7uber der Polizei Rheinland-Pfalz vor: Ministerpräsident Alexander Schweitzer (links) und Innenminister Michael Ebling (beide SPD). – Foto: Innenministerium RLP, Stephan Dinges

Im Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Flutkatastrophe im Ahrtal berichteten viele Katastrophenschützer: Das Problem sei seit Jahren bekannt gewesen, schon beim großen Ahr-Hochwasser 2016 sei das Fehlen von Rettungshubschraubern mit Seilwinde ein Problem gewesen – doch geändert habe sich nichts. Erst im Juli 2022, ein Jahr nach der Flutkatastrophe, bestellte das rheinland-pfälzische Innenministerium dann zwei neue Hubschrauber, schon da war klar: Die hochmodernen Hubschrauber vom Typ H145 der Firma Airbus Helicopters würden erst 2024 geliefert.

Nun sind sie da: Vergangenen Donnerstag stellten der neue Ministerpräsident Alexander Schweitzer und Innenminister Michael Ebling (beide SPD) die neuen Hubschrauber am Rheinufer in Mainz vor. 32,9 Millionen Euro kosteten die beiden neuen Geräte, sie sind wesentlich größer und leistungsfähiger als die alten: So passen in die Helis bis zu zehn Personen und eine Zuladung von rund einer Tonne – die Hubschrauber gehören zur sogenannten „Vier-Tonnen-Klasse“, was sich auf das maximale Abfluggewicht bezieht.

Airbus H145 mit Rettungswinde und größeren Wasserbehältern

„Dank zwei Turbinen mit je 900 PS Leistung beträgt die Fluggeschwindigkeit bis zu 280 Kilometer pro Stunde“, teilte das Innenministerium weiter mit. Damit könnten die Hubschrauber mit einer Tankfüllung über drei Stunden in der Luft bleiben und bis zu 650 Kilometer zurücklegen. „Die fliegerische Leistungsfähigkeit ist beeindruckend“, sagte Schweitzer. Mit den beiden neuen Hubschraubern sei Rheinland-Pfalz technisch auf dem neuesten Stand.

Einer der neuen Polizeihubschrauber mit Löschwasser-Behälter im Einsatz. - Foto: Innenministerium RLP, Stephan Dinges
Einer der neuen Polizeihubschrauber mit Löschwasser-Behälter im Einsatz. – Foto: Innenministerium RLP, Stephan Dinges

Wichtig ist dabei auch ihre Ausstattung: Pro Hubschrauber gibt es eine Rettungswinde, ein dritte wurde zusätzlich angeschafft, um auch in Fällen von Wartung oder Reparatur jederzeit einsatzbereit zu sein. „Ihre Rettungswinden und noch größere Wasserbehälter zur Waldbrandbekämpfung sind ein Meilenstein beim Bevölkerungsschutz“, betonte Ministerpräsident Schweitzer.

Für den Einsatz der Rettungswinde gibt es ein eigenes Aus- und Fortbildungsprogramm sowie eine Kooperation mit Höhenrettern der Berufsfeuerwehr Koblenz. Der Einsatz der Winden gehöre zu den komplexesten und anspruchsvollsten fliegerischen Verfahren, betonte Innenminister Ebling: „In den nächsten Wochen wird fleißig trainiert, die beiden neuen Hubschrauber werden im täglichen Einsatz sein.“ Zusammen mit dem in der Westpfalz stationierten Intensivtransporthubschrauber Christoph 66 seien damit dann drei Windenhubschrauber im Land stationiert, betonte Ebling: Sie seien wichtiger Teil der Neuaufstellung des Katastrophenschutzes.

Neben normalen polizeilichen Aufgaben, sind die beiden neuen Hubschrauber zudem auch für die Bekämpfung von Wald- und Flächenbränden aus der Luft gedacht. „Die entsprechenden Außenlastbehälter sind mit einem Fassungsvermögen von über 800 Litern nahezu doppelt zu groß wie bislang“, sagte Innenminister Ebling. Stationiert sind die Maschinen bei der Polizeihubschrauberstaffel auf dem Flugplatz Winningen bei Koblenz.

Info& auf Mainz&: Mehr zum Thema Polizeihubschrauber mit Rettungswinde in der Flutkatastrophe könnt Ihr auch noch einmal hier bei Mainz& nachlesen. Mehr zur Bilanz des Untersuchungsausschusses zur Flutkatastrophe im Ahrtal lest Ihr hier in unserem Bericht zum Abschlussbericht – und natürlich in unserem Buch zur Flutkatastrophe:

Buch „Flutkatastrophe Ahrtal – Chronik eines Staatsversagens“ arbeitet politisches Versagen in der Flutnacht auf