Die Omikron-Welle rollt inzwischen mit Macht, so richtig Fahrt nahm sie vor gut zwei Wochen auf: In Mainz schnellten da die Ansteckungen mit der neuen Virusvariante sprunghaft in die Höhe – am 14. Januar meldete das Gesundheitsamt Mainz eine Rekord-Inzidenz von 560, Mainz war damit Corona-Hotspot in Rheinland-Pfalz. Trotzdem trafen sich im Mainzer Landtag rund 60 Personen im Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Flutkatastrophe im Ahrtal – über 12 Stunden hinweg wurden zehn Sachverständige gehört, ohne größere Pause. Eine Woche später meldete sich die Corona-Warn-App bei den Teilnehmern – mit einer roten Warnmeldung. Wurde der Untersuchungsausschuss zur Ahrtal-Katastrophe vor zwei Wochen zum Corona-Hotspot?

Im Plenarsaal des frisch renovierten Landtags tagte am 14. Januar der Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe - in Präsenz und über mehr als 12 Stunden. - Foto: gik
Im Plenarsaal des frisch renovierten Landtags tagte am 14. Januar der Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe – in Präsenz und über mehr als 12 Stunden. – Foto: gik

Es war die erste große Expertenanhörung im Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe im Ahrtal, zehn Anzuhörende standen auf der Liste, der Zeitplan: exorbitant lang. Um 8.30 startete der Ausschuss seine Beratungen, für 09.30 Uhr war der erste Zeuge geladen, der letzte für den Tag um 20.30 Uhr. Bis zu 12 Sunden und sogar länger verbrachte so mancher Teilnehmer des Ausschusses an jenem Tag im Plenargebäude des Mainzer Landtags: Landtagsabgeordnete, Mitarbeiter der Fraktionen und der Landesregierung, Wachpersonal sowie mehr als ein Dutzend Journalisten auf der Tribüne.

Getagt wurde praktisch ohne größere Pausen, in den Vorräumen zum Landtag und zur Besuchertribüne wurde Catering gereicht – man stand bei Essen und Trinken ohne Masken beisammen. Ansonsten galt im Gebäude strikte Maskenpflicht – doch eine Testpflicht bestand nicht. Fenster wurden nicht geöffnet. Virologen warnen seit Wochen  eindringlich: Der Aufenthalt in geschlossenen Räumen von mehr als ein, zwei Stunden sei gerade bei der Omikron-Variante eine hochgradige Gefährdung der Teilnehmer.

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Sieben Tage nach dem Untersuchungsausschuss: Rote Warnung in der Corona-App.- Foto: gik
Sieben Tage nach dem Untersuchungsausschuss: Rote Warnung in der Corona-App.- Foto: gik

Sieben Tage später rappelte es auf einmal in den Corona-Warn-Apps: praktisch alle Teilnehmer erhielten rote Warnungen über ein erhöhtes Corona-Infektionsrisikos – offenbar war mindestens ein Anwesender mit dem Coronavirus infiziert gewesen. Informiert wurden die Teilnehmer des U-Ausschuss davon allerdings erst am Morgen des 22. Januar via Corona-App, dabei hatte in der Woche nach der Ausschusssitzung der Landtag zwei Tage lang zum Plenum geladen – wiederum trotz Omikron in Präsenz. Auch dabei kam es offenbar zu Infektionen: Weitere Warnmeldungen betrafen unter anderem die Landtagssitzung am Mittwoch, am gleichen Tag fand auch eine Pressekonferenz von Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) mit General Breuer zum Thema Impflotsen in Mombach statt – allerdings unter freiem Himmel.

In der Pressestelle des Mainzer Landtags weiß man derweil von nichts: Die roten Warnmeldungen „tauchen immer wieder bei unterschiedlichen Personengruppen auf“, heißt es auf Anfrage. Daten darüber sowie über etwaige positive Corona-Fälle habe man nicht – und diese ließen sich „ohnehin kaum zuverlässig einem bestimmten Ereignis zuordnen.“ Doch die Meldung auf der Corona-App ist eindeutig: „Begegnung mit erhöhtem Risiko am 14.01.2022“, heißt es da, Check-In und Check-Out wurden mittels Luca-App vollzogen – im Fall dieser Berichterstatterin: 10 Stunden, 18 Minuten.

Der Untersuchungsausschuss tagte im Plenarsaal des neuen Landtagsgebäudes. - Foto: gik
Der Untersuchungsausschuss tagte im Plenarsaal des neuen Landtagsgebäudes – über mehr als 12 Stunden. – Foto: gik

„Wir und alle unsere Mitarbeiter bei der CDU hatten ebenfalls eine rote Warnung vom 14. Januar“, bestätigte inzwischen auch CDU-Obmann Gordon Schnieder gegenüber Mainz&: „Das kann am 14. Januar ja nirgendwo anders als im U-Ausschuss gewesen sein – ich war an dem Tag nur dort, 14 Stunden lang.“

In der Landtags-Pressestelle verweist man derweil auf „spezifische Hygienekonzepte“, die „fortlaufend überprüft und situationsadäquat angepasst werden“ – doch für die Sitzung des U-Ausschusses galt nur die 3G-Regel. Zugang hatten also Geimpfte, Genesene oder Menschen mit tagesaktuellem Coronatest, trotz der bekannt langen Dauer der Sitzung befand man verpflichtende Coronatests für alle hingegen nicht für nötig – im Gegensatz zu den Landtagssitzungen wenige Tage später. Tatsächlich hielten sich im Untersuchungsausschuss so gut wie alle Anwesende sehr genau an die FFP2-Maskenpflicht – womöglich verhinderte das eine Massenansteckung.

Für die Ausschusssitzung an diesem Freitag wurde nun kurzfristig eine zusätzliche Corona-Testpflicht angeordnet, eine digitale Übertragung des Ausschusses zum Schutz von vulnerablen Teilnehmern sei aber „nicht möglich“, teilt der Landtag unter Berufung auf die besonderen Verfahrensregeln für U-Ausschüsse weiter mit. Dabei tagen Landtagsausschüsse längst mit geschützten digitalen Verfahren, für die individuelle Einwahldaten vergeben werden – die Sitzungen gelten als rechtskonform. Im U-Ausschuss am 14. Januar wurden zudem Sachverständige aus Österreich und England zugeschaltet – digital und via Videokonferenz-System.

Der neue Plenarsaal im Deutschhaus. - Foto: gik
Der neue Plenarsaal im Deutschhaus. – Foto: gik

Die Corona-Inzidenz in der Stadt Mainz lag am Donnerstag bei 1284,5, in Rheinland-Pfalz landesweit bei 807,9. Das Robert-Koch-Institut meldete am Donnerstag mit 203.196 neuen Fällen binnen 24 Stunden einen neuen Rekordwert. Von schweren Krankheitsverläufen seien weiterhin „am stärksten betroffen ungeimpfte Menschen in höheren Altersgruppen und Menschen mit vorbestehenden Erkrankungen, die das Immunsystem schwächen“, heißt es beim RKI im Wochenbericht, die Gefährdung durch COVID-19 für die Gesundheit der Bevölkerung sei insgesamt weiter „sehr hoch“. „Grundsätzlich sollten alle nicht notwendigen Kontakte reduziert und Reisen vermieden werden“, rät das RKI eindringlich, „größere Veranstaltungen und enge Kontaktsituationen“ sollten abgesagt oder gemieden werden.

Info& auf Mainz&: Ausführliche Informationen des RKI zu Omikron und der aktuellen Corona-Lage lest Ihr hier im RKI-Wochenbericht vom 20. Januar 2022.