Die Mainzer Stadtwerke sehen sich für die kommenden herausfordernden Jahre gut aufgestellt: Mit einem Jahresergebnis von rund 38,6 Millionen Euro nach Zahlung von Steuern und Abgaben habe man 2023 „ein Rekordergebnis erwirtschaftet“, sagte der Vorstand am Freitag bei der Vorstellung des Geschäftsberichts. Konkrete Zahlen zum Abschneiden einzelner Geschäftsfelder blieben die Mainzer Stadtwerke jedoch schuldig, auch ein Ausblick auf die kommenden Jahre fehlte. Und: Die Mainz&-Fragen zum Projekt Brunnensanierung sowie der Entmachtung der hauseigenen Revision werden weiter nicht beantwortet. Die Mainzer Stadtwerke brechen damit Presserecht.
Die Mainzer Stadtwerke haben das Geschäftsjahr 2023 mit einem Jahresergebnis von rund 38,6 Millionen Euro nach Zahlung von Steuern und Abgaben beendet. „Wir haben gute Nachrichten für die Mainzer“, sagte Vorstandschef Daniel Gahr am Freitag bei der Vorstellung des Geschäftsberichts für das Jahr 2023 in Mainz. „Trotz aller hanebüchener Fakenews und krankhafter Lügen, die über die Stadtwerke verbreitet worden sind“, habe das städtische Unternehmen „ein Rekordergebnis“ eingefahren. Damit reagierte Gahr auf kritische Fragen, die der Stadtrat der Freien Wähler, Erwin Stufler, vor der Kommunalwahl im Juni gestellt, und der Aufklärung über die Finanzlage der Stadtwerke gefordert hatte – mehr dazu lest Ihr hier bei Mainz&.
In den 38,6 Millionen Euro Jahresüberschuss seien sogar schon das Defizit der Verkehrstochter MVG in Höhe von etwa 21,4 Millionen Euro „mit verdaut, ebenso die Konzernabgabe an die Stadt Mainz in Höhe von 14,6 Millionen Euro. „Das ist ein herausragendes Ergebnis, das sich nahtlos in eine Reihe von mehr als ansehnlichen Ergebnissen der vergangenen Jahre einreiht“, sagte Gahr, und betonte: Das sei „das beste Ergebnis der Unternehmensgeschichte.“
Stadtwerke Mainz sprechen von Rekordergebnis 2023
Tatsächlich hatten die Mainzer Stadtwerke im Jahr 2022 einen Jahresüberschuss von rund 24,5 Millionen Euro ausgewiesen, der Bilanzgewinn betrug in 2022 rund 14,6 Millionen Euro, in 2023 stieg er auf rund 24,3 Millionen Euro. Allerdings sanken die Umsatzerlöse in 2023 leicht auf 66,3 Millionen Euro, 2022 hatten sie noch rund 74,6 Millionen Euro betragen.
Die gesamte Unternehmensgruppe der Mainzer Stadtwerke AG, „Teilkonzern“ genannt, verzeichnete 2023 Umsatzerlöse von rund 833,1 Millionen Euro, das waren rund 50 Millionen Euro weniger als 2022, als die gesamte Gruppe inklusive aller Beteiligungen auf 881,8 Millionen Euro kam. Der Jahresüberschuss lag hier in 2023 bei rund 74 Millionen Euro, während er 2022 bei rund 82,5 Millionen Euro gelegen hatte.
Mit diesem Ergebnis habe sich „die ohnehin schon sehr guten Finanzkennzahlen der Stadtwerke weiter verbessert“, betonte Gahr weiter: So liege die Eigenkapitalquote mittlerweile bei 43,2 Prozent, das sei „ein sehr, sehr guter“ Wert. Man habe das mal mit 12 anderen Stadtwerken mit ähnlicher Firmenkonstruktion verglichen und festgestellt, die Mainzer Stadtwerke lägen da mit in der Spitzengruppe. „Wir sind da grundsolide aufgestellt“, betonte Gahr, „das ist vor dem Hintergrund der Herausforderungen, die da lauern, auch wichtig.“
Zuwächse aus Erneuerbare Energien, Mainzer Netze und KMW
Zur Begründung für die gute Finanzlage verwies die stellvertretende Vorstandsvorsitzende Kerstin Stumpf, erst seit April 2024 im Amt, vor allem auf Zuwächse aus dem Bereich der Erneuerbaren Energien. „Es war ein richtig gutes Jahr in den Wasseranlagen und ein super gutes Windjahr“, sagte Stumpf, die Erlöse aus den beiden Sparten hätten auch geholfen, ein unterdurchschnittliches Sonnenjahr mit etwa 11 Prozent weniger Ertrag aufzufangen. Insgesamt habe die Mainzer Erneuerbare Energien GmbH (MEE) ein Plus von 8,3 Millionen Euro beigesteuert.
Die MEE betreibt nach Angaben der Stadtwerke inzwischen mit anderen Beteiligungen zusammen inzwischen 196 Photovoltaik- und 79 Windkraftanlagen oder ist an diesen Anlagen beteiligt. Auch zwölf Wasserkraftanlagen sind im Portfolio der MEE. Rechne man noch die KMW AG und deren Beteiligungen hinzu, dann sei die Unternehmensgruppe Mainzer Stadtwerke an insgesamt 335 Anlagen aus dem Bereich Erneuerbare Energien beteiligt. Die Wettersituation im Jahr 2023 habe der MEE ein Rekordjahr im Bereich der Wasserkraftanlagen und das höchste Jahresergebnis in der Windkraft seit Gründung der MEE 2013 beschert. Ein wichtiger Bestandteil des guten Ergebnisses sei auch die Ausschüttung der Beteiligung an den Kraftwerken Mainz-Wiesbaden gewesen, die rund 24 Millionen Euro betrug.
Auch die Mainzer Netze, die Unternehmenstochter, die zuständig ist für die Versorgung mit Strom- und Gasnetzen sowie für die Wasserversorgung mit insgesamt drei Wasserwerken, verzeichnete 2023 den Angaben zufolge ein Plus von 14,3 Millionen Euro – und das trotz hoher Investitionen in Wasserleitungen und Brunnenertüchtigungen. Die Zahl der Stromkunden stieg bei den Mainzer Netzen auf rund 18.000, das habe 2023 „einen richtigen Schub bekommen, da sind Tausende Mainzer zu uns gekommen“, sagte Gahr.
Hohe Investitionen im Bereich Fernwärme, weiter Defizit beim ÖPNV
Strom-Grundversorger sind die Mainzer Netze aber nicht, der Anteil an der Versorgung der rund 220.000 Mainzer Einwohner bleibt weiter eher gering. Wie die Bilanz der Mainzer Stadtwerke Energie und Service GmbH 2023 aussah, sagte der Vorstand auch auf Nachfrage nicht. Den Mainzer Stadtwerken stehen in den kommenden Jahren zudem erhebliche Investitionen ins Haus, allen voran im Bereich Fernwärme: „Wir sind jetzt in einem Bereich, wo hohe Investitionen anstehen, es findet stetig ein Fernwärmeausbau statt“, sagte Stumpf – ein Beispiel sei die aktuelle Baustelle in der Windmühlenstraße.
Ein Minus fahren auch weiter die Mainzer Verkehrsbetriebe ein, wie überall in Deutschland. Das Defizit in Höhe von 21,4 Millionen Euro sei „strukturell bedingt, die MVG steht damit sehr gut da“, betonte Gahr denn auch. Man habe zudem im Vergleich zur ursprünglichen Planung einen nicht erwarteten Fahrgastzuwachs gehabt, der vermutlich mit dem Deutschlandticket zusammenhänge, dazu kam noch ein Betriebskostenzuschuss der Stadt Mainz in Höhe von 4 Millionen Euro. „2023 ist bei der MVG sehr gut gelaufen“, bilanzierte Gahr.
Allerdings bleiben die Mainzer Stadtwerke auch in ihrem Geschäftsbericht 2023 genau Kennzahlen zu den einzelnen Unternehmenssparten schuldig. Während andere Stadtwerke wie etwa in Frankfurt oder Darmstadt in ihren Geschäftsberichten exakte Zahlen zu Umsatzerlösen in den Bereichen Strom, Gas, Wärme, Wasser, Nahverkehr und Fernwärme ausweisen, sucht man diese Zahlen im Geschäftsbericht der Mainzer Stadtwerke vergeblich.
Rechnungshof hatte Unternehmensführung scharf kritisiert
Genau das aber hatte 2023 der Landesrechnungshof Rheinland-Pfalz in seinem Prüfbericht über die Mainzer Stadtwerke deutlich kritisiert: Kennzahlen zu den Erlösen und zum Verschuldungsgrad für die jeweilige Sparte im Konzern erarbeiteten die Stadtwerke zwar, „sie stellt sie nur nicht den Gremien vor“, kritisierten die Rechnungsprüfer. Solche Kennzahlen aber „ermöglichen einen objektiven Vergleich und eine Bewertung der Entwicklung insbesondere betreffend operativer Profitabilität und Verschuldung.“
Grundsätzlich hatten die Rechnungsprüfer mit Stichtag Juli 2022 kritisiert, die Wirtschaftspläne der Mainzer Stadtwerke „enthielten weder einen Vermögensplan, einen mittelfristigen Finanzplan noch eine Stellenübersicht“, vor allem das Fehlen einer fünfjährigen Finanzplanung stieß den Prüfern übel auf. Zudem rügten die Prüfer in der Folge, „der wiederholt angekündigte Nachweis, dass die Wirtschaftspläne, einschließlich der Finanz- und Vermögenspläne sowie Stellenübersicht“ zukünftig entsprechend der Vorschriften für kommunale Unternehmen aufgestellt würden, „steht unverändert aus.“
Zu den Vorwürfen äußerte sich der Stadtwerke-Vorstand am Freitag nicht, Zahlen zu getätigten Investitionen im Jahr 2023 wurden ebensowenig vorgelegt, wie zu geplanten Investitionen in 2024 – bei Geschäftsberichten eigentlich üblich. Gahr wiederholte lediglich die bereits bekannte Zahl von rund 80 Millionen Euro Investitionen in die Wasserversorgung in den kommenden fünf Jahren. Schriftlich sprachen die Stadtwerke von „notwendigen Investitionen im dreistelligen Millionenbereich für die Verkehrs- und Energiewende sowie die Trinkwasserversorgung“ in der nächsten Zeit.“
Keine Zahlen zu Grundstücksverkäufen im Heiligkreuz-Areal
Mitte Februar hatte Gahr zudem im Finanzausschuss des Mainzer Stadtrates erstmals öffentlich auf eine drohende finanzielle Überforderung der Stadtwerke hingewiesen, und dabei vor allem auf drohende Finanzlöcher durch den ÖPNV verwiesen: Bei der Umsetzung aller Ausbaupläne hätte ein Finanzdefizit von mehr als 50 Millionen Euro im Jahr gedroht. Schon für 2024 wäre demnach nur noch mit einem planerischen Jahresergebnis von 1,8 Millionen Euro zu rechnen gewesen, bis 2027 dann sogar ein Minus von -11,6 Millionen Euro.
In der Folge musste die MVG erhebliche Einsparvorschläge vorlegen, für den groß geplanten Ausbau der Straßenbahnstrecken zum Heiligkreuz-Areal und in der Innenstadt ist vorerst kein Geld mehr da, Anschaffungen neuer Fahrzeuge wurden gestoppt, der MainzRider eingestellt. Am Freitag teilte Gahr mit, die Geschäftsentwicklung für 2024 sehe „sehr, sehr gut aus“, das ursprünglich prognostizierte Ergebnis von rund 6,8 Millionen Euro werde wohl auf über 20 Millionen Euro steigen.
Welche Rolle bei den Erlösen Grundstücksverkäufe im Zollhafen und im Heiligkreuz-Areal spielten, wollte Gahr nicht ausführen. Dabei hatten die Mainzer Stadtwerke selbst Anfang 2023 in ihrem Erfolgsplan für den Mainzer Stadtrat geschrieben, das geplante Betriebsergebnis werde „maßgeblich von vier Baufeldverkäufen im Heiligkreuz-Viertel mit einem Nettoergebnis i.H.v. 20,7 Millionen Euro geprägt“ sein. Auch bei der Vorstellung des Jahresergebnisses 2022 im Mainzer Stadtrat hatten die Stadtwerke als Grund für das gestiegene Betriebsergebnis (EBIT) in Höhe von 14.279 TEUR angegeben, diese resultierten „insbesondere aus höheren Umsatzerlösen aus Grundstücksverkäufen im Heiligkreuz-Viertel.“
Keine Antworten auf Pressefragen: Bruch des Presserecht
Man stehe die Beantwortung von Fragen „jederzeit bereit“, sagte Gahr zum Abschluss der Pressekonferenz noch – das erstaunte dann doch: Zu dem Projekt der Brunnensanierung im Wasserwerk Hof Schönau verweigern die Mainzer Stadtwerke weiter die Beantwortung des Fragenkatalogs von Mainz&. Mainz& hatte am 28. Juni 2024 morgens um 7.11 Uhr einen Katalog mit zehn detaillierten Fragen zu der Brunnensanierung im Hof Schönau sowie zu Vorwürfen der Entmachtung der internen Revisionsabteilung der Stadtwerke geschickt, bis heute haben wir auf die einzelnen Fragen keine Antworten beikommen.
Damit aber verstoßen die Mainzer Stadtwerke gegen geltendes Presserecht, nach dem Journalisten ein Auskunftsrecht gegenüber Behörden haben. Das Auskunftsrecht gilt für alle Vertreter des Rundfunks und der Presse und alle journalistisch-redaktionell arbeitende Mitarbeiter von Mediendiensten, die zum Beispiel im Internet erscheinen. „Die Qualität der Publikation ist dabei nicht von Belang, weil der Staat eine Neutralitätspflicht gegenüber der Presse hat“, heißt es etwa bei der renommierten Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche.
Die Auskunftspflicht gilt zudem gegenüber allen staatlichen Behörden und allen staatlichen Stellen, „also auch Parlamente, Gerichte, Eigenbetriebe von Bund, Ländern und Gemeinden (Theater, Schwimmbäder, Krankenhäuser), aber auch Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts“, zählt das Netzwerk Recherche weiter auf. Und: Auch Staatsunternehmen, die in einer privatrechtlichen Organisationsform wie Aktiengesellschaft oder GmbH betrieben werden, sind ebenfalls „auskunftspflichtig, solange der Staat die Mehrheit der Anteile hält (Stadtwerke, Müllabfuhr, Bahn).“
Auf Nachfrage von Journalisten zu den Vorgängen um die Innere Revision und die Brunnensanierung im Wasserwerk Hof Schönau zückten die Stadtwerke am Freitag dann plötzlich eine vorbereitete schriftliche Erklärung, die in Teilen bereits am Vortag in der Tagespresse zu lesen war – Mainz& aber bislang vorenthalten wurde. Natürlich werden wir über diese Stellungnahme ebenfalls berichten – in einem ausführlichen Bericht in den nächsten Tagen.
Info& auf Mainz&: Unseren ausführlichen Bericht zur Affäre um die Entmachtung der Revisionsabteilung der Mainzer Stadtwerke und der Auflösung der Compliance-.Abteilung lest Ihr hier bei Mainz&.