Drei neun Meter hohe Fahnen in Messingrahmen sollen künftig vor dem Landtagsgebäude an der Großen Bleiche den Aspekt „Kunst am Bau“ abdecken und als Kunstwerk für die Demokratie werben. Die drei Fahnenbahnen in Schwarz, Rot und Gold sollen in lockerer Streuung auf der Wiese vor dem neuen Landtagsanbau stehen, der Landtag stellte die Kunstinstallation am Dienstag als Sieger des Wettbewerbs „Kunst am Bau“ vor. Durch das Kunstwerk des Berliner Künstlers Michaels Sailstorfer mache die Nationalfarben der deutschen Flagge „neu erlebbar“, der geschichtlich für Mainz und die deutsche Demokratie so bedeutsame Platz erfahre „durch das im Wind flatternde Tuch eine neue Leichtigkeit ohne die Historie zu verdrängen.“
Das alte Barockpalais Deutschhaus am Mainzer Rheinufer war 1793 Ort der Ausrufung der Mainzer Republik, der ersten demokratisch gewählten Volksvertretung auf deutschem Boden. Seit dem Zweiten Weltkrieg ist das Haus Sitz des rheinland-pfälzischen Landtags, seit Ende 2015 wird das altehrwürdige Palais grundlegend saniert: Das Deutschhaus wurde komplett entkernt und enthält ein neues, modernes Innenleben, dazu einen Anbau in Richtung Große Bleiche. Bis 2020 soll der neue Parlamentssitz fertig sein, und bei solch öffentlichen Bauvorhaben ist auch ein Prozentteil für „Kunst am Bau“ vorgeschrieben.
171 Künstler aus ganz Europa bewarben sich auf den ausgeschriebenen Wettbewerb, das seien so viele wie noch nie bei einem solchen Verfahren in Rheinland-Pfalz. freute sich Landtagspräsident Hendrik Hering. Zehn Künstler wurden in einer zweiten Stufe nach Sichtung durch ein Auswahlgremium eingeladen, ein Modell für ihr Kunstwerk zu entwerfen und zu präsentieren. Daraus kürte eine „hochkarätig und breit aufgestellte“ Jury nun den Sieger.
„Mit dem Wettbewerb ‚Kunst am Bau‘ will der Landtag seiner Wertschätzung für die Bildende Kunst im öffentlichen Raum an prominenter Stelle sichtbar Ausdruck verleihen“, sagte Hering weiter. Die Aufgabe lautete, den rheinland-pfälzischen Landtag als besondere Stätte der Demokratie künstlerisch darzustellen. Gewünscht sei zudem gewesen, dass das Kunstwerk Anlaufstelle für die vielen Landtagsbesucher sei und sich sensibel in die städtebauliche Situation einfüge.
Am Dienstag nun präsentierte der Landtag den Gewinner der zweiten Runde: das Kunstwerk „Drei Farben“ des Berliner Künstlers Michaels Sailstorfer. Auf der Wiese vor dem Landtagsanbau sollen dann drei Fahnen mit je einer der Farben Schwarz, Rot und Gold eingebettet in neun Meter hohe Messingrahmen wehen. Die Form der drei Fahnen stehe für Offenheit, durch die Trennung der drei Farben könne „die Fahne neu erlebt werden“, begründete die Jury ihre Wahl. Der für Mainz und die deutsche Demokratie so bedeutsame Platz erfahre „durch das im Wind flatternde Tuch eine neue Leichtigkeit ohne die Historie zu verdrängen.“ Der Ort bleibe begehbar, nahbar und lade Passanten ein. Dazu habe der Künstler auch das Verblassen und Verschleißen des Tuches mitbedacht, heißt es weiter in der Begründung: „Wie die Demokratie selbst muss auch diese Fahne immer wieder erneuert werden.“
Der Gewinnerentwurf nehme so „in herausragender Weise Bezug auf die inhaltlichen und städtebaulichen Rahmenbedingungen am Platz der Mainzer Republik“, sagte die Vorsitzende des Preisgerichts, die Vorstandsvorsitzende der Kunst- und Kulturstiftung Opelvillen Rüsselsheim, Beate Kemfert. Das Werk leiste eine „künstlerische Transformation“ des Themas der Hambacher Fahne, jener schwarz-rot-goldenen Tuches, das beim Marsch von Burschenschaftlern 1832 aufs Hambacher Schloss zum Symbol für eine deutsche Einheit in Demokratie und Freiheit wurde. Eine Originalfahne des Hambacher Festes hing bis zur Renovierung im Plenarsaal des Mainzer Landtags und soll auch nach der Sanierung wieder Platz im neuen Landtag finden.
Sailstorfers „gelungene künstlerische Entwurf erinnert insbesondere auch an den Mut der damaligen Freiheitskämpfer, die ungeachtet aller Gefahren für ihr Leib und Leben die deutsche Einheit, Freiheit und Demokratie forderten, wofür die schwarz-rot-goldene Fahne stand und steht“, sagte Landtagspräsident Hering. Für ihn stehe das Kunstwerk auch für eine offene und vielfältige Gesellschaft sowie für eine transparente Demokratie, für deren Erhalt und Weiterentwicklung es sich jeden Tag zu arbeiten lohne. Sailstorfer selbst hatte in seiner Bewerbung geschrieben, er wolle mit seinem Kunstwerk dazu beitragen, einen Ort zu entwickeln, an dem Demokratie aktiv erlebt und gestaltet wird. Der Besucher solle eingeladen werden, über den Ort und seine Bedeutung zu reflektieren. Für das Kunstwerk stehen 228.000 Euro zur Verfügung.
Info& auf Mainz&: Der Gewinnerentwurf sowie die übrigen neun Modelle der Finalrunde sind ab dem morgigen Mittwoch, dem 5. September, eine Woche lang – also bis zum 13. September – öffentlich in der Lobby des Interimslandtags im Mainzer Landesmuseum ausgestellt. Der Eintritt ist frei. Wir werden uns das mal ansehen und Euch dann berichten, welche Alternativen es zum Siegerentwurf gab. Mehr zum Umbau des Deutschhauses und seiner Geschichte lest Ihr hier bei Mainz&.