Paukenschlag bei der Gutenberg-Covid-19-Studie: Die Dunkelziffer bei den Corona-Infektionen ist offenbar noch deutlich größer als bislang gedacht. 42 Prozent von Corona-Infizierten wussten bei einer Untersuchung der Gutenberg-Covid-19-Studie nicht, dass sie bereits eine Corona-Infektion durchgemacht hatten – die Dunkelziffer überraschte auch die Forscher. Besonders häufig merkten es Männer nicht, dass sie eine Infektion hatten – und ältere Menschen. Die Mainzer Forscher betonten, das zeige deutlich, dass systematische Tests weiter wichtig seien, um eine Ausbreitung des Virus und damit auch eine mögliche neuerliche Infektionswelle frühzeitig erkennen zu können. Weitere Erkenntnisse: die Maske schützt, Abstand schützt noch besser – wer das ignoriert, hat ein doppelt höheres Risiko.

Vorstellung der ersten Ergebnisse der Gutenberg-Covid-19-Studie im Januar 2021. - Foto: gik
Vorstellung der ersten Ergebnisse der Gutenberg-Covid-19-Studie im Januar 2021. – Foto: gik

Seit 2007 läuft in Mainz bereits die Gutenberg-Gesundheitsstudie mit rund 15.000 Menschen im Raum Mainz, im Oktober 2020 startete die Mainzer Universitätsmedizin dazu die Gutenberg-Covid-19-Studie: 10.250 Menschen im Alter zwischen 25 und 88 Jahren wurden zwischen Oktober 2020 und Juni 2021 wöchentlich auf ihren Gesundheitszustand untersucht und befragt, und zwar über Fragebögen, aber auch eine eigens konzipierte App der Mainzer Unimedizin. Gesammelt wurden rund 140.000 Fragebögen und mehr als eine Million Blutproben, der Chef der Mainzer Uniklinik, Norbert Pfeiffer, sprach von einem „Schatz“ an Daten.

Tatsächlich ist die Gutenberg-Gesundheitsstudie eine der größten regionalen Gesundheitsstudien überhaupt, sie umfasst allerdings „nur“ Daten von Patienten im Alter zwischen 44 und 88 Jahren, für die die Covid-19-Studie wurden nun noch Patienten von 25 und 44 Jahren hinzugenommen. Die Teilnehmer wurden wöchentlich per App nach ihrem Gesundheitszustand befragt, dazu wurden regelmäßige PCR-Tests gemacht – und dabei gab es die Überraschung: Von den Personen, die nachweislich eine Corona-Infektion durchgemacht hatten, war das nur 57,6 Prozent der Personen bekannt – 42,2 Prozent aber wussten nicht, dass sie mit dem Coronavirus infiziert waren.

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Vorstellung der Ergebnisse der Gutenberg-Covid-Studie am Mittwoch in Mainz durch Professor Philipp Wild. - Foto: gik
Vorstellung der Ergebnisse der Gutenberg-Covid-Studie am Mittwoch in Mainz durch Professor Philipp Wild. – Foto: gik

Die Bilanz der Forscher: Tatsächlich haben Millionen Menschen mehr in Deutschland eine Corona-Infektion durchgestanden, „zu 10 Personen, die wissentlich infiziert sind, müssen acht hinzugerechnet werden, die unwissentliche infizierte werden“, sagte Philipp Wild, Sprecher der Studienleitung und Professor für Epidemiologie an der Mainzer Uniklinik. Wissentlich sind zudem mehr Frauen infiziert, Männer hingegen seien deutlich häufiger unwissentlich infiziert, sagte Wild weiter. Überraschend auch: deutlich mehr Menschen im höheren Alter waren unwissentlich infiziert. Unter denen, die gar nicht wussten, dass sie das Virus hatten, betrug der Anteil bei den über 75-Jährigen 63,2 Prozent. Jüngere Personen waren zwar 1,7-mal häufiger mit dem Coronavirus infiziert, nur etwa ein Drittel merkte davon aber nichts.

Jüngere Menschen ließen sich deutlich häufiger testen als Ältere, nannte Wild dafür einen Grund, ein anderer sei das Immunsystem. Ab einem Alter von 40 Jahren nähmen die Reaktionen des Immunsystems auf die Corona-Impfungen deutlich ab, Ältere reagierten deutlich weniger auf den Impfstoff, „das erklärt möglicherweise auch, warum Ältere die Infektion nicht bemerken“, sagte Wild. Umgekehrt aber sei es gerade das schwächere Immunsystem, das bei älteren Menschen zu so schweren bis tödlichen Verläufen führe. „Unsere Erkenntnisse nehmen etwas von der Schrecklichkeit der Krankheit bei Älteren“, sagte Wild, „das ändert aber nichts an den Zahlen der Toten und Schwerkranken, die wir gesehen haben.“

Häufigkeit der Corona-Testungen bei den verschiedenen Altersgruppen in der Gutenberg-Covid-19-Studie, ob die Jungen, unten die Älteren - seit Mai sinkt die Testbereitschaft wieder. - Foto: gik:
Häufigkeit der Corona-Testungen bei den verschiedenen Altersgruppen in der Gutenberg-Covid-19-Studie, ob die Jungen, unten die Älteren – seit Mai sinkt die Testbereitschaft wieder. – Foto: gik

Der hohe Anteil an unerkannten Infektionen mache aber deutlich, dass eine systematische Testung weiterhin wichtig sei, um eine Ausbreitung des Virus und damit auch eine mögliche erneute Infektionswelle frühzeitig erkennen zu können. Die Coronatests waren zuletzt in die Kritik geraten und stellenweise als unnötig bezeichnet worden, dem widersprachen die Forscher mit Blick auf die hohe Dunkelziffer nun deutlich. „Die Pandemie ist noch sehr aktiv, wir sind mit dem Impfen noch lange nicht durch“, betonte Wild auch am Abend in der Sendung ZDF Heute live – die neue Delta-Variante gilt als 60 Prozent oder sogar als bis zu 80 Prozent ansteckender als bisherige Virus-Varianten, so neueste Studien aus Großbritannien. Wer sich mit dem Covid-19 infiziert hat, vertreibt sich die Zeit am besten Zuhause. Beispielsweise findet ihr auf Neuecasinos24.com beste Auswahl an Casinos.

Den besten Schutz gegen Ansteckung machten die Gutenberg-Forscher durch Abstand aus: Menschen, die angaben, dass sie nie oder nur selten den Mindestabstand von 1,5 Metern einhielten, hätten ein nahezu doppelt so hohes Infektionsrisiko, berichtete Wild. Auch das Tragen einer Maske bringe eine deutliche Risikoverringerung, betonte er: „Abstand bringt mehr als Maske, aber beides hat einen Effekt.“ Auch das Arbeiten aus dem Homeoffice sorge nachweislich für ein niedrigeres Infektionsrisiko – unter den Probanden der Gutenberg-Covid-19-Studie arbeiteten 59,7 Prozent ausschließlich oder wenigstens teilweise im Homeoffice, 40,3 Prozent taten das nie.

AHA-Regeln und Infektionsgeschehen: Wert sich an Abstand und Maske hält, hat ein deutlich niedriges Infektionsrisiko. - Foto: gik
AHA-Regeln und Infektionsgeschehen: Wert sich an Abstand und Maske hält, hat ein deutlich niedriges Infektionsrisiko. – Foto: gik

Genau unter diesen Menschen ist die Ansteckungsgefahr deutlich höher – ebenso bei Menschen, die in engen Wohnverhältnissen leben müssen: Wer mit weniger als neun Quadratmeter pro Person auskommen müsse, und zudem mit vielen Personen auf engem Raum zusammenlebe, habe ein deutlich höheres Infektionsrisiko, so die Forscher. Nicht bestätigt habe sich hingegen die Vermutung, dass sich diese Menschen schlechter an die AHA-Regeln hielten, tatsächlich aber ist bei ihnen die Impfbereitschaft niedriger. „Wir müssen Barrieren abbauen bei den Impf-Angeboten“, forderte Wild deshalb, auch müsse besser und mehr über die Impfung kommuniziert werden, auch darüber „dass die Impfung nicht nur sich selbst, sondern auch anderen Menschen hilft.“

Kinder stellten hingegen kein erhöhtes Infektionsrisiko dar, sagte Wild weiter, musste aber einräumen: Schulen und Kitas seien in der Studie nicht untersucht worden, Personen unter 25 Jahren waren nicht unter den Probanden. Das habe auch organisatorische Gründe gehabt, sagte Wild, „unser Studienbudget war endlich.“ In der Gutenberg-Covid-19-Studie nahm die Wahrscheinlichkeit einer Infektion allerdings zu, je mehr Kinder im Haushalt vorhanden waren – oder je mehr Personen in einem Haushalt zusammenlebten. Menschen in prekären Wohnsituationen besuchten übrigens seltener große Versammlungen und trugen im Schnitt sogar an mehr Stunden eine Maske als Teilnehmer der anderen Gruppe, zudem desinfizierten sie sich auch häufiger die Hände – womöglich aus gesundheitlichen Gründen.

Neben dem nötigen Abstand, dem Einhalten der AHA-Regeln und dem Tragen von Masken trägt auch ein gesundes Lebensstil und ein starkes Immunsystem dazu bei, sich nicht zu infizieren. Nahrungsergänzungsmittel wie Tongkat Ali können hier neben Sport und einer abwechslungsreichen Ernährung einen Beitrag leisten.

Wer mit vielen Personen in engen Wohnverhältnissen lebt, hat ein höheres Infektionsrisiko mit dem Coronavirus. - Foto: gik
Wer mit vielen Personen in engen Wohnverhältnissen lebt, hat ein höheres Infektionsrisiko mit dem Coronavirus. – Foto: gik

Umgekehrt waren Menschen in schlechteren sozioökonomischen Verhältnissen überdurchschnittlich häufiger von Einkommenseinbußen betroffen: Bei 16 Prozent der Studienteilnehmer waren die Einkommen durch die Corona-Pandemie gesunken, keine Veränderung gab es bei rund 71 Prozent – ein Großteil war das bei Menschen über 60 Jahren der Fall. Gleichzeitig sinkt gerade bei den Älteren die Testbereitschaft – gerade bei Menschen, die doppelt geimpft sind. Das aber könnte sich angesichts der hohen Dunkelziffer als ungünstig erweisen – vor allem, da neueste Untersuchungen zeigen, dass die Delta-Variante wohl auch von voll Geimpften weitergegeben werden kann, wenn auch nur in kleinerem Maße. Jüngere Menschen gingen dafür häufiger zum Test – 26,5 Prozent, weil sie ihr Arbeitgeber anbot. Die verpflichtenden Tests am Arbeitsplatz hatten also durchaus einen hohen Aufdeckungseffekt für Corona-Infektionen.

Die Gutenberg-Covid-19-Studie soll nun fortgesetzt werden, Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) kündigte an, für eine Phase 2 gebe es knapp 1,5 Millionen Euro aus Mitteln der Europäischen Union bis zum 20. Juni 2023. Bis dahin sollen weitere Daten ausgewertet werden, unter anderem zu Langzeitfolgen wie Long Covid, aber auch zu Infektionen im Öffentlichen Nahverkehr und auf Reisen.

Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) kündigte zudem an, die Impfkampagne werde als Konsequenz künftig stärker dorthin gehen, wo die Impfquote niedrig sei: „Dort wollen wir unbürokratisch, unkompliziert und schnell Schutzimpfungen anbieten“, betonte sie. Virologen zufolge bräuchte es eine Herdenimmunität von 80 bis 88 Prozent, um die Bevölkerung sicher vor dem Coronavirus zu machen, Rheinland-Pfalz hat bisher 58,2 Prozent seiner Bevölkerung Erst- und erst 38,9 Prozent Zweitgeimpft. Die neuen Erkenntnisse über die Dunkelziffer hat zumindest nun einen Vorteil, unterstrich der Uniklinikchef Pfeiffer: „Wir sind dem Thema Herdenimmunität deutlich näher als wir gedacht haben.“

Info& auf Mainz&: Mehr zur Gutenberg-Covid-19-Studie findet Ihr hier bei der Mainzer Universitätsmedizin im Internet, die Ergebnisse werden zudem in einem Dashboard veröffentlicht, das Ihr hier einsehen könnt. Mehr zur Gutenberg-Covid-19-Studie haben wir hier bei Mainz& berichtet, mehr zur neuen Delta-Variante lest Ihr hier – und apropos Aufklärung und Information übers Impfen: In diesem Artikel stellen wir Euch den neuen Corona-Impf-Comic der Mainzer Uniklinik vor.

 

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