Die beiden Schnelltestcenter in Mainz des Betreibers CoviMedical müssen womöglich ab Ende der Woche ihren Betrieb vorerst einstellen, es wäre ein großer Rückschritt bei der Bereitstellung der kostenlosen Bürgertests. Der Grund: Bei dem Unternehmen aus dem hessischen Dillenburg sind inzwischen mehr als 7,8 Millionen Euro an Kosten aufgelaufen, die bislang nicht erstattet wurden – man sehe sich nicht mehr in der Lage, den Betrieb der kostenlosen Schnelltests weiter zu führen. Geschäftsführer und Mitgründer Christoph Neumeier wandte sich Anfang April mit einem Hilferuf per Offenem Brief an die Politik: Man brauche wenigstens „eine feste schriftliche Zusage der Kostenübernahme der Bürgertests“, flehte Neumeier – derzeit habe das Startup schlicht kein Kapital mehr, weitere Testmaterialien vorzufinanzieren.
Im Dezember hatte CoviMedical, ein junges Startup aus dem hessischen Dillenburg, als erster Anbieter in Mainz ein Schnelltest-Center direkt neben dem Mainzer Hauptbahnhof am Alten Postlager eröffnet. Corona-Schnelltests waren da gerade zugelassen worden, das Weihnachtsfest stand vor der Tür, der Bedarf nach Sicherheit durch einen Coronatest vor dem Besuch bei der Familie war groß. Im Mainzer Gesundheitsministerium hieß es damals, ein „breit aufgestelltes Netz an Testmöglichkeiten“ trage zur Entlastung der Gesundheitsämter bei. Inzwischen sind die Schnelltests fast schon Alltag geworden, sie werden in Schulen, Betrieben und sogar teilweise vor dem Einkauf eingesetzt und gelten als wichtiger Pfeiler bei der Bekämpfung des Pandemiegeschehens, weil sie bislang unsichtbare Infektionen aufdecken, bevor die Überträger selbst zu Spreadern werden.
Seit dem 8. März gibt es zudem die sogenannten „Bürgertests“, kostenlose Schnelltests für jeden Bürger, mindestens einmal pro Woche. Seither boomen die schnellen Checks, auch bei CoviMedical: Das Startup, dessen Gründer eigentlich aus der Veranstaltungsbranche kommen, betreibt inzwischen bundesweit mehr als 60 Testcentren, davon mittlerweile zwei in Mainz – alle seien vom öffentlichen Gesundheitsdienst seit dem 8. März auch mit der Durchführung der kostenlosen Bürgertests betraut, heißt es bei CoviMedical. Seitdem habe man bundesweit mehr als 250.000 Tests durchgeführt, das seien mehr als 20.000 Tests täglich – CoviMedical habe zudem „zahlreichen Kommunen geholfen, in sehr kurzer Zeit eine Infrastruktur für kostenlose Schnelltests aufzubauen.“
Die Testergebnisse zeigten, „dass Massen-Schnelltests – wenn sie gezielt und sicher durchgeführt werden – ein wichtiger Baustein zur Kontrolle der Pandemie sein können“, betonte das Unternehmen am Donnerstag in einer Pressemitteilung: Allein vom 30. März bis 5. April habe man bundesweit 133.664 kostenlose Bürgertests durchgeführt und dabei Positivraten zwischen 0,13 Prozent und 1,12 Prozent gehabt – 538 Personen seien dabei positiv auf Covid-19 getestet worden, die zuvor keine Symptome hatten.
„Asymptomatische Positivtestungen helfen, Infektionen schneller zu entdecken und weitere Ansteckungen zu verhindern“, betont das Unternehmen, zumal man die positiv ausfallenden Antigen-Schnelltests sofort über die bereits vorhandene Abstrich-Probe durch einen nachgelagerten PCR-Test nachkontrolliere. Die Kommunikation mit den getesteten Personen sowie die Meldung an die Gesundheitsämter erfolge danach vollautomatisch, so würden die Gesundheitsämter entlastet und gleichzeitig Infektionsketten unterbunden.
Doch zum Ende der Woche muss CoviMedical nun „nach mehr als 350.000 durchgeführten Tests den Betrieb stoppen“, teilte das Unternehmen am Donnerstag in einer Pressemitteilung mit. Geschäftsführer Christoph Neumeier wandte sich bereits vor Ostern mit einem Hilferuf via Offenem Brief an die Politik, der unter anderem an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) adressiert war, aber auch an den hessischen Gesundheitsminister Kai Klose (Grüne): CoviMedical sei bisher „für sämtliche Kosten für die Bürgertests in Vorleistung gegangen“, schrieb Neumeier – doch inzwischen seien aufgrund des Ansturms auf die kostenlosen Schnelltests die Forderungen auf mehr als 3,63 Millionen Euro gestiegen.
Eine Refinanzierung sei aber bis heute nicht in Sicht, klagt Neumeier weiter: „In der Teststrategie der Bundesregierung war festgelegt, dass die Abrechnung der kostenlosen Bürgertests über die Kassenärztlichen Vereinigungen durchgeführt werden sollen“, schreibt der Firmengründer in dem Offenen Brief, den man auf der Homepage lesen kann, und weiter: „Bis heute haben wir allerdings weder eine schriftliche Zusage der Kostenübernahme erhalten, die uns helfen würde, kurzfristige Zwischenfinanzierungen oder Kredite zu erhalten, noch eine konkrete Information, von wem wir wann die Kosten erstattet bekommen.“ Die Mittel würden deshalb kurz nach Ostern ausgeschöpft sein, befürchtete Neumeier: „Wir werden dann nicht mehr in der Lage sein, Materialbestellungen für weitere Tests vorzufinanzieren und sind gezwungen, den Betrieb unserer Stationen bis zur Abrechnung zu schließen.“
Inzwischen seien Kosten von mehr als 7,8 Millionen Euro aufgelaufen, teilte das Unternehmen nun, nach Ostern, mit. „Zu Ostern haben viele die Möglichkeit genutzt sich kostenlos testen zu lassen“, sagte Neumeier, „wir freuen uns über die hohe Akzeptanz in der Bevölkerung und sind überzeugt: Schnelltests helfen, Infektionen schneller zu entdecken und mehr Normalität im Alltag zurückzugewinnen.“ Man wolle alles tun, um weiter „Teil der Lösung“ zu sein, auch habe CoviMedical mittlerweile bundesweit 1.100 Mitarbeitern wieder eine Aufgabe gegeben. „Fast alle stammen wie wir aus der Veranstaltungsbranche und wären ansonsten auf Überbrückungshilfen oder Sozialleistungen angewiesen“, betonte Neumeier.
Nun aber sehe CoviMedical keine andere Möglichkeit, als den Betrieb zumindest vorerst zu stoppen: eine weitere Finanzierung des Verbrauchsmaterials und der Tests aus eigenen Mitteln sei „nicht mehr möglich“. Das gilt offenbar vor allem für die kostenlosen Bürgertests, Termine für PCR-Tests, die man selbst bezahlen muss, konnten zumindest am Donnerstagnacht noch gebucht werden – doch die kostenlosen Schnelltests machen inzwischen einen Großteil des Angebots aus. Dieser „unnötige Stopp der kostenlosen Bürgertests“, schreibt Neumeier noch, „ist in unseren Augen ein erheblicher Rückschlag in der Pandemiebekämpfung.“
Info& auf Mainz&: Mainz& hatte bereits Mitte Dezember 2020 über das Corona-Schnelltestcentrum am Hauptbahnhof berichtet, unseren Artikel könnt Ihr hier noch einmal nachlesen. Das Testcenter mit dem Namen „15minutentest.de“ mit allen Infos und Details findet Ihr hier im Internet.