Durchbruch im Konflikt um die Steinhalle des Mainzer Landesmuseums: Die Stadt Mainz verkündete am Dienstag überraschend, sie wolle die Steinhalle nicht weiter für Stadtratssitzungen nutzen. Damit ist der Weg frei für eine grundlegende Neukonzeption der ehrwürdigen Steinhalle, und zwar mit der Präsentation römischer Steindenkmäler. Aus dem Mainzer Landtag heißt es zudem: Man sei bereit, das alte Plenargestühl umgehend abzubauen. Für den Erhalt der Steinhalle als Präsentationsort des römischen Erbes hatte sich Ende November noch einmal nachdrücklich der „Bürgerrat Steinhalle“ ausgesprochen und rund 6.000 Unterschriften an die Landesregierung übergeben – samt einer Dokumentation in Buchform.
Im April 2021 hatte der Freundeskreis des Mainzer Landesmuseums Alarm geschlagen: Der Landtag wolle die zum Landesmuseum genutzte Steinhalle nicht, wie ursprünglich zugesagt, an das Museum zurückgeben, sondern das in der Halle eingebaute Plenargestühl dort lassen und künftig als „Demokratielabor“ nutzen. Man fühle sich „hinters Licht geführt“, schimpfte die Vorsitzende Elisabeth Kolz, das römische Erbe von Mainz drohe im Depot zu verschwinden. Das hatte zu einem wahren Empörungssturm in der Wissenschaftsszene geführt, europaweit kritisierten Experten die Pläne von Landtagspräsident Hendrik Hering (SPD): Ein Demokratielabor sei ja eine gute und sinnvolle Idee, die Steinhalle jedoch der komplett falsche Ort – dieser herausragende und europaweit einmalige Präsentationsort für das römische Erbe in Mainz müsse erhalten bleiben, so die Forderung.
Ende November übergab eine Initiative aus 12 Institutionen, zusammengeschlossen in einem Bürgerrat, eine Petition mit mittlerweile 6.000 Unterschriften für den Erhalt der Steinhalle als Ausstellungsort für römische Steindenkmäler an Innenminister Roger Lewentz (SPD). Unter den Unterzeichnern seien Petenten aus 39 Ländern von sechs Kontinenten, sagte der Mainzer Geschichtsprofessor Michael Mateus bei der Übergabe, das zeige, dass die Debatte um den Verbleib des Plenargestühls „weltweit im Bewusstsein ist.“
Der Bürgerrat unterstrich dabei noch einmal, das Plenargestühl müsse wieder ausgebaut werden, die Zweiteilung der Steinhalle sei nicht akzeptabel – und der Raum müsse den Steindenkmälern zurückgegeben werden. „Wir beharren auf der Zusage, dass das Plenargestühl wieder rauskommt“, betonte Mateus. Innenminister Lewentz, seit Main auch zuständig für die Generaldirektion Kulturelles Erbe, versicherte, er verstehe die Dimension der Debatte. „Die Exponate sind Weltklasse und einmalig, wir wollen viel mehr Menschen wieder darauf aufmerksam machen“, betonte Lewentz – und versichert: Für ihn sei es „kein Dogma, dass das Gestühl wo auch immer stehen muss.“
Der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) habe ihn aber „gebeten, bis 2024 die Steinhalle wegen des Rathausumbaus in der jetzigen Form nutzen zu können“, sagte Lewentz zugleich, darüber habe man eine Vereinbarung getroffen. Doch die ist nun hinfällig: Am Dienstag teilte die Stadt Mainz überraschend mit, man werde „von einer weiteren Nutzung der Steinhalle ab sofort Abstand nehmen.“ Eigentlich habe man zwar den Plenarsaal in der Steinhalle als Ausweichquartier nutzen wollen, solange das Mainzer Rathaus saniert werde, doch wegen der Corona-Pandemie habe man in den vergangenen Monaten bereits mehrfach auf andere Mainzer Orte ausweichen müssen, um die Einhaltung der geltenden Hygieneregeln gewährleisten zu können.
„Es gibt in Mainz über die Steinhalle hinaus Orte, an denen der Rat der Landeshauptstadt Mainz zu seinen Sitzungen zusammenkommen kann“, teilte Ebling nun mit. Die Landeshauptstadt Mainz wolle einer vom Land Rheinland-Pfalz angedachten oder gewünschten Entwicklung der Steinhalle nicht im Wege stehen. Damit wäre nun der Weg frei für eine Neuordnung der Steinhalle, Lewentz hatte bereits angekündigt: Er wolle eine neue Konzeption für das gesamte Landesmuseum und auch für die Präsentation der römischen Denkmäler in der Steinhalle. „Wir brauchen eine neue Konzeption, da gehört zwingend die Steinhalle und der Innenhof dazu“, sagte Lewentz Ende November – eine Neukonzeption könne auch kurzfristig an ein Expertengremium in Auftrag gegeben werden.
Und auch beim Landtag selbst rückt man nun von dem Konzept eines Demokratielabors in der Steinhalle ab: „Wir sind bereit, das Gestühl morgen auszubauen, wenn das gewünscht ist“, sagte der Sprecher des Mainzer Landtags, Marco Sussmann, am Dienstag auf Mainz&-Anfrage. Die Idee eines Demokratielabors gebe es weiter, das müsse dann aber eben an anderer Stelle und in anderer Form umgesetzt werden. „Es waren Ideen, aber wenn das nicht auf Gegenliebe stößt, muss man entsprechend reagieren“, sagte Sussmann zudem, der Landtag wolle keine Entwicklung blockieren.
Damit werde einer zentralen Forderung des Bürgerrates Steinhalle Rechnung getragen, reagierte der Bürgerrat auf die neue Entwicklung: Es werde damit das wichtige Ziel erreicht, die Steinhalle im alleinigen Besitz des Landesmuseums zu erhalten und eine angemessene und zeitgemäße Präsentation der einmaligen historischen Denkmäler zu entwickeln. Die weiteren Entwicklungen werde der Bürgerrat Steinhalle „mit Interesse und engagiert verfolgen und begleiten“, heißt es weiter. Man freue sich nun auf die Neukonzeption des Landesmuseums, von dessen Leitung „wird jetzt ein überzeugendes Konzept für die Neugestaltung des Hauses erwartet.“
Und auch für die Frage, wo das alte Plenargestühl aus dem Jahr 1986 bleiben könnte, gibt es bereits Ideen: Ein Vertreter des Bürgerrates habe dafür im Gespräch mit Innenminister Lewentz vor der Sommerpause bereits das Hambacher Schloss ins Spiel gebracht, sagte Günther Knödler vom Bürgerrat. Im Jahre 2032 stehe das 200-jährige Jubiläum des Hambacher Festes an, das sei „nicht nur ein nationales, sondern ein europäisches Ereignis.“ Teile des Plenargestühls könnten dann „gleichsam als ‚Architekturzitat‘ dort, an dem herausragenden demokratiegeschichtlichen Ort in Rheinland-Pfalz, an eine wichtige Phase in der Geschichte der parlamentarischen Demokratie unseres Bundeslandes erinnern.“
Info& auf Mainz&: Die Debatte um die Mainzer Steinhalle ist inzwischen in einer Dokumentation in Buchform zusammengefasst worden, den Band mit dem Titel „Die Mainzer Steinhalle“ könnt Ihr zum Preis von 16,- Euro im Schnell und Steiner-Verlag erwerben – und zwar genau hier im Internet. Die Debatte um die Mainzer Steinhalle könnt Ihr noch einmal hier bei Mainz& nachlesen.