Er ist der einzige parteilose Kandidat bei der OB-Wahl, und er will es nach 2019 noch einmal wissen: Nino Haase, 39 Jahre, Biochemiker, Unternehmer. 2019 schaffte er es in die Stichwahl bei der OB-Wahl, nun will er es noch einmal wissen. Der Geschäftsführer bei der Speyer & Grund GmbH setzt auf pragmatische Lösungen, eine moderne und digitale Verwaltung, mehr Beteiligung der Bürger – aber auch auf deutlich mehr Grün in der Stadt und ein Gutenberg-Memorial in der Weinhauptstadt Mainz. „Wir müssen dahin kommen, dass wir als Stadt wieder effizient funktionieren“, sagt Haase – und hatte auch eine Willkommensrede für Joe Biden parat.

Der parteilose OB-Kandidat Nino Haase im Mainz&-Interview. - Foto: gik
Der parteilose OB-Kandidat Nino Haase im Mainz&-Interview. – Foto: gik

Kommenden Sonntag wählt Mainz ein neues Stadtoberhaupt, bisher stellten die Sozialdemokraten in den vergangenen 74 Jahren stets den Mainzer Oberbürgermeister. Doch mit dem Abgang von Michael Ebling (SPD) in Richtung Innenministerium wurden die Karten neu gemischt – der Ausgang der Wahl ist offen wie nie. Stärkste Kraft im Stadtrat sind seit der Kommunalwahl 2019 die Grünen, die seit 12 Jahren mit SPD und FDP in einer Ampel-Koalition regieren.

Nötig wird die Wahl, weil der bisherige Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) überraschend im Oktober zum Innenminister von Rheinland-Pfalz wurde – als Nachfolger des wegen der Flutkatastrophe im Ahrtal zurückgetretenen Roger Lewentz. Nun sucht Mainz einen neuen Oberbürgermeister – der Stadtchef wird in Personenwahl direkt von den Bürgern gewählt, und das gleich für acht Jahre. Mainz& hat deshalb sechs der sieben Kandidaten zum Interview gebeten: Wir wollen Euch Ideen, Konzepte und Visionen, aber eben auch die Person präsentieren, die sich da um das höchste Amt der Stadt bewirbt.

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Haase: Zweiter Anlauf nach 2019 und Bibelturm-Bürgerbegehren

Für Nino Haase ist es bereits der zweite Anlauf: 2019 trat er mit Rückendeckung der CDU bei der OB-Wahl gegen Amtsinhaber Michael Ebling an, scheiterte aber in der Stichwahl. Warum tritt er nun noch einmal ein? „Weil einem was an der Stadt liegt und man mit ihr sehr eng verbunden ist“, sagt Haase im Mainz&-Interview auf die Frage: „Wir müssen dahin kommen, dass wir als Stadt wieder effizient funktionieren.“

Nino Haase 2019 im OB-Wahlkampf in Mainz. - Foto: gik
Nino Haase 2019 im OB-Wahlkampf in Mainz. – Foto: gik

Er habe 2017 bis 2019 durchgehend Wahlkämpfe geführt, erst mit dem Bürgerbegehren zum Bibelturm, dann im Oberbürgermeister-Wahlkampf 2019. In der Stichwahl unterlag Haase Amtsinhaber Michael Ebling (SPD) nur knapp mit 44,8 Prozent zu 55,2 Prozent, „das war ein Dämpfer“, gibt er heute offen zu – danach habe er eine Pause gebraucht, arbeitete aber weiter in der Arbeitswerkstatt für das neue Gutenberg-Museum bei der Entwicklung der neuen Konzeption mit.

Haase trat einen neuen Job als Geschäftsführer bei Speyer & Grund an, heiratete seine Frau Mandy, und sah in der Corona-Pandemie nicht viele Möglichkeiten, sich einzumischen – so beschreibt er es selbst. „Es gab in der Zeit ja auch keine Wahlen“, betont Haase, bei denen er hätte antreten können – die nächste sei die Kommunalwahl 2024. Bei dieser Wahl wird er von ÖDP und Freien Wählern unterstützt.

Überparteiliche Zusammenarbeit, Stärkung der Ortsbeiräte

Haase tritt ein für mehr überparteiliche Zusammenarbeit auf Stadtebene und im Stadtrat: „Die Parteien haben absolut eine Berechtigung“, aber sich abzuschotten und alle Vorschläge des politischen Gegners abzulehnen, das sei „der falsche Weg und nicht zeitgemäß“, betont er. Als parteiloser Bürgermeister „sollte man das moderieren“, für Zustimmung zu guten Vorschlägen und Konzepten werben, findet er: „Hitzeaktionsplan, IT-Hausmeister für Schulen, all das wurde in den vergangene Jahren abgelehnt, weil es von der ‚falschen‘ Seite kam“, das halte er für falsch.

Wahlplakat von Nino Haase zum Thema Bürgerbeteiligung. - Foto: Haase
Wahlplakat von Nino Haase zum Thema Bürgerbeteiligung. – Foto: Haase

In der Gemeindeordnung stehe, dass eine Stadt jedes Jahr eine Bürgerbeteiligung abhalten solle – geschehen ist das in Mainz noch nie, kritisiert Haase zudem: „Wir brauchen mehr moderne Beteiligungsverfahren.“ Als Beispiel nennt er eine „Bürgermeister-App“, bei der Bürger direkt zu Themen befragt werden können, oder eine „Mängelmelder-App“, „da müssen wir hinkommen“, sagt Haase. Im Wahlkampf sendet er jeden Morgen einen Podcast zu einem bestimmten Thema, das wolle er auch als OB weiter führen.

Auch die Stärkung der Ortsbeiräte ist für Haase wichtig: 20921 hatte der damalige Oberbürgermeister Ebling das  Fragerecht der Beiräte an die Stadtverwaltung stark eingeschränkt. „Sie sind bestraft worden, das ist eine ganz schlechte Entwicklung“, sagt Haase dazu. Er wolle den Beiräten als wichtige Stimme in den Stadtteilen ein deutlich größeres Budget und mehr Mitsprache bei lokalen Projekten geben.

2-Euro-Ticket, Autos in Parkhäuser, Ausbildungsstiftung

Die Stadt Mainz will Haase zu einem attraktiveren Arbeitgeber machen, unter anderem mit einer Ausbildungsstiftung, die den Nachwuchs unterstützen soll: durch Erhöhung des Gehalts in der Ausbildungszeit, Azubi-Wohnheime und ein Fachkräftezentrum – etwa für Erneuerbare Energien oder als Laborfachkräfte für die Biotech-Branche. Mieten will er durch Konzeptvergaben bei Neubauvorhaben begrenzen, die aktuelle Quote von 30 Prozent geförderter Wohnraum bei Bauvorhaben nennt er zu wenig.

Platz für Grün und Radfahrer statt parkende Autos - das machen jedes Jahr Aktivisten beim Parking Day vor. - Foto: BUND
Platz für Grün und Radfahrer statt parkende Autos – das machen jedes Jahr Aktivisten beim Parking Day vor. – Foto: BUND

Für neuen Wohnraum sieht Haase diverse Möglichkeiten im Stadtgebiet, auch aus dem Layenhof würde er gerne mehr machen. Nachverdichtung sieht er mehr in den Ortsteilen, die Innenstadt leide bereits unter einem Temperaturanstieg von etwa fünf Jahren Grad. Dass fast 20 Prozent unserer Stadtfläche für parkende Autos „verschwendet“ würden, davon müssen wir wegkommen“, sagt er. Die parkenden Autos würde er in Parkhäuser verlagern, die Flächen entsiegeln oder für neue Radwege und Fußwege nutzen.

Es brauche einfachere Sharing-Angebote und eine App für alle Verkehrsträger, der ÖPNV müsse billiger werden, sein Ansatz: Ein Zwei-Euro-Ticket, das zwei Stunden lang gilt, um Besorgungen in der Innenstadt mit dem Bus attraktiver zu machen. In Sachen Autoverkehr sei ihm „am wichtigsten, dass ich eine grüne Welle habe – das macht einen ja Wahnsinnig so, wie es jetzt ist“, sagt er: Der Verkehr müsse rollen.

Biotechnologie auf der Messe, Gutenberg-Memorial am Rhein

Die Erneuerbaren Energien will Haase deutlich ausbauen, das Biotechnologie-Campus auf 50 Hektar an der Saarstraße sieht er kritisch: „Wenn wir jetzt das Momentum mitnehmen wollen, ist das eigentlich keine Lösung“, sagt Haase – eine neue Entwicklung würde sieben bis acht Jahre dauern. Es gebe weitere Potenzialflächen, womöglich auch auf dem weitgehend brachliegenden Messegelände in Mainz-Hechtsheim: „Das ist derzeit kein Aushängeschild für Mainz.“ Auch gebe es Flächen an der Uni, man könne darüber nachdenken, Parkplätze tiefer zu legen und das Gelände zu nutzen.

Die Große Bleiche, Blickrichtung Innenstadt: Achse zum Kupferberg? - Foto: gik
Die Große Bleiche, Blickrichtung Innenstadt: Achse zum Kupferberg? – Foto: gik

„Jeder muss in Deutschland wissen, dass Mainz die deutsche Weinhauptstadt ist“, sagt Haase zudem – Mainz müsse Wein zur Marke machen. „Wir brauchen generell touristische Anlaufpunkte, aber das muss man zusammendenken“, sagt er, und zeichnet ein Bild: Von einem Weinerlebniszentrum auf der Kupferbergterrasse sehe er eine Achse über ein neu gestaltete große Bleiche bis hin zu einem neuen Schlosspark – und einem Gutenberg-Memorial am Rheinufer.

Ein solches Gutenberg-Memorial müssen das Museum mit einem modernen Aspekt ergänzen, etwa einem integrierten Ewigkeitsspeicher. Auch das Rheinufer müsse attraktiver und belebter werden, die Mainzer Umweltdezernentin Janina Steinkrüger (Grüne) hatte jüngst bei der Vorstellung der Umbaumaßnahmen am Rheinufer gesagt, es gebe genügend Gastronomie am Rhein. „Das ist mir neu“, reagiert Haase im Mainz&-Interview: „Ich habe noch nie ein gastronomisch so unterentwickeltes Rheinufer gesehen, das ist schade.“ Eine Stadt „sollte leben, und dafür sollte sich eine Stadtspitze auch einsetzen“, fügte er hinzu.

Info& auf Mainz&: Das Interview mit Nino Haase wurde am 6. Februar 2023 in Büroräumen in der Mainzer Rheinstraße geführt. Das ganze Interview könnt Ihr hier auf unserem Mainz&-Youtube-Kanal ansehen, auf dem Kanal findet Ihr auch die Interviews der anderen Kandidaten – die Nummern entsprechen der Reihenfolge, in der wir die Interviews geführt haben. Mehr zu den Ideen und der Person Nino Haase lest Ihr zudem hier bei Mainz& oder in diesem Portrait von 2019 – und natürlich hier auf Nino Haases Internetseite.

Interviews& zur OB-Wahl: Mainz& hat sechs der sieben OB-Kandidaten zum Interview geladen, Lukas Haker von „Die Partei“ haben wir nicht gefragt – der Kandidat ließ sich zuletzt im Wahlkampf so gut wie nicht mehr blicken. Mehr zu den Interviews hier:

Info& auf Mainz&: Das Interview mit Nino Haase wurde am 6. Februar 2023 in Büroräumen in der Mainzer Rheinstraße geführt. Das ganze Interview könnt Ihr hier auf unserem Mainz&-Youtube-Kanal ansehen, auf dem Kanal findet Ihr auch die Interviews der anderen Kandidaten – die Nummern entsprechen der Reihenfolge, in der wir die Interviews geführt haben. Mehr zu den Ideen und der Person Nino Haase lest Ihr zudem hier bei Mainz& oder in diesem Portrait von 2019 – und natürlich hier auf Nino Haases Internetseite.