Angesichts der hohen Zahl an verspäteten Landungen nach 23.00 Uhr am Frankfurter Flughafen fordert der Raunheimer Bürgermeister Thomas Jühe (SPD) jetzt ein deutlich schärferes Vorgehen der Politik. „Wir brauchen eine Höchstgrenze pro Nacht, und die muss deutlich unter dem liegen, was wir jetzt haben“, sagte Jühe am Dienstag in Raunheim. Natürlich gehe Sicherheit vor, Flugzeuge mit besonderen Schwierigkeiten müssten deshalb weiter landen dürfen. „Das können aber nicht mehr als zwei oder drei pro Stunde sein“, sagte Jühe, der auch Vorsitzender der Fluglärmkommission am Frankfurter Flughafen ist. Derweil hat das Thema auch den Mainzer Landtag erreicht: Im Verkehrsausschuss forderte die SPD-Fraktion am Dienstag die SPD-geführte Landesregierung auf, deutlich gegen die Verspätungslandungen in der Nacht bei der hessischen Landesregierung zu intervenieren.
Nach 23.00 Uhr dürfen Flugzeuge in Frankfurt eigentlich nur noch in Ausnahmefällen landen, im Mai kam es mit 185 Verspätungslandungen dennoch zu einem neuen Höchststand. Das Thema treibt besonders die Menschen westlich des Flughafens derzeit stark um, in Mainz herrscht seit Wochen verschärfter Fluglärm. „Es ist dramatisch, was sich im Moment abspielt“, sagte auch der Raunheimer Stadtchef Jühe: „Das ist die längste Ostwetterperiode, die ich seit dem Jahr 2000 erlebt habe.“ Dazu kämen am Frankfurter Flughafen Bauarbeiten an der Südbahn, wodurch mehr Verkehr auf die Centerbahn umgeleitet werde.
Doch vor allem die „unfassbare hohe Zahl an verspäteten Flügen“ zwischen 23.00 Uhr und Mitternacht regen die Anwohner auf: „Das ist nicht mehr die Mediation, die eine Nachtruhe von 23.00 Uhr bis 5.00 Uhr in Aussicht gestellt hat“, schimpfte Jühe, das Mediationsergebnis werde „derzeit mit den Füßen getreten.“ Die Mediation mit ihrem Kern, dem Nachtflugverbot zwischen 23.00 Uhr und 5.00 Uhr morgens, war der Kompromiss zwischen Wirtschaftsinteressen des Flughafens beim Bau der neuen Landesbahn 2011 und dem Ruhebedürfnis der Region, Jühe sieht diesen Kompromiss durch die derzeitige Lage grundlegend in Frage gestellt: Wenn die Mediation weiter als der große Kompromiss zum Flughafenausbau in der Region wirken solle, „dann haben alle Akteure die Verantwortung, das schützend in der Hand zu halten“, warnte Jühe. Flughafenbetreiber Fraport stehe in der Verpflichtung, für die Einhaltung der Nachtruhe ab 23.00 Uhr zu sorgen.
Jühe forderte am Dienstag deshalb eine Höchstgrenze für die Nacht von nicht mehr als zwei oder drei Fliegern pro Stunde. Die Fluglärmkommission wird deshalb kommende Woche Änderungen in der Betriebsgenehmigung oder im Planfeststellungsbeschluss in Sachen Verspätungslandungen fordern. „Ausnahmen müssen Ausnahmen bleiben und nicht der erweiterte Bereich für den Tag werden“, sagte Jühe. Wenn fehlende Luftraumkapazitäten eine Rolle spielten, müsse die Deutsche Flugsicherung (DFS) eben die Zahl der abzuwickelnden Flugbewegungen begrenzen: „Dann müssen die eben mal sagen, das ist nicht mehr zu schaffen.“
Die Stadt Mainz hatte vergangene Woche bereits gefordert, den Passus im Planfeststellungsbeschluss zu ändern, nach dem im Jahresschnitt 7,5 Verspätungslandungen pro Tag erlaubt sind. Derzeit gebe es „zu viele Schlupflöcher, die offensichtlich gezielt ausgenutzt werden“, kritisierte Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD). Das Thema der Verspätungslandungen griff nun auch die SPD im rheinland-pfälzischen Landtag auf: „Wir können das auch als Rheinland-Pfälzer nicht weiter tolerieren“, sagte der SPD-Abgeordnete Benedikt Oster am Dienstag nach dem Verkehrsausschuss im Mainzer Landtag gegenüber Mainz&: „Die Zahlen müssen runtergehen, wir haben Angst, dass das ausufert.“
Auch Oster fordert von der SPD-geführten Landesregierung, „den Finger mehr in die Wunde zu legen“. Die Regierung müsse jetzt „explizit wegen der zu spät kommenden Flieger mit Hessen ins Gespräch gehen und das monieren“, betonte er. Ein Druckmittel könne zudem sein, die Landegebühren zwischen 22.00 Uhr und 23.00 Uhr „dramatisch hochzufahren, so dass es für Fluglinien unattraktiv wird, dann zu landen“, sagte Oster: „Damit schafft man einen wirtschaftlichen Anreiz für die Unternehmen, sich an die Grenze von 23.00 Uhr zu halten.“
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