Im Februar hatte er nach mehr als 60 Jahren die letzten Motivwagen für den Mainzer Rosenmontagszug vorgestellt, nun wurde Dieter Wenger eine hohe Ehrung zuteil: Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) zeichnete den Wagenbauer von Mainz mit der Gutenberg-Plakette aus. Es ist eine der höchsten Ehrungen, die die Landeshauptstadt Mainz zu vergeben hat – abgesehen mal von der Ehrenbürgerschaft.

Meister der Motivwagen: MCV-Wagenbauer Dieter Wenger hörte im Februar 2024 nach 62 Jahren auf. - Foto: gik
Meister der Motivwagen: MCV-Wagenbauer Dieter Wenger hörte im Februar 2024 nach 62 Jahren auf. – Foto: gik

1962 baute er seinen ersten Motivwagen für den Mainzer Rosenmontagszug, 62 Jahre lang prägte er den Stil und die Machart der dreidimensionalen närrischen Karikaturen: Dieter Wenger, Wagenbauer des Mainzer Carneval Vereins (MCV). Die Liebe zum Schnitzen und dreidimensionalen Gestalten, sie wurde dem gebürtigen Mainzer in die Wiege gelegt: Der Opa war Bildhauer, schlug sich nach dem Krieg als Aushilfe bei einem Geigenbauer am Mainzer Südbahnhof durch, reparierte Instrumente und schnitzte auch die Köpfe der Geigen.

„Mich nahm er auf den Schoß, wenn er Puppenknöpfe schnitzte“, erinnert sich Wenger einmal im Gespräch mit der Internetzeitung Mainz& im Jahr 2017, „da hatte ich auch schon mal ein Schnitzmesser in der Hand…“ Es wurde eine Liebe fürs Leben: der Bruder einer Lehrerin hatte die Mainzer Puppenspielbühne, schon als Schüler baute Wenger Kulissen für das winzige Theater. Später fertigte Bühnenbilder fürs Theater, erst im Institut Francais, danach für Theater von Mainz bis Heidelberg, alles neben der Arbeitszeit.

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Zugente, Narrenhund und Hunderte von politischen Motiven

1961 wurde Wenger Chefdekorateur beim Kaufhof in Speyer, dort lernte er Bernhard Vogel (CDU) kennen, den späteren Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz. Vogel machte Wenger zum Landesgeschäftsführer der Deutschen Verkehrswacht. „Die Aktion ‚Gib acht, Schulanfänger‘, die ist von mir“, erzählte Wenger einmal. Über Dekorateurskollegen kam Wenger zu den Wagenbauern des MCV, „der alte Fritz“ sei damals Zugmarschall gewesen, erinnert sich Wenger. Der sagte zu ihm: „Hast Du Ideen? Dann zeig mal her“ – Wenger hatte.

Dieter Wenger vor seiner geliebten Zugente. - Foto: gik
Dieter Wenger vor seiner geliebten Zugente. – Foto: gik

Ausgerechnet die Milchpreiskrise war sein erster Motivwagen, das war im Jahr 1962. 1963 baute Wenger schon drei Wagen, von 1987 an baute er sie alle. 9.000 Stunden Arbeit steckten in jeder Kampagne, am Ende stemmte Wenger mit einem Team von 35 Mitarbeitern den Bau von rund 20 Wagen – bis zu elf davon die berühmten närrischen Motivwagen. Es war Wenger, der aus Stahl und Styropor Konstruktionen erfand, die immer gewagter waren, und dennoch standfest.

Zum Markenzeichen wurde neben den aufwändigen Konstruktion auch die ausdrucksvoll geschnitzten Gesichter, die immer treffsicherer wurden, der kleine Narrenhund, der immer irgendwo sein Bein hob – und natürlich die legendäre Zugente. Aus einem alten VW-Käfer seiner Sekretärin bastelte Wenger 1990 die Ente, die seither stets das Ende des Rosenmontagszuges markierte – sie wurde umgehend zum absoluten Liebling der Mainzer.

Nach 62 Jahren Wagenbau: Ehrung mit Gutenberg-Plakette

Wie viele Motivwagen Wenger seither baute, kann er selbst gar nicht zählen, 2024 lieferte er seine letzten Glanzstücke ab: Den „fliegenden Robert“ und der blinde und taube Piratenkapitän Olaf, die eingesperrte Friedenstaube und der Biontech-Goldesel, der keine Dukaten mehr sch… liefert. Legendär waren auch die am Müll erbrechende Erde, die Pegida-Hexe im Jahr 2018 und der Schorle-Michi. Von „Trumpeltier“ und „Nero“ Trump über Demokratie-Schleifer Erdogan bis hin zu „Ostwind“ Putin – Wenger nahm auch die Mächtigen der Welt aufs Korn.

Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos, links) zeichnete am Dienstag MCV-Wagenbauer Dieter Wenger mit der Gutenberg-Plakette der Stadt Mainz aus. - Foto: Stadt mainz
Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos, links) zeichnete am Dienstag MCV-Wagenbauer Dieter Wenger mit der Gutenberg-Plakette der Stadt Mainz aus. – Foto: Stadt mainz

Wenger machte die Mainzer Motivwagen zu bundesweit beachteten Kunstwerken und Highlights des Rosenmontagszuges von Mainz, doch im Februar 2024 war nach 62 Jahren Schluss: Mit 84 Jahren gab Dieter Wenger den Stab des Wagenbauers ab. Der Mann ist längst eine Legende, bis heute hat der MCV keinen Nachfolger bekannt gegeben.

Am Dienstag wurde Wenger für seine langjährigen und herausragenden Verdienste von Oberbürgermeister Nino Haase (Parteilos) mit der Gutenberg-Plakette der Stadt Mainz ausgezeichnet: „Seit über 60 Jahren engagiert sich Dieter Wenger mit unermüdlichem Einsatz als Ideengeber, Gestalter und Erbauer der Motivwagen für den alljährlichen Mainzer Rosenmontagszug“, hieß es dazu von der Stadt.

Die Gutenberg-Plakette ist eine der höchsten Ehrungen, die die Landeshauptstadt Mainz zu vergeben hat, Dieter Wenger wohnt seit vielen Jahren in Speyer – vielleicht kommt deshalb eine Ehrenbürgerschaft von Mainz nicht in Frage…

Info& auf Mainz&: Das ganze Mainz&-Portrait über Dieter Wenger, das zu seinem 77. Geburtstag im Jahr 2017 entstand, könnt Ihr noch einmal hier bei Mainz& nachlesen. Mehr zu den letzten Motivwagen von Dieter Wenger könnt Ihr noch einmal hier bei Mainz& nachlesen.