Am Donnerstag streiken die Erzieherinnen auch in den Mainzer Kitas – wieder einmal, und das ruft nun den Stadtelternbeirat Mainz auf den Plan: Seit 30 Jahren werde in Kitas gestreikt, geändert habe sich aber „bei der Tarif-Einstufung der Erzieherinnen und damit an der Wertschätzung – nichts“, schimpft der Stadtelternbeirat, und kritisiert die Streiks nun scharf als unwirksam, einfallslos und als unfair gegenüber den Eltern. Das Mittel sei offenbar unwirksam, dabei brauche es dringend bessere Bezahlung in den Kitas, betont die Elternvertretung – und kritisiert auch gleich das „Gute-Kita-Gesetz“ des Landes.

Demo für bessere Arbeitsbedingungen in den Kitas in der Corona-Pandemie. Geändert hat sich nichts. - Foto: gik
Demo für bessere Arbeitsbedingungen in den Kitas in der Corona-Pandemie. Geändert hat sich nichts. – Foto: gik

Nach drei Jahren Corona-Pandemie mit langen Lockdowns, überzieht vor allem die Gewerkschaft Ver.di das Land gerade mit einer Streikwelle, die massiv auch die Kitas trifft: Schon am Dienstag blieben viele Kitas in Mainz zu, am Donnerstag folgt die nächste Streikrunde – der Elternschaft in Mainz reicht das jetzt: „Mainzer Eltern finden den Streik unfair oder mindestens nicht zielführend, weil dabei sowohl die Kinder als auch Eltern drunter leiden, die beide nichts für die Situation können“, kritisierte die Vorsitzende des Stadtelternbeirats, Nora Egler.

Dabei bräuchte es dringend bessere Bezahlung und mehr Wertschätzung der Arbeit der Erzieherinnen, betont der Stadtelternausschuss zugleich: „Dass die Bezahlung der Erzieherinnen angesichts ihrer Aufgabe und Verantwortung angepasst werden muss, steht für Eltern spätestens dann außer Frage, wenn sie feststellen, dass etwa Quereinsteiger in Kitas weniger verdienen als die Reinigungskräfte zu Hause.“

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Streiks in Kitas – einfallslos und wirkungslos?

Doch gleichzeitig stelle man fest: Seit 30 Jahren werde nun in Kitas gestreikt – doch getan habe sich so gut wie nichts. „Wenn man so lange etwas so erfolglos tut wie Generation um Generation von Gewerkschaftern, wäre es dann nicht mal an der Zeit, im Arbeitskampf die Wahl der Waffen kritisch zu hinterfragen?“, heißt es deshalb nun vom StEA. Denn das berechtigte Anliegen der Angestellten „wird unberechtigt auf dem Rücken der Eltern ausgetragen“, kritisierte Egler, und warnte: „Da stehen Jobs auf der Kippe und somit auch Existenzen.“

Erzieherinnen in der Zerreißprobe: So sieht es der Karikaturist Ralf Böhme. – Grafik: Rabe Cartoon
Erzieherinnen in der Zerreißprobe: So sieht es der Karikaturist Ralf Böhme. – Grafik: Rabe Cartoon

Das Unverständnis vieler Eltern beruhe vor allem auch darauf, „dass Streiks in der Kita nur ein eher mittelbarer Hebel sein können, um kommunale Arbeitgeber zum Einlenken zu bewegen“, so der StEA weiter: „Haben die handelnden Personen keine Kinder im entsprechenden Alter, so das Argument, betrifft sie der Streik halt nicht.“ Für einen Bruchteil an Wirkungsgrad würden „offensichtlich zu viele Eltern und Kinder instrumentalisiert“, und das „mit einfallslosen Streiks, die in 30 Jahren kein relevantes Plus an Wert für die Erzieherinnen brachten.“

Angesichts leerer kommunaler Kassen im Land werde der „schwarze Peter“ der Verantwortung einfach zwischen Bürgermeistern, Kämmerern und der Dienstaufsicht ADD hin und her geschoben. „Am Ende ist keiner Schuld und alles bleibt beim alten, inklusive des Postens im Budget plus Inflationsausgleich“, kritisierte Egler. Wenn die Arbeitgeber großzügig seien, gebe es einfach zwei zusätzliche Regenerationstage oben drauf – die aber dürften dann die Eltern vom Urlaubs- und Überstundenkonto begleichen.

„Land darf Kitas nicht in der tristen Realität stehen lassen“

„Generation auf Generation von kommunalen Verantwortungsträgern konnte so mit eingezogenem Kopf zwischen den Schultern einen Streik an sich vorbei ziehen lassen“, schimpfte Egler – für sie geht die Rechnung auf. Doch für die Gesellschaft tue sie das eben nicht: „Der wahre Streik findet nämlich mit den Füßen statt – weil sich am Ende halt dann doch niemand gerne verheizen lässt“, betonte Egler. Junge Menschen würden dann eben nicht mehr Erzieherinnen oder ließen sich umschulen.

Protest vor der Mainzer Staatskanzlei im Februar 2022: Das Land muss für bessere Bedingungen in den Kitas sorgen. - Foto: gik
Protest vor der Mainzer Staatskanzlei im Februar 2022: Das Land muss für bessere Bedingungen in den Kitas sorgen. – Foto: gik

Das Ergebnis: „Die Kitas bleiben unterbesetzt und somit weit entfernt vom frühkindlichen Bildungsanspruch, wenn sie denn überhaupt regulär geöffnet haben“, kritisieren die Eltern.  Da helfe „dann auch ein gut gemeintes ‚Gute-Kita-Gesetz‘ nicht, dessen gute Absicht an der Realität des Fachkräftemangel zerschellt“, so die Elternvertretung weiter: „Wir brauchen erst mehr Erzieherinnen, bevor wir die Anforderungen an die zu wenigen Erzieherinnen erhöhen.“

Und so appelliert der StEA nun an die Landesregierung, die Kommunen, Kitas, Eltern und Kinder nicht mit guten Absichten in der tristen Realität stehen zu lassen, sondern auch mit finanziellen Mitteln und pragmatischen Übergangsregelungen unter die Arme zu greifen. „Das Gute-Kita-Gesetz setzt Gute-Kita-Löhne voraus“, betonte Egler: „Wer das eine will, sollte für das andere sorgen.“

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