Die Mainzer SPD tritt nun doch mit einer jungen und weitgehend unbekannten Nachwuchspolitikerin aus den eigenen Reihen zur OB-Wahl in Mainz an: Die 41 Jahre alte Mareike von Jungenfeld soll für die SPD die Reihe der SPD-Oberbürgermeister seit 1949 fortsetzen. Der Kreisvorstand bestimmte am Dienstagabend einstimmig die Finanzreferentin der rheinland-pfälzischen SPD zur Kandidatin für die OB-Wahl am 12. Februar 2023. Sie habe „richtig Lust“ anzutreten, sagte von Jungenfeld: „Für mich ist es die beste Zeit zu kandidieren.“
Die Oberbürgermeisterwahl wird nötig, weil der Mainzer OB Michael Ebling (SPD) am 13. Oktober überraschend zum Innenminister von Rheinland-Pfalz berufen wurde und damit die Nachfolge des wegen des Krisenmanagements in der Ahrflut zurückgetretenen Innenminister Roger Lewentz (SPD) antrat. Ebling war damit mit sofortiger Wirkung nicht mehr Oberbürgermeister von Mainz, die Neuwahl soll nun am 12. Februar 2023 stattfinden.
Der Abgang des erst vor drei Jahren als Oberbürgermeister von Mainz wiedergewählten Eblings sorgte in seiner eigenen Partei für erhebliche Turbulenzen: 12 Tage brauchten die Sozialdemokraten, um eine Kandidatin für die Nachfolge zu finden, profilierte Amtsinhaber wie Baudezernentin Marianne Grosse und Sozialdezernent Eckart Lensch (beide SPD) winkten direkt ab. „Wir sondieren weiter, die Köpfe qualmen“, hatte der Mainzer SPD-Kreischef Christian Kanka noch vor wenigen Tagen gegenüber Mainz& eingeräumt: Man werde sich „nicht treiben lassen“, sondern in Ruhe einen überzeugenden Kandidaten aufstellen.
Am Dienstagabend dann präsentierte die SPD dann überraschend doch eine Nachwuchskandidatin aus den eigenen Reihen: Mareike von Jungenfeld, 41 Jahre alt, Finanzfachfrau und Finanzreferentin der rheinland-pfälzischen SPD. Die alleinerziehende Mutter zweier kleiner Kinder war erst Anfang März zur Ko-Vorsitzenden der Mainzer SPD gewählt worden, seit 2019 sitzt sie im Mainzer Stadtrat, aufgefallen war sie dort seither wenig.
„Sie ist die Beste“, schwärmte SPD-Fraktionschefin Jana Schmöller, die selbst erst im Juli das Amt der Fraktionschefin übernommen hatte. „Wir haben die vergangenen 12 Tage sehr intensiv genutzt“, sagte Schmöller, die Partei habe „viele gute Gespräche geführt“, nun stehe fest: „Das Beste steht hier, wir mussten sie nicht lange überreden.“
„Die Partei steht hinter Mareike“, sagte auch Ko-Vorsitzender Christian Kanka, der selbst als heißer Kandidat für das OB-Rennen gehandelt worden war. Von Jungenfeld sei am Dienstagabend einstimmig im 15 Köpfe fassenden Kreisvorstand nominiert worden, sie sei „eine Person von und für Mainz“, betonte Schmöller. Die In Mainz geborene und in Rheinhessen aufgewachsene von Jungenfeld studierte in Mainz BWL und arbeitete danach knapp zehn Jahre lang als Prüferin in einer mittelständischen Wirtschafts- und Steuerberatungskanzlei in Alzey.
Mitglied im Elternverein des Domchors und Garde der Prinzessin
Von Jungenfeld habe lange im Förderverein der Kita ihrer Kinder mitgearbeitet, „inzwischen darf sie im Elternverein des Mainzer Domchors mitarbeiten und ist Mitglied der Garde der Prinzessin“, sagte Schmöller weiter: „Mehr Mainz kriegen wir gar nicht transportiert.“ Mainz habe „einen großen Umbruch“ vor sich, „wir brauchen jemanden, der damit umgehen kann, der Finanzen versteht, der Stadt gestalten möchte“, betonte Schmöller weiter: „Das kann sie, das will sie, und sie versteht auch etwas von der Materie.“
Verwaltungserfahrung oder Erfahrung im Führen von Unternehmen oder Verwaltungseinheiten hat die 41 Jahre alte von Jungenfeld indes nicht. Nein, sagte sie auf die Frage, und führte weiter aus: „Mir liegen die Themen am Herzen, ich möchte Stadt entwickeln und gestalten.“ Für Führung brauche es „den Mut sich auch vor Leute stellen zu können, man braucht eine Idee davon, wie die Stadt in der Zukunft aussehen soll.“
Noch bevor die Kandidatin selbst antworten konnte, schaltete sich allerdings ihr Vorgänger in die Fragerunde ein: „Stellen Sie die Frage jedem?“, polterte Ebling in Richtung der fragenden Journalistin. Tatsächlich war es die Mainzer SPD selbst gewesen, die im OB-Wahlkampf 2019 mit genau dieser Kritik gegen den parteilosen Kandidaten Nino Haase operiert hatte, der damals von CDU, ÖDP und Freien Wählern unterstützt wurde. Die SPD hatte stets argumentiert, Haase habe ja gar keine Erfahrung im Führen großer Verwaltungen – im Gegensatz zum langjährigen Amtsinhaber Ebling.
„Die SPD spielt auf Sieg“
„Ich bin sehr, sehr stolz, mich um dieses herausragende Amt bewerben zu dürfen“, sagte von Jungenfeld selbst zu ihrer Nominierung: „Unser Ziel als SPD ist klar: Wir spielen auf Sieg, und ich möchte diese Wahl gewinnen.“ Sie werde deshalb im Wahlkampf „jeden Tag mit großer Leidenschaft alles dafür tun, dass unsere Stadt auch in den kommenden Jahren mit einer sozialdemokratischen Handschrift geführt wird.“
Inhaltlich wolle sie die Themen familienfreundliches Mainz sowie das Thema Kultur „nach vorne bringen“, sagte die zweifache Mutter weiter: „Man liest es nahezu täglich, wie gut Mainz dasteht, wir haben jetzt einen unheimlich guten Gestaltungsspielraum“, betonte sie: „Mir ist es total wichtig, dass wir uns gut überlegen, was wir mit den verändern Rahmenbedingungen machen, ich bin da sehr, sehr inhaltlich getrieben.“
Sie könne sich vorstellen, dass sich Mainz einmal als Kulturhauptstadt Europas bewerbe, sagte von Jungenfeld. Und sie wolle, dass Mainz familienfreundlicher werde, das gelte auch für die Bereiche Wohnen und Verkehr. Gefragt, ob sie weiter auf Tempo 30 in der Innenstadt und den Abbau von Parkplätzen setze, sagte von Jungenfeld: „Wir haben eine sich verändernde Mobilität in dieser Stadt“, die Arbeit daran funktioniere in der Ampel „sehr gut“, sagte sie: „Ich möchte mit der Rückendeckung der Ampel diesen Weg weiter beschreiten.“
Wer von Seiten der Grünen bei der OB-Wahl antritt, ist bislang völlig unklar, nach Ex-Umweltdezernentin und Klimaschutzministerin Katrin Eder (Grüne) winkte inzwischen auch Grünen-Ortsvorsteher Daniel Köbler ab. „OB von Mainz zu werden, ist eine Lebensentscheidung“, twitterte Köbler am Montag: Für ihn sei „jetzt leider nicht die Zeit.“ Bislang treten dabei mit der Mainzer Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz (CDU) und dem parteilosen Nino Haase zwei sehr bekannte Köpfe bei der OB-Wahl an.
Matz sitzt seit Ende 2018 als Wirtschaftsdezernentin im Stadtvorstand, Haase wiederum machte sich mit seiner Kandidatur bereits im OB-Wahlkampf 2019 einer breiten Mainzer Wählerschaft bekannt – der heute 39-Jährige warf die Grünen aus dem Rennen und unterlag am Ende in der Stichwahl nur knapp mit 44,8 Prozent dem Amtsinhaber Ebling, der auf 55,2 Prozent kam.
„Für mich ist es jetzt die beste Zeit zu kandidieren“
Von Jungenfeld hingegen ist neu auf dem Parkett der Mainzer Kommunalpolitik, einem weiten Wählerkreis in Mainz dürfte sie schlicht unbekannt sein. Auf die Frage einer Journalistin, wie sie sich denn in dem gerade einmal vier Monate kurzen Wahlkampf bekannt machen wolle, antwortete sie: „Ich bin jemand, der sich super gerne in Themen vertieft.“ Sie werde „jetzt alles, 24 Stunden, rund um die Uhr“ in den Wahlkampf werfen, „ich habe einfach Lust auf diesen Wahlkampf“, betonte sie.
Angesprochen auf ihre gerade einmal sechs und neun Jahre alten Kinder berichtete von Jungenfeld: „Meine Kinder haben ganz lustig reagiert.“ Für Tochter Anna (6) sei es okay gewesen, Sohn Moritz (9) freue sich schon auf „die schwarze, dicke Karre“ – den Dienstwagend es Oberbürgermeisters. „Wenn meine Kinder nicht klar artikuliert hätten, sie sind auch dabei, hätte ich es nicht getan“, betonte von Jungenfeld: „Für mich ist es jetzt die beste Zeit zu kandidieren.“
Es sei „ein besonderer Moment“ mitzuerleben, wenn die erste sozialdemokratische Frau für das Amt des Mainzer OBs nominiert werde, sagte Finanzministerin und SPD-Landesvize Doris Ahnen (SPD): „Sie steht mitten im Leben, mitten in der Stadtgesellschaft, ist eine große Netzwerkerin und extrem durchsetzungsstark – ich bin glücklich, dass wir solche Frauen in der Sozialdemokratie haben.“
Von Jungenfelds Kandidatur komme „zum richtigen Zeitpunkt für die Stadt“, sagte auch Vorgänger Ebling. Mainz sei in der Tat in einem Umbruch, „und wenn man das mit einem sympathischen neuen Gesicht verbinden kann“, sei das die richtige Wahl. „Man spürt: sie will. Sie kann’s, da hab ich keine Zweifel, aber man muss es auch wollen“, fügte Ebling hinzu. Formell muss die Nominierung nun noch durch einen Kreisparteitag vollzogen werden, das soll Mitte November geschehen. Am Freitag will dann die FDP Mainz ihren Kandidaten für das Rennen um die OB-Position der Landeshauptstadt vorstellen.
Info& auf Mainz&: Mehr zum Ringen der Mainzer SPD um einen OB-Kandidaten lest Ihr auch hier bei Mainz&. Wer ist Mareike von Jungenfeld? Wir haben ihre Rede aus Anlass ihrer Nominierung am Dienstagabend vor der Presse im O-Ton festgehalten – Ihr findet sie hier auf dem Mainz&-Facebook-Kanal.