Die Oberbürgermeisterwahl in Mainz wird so spannend wie lange nicht – und ausgerechnet die regierenden Fraktionen im Mainzer Stadtrat haben die größten Probleme bei der Kandidatenaufstellung. Am Montag sagte Klimaschutzministerin Katrin Eder (Grüne) ihre Kandidatur für das Amt der Oberbürgermeisterin ab – damit stehen nun die Grünen vor dem Problem, einen profilierten Kandidaten zu finden. Die SPD hingegen will am Dienstagabend ihren Kandidaten oder Kandidatin präsentieren – und sogar die FDP will jemanden ins Rennen um den Chefsessel im Rathaus schicken. Die Satirepartei „Die Partei“ sucht hingegen Bewerber für ihren Wahlkampf – und glossiert damit die Suche der anderen Parteien.

Wer zieht als OB ins (irgendwann einmal sanierte) Mainzer Rathaus ein? - Foto: gik
Wer zieht als OB ins (irgendwann einmal sanierte) Mainzer Rathaus ein? – Foto: gik

Die OB-Wahl in Mainz wird nötig, weil der bisherige Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) am 13. Oktober überraschend zum Innenminister von Rheinland-Pfalz berufen wurde. Seither ist der OB-Sessel im Mainzer Stadthaus verwaist, der erste Wahlgang soll nun am 12. Februar 2023 stattfinden – doch ausgerechnet die SPD und deren größter Koalitionspartner, die Grünen, tun sich bei der Kandidatenaufstellung ausgesprochen schwer.

Die CDU-Opposition hatte am Montag nach Eblings Abgang als erstes eine Kandidatin nominiert: Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz (CDU). Ihr folgte am nächsten Tag der parteilose Nino Haase mit seiner Kandidatur – doch seither herrscht vor allem Rätselraten: Der unerwartete Abgang Eblings offenbarte, wie unvorbereitet SPD und Grüne auf die Situation sind. In beiden Parteien haben vor Kurzem Generationswechsel stattgefunden, profilierte Nachfolger wurden (noch) nicht aufgebaut – nun bringt der plötzliche Abgang des Amtsinhabers die Parteien ins Schlingern.

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Am Montag wurde zumindest klar, wer bei den Grünen nicht antritt: Klimaschutzministerin Katrin Eder (Grüne) erklärte ihren Verzicht auf eine Kandidatur. „Ich habe mich entschlossen, meinen Hut nicht in den Ring zu werfen“, sagte Eder dem SWR. Sie würde sich „zwar Chancen ausrechnen“, sehe sich aber in der Pflicht, ihr Amt als Landesministerin fortzuführen. „Es ist der falsche Zeitpunkt“, sagte Eder dem Sender demnach wörtlich: „Ich habe etwas angefangen und das kann ich nicht so einfach hinwerfen.“

Katrin Eder tritt nicht an

Tritt nicht zur OB-Wahl in Mainz an: Klimaschutzministerin Katrin Eder (Grüne). - Foto: Ministerium
Tritt nicht zur OB-Wahl in Mainz an: Klimaschutzministerin Katrin Eder (Grüne). – Foto: Ministerium

Grünen-Kreisvorsitzender Jonas König bestätigte am Montagabend gegenüber Mainz& die Absage: Sie hätte sicherlich in Mainz große Chancen gehabt“, sagte König, „aber sie ist Energieministerin unseres Landes, und in diesem Ministerium ist nun auch Kontinuität wichtig – und Frau Katrin Eder möchte da ihrer Verantwortung gerecht werden.“ Das kommende OB-Rennen werde „ein fordernder Wahlkampf in einem unsicheren Winter“, sagte der Grünen-Kreischef weiter: „Das ist ein Amt, das man nicht eben so mal macht, das muss man sich gut überlegen.“

Eder wäre allerdings die profilierteste Grünen-Persönlichkeit mit dem größten Bekanntheitsgrad gewesen, die für ihre Partei hätte antreten können, zudem hatte die damalige Mainzer Umweltdezernentin schon 2019 mit einer Kandidatur geliebäugelt – stattdessen ging dann die Grünen-Bundestagsabgeordnete Tabea Rößner ins Rennen, und schaffte es nicht einmal bis in die Stichwahl.

 

SPD will am Dienstag Kandidat/in vorstellen

Nun stehen ausgerechnet die Grünen, die zuletzt in Mainz die größten Stimmenanteile bei Wahlen holten, vor dem Problem: Ein profiliertes und bekanntes Gesicht aus Mainz, hinter dem auch die Partei steht, ist erst einmal nicht in Sicht. Grünen-Landtagsabgeordneter Daniel Köbler, Ortsvorsteher in der Mainzer Oberstadt, liebäugelt offenbar mit einer Kandidatur, doch zuletzt hatte er wenig Rückhalt in der Partei: Bei der Listenaufstellung zur Landtagswahl wurde er auch hintere Listenplätze durchgereicht und zog nur als Nachrücker für die zur Ministerin beförderte Katharina Binz wieder in den Landtag ein.

Nach dem Abgang von Michael Ebling ist völlig unklar, wen die Mainzer SPD nun ins Rennen schickt. - Foto: gik
Nach dem Abgang von Michael Ebling ist völlig unklar, wen die Mainzer SPD nun ins Rennen schickt. – Foto: gik

Die SPD ist da offenbar bereits einen Schritt weiter: Am Dienstagabend wollen die Mainzer Sozialdemokraten ihren Kandidaten oder ihre Kandidatin für die OB-Wahl vorstellen. Die Kür dürfte spannend werden, fehlen doch auch in der Mainzer SPD profilierte Nachfolger für Ebling. Baudezernentin Marianne Grosse und Sozialdezernent Eckart Lensch (beide SPD) haben bereits abgewunken, die Chefs von Partei und Fraktion sind erst seit wenigen Monaten im Amt und in der breiten Bevölkerung weithin unbekannt.

Mainzer FDP zieht mit eigenem Kandidaten ins OB-Rennen

So eröffnet der überraschende Wahlgang auf einmal völlig neue Optionen für alle Seiten – selbst die FDP will nun einen eigenen Kandidaten ins Rennen schicken. „Wir haben gute Leute, und wir sind eine selbstbewusste Partei, warum sollten wir niemanden aufstellen?“, sagte Kreischefin Almut Rusbüldt gegenüber Mainz&. Die FDP werde in dieser Woche eine Entscheidung treffen: „Wir haben zwei Kandidaten, einer wird es werden“, verriet Rusbüldt.

 

Es gebe nun eine Wahl, bei der niemand einen Amtsbonus habe, das sehe die FDP als Chance, sagte die liberale Kreischefin weiter: „Wir haben tolle Kandidaten zur Auswahl, und wir sehen in dieser Situation, wo kein Amtsinhaber antritt die Chance, ordentlich abzuschneiden.“ Es gehe darum, den Wählern ein attraktives Angebot zu machen, „wir mischen in diesem spannenden Wahlkampf gerne mit“, betonte Rusbüldt. Wer die Kandidaten sind, ist bisher unklar – womöglich schickt die FDP ihren ehrenamtlichen Dezernenten für kommunales Fördermittelmanagement, Volker Hans, ins Rennen, oder einen jungen Nachwuchsmann wie Friedrich Sertorius, der jüngst verkündete, er wolle in die Kommunalpolitik zurückkommen.

Gehen Friedrich Sertorius (links) oder Volker Hans (rechts) für die Mainzer FDP ins Rennen? - Fotos: FDP Mainz
Gehen Friedrich Sertorius (links) oder Volker Hans (rechts) für die Mainzer FDP ins Rennen? – Fotos: FDP Mainz

Damit allerdings werden nun gleich drei Kandidaten im bürgerlich-konservativen Lager auf Stimmenfang gehen – das verringert die Chance für einen der Kandidaten, es in die Stichwahl zu schaffen. Auch bei den Liberalen ist bislang vor allem klar, wer nicht antritt: David Dietz, Fraktionschef der Liberalen im Mainzer Stadtrat, hat bereits Nein gesagt. „Ich hätte das unheimlich gerne getan, Wahlkämpfe reizen mich immer“, sagte Dietz gegenüber Mainz&. Er habe aber im kommenden Februar „einen extrem spannenden beruflichen Wechsel vor mir“, verriet Dietz, einen Wahlkampf dabei zu stemmen, „das geht schlicht nicht.“

Damit steigt die Spannung, wer denn nun im links-grünen-sozialdemokratische Lager bei der OB-Wahl ein überzeugendes Angebot machen soll – wann die Entscheidung bei den Grünen fällt, ist indes weiter unklar. „Wir befinden uns weiterhin in unserem internen Beratungsprozess“, sagte König lediglich. Am 19. November finde die Jahreshauptversammlung der Mainzer Grünen statt, dann solle auch der oder die Kandidatin offiziell nominiert werden.

„Vor dem 19. November werden wir jemanden aufstellen“, sagte König weiter und betonte: „Uns ist wichtig, dass wir nicht nur eine respektable Person aufstellen, sondern direkt mit einem Programm ‚rausgehen.“ Wenn jemand antrete, solle den Mainzern auch gleich klar sein, „wofür steht diese Person“, fügte König hinzu.

 

Satirepartei „Die Partei“ sucht Kandidat per Ausschreibung

Mitmischen will im Wahlkampf offenbar auch wieder die Satirepartei „Die Partei“. Die hatte 2019 mit dem angehenden Studienrat Martin Erhardt einen überraschend ernsthaft-tiefgründigen Kandidaten ins OB-Rennen geschickt, der mit pfiffigen Auftritten und Ideen manch eine Wahlkampf-Veranstaltung aufmischte. Auch dieses Mal will man sich eine Teilnahme wohl nicht nehmen lassen – dafür sucht „Die Partei“ nun per Ausschreibung einen Kandidaten, und karikiert damit gleich schon mal die laufende Kandidatensuche.

Willst Du OB von Mainz werden? "Die Partei" sucht nun Kandidaten... - Grafik: "Die Partei" Mainz
Willst Du OB von Mainz werden? „Die Partei“ sucht nun Kandidaten… – Grafik: „Die Partei“ Mainz

„Wenn du Nino mal zeigen willst wie der Haase läuft, bereit dazu bist, als willenlose Marionette in den Händen des Kreisvorstands zu arbeiten, und dich nicht davor fürchtest, dass dir der Himmel – ähh – die Rathausdecke auf den Kopf fällt, dann bewirb dich doch per Mail mit einem aussagekräftigen Lebenslauf, deinem Lieblingswitz und deinem Projekt für unsere Landeshauptstadt“, wirbt „Die Partei“ nun auf ihrer Facebookseite um Bewerbungen: Man suche zum nächstmöglichen Zeitpunkt, spätestens aber bis zum 5. November „einen OB-Kandidaten (m/w/d*)“.

Der solle bitte „männlich, weiß, deutsch“ sein, denn „das war schon immer so und soll auch so bleiben“, heißt es im Ausschreibungstext, zur Begründung schreibt die Satirepartei, die immerhin im Europaparlament vertreten ist: Als Partei mit Sitz im Mainzer Stadtrat „ist es für uns möglich einen Kandidaten für den verwaisten Posten aufzustellen, ohne dafür Unterstützungsunterschriften zu sammeln“, so die Kreisvorsitzenden Diana Freibote und Daniela Zaun.

„Der Oberbürgermeister-Posten gleicht in diesen Tagen einem Schleudersitz. Er schleudert vor allem weit und hoch, auf den Stuhl des Landes-Innenministers“, heißt es weiter. Bewerbungen nehme man bis zum 05.11.2022 um 14.30 entgegen: „Es wird keiner bevorzugt behandelt, es sei denn, er heißt Michael Ebling.“

Info& auf Mainz&: Alles zum Wahltermin für die Mainzer OB-Wahl könnt Ihr hier bei Mainz& nachlesen, eine Analyse zum Abgang von Michael Ebling findet Ihr hier bei Mainz&. Wer noch einmal die Porträts und Programme der OB-Kandidaten von 2019 nachlesen will, bittesehr: Hier geht es zu unserem OB-Wahl-Dossier von 2019.