Vor zwei Jahren hatte der Freundeskreis des Mainzer Landesmuseums Alarm geschlagen: Die ehrwürdige Steinhalle im Mainzer Landesmuseum drohte, unter die Räder zu kommen. Nun gibt es gute Neuigkeiten: Anfang 2024 soll die Steinhalle mit einer neuen Präsentation wieder für Besucher zugänglich sein, wie die Internetzeitung Mainz& nun erfuhr – die Halle soll künftig wieder ein Highlight bei der Präsentation des reichen Römischen Erbes von Mainz werden. Ein erstes Ausrufezeichen gibt es schon ab Juli: Dann soll das Orpheus-Mosaik in der Steinhalle gezeigt werden.

Der alte Plenarsaal des Mainzer Landtags in der Steinhalle des Landesmuseums. - Foto: gik
Der alte Plenarsaal des Mainzer Landtags in der Steinhalle des Landesmuseums. – Foto: gik

Es war im März 2016, als der Mainzer Landtag in die Steinhalle des Mainzer Landesmuseums einzog, der Grund: Die Grundsanierung des Deutschhauses, dem Sitz des Mainzer Landtags am Rheinufer. Weil das ehrwürdige Barockpalais bis auf die Mauern zurückgebaut wurde, zog der Landtag mit Tisch und Stuhl um, und das buchstäblich: Die alte Steinhalle des Mainzer Landesmuseums wurde in der Mitte geteilt, es entstand eine Lobby auf der einen Seite – auf der anderen wurde das Plenargestühl eingebaut.

Als der Landtag im September 2021 endlich zurück in das frisch renovierte Deutschhaus gezogen war, blieb jedoch eines zurück: das alte Plenargestühl wurde, entgegen ursprünglicher Pläne und Zusicherungen, nicht wieder im neuen Landtag eingebaut. 2019 hatte deshalb Landtagspräsident Hendrik Hering die Idee entwickelt, das alte Plenargestühl in der Steinhalle zu belassen, und aus dem Interims-Plenarsaal ein „Demokratielabor“ für Veranstaltungen und zur Förderung von Demokratie-Bewusstsein zu machen.

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Proteststurm gegen „Zweckentfremdung“ der Steinhalle

Die Idee eines „Demokratie-Labors“ stieß zwar auf breite Zustimmung – nicht jedoch der Ort: Als die Pläne 2021 durch Berichte von Mainz& öffentlich bekannt wurden, erhob sich ein wahrer Proteststurm aus der Wissenschafts-Szene. Der Freundeskreis des Landesmuseums schlug öffentlich Alarm, gleich reihenweise protestierten Verbände von Historikern und Archäologen sowie renommierte Geschichtsvereine gegen die „Zweckentfremdung“.

Die Lobby des Interims-Landtags in der alten Steinhalle des Mainzer Landesmuseums mit dem Dativius-Victor-Bogen und einige Grabdenkmälern. – Foto: gik
Die Lobby des Interims-Landtags in der alten Steinhalle des Mainzer Landesmuseums mit dem Dativius-Victor-Bogen und einige Grabdenkmälern. – Foto: gik

Die alte Steinhalle sei ein europaweit einmaliger Präsentationsort römischer Steindenkmäler mit einzigartiger Atmosphäre gewesen, der unbedingt wieder hergestellt werden müsse, forderten die Kritiker – Mainz drohe andernfalls eine irreparable Rufschädigung. Von „Geschichtsvergessenheit“ war gar die Rede, die der Demokratie mehr schade, als ein „Labor“ ihr nütze.

Der Freundeskreis des Museums warf Hering gar Wortbruch vor und kritisierte, man sei in die Entscheidungen überhaupt nicht eingebunden gewesen und fühle sich „hinters Licht geführt.“ Ende November 2021 übergab eine Initiative aus 12 Institutionen, zusammengeschlossen in einem Bürgerrat, dem Mainzer Innenministerium eine Petition mit mehr als 6.000 Unterschriften für den Erhalt der Steinhalle als Ausstellungsort für römische Steindenkmäler. Ende Dezember 2021 kam dann die Nachricht: Die Steinhalle werde dem Landesmuseum zurückgegeben, das Plenargestühl abgebaut – seither tat sich: nichts.

Interims-Präsentation nach Ausbau des Plenargestühls geplant

Nun aber kommt endlich Bewegung in die Sache: Wie Mainz& erfuhr, steht der Ausbau des alten Plenargestühls unmittelbar bevor – das Mainzer Innenministerium bestätigte das nun auf Anfrage: „Derzeit läuft die Abstimmung zwischen den verschiedenen, am Abbau des Plenargestühls beteiligten oder von ihm betroffenen Akteuren, um die Entfernung des Gestühls so zu gestalten, dass die „nutzungslose“ Zeit zwischen dem Abbau und den anschließend notwendigen Ausbesserungsarbeiten möglichst kurz ausfällt“, teilte die Pressestelle des Ministeriums am Mittwoch mit.

Die alte Steinhalle in ihrer vollen Länge ohne Zwischenwand vor Einzug des Mainzer Landtags. - Foto: GDKE
Die alte Steinhalle in ihrer vollen Länge ohne Zwischenwand vor Einzug des Mainzer Landtags. – Foto: GDKE

Sobald diese Maßnahmen abgeschlossen seien, werde „eine Interims-Präsentation eingerichtet, und die Steinhalle wieder zugänglich sein“, so das Ministerium weiter: Die Eröffnung dieser Präsentation sei für Anfang 2024 avisiert. Damit kehrt nun endgültig das römische Erbe mit seiner Vielzahl von Denkmälern in die Steinhalle zurück – vor dem Einzug des Landtags waren hier so einmalige Denkmäler wie etwa das Original der Großen Mainzer Jupitersäule präsentiert worden. Die detailgetreue Kopie stand bis 2015 vor dem Mainzer Landtag, seither wurde die 9,10 Meter hohe Säule restauriert, noch in diesem Jahr soll sie wieder an ihren angestammten Ort zurückkehren.

Das Original der Jupitersäule – die größte und bedeutendste ihrer Art, die jemals nördlich der Alpen gefunden wurde -, schlummert aber in den Archiven des Landesmuseums, gemeinsam mit zahllosen anderen Fundstücken aus dem römischen Mainz. In der Steinhallen-Lobby des Landtags war in der Interimszeit nur Platz für einige ausgewählte Grabsteine sowie den Dativius-Victor-Bogen – nun soll die Steinhalle wieder zum Zuhause der römischen Funde werden, allerdings in modernerer Form: Es finde derzeit „unter Beteiligung einer erfahrenen Agentur ein Prozess der Neukonzeption und der Neugestaltung des gesamten Museums“ statt, heißt es aus dem Innenministerium.

Steinhalle Rückkehr des Römischen Erbes – und des Orpheus-Mosaiks

Die Steinhalle solle „wieder Präsentationsort für das reiche römische Erbe und die bedeutenden großen Steindenkmäler werden“, verspricht man am Schillerplatz weiter. Dabei sei auch der vollständige Rückbau der Zwischenwand geplant, so dass die Steinhalle wieder in ihrer ganzen Länge sichtbar werden soll, und für Veranstaltungen, Tagungen, Konzerte und Ausstellungseröffnungen genutzt werden könne. Tatsächlich war eine der Besonderheiten der Steinhalle ihre 1.200 Quadratmeter große, lichtdurchflutete Ausstellungsfläche – der Seitentrakt des Mainzer Landesmuseums war einst die Reithalle des Mainzer Kurfürsten.

Die Initiative Römisches Mainz (IRM) hatte für die Neu-Ausstellung des Orpheus-Mosaiks gekämpft. - Foto: gik
Die Initiative Römisches Mainz (IRM) hatte für die Neu-Ausstellung des Orpheus-Mosaiks gekämpft. – Foto: gik

Bis 2024 müssen die Mainzer aber gar nicht warten für neue Einblicke in das römische Mainz: Bereits im Juli zieht in Highlight des antiken Moguntiacum in die Steinhalle ein – das Orpheus-Mosaik. Das 12 Quadratmeter große Fußbodenmosaik aus dem 3. Jahrhundert nach Christus wurde 1995 bei Ausgrabungen in der Badergasse gefunden – es war eine Sensation: Bestehend aus mehr als 320.000 Einzel-Steinen ist es das größte, bisher in Mainz gefundene Bodenmosaik, und wohl auch eines der größten in Deutschland. Benannt ist es nach einer Orpheus-Figur, die das antike Saiteninstrument Kithara spielt – eine typische Darstellung der Figur des sagenhaften Sängers.

Doch nach seiner Rekonstruktion bis 2001 ging das Mosaik auf Reisen – und verschwand dann im Depot. Im Juli 2022 präsentierte die Initiative Römisches Mainz (IRM) anlässlich der „Römertage“ erstmals nach 20 Jahren das beeindruckende Mosaik wieder der Öffentlichkeit, in einem leer stehenden Ladenlokal im Erdgeschoss der Römerpassage. Viele Besucher hatten damals zum ersten Mal überhaupt das antike Mosaik mit seiner beeindruckenden Größe und Gestaltung sehen können – nach dem großen Zuspruch suchte die IRM nach einem Ort, das Mosaik dauerhaft ausstellen zu können.

Erfüllung eines mehr als 20 Jahre alten Versprechens

Im Gespräch war sogar die Lobby des neuen Stadthauses an der Großen Bleiche, nun aber wird es eine Art Homecoming: „Das bekannte Orpheus-Mosaik wird bereits ab Anfang Juli im Marstall präsentiert werden, wenn in der Römerpassage und im Landesmuseum die zweiten Mainzer Römertage stattfinden“, teilte nun das Innenministerium mit. Damit sei es dem Landesmuseum in Zusammenarbeit mit der Landesarchäologie Mainz gelungen, „dem herausragenden Mosaik bis zur Umsetzung der Neukonzeption einen dauerhaften Aufstellungsort zu gewähren.“

 

Das antike Orpheus-Mosaik bei seiner Ausstellung in der Römerpassage 2022. - Foto: gik
Das antike Orpheus-Mosaik bei seiner Ausstellung in der Römerpassage 2022. – Foto: gik

Tatsächlich erfüllt das Land damit aber auch mit gut 20 Jahren Verspätung ein Versprechen, das einst dem Retter des Orpheus-Mosaiks gegeben wurde: Der Mainzer Gerd Krämmer hatte nach dem Fund des Mosaiks 80.000 D-Mark für dessen Aufarbeitung und Rekonstruktion gestiftet – mit der Auflage, das Mosaik müsse öffentlich gezeigt werden. Krämmer wurde dafür am 1. Juni im Rahmen des Festes zu Ehren der römischen Göttin Carna mit der Drusus-Medaille der Initiative Römisches Mainz ausgezeichnet.

Info& auf Mainz&: Mehr zum Streit um die Steinhalle könnt Ihr noch einmal hier bei Mainz& nachlesen: „Wir fühlen uns hinters Licht geführt“. Hintergründe zur Bedeutung der Steinhalle für Forschung und Wissenschaft findet Ihr hier. Ausführliche Informationen zum Orpheus-Mosaik haben wir hier bei Mainz& berichtet.