Sie ist die Finanzexpertin der SPD Rheinland-Pfalz und soll nun den Amtssessel in der Landeshauptstadt Mainz nach 74 Jahren SPD-Oberbürgermeister verteidigen: Mareike von Jungenfeld, 41 Jahre, Betriebswirtin, alleinerziehende Mutter zweier Kinder. Aus Letzterem leitet sich von Jungenfelds große Vision ab: Sie möchte Mainz zur familienfreundlichsten Stadt von Rheinland-Pfalz machen, setzt auf einen Generationenpark am Schloss sowie auf eine autoärmere Innenstadt und den weiteren Straßenbahnausbau. Einen Satz auf Englisch mochte sie sich nicht entlocken lassen.

Tritt für die SPD als OB-Kandidatin an: Mareike von Jungenfeld. - Foto: gik
Tritt für die SPD als OB-Kandidatin an: Mareike von Jungenfeld. – Foto: gik

Am Sonntag wählt Mainz ein neues Stadtoberhaupt, in den vergangenen 74 Jahren stellten stets die Sozialdemokraten den Mainzer Oberbürgermeister. Doch mit dem Abgang von Michael Ebling (SPD) in Richtung Innenministerium wurden die Karten neu gemischt – der Ausgang der Wahl ist offen wie nie. Die SPD tat sich im vergangenen Herbst schwer, einen Kandidaten oder Kandidatin zu finden, nun soll von Jungenfeld den Chefsessel in der Landeshauptstadt verteidigen. Stärkste Kraft im Stadtrat sind allerdings seit der Kommunalwahl 2019 die Grünen, die seit 12 Jahren mit SPD und FDP in einer Ampel-Koalition regieren.

Nötig wird die Wahl, weil der bisherige Innenminister Roger Lewentz (SPD) wegen der Flutkatastrophe im Ahrtal zurücktrat und Ebling als Nachfolger nur drei Jahre nach seiner Wiederwahl in Richtung Landesebene verschwand – nicht wenige nehmen ihm das durchaus auch übel. Nun sucht Mainz einen neuen Oberbürgermeister – der Stadtchef wird in Personenwahl direkt von den Bürgern gewählt, und das gleich für acht Jahre. Mainz& hat deshalb sechs der sieben Kandidaten zum Interview gebeten: Wir wollen Euch Ideen, Konzepte und Visionen, aber eben auch die Person präsentieren, die sich da um das höchste Amt der Stadt bewirbt.

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Brückenbauerin, aber nicht mehr überparteiliche Zusammenarbeit

Die 41 Jahre alte von Jungenfeld möchte nun die erste Frau an der Spitze der Stadt werden: „Es ist mir nicht egal, was aus meiner Heimatstadt wird“, sagt sie im Mainz&-Interview: „Ich brenne für diese Stadt.“ Von Jungenfeld wurde in Mainz geboren, wuchs aber in eine rheinhessischen Ort auf. In Alzey arbeitete sie in einer Steuerberatungskanzlei, seit vier Jahren ist sie die Finanzreferentin der rheinland-pfälzischen SPD. Sie arbeite gerne „an dieser Schnittstelle “ zwischen Betriebswirtschaft und Ehrenamt, sagt sie.

Mareike von Jungenfeld (Mitte) bei ihrer Nominierung mit Ko-Chef Christian kanka (links) . - Foto: gik
Mareike von Jungenfeld (Mitte) bei ihrer Nominierung mit Ko-Chef Christian Kanka (links) . – Foto: gik

Im Mainzer Stadtrat sitzt sie seit der Kommunalwahl 2019, seit einem knappen Jahr ist sie Ko-Vorsitzende der Mainzer SPD – vielen in Mainz war sie bisher eher unbekannt. Die Nominierung der Finanzexpertin zur OB-Kandidatin im vergangenen Herbst war denn auch eine große Überraschung, sie selbst nennt ihre Kandidatur „folgerichtig“: „Warum auch nicht“, sagt sie im Mainz&-Interview: „Mainz ist meine Herzensstadt.“

Sie selbst habe „eine Brückenbauer-Mentalität“, der OB sei für alle Mainzer da, und „nehme die Parteibrille ein Stück weit ab“, betonte von Jungenfeld. Eine stärkere überparteiliche Zusammenarbeit im Stadtrat lehnt sie aber ab: Es sei schon „gut, wenn man eine politische Mehrheit im Rat hinter sich hat“, wenn man die Stadt gestalten wolle, sagt sie. Sie verstehe zudem „gar nicht, dass man so wahrnimmt, dass man gegeneinander arbeitet, in den Ausschüssen in denen ich sitze, ist das nicht der Fall“, sagt sie.

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Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen, Straßenbahnausbau

Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen verteidigt sie wegen dem Lärmschutz für Anwohner – eingeführt wurde es aber eigentlich, um die Schadstoffbelastung in der Luft zu senken. Es müssten aber die Ampelschaltungen angepasst werden, „damit der verkehr fließt“, dann sei das „für alle akzeptabel.“ Es sei für sie zudem „sehr zentral, dass man schnell ein Gesamtverkehrskonzept plant“, Innenstadt und Stadtteile müssten gemeinsam gedacht werden. Der ÖPNV müsse zuverlässiger und bezahlbarer werden, Mainz brauche eine bessere und attraktivere Radverkehrsinfrastruktur.

Hält an Tempo 30 auch auf Hauptverkehrsstraßen fest: Mareike von Jungenfeld, SPD-Kandidatin. - Foto: gik
Hält an Tempo 30 auch auf Hauptverkehrsstraßen fest: Mareike von Jungenfeld, SPD-Kandidatin. – Foto: gik

„Ich stehe dafür, dass die Tickets in der Vorausschau günstiger werden“, sagt sie auf die Frage, wie teuer denn ein Nahverkehrsticket sein solle. Das 49-Euro-Ticket sein „als Einstieg sehr gut“, betont sie – und verweist auf das 365-Euro-Ticket für Schüler und Azubis, das die Ampel-Koalition vergangenes Jahr in Mainz einführte. Wo sie aber mit den weiteren Ticketpreisen hin will, die Antwort bleibt von Jungenfeld schuldig. Sie sei als Oberbürgermeisterin „nicht die Verkehrsdezernentin“, wehrt sie ab.

„Ich sage nicht, es darf keiner mehr mit dem Auto in die Innenstadt fahren“, sagt sie, sie wolle aber „die autoärmere Innenstadt.“ Es müssten Räume im Stadtbild anders verteilt werden, Autos in Parkhäuser gelenkt werden – ob die dann aber billiger werden müssen,  das findet sie nicht. Sie sie stehe mehr für Straßenbahnausbau und ein besseres Radwegenetz – das entspricht der bisherigen Politik der SPD.

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Familienfreundlichste Stadt, kostenloses Mittagessen

„Mein Ziel ist, dass wir in acht Jahren familienfreundlichste Stadt sind“, sagt sie. Gefragt, was das denn bedeutet, sagt sie aber lediglich: Kitas und Schulen hätten für sie „oberste Priorität“ – und spricht sich für kostenloses Mittagessen in Schulen und Kitas aus. Dass die Stadt Mainz aber gerade jetzt ihren Zuschusses zum Mittagessen auf nur noch 66 Cent senkt, davon zeigt sie sich aber überrascht. Im Finanzausschuss sei das Thema bisher nicht besprochen worden, sagt sie, und betont: „Man braucht ja noch eine Vision, wie man sich verbessern kann.“

Tritt für kostenfreies Mittagessen ein, wusste aber von Anhebung der Elternbeiträge nichts. - Foto: SPD Mainz
Tritt für kostenfreies Mittagessen ein, wusste aber von Anhebung der Elternbeiträge nichts. – Foto: SPD Mainz

Bessere Bezahlung für Erzieherinnen könne „ein Baustein sein, ist aber nicht das entscheidende Merkmal“, sagt sie zu dem Thema – es müssten „die grundsätzlichen Rahmenbedingungen“ geändert werden. Sie wolle die Erzieherinnen von Verwaltungsarbeiten entlasten, wie, sagte sie aber nicht.

Von Jungenfeld will 9.000 Wohnungen bauen, das sind deutlich mehr, als ihr Vorgänger einst mit 6.000 ankündigte. Es gebe 24 Potenzialflächen, sie stehe mehr für dezentrale Lösungen und nicht für einen neuen Stadtteil. „Auch Michael Ebling hat seine  angekündigten Wohnungen realisiert“, betonte von Jungenfeld – Tatsache ist indes auch: Die Mieten und Immobilienpreise sind während seiner Amtszeit extrem gestiegen. Auf die Frage, wie sie die Mieten senken will, sagte von Jungenfeld, sie wolle die Wohnbau stärken und private Investoren mitnehmen – konkreter wurde sie nicht.

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Generationenpark am Schloss, Baggersee skeptisch

Generationenpark am Ernst-Ludwig-Platz: Ein Ziel der SPD-Kandidatin. - Foto: gik
Generationenpark am Ernst-Ludwig-Platz: Ein Ziel der SPD-Kandidatin. – Foto: gik

Die Stadt müsse sich mehr zum Rhein hin öffnen, sagte sie weiter, das Thema klimaneutrales Mainz dürfe „keine Worthülse bleiben“ – doch konkreter wurde sie nicht. Ihre Vision eines Generationenparks sieht sie entlang der Großen Bleiche, die zudem autofrei werden soll. Auch das Allianzhaus wolle sie einbeziehen, das sie zudem erhalten will. Den alten Steinbruch der Portland wolle sie als Naturschutzgebiet erhalten – einem Baggersee dort steht sie skeptisch gegenüber.

Zur Great Wine Capital verwies sie darauf, dass der Stadtrat nun mehr Geld „Man muss sehen, wie kriegt man dieses Thema wirksamer nach vorne“, sagte von Jungefeld zu diesem Thema. Auf die Frage, wie sie einen internationalen Staatsgast wie etwa US-Präsident Joe Biden begrüßen wolle, wollte von Jungenfeld aber sich nicht auf ein Statement auf Englisch einlassen. „Das müsste ich mir überlegen, darauf würde ich mich gerne gut vorbereiten“, sagte sie lediglich.

Info& auf Mainz&: Das Interview mit Mareike von Jungenfeld wurde am 06. Februar 2023 in der Landesgeschäftsstelle der SPD Rheinland-Pfalz geführt. Das ganze Interview könnt Ihr hier auf dem Mainz&-Youtube-Kanal ansehen. Mehr zu Mareike von Jungenfeld lest Ihr hier auf Mainz& – und natürlich hier auf ihrer Homepage im Internet.

Interviews& zur OB-Wahl: Mainz& hat sechs der sieben OB-Kandidaten zum Interview geladen, Lukas Haker von „Die Partei“ haben wir nicht gefragt – der Kandidat ließ sich zuletzt im Wahlkampf so gut wie nicht mehr blicken. Mehr zu den Interviews hier: