Was für ein Feuerwerk: Die Mainzer Sommerlichter haben am Samstagabend eine großartige Lichtershow auf und neben der Theodor-Heuss-Brücke abgebrannt, tausende Zuschauer am Ufer staunten lautstark über Lasershow und ein fantastisches Höhenfeuerwerk. Doch abseits der Show herrschte stellenweise großer Ärger: Weinstandbetreiber und Schausteller äußerten sich höchst unzufrieden. Horrende Standmieten, viel zu viele Essensstände und dazu die Kaufpflicht für Weingläser und Becher sorgten für Ärger. Wie schade, war doch die Idee für ein Lichterfest am Mainzer Rheinufer eine ausgesprochen gute.
„Wir waren kurz davor, dass Weindorf wieder abzubauen“, sagte ein erboster Winzer am Freitagabend: „Ich hab‘ schon viel gesehen, aber das ist hier so chaotisch, das gibt’s gar nicht.“ Es war kein guter Start für die Sommerlichter am Freitagabend: Im Weindorf rund um den Brunnen neben dem Hilton herrschte dicke Luft.
Die Organisation sei völlig chaotisch gewesen, die Standpläne hätten alle nicht gestimmt, Zusagen seien nicht eingehalten worden – so mussten die Winzer entgegen Absprachen selbst für Tische und Bänke im Brunnenrund sorgen. Auch die grünen Lichter in den Bäumen, die einzige Illumination am Rheinufer – sie wurden von den Winzern in Eigenregie besorgt und installiert. „Wo ist denn hier die Beleuchtung?“, wunderte sich prompt ein Besucher am Freitag: „Ich denke, das heißt hier Sommerlichter.“
Zwangskauf für Becher und Gläser sorgte für Ärger
Und dann war da noch die Sache mit den Gläsern und Bechern: „Die Gäste sind sauer und gehen wieder, sagen: Kaufen? Och nö“, berichtete ein Winzer. Denn das Weinglas der Mainzer Sommerlichter sowie der eigens aufgelegte Festbecher mussten für 2,50 Euro erworben werden und konnten nicht wieder zurückgegeben werden. Gewusst hatte das vorher keiner – die Gäste nicht und auch die Winzer nicht: „Das hat uns keiner vorher gesagt“, beschwerte sich einer, „jetzt müssen wir hier die ganze Zeit mit den Besuchern rumdiskutieren.“ Die Verwendung der eigenen Gläser sei ihnen verboten worden, berichteten die Winzer, die Becher lösten sich in der Spülmaschine auf. „Ich muss doch zwischendurch die Gläser mal wechseln, das ist doch total unhygienisch“, sagte einer.
Dazu mussten Gläser und Becher zuvor vom Veranstalter gekauft werden – und die Becher gab es nur in einer Großpackung von rund 500 Stück. „Wenn ein Kasten angebrochen ist, kann ich ihn aber nicht wieder zurückgeben“, beschwerte sich ein Winzer: „Was soll ich mit 500 Bechern? Da leg‘ ich ja drauf!“ Rund 1.000 Euro habe er für einen Karton hinlegen müssen, „wir Winzer zahlen hier offenbar für das Fest“, monierte ein anderer.
„Astronomische“ Standgebühren, zu viele Essensstände
Dazu kamen enorm hohe Standgebühren: Bis zu 2.500 Euro zahlten Winzer für ihre Stände für drei Tage. „Die Preise sind unverschämt“, sagte einer, „wir haben lange überlegt, ob wir überhaupt einsteigen.“ Ein anderer Weinstand war so weit in der Ecke gelandet, „mich sieht man hier überhaupt nicht“, beschwerte sich der Besitzer, aber er zahle die gleichen Preise, wie die Kollegen vorne am Brunnen. „Hätte ich meine Standgebühr wieder zurück bekommen, ich wäre wieder gefahren“, betonte er – und er war nicht der Einzige.
Mainz& hat übrigens mit vielen Winzern und Schaustellern gesprochen, die Aussagen haben wir mit Namen notiert. Doch alle baten uns eindringlich, ihre Namen nicht zu veröffentlichen – die Angst vor negativen Auswirkungen war groß. Man dürfe es sich mit Mainzplus Citymarketing nicht verscherzen, hieß es allenthalben. Doch der Unmut war so groß, dass wir genauso eindringlich gebeten wurden. „Bitte schreiben Sie das, so darf das hier nicht noch einmal abgehen!“ Tun wir – weil wir finden, dass Mainz tolle Feste braucht, aber eben auch gut gemachte.
Denn eigentlich war die Vorfreude auf das neue Fest groß gewesen, strömten die Mainzer und Besucher aus dem Umland begeistert ans Rheinufer. Im Weindorf herrschte an allen Tagen dichtes Gedränge, die Winzer kamen mit dem Ausschenken kaum hinterher. Es spricht Bände, dass trotzdem keine Zufriedenheit herrschte.
„Das hat hier überhaupt kein Konzept“
Schlechter noch war die Stimmung bei vielen Essensständen: „Es sind einfach viel zu viele Stände hier und dafür zu wenig Besucher“, klagte ein Standbetreiber Freitagabend: „Sie sehen ja, die Leute rauschen einfach vorbei.“ Zwischen Fischtor und Rathaus und zwischen Theodor-Heuss-Brücke und Kaisertor reihte sich ein Essensstand nahtlos an den anderen. Die Auswahl war riesig, für die Besucher gab es wirklich alles, was das Herz begehrte.
Doch auf wenigen Metern standen oft die gleichen Stände, „ich hab‘ schon fünf Crèpestände gesehen“, merkte eine Besucherin an. Auf hundert Metern gab es da etwa drei Bowlen-Stände, „so etwas darf man doch nicht machen“, beschwerte sich eine der Verkäuferinnen. Vor dem Rathaus standen drei Bierstände direkt nebeneinander, auf weiten Strecken der Promenade fand sich dafür lange keiner mehr.
„Das hat hier doch überhaupt kein Konzept“, kritisierte hingegen Besucher Andreas Toschka: „So etwas langweiliges und schlecht Gemachtes habe ich ja noch nie gesehen.“ Als Mainzer schäme man sich ja fast schon für das Fest, „genervte Gäste, Standmieter und Winzer brauchen wir in Mainz echt nicht.“ Tatsächlich gab es auf der Festmeile einfach zu wenig Anknüpfungspunkte zum Verweilen. Wo Tische und Bänke standen, knubbelten sich die Gäste, aber dazwischen gab es nur wenige Attraktionen, die zum Stehen Bleiben animierten – so wie etwa die Stahlkuppeln mit den Hängematten der Firma La Siesta. „Warum engagiert man nicht Straßenkünstler?“, sagte ein Standbetreiber, „die sind billig zu haben und sorgen für viel gute Laune.“
„Wenn einer mit Null rausgeht, hat er Glück“
„Es waren viel zu viele Essensstände, die Standmieten in Abhängigkeit vom möglichen Umsatz astronomisch zu hoch“, sagte auch Georg Spreuer, Vertreter des Mainzer Schaustellerverbandes Sonntagabend Mainz&. „Es ist keiner von uns in der Lage gewesen, hier seinem Broterwerb nachzugehen und mit einem Plus auf der Veranstaltung zu kommen“, kritisierte Spreuer, „wenn einer mit Null ‚rausgeht, kann er von Glück sagen.“
Das Problem an der Veranstaltung war offenbar, dass Mainzplus, das Citymarketing, die Stände auf der Festmeile nicht selbst vergab, sondern die Promenade in Parzellen untervermietete, unter anderem an den Radiosender Antenne Mainz. „Wenn Mainzplus das selbst gemacht hätte, wäre das bestimmt besser gelaufen“, sagte einer, „die können das doch eigentlich.“ So aber sei die Vergabe nicht transparent gewesen, die Standmieten hätten zwischen 1.000 Euro und 2.500 Euro für die drei Tage geschwankt. Einige Schausteller bauten schon in der Nacht zum Sonntag ab und suchten das Weite.
„Mainzplus hat eine tolle Veranstaltung auf die Beine gestellt“, findet Spreuer, und es sei ja auch verständlich, dass ein solches Großevent mit dem gigantischen Feuerwerk finanziert werden müsse. „Aber am Sonntag hatte das Publikum kein Verständnis mehr dafür, 2,50 Euro zur Unterstützung der Veranstaltung in die Hand zu nehmen“, sagte Spreuer: „Freitag und Samstag konnte man noch kommunizieren, dass das eine Art Eintritt ist, das ging heute aber nicht mehr.“
Phantastisches Feuerwerk mit Lasershow
Und dabei waren Feuerwerk und Lasershow am Samstagabend wirklich vom Allerfeinsten: Ein grüner Laser malte von einem Ponton im Rhein aus gigantische Formen in die Nacht, dazu schossen die Feuerwerker von der Theodor-Heuss-Brücke und zwei Pontons rechts und links davon synchron gigantische Fächer, Farben und Rosetten in den Himmel. Rote und goldene Lichter machten Nachthimmel taghell, dazu erklang Musik aus Lautsprechern auf der Promenade – einfach großartig.
Auch das Musikprogramm auf den Bühnen auf dem Rathausplateau und am Rhein zog die Besucher an, allen voran Nena am Freitagabend. Doch ansonsten blieb der Eindruck: Tolle Idee, aber das Konzept ist eindeutig ausbaufähig. Viele Schausteller und Winzer werden es sich überlegen, ob sie sonst ein zweites Mal bei den Mainzer Sommerlichtern mitmachen.
Info& auf Mainz&: Natürlich berichten wir auch vom Hängematten-Weltrekord – in einem zweiten Artikel auf Mainz&. Unsere Videos vom Feuerwerk der Mainzer Sommerlichter und von der Lasershow findet Ihr auf der Mainz&-Facebookseite. Wir freuen uns auch über Euer Like! Und natürlich: Unsere Fotogalerie zum sensationellen Feuerwerk.