Das Tauziehen um einen ehrenamtlichen FDP-Dezernenten im Mainzer Stadtvorstand scheint nun ein Ende gefunden zu haben: Grüne, SPD und FDP stellten am Dienstag einen gemeinsamen Antrag für die kommenden Stadtratssitzung am 18. November vor. Danach soll ein ehrenamtliches Dezernat für „Kommunales Fördermittelmanagement“ geschaffen werden, der Amtsinhaber sich um die Beschaffung von Fördermitteln für die Stadt Mainz kümmern. Für den Posten schlage die FDP ihren Finanzexperten Volker Hans vor, sagte FDP-Fraktionschef David Dietz am Abend gegenüber Mainz&. Damit würde ein fast zweijähriges Ringen beendet und die FDP ab 2021 wieder mit am Tisch des Stadtvorstands sitzen. Kritik kam postwendend von der ÖDP.

FDP-Plakate aus einem früheren Kommmunalwahlkampf in Mainz. - Foto: gik
FDP-Plakate aus einem früheren Kommmunalwahlkampf in Mainz. – Foto: gik

Die Freien Demokraten sind zwar Teil der Ampel-Koalition im Mainzer Stadtrat, seit dem Abgang ihres Wirtschaftsdezernenten Christopher Sitte (FDP) im Dezember 2018 aber nicht mehr im Mainzer Stadtvorstand vertreten – Sitte hatte völlig überraschend zwei Tage vor seiner Wiederwahl seinen Rückzug angekündigt. Stattdessen wurde die CDU-Kandidatin Manuela Matz zur Mainzer Wirtschaftsdezernentin gewählt, die FDP hatte seither nach Wegen gesucht, einen Vertreter zurück an den Entscheidungstisch im Stadtvorstand zu bekommen.

Im Februar 2020 hatte der Mainzer FDP-Chef David Dietz dann bei der Vorstellung des neuen Koalitionsvertrages für die Ampel im Stadtrat überraschend angekündigt, es solle einen ehrenamtlichen Wirtschaftsdezernenten geben – Matz sollte dafür weite Bereiche ihrer Zuständigkeit verlieren. Doch das war selbst den eigenen Parteifreunden zu viel: Auf einem Parteitag Mitte Februar kam es zum Aufstand der Basis gegen den Plan, einflussreiche Parteimitglieder wie Ex-Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle stellten sich persönlich gegen das Vorhaben – Dietz, der selbst mit dem Posten geliebäugelt hatte, musste das Vorhaben aufgeben.

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Im Mai machte die FDP einen zweiten Vorstoß: Der Unternehmer Andreas Valentin (FDP) hätte ehrenamtlicher Dezernent werden und nach Mainz&-Informationen für die Zusammenarbeit mit anderen Kommunen sowie dem Landkreis Mainz-Bingen zuständig sein sollen. Dagegen aber gingen die eigenen Koalitionspartner auf die Barrikaden, Informationen wurden lanciert, eine Verabschiedung des Plans blockiert – am Ende zog Valentin zurück.

Der Mainzer FDP-Chef David Dietz im Februar auf dem FDP-Parteitag. - Foto: gik
Der Mainzer FDP-Chef David Dietz im Februar auf dem FDP-Parteitag. – Foto: gik

Nun also Anlauf drei: Mit einem ehrenamtlichen Dezernenten für die Beschaffung von Fördermitteln will die FDP ihren Anspruch aus dem Koalitionsvertrag doch noch umsetzen. „Die Bedeutung von Fördermitteln ist von essenzieller Bedeutung, um Projekte in Mainz umsetzen zu können“, begründete Dietz am Dienstagabend im Gespräch mit Mainz& das Vorhaben. Im Bereich des Fördermitteilmanagements bestehe in der Stadt Mainz aber  „Verbesserungsbedarf, und das nicht erst seit Corona“, betonte Dietz. Die Fördermittellandschaft in Land, Bund und EU sei sehr komplex, auf allen drei Ebenen seien zudem im Rahmen der Pandemie neue Fördertöpfe entstanden.

„Wir verlieren schlicht Gelder, die wir nicht akquirieren können“, sagte Dietz, die Kapazitäten dafür seien in der Verwaltung nicht ausreichend. „Sie müssen so einen Topf sehen, dann einen Antrag stellen, dann die Umsetzung machen und das controllen, und am Ende ein Mittelverwendungsnachweis schreiben“, erklärte Dietz – das sei sehr aufwändig und mit den existierenden Kapazitäten kaum zu schaffen. „Für die Landeshauptstadt Mainz ist festzustellen, dass ein Bedarf für ein weitergehendes Ausschöpfen von Fördermitteln besteht“, heißt es deshalb in dem Antrag für die Stadtratssitzung am 18. November. Ein „zentrales, kommunales Fördermittelmanagement“ solle in Zusammenarbeit mit den Fachämtern nach geeigneten Förderpotenzialen und -töpfen suchen, eine förderkonforme Projektorganisation definieren sowie die Umsetzung, Abwicklung und Abrechnung steuern.

Volker Hans soll neuer ehrenamtlicher FDP-Dezernent werden. - Foto: FDP Mainz
Volker Hans soll neuer ehrenamtlicher FDP-Dezernent werden. – Foto: FDP Mainz

Der Beschluss sei gemeinschaftlich von allen drei Koalitionären gefasst worden, betonte Dietz: „Es war uns wichtig, dass es einen politischen und inhaltlichen Mehrwert eines Dezernats gibt.“ Wie viele Gelder mehr ein solches Dezernat einwerben könnte, konnte Dietz nicht sagen, die klare Erwartung sei aber: „Das Dezernat wird sich nicht nur selbst amortisieren, der Mehrwert wird auch um Längen größer sein als die Kosten“, unterstrich der FDP-Fraktionschef. Ausgestattet werden soll der ehrenamtliche Dezernent mit einem Sachbearbeiter sowie anderthalb Stellen im Vorzimmer. Der Bund der Steuerzahler hatte im Februar kritisiert, ein ehrenamtliches Dezernat werde „problemlos die Grenze von 100.000 Euro pro Jahr sprengen.“

Die FDP will nun als ehrenamtliche Dezernenten ihren Finanzfachmann Volker Hans nominieren: Hans sei am Montag vom erweiterten Kreisvorstand und der Fraktion gemeinsam nominiert worden, sagte Dietz. Der 65 Jahre alte Finther ging im Mai dieses Jahres in den Ruhestand, Hans habe zuvor für internationale Banken gearbeitet und kenne sich deshalb mit Finanzwesen und Antragstellung aus, betonte Dietz. Hans war bei der Kommunalwahl 2018 auf Platz vier angetreten, schaffte es aber nicht in den Stadtrat. Beschließt das Gremium nun am 18. November die Schaffung der Stelle, könnte Hans in der Sitzung am 17. Dezember gewählt werden und Anfang 2021 sein Amt antreten. „Ich bin jetzt sehr zufrieden, und jetzt geht es los“, sagte Dietz. Es sei gelungen, ein Dezernat mit einem Zuschnitt zu schaffen, „der sich auch tatsächlich sehen lassen kann und einen absoluten Mehrwert mit sich bringt.“

Die erste Kritik kam umgehend: „Ich lehne ein neues zusätzliches ehrenamtliches Dezernat für die FDP ab“, reagierte ÖDP-Chef Claudius Moseler. Die Ampel-Koalition müsse angesichts der aktuellen Haushaltsbelastungen gerade auch durch die Corona-Krise „mit gutem Beispiel vorangehen und nicht aus parteitaktischen Koalitionskalkül für die FDP ein neues Dezernat schaffen“, kritisierte Moseler. Das Organisieren von Fördergeldern für städtische Projekte sei „eigentlich eine Querschnittsaufgabe aller Dezernate“. Dass dafür jetzt ein eigenes Dezernat erforderlich zu sein scheine, lasse vermuten, „dass die Verwaltung bisher hier nicht aktiv genug war“, sagte Moseler. Um diesem Mangel abzuhelfen, „würden aber entsprechende Personalstundenzuweisungen in den einzelnen Ämtern ausreichen“, fügte er hinzu.

Info& auf Mainz&: Mehr zum Thema ehrenamtlicher FDP-Dezernent, Teil 2, könnte Ihr hier noch einmal auf Mainz& nachlesen.

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