Also doch: Das kaputte Stück im Vorfeld der Schiersteiner Brücke auf Mainzer Seite muss neu gebaut werden. „Die Vorlandbrücke wird völlig neu gebaut“, sagte Bernd Hölzgen, Leiter des Landesbetriebs Mobilität (LBM) am Donnerstagabend bei einer Diskussionsrunde im SWR. Das war eigentlich nicht geplant, der Zustand nach dem Bauunfall aber so, dass das nun nötig sei, sagte Hölzgen nach der Veranstaltung Mainz&: „Ertüchtigt werden kann sie nicht mehr.“ Wussten wir’s doch…

Aber die Verlängerung gibt's erst mal nicht. Stattdessen eine S-Kurve mit 40 kmh - Foto: gik
Das neue Herzstück, die S-Kurve und rechts daneben der kaputte Teil der Vorlandbrücke – Foto: gik

Allerdings handelt es sich bei dem Neubaustück um ganze 110 Meter zwischen der eigentlichen Schiersteiner Brücke und der Ausfahrt Mombach, kein wirklich großes Stück. Doch der Bauunfall, bei dem am 10. Februar in der Nacht erst ein Pfeiler absackte und dann die ganze Brücke hat das Bauwerk offenbar irreparabel beschädigt. Die Brücke ist seit Sonntagnacht wieder für den Verkehr geöffnet, weil die Vorlandbrücke massiv mit Pfeilern unterfüttert und mit hydraulischen Pumpen auf die ursprüngliche Höhe wieder angehoben wurde. Ein Dauerzustand ist das nicht.

Bauwerkszustand 3: nicht ausreichend, kurz vor kaputt

Dazu kommt: Der Bauwerkszustand der Vorlandbrücke ist derzeit mit Kategorie 3 eingestuft, das verriet der CDU-Landtagsabgeordnete und Mainzer Stadtrat Gerd Schreiner in der Diskussion. Wir haben das mal nachgeschaut: Zur Beschreibung des Zustands eines Bauwerks gibt es laut offizieller Ordnung sechs Zustandsnoten: 1,0 bis 1,4 ist ein sehr guter Zustand, 1,5 bis 1,9 gut, 2,0 bis 2,4 befriedigend, 2,5 bis 2,9 ausreichend, 3,0 bis 3,4 nicht ausreichend und 3,5 bis 4,0 ungenügend. Das heißt im Klartext, die Vorlandbrücke ist ganz kurz vor kaputt – und Hölzgen bestätigte das.

Da wird zwar eine neuen Rheinbrücke genaut... - Foto: gik
Hier wird die neue Schiersteiner Brücke gebaut – Foto: gik

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Damit gibt es nun folgenden Ablauf: Der LBM baut ja derzeit das neue „Herzstück“, ein Anschlussstück für die neue Schiersteiner Brücke stromabwärts der jetzigen Brücke. Von dort wird der Verkehr mittels einer S-Kurve auf die alte Vorlandbrücke umgeleitet. Steht diese Verbindung, kann unmittelbar daneben – stromaufwärts – der kaputte Teil der Vorlandbrücke abgerissen und neu gebaut werden.

Für diesen Bereich bestehe auch Baurecht, versicherte Hölzgen, und zwar egal, ob man ertüchtige (wie ursprünglich geplant) oder neu baue wie jetzt. Nur das Baurecht für die Weiterführung der Autobahn ab Mombach – das besteht weiter nicht.

Wirtschaft will Entschädigungen und fordert sogar einen Hilfsfonds

„Wir sind nicht hintendran, Rheinland-Pfalz ist überhaupt nicht dran“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Industrie und Handelskammer (IHK) in Main, Günter Jertz, frustriert in der Diskussion. Jertz forderte sogar Entschädigungen für die Wirtschaftsunternehmen, die durch die für Lkw noch immer gesperrte Brücke jeden Tag viel Geld verlieren. „Ein Marktbeschicker sagte mir, dass er pro Woche 500 Euro verliert“, berichtete Jertz, bei einem großen Container-Unternehmer seien es 50.000 Euro.

Schiersteiner Brücke - Hilfspfeiler neben kaputtem Pfeiler - Foto gik
Noch mehr Pfeiler sollen die alte Vorlandbrücke tragfähig machen – Foto: gik

Sogar einen Hilfsfonds wie für Hochwasser-Opfer brachte Jertz ins Gespräch – Hölzgen fand das wenig lustig. Der eine habe einen Vorteil durch eine gute Lage, der andere einen Nachteil durch eine schlechte – das müsse man in der Wirtschaft aushalten, sagte der LBM-Chef sinngemäß, wenn auch diplomatischer. Immerhin konnte Hölzgen versichern: Dass 2016 Lkws über die Schiersteiner Brücke rollen können, das sei sicher – klar, wenn sogar neu gebaut wird.

Brummis bald wieder auf Brücke – Dank zusätzlicher Pfeiler

Doch Hölzgen machte auch Hoffnung, dass schwere Brummis schon viel früher wieder über die Schiersteiner dürfen: Durch eine weitere massive Verstärkung der alten Vorlandbrücke mit Pfeilern. 90 Hilfepfeiler seien sowieso geplant gewesen, sagte Hölzgen, und erst jetzt fällt uns auf: Das waren schon von vorneherein sehr, sehr viele. Gab es am Ende schon vor dem Unfall die Einschätzung, die alte Vorlandbrücke werde nur mit massiver Unterstützung halten? Das wäre in der Tat ein Ding. Zur Unfallursache wollte Hölzgen übrigens noch immer nichts sagen, betonte nur noch einmal, der Zustand der Brücke sei für den Unfall nicht ursächlich gewesen. Hm. Im Sommer soll’s das Gutachter-Ergebnis geben.

Blick auf die A 643 von der Brücken im Mainzer Sand mit Pfeilen
Diese Seitenstreifen würden weiter ins den Mainzer Sand vordringen – Foto: gik

Bis 2023, so schätzen nun die Experten, wird nun ein Neubau der angrenzenden A643 auf sich warten lassen, mindestens. Denn die Umweltverbände halten sich eine Klage gegen den Eingriff in das Naturschutzgebiet Mainzer Sand weiter offen. Um 7.000 Quadratkilometer Fläche geht es dabei, prompt gab es Kritik daran, wie man für eine solche kleine Fläche den Verkehr blockieren kann. „Es kommt nicht nur darauf an, wieviel Fläche, sondern auch, was für Fläche – und diese ist eben extrem wertvoll“, konterte Sabine Yacoub vom Naturschutzverband BUND – ein guter Konter, wie wir finden.

Yacoub sprach sich übrigens auch noch mal für Flüsterasphalt und geringere Geschwindigkeit zur Lärmreduzierung aus und lobte die zwei Abbiegespuren auf die A66 auf hessischer Seite – soviel zu den vermeintlichen Verkehrsverhinderern 😉 Aber das konntet Ihr ja schon in der Mainz&-Reportage zum Mainzer Sand nachlesen.

Info& auf Mainz&: Die ganze Geschichte der Schiersteiner Brücke könnt Ihr natürlich auf Mainz&: nachlesen – einfach oben auf den Begriff Verkehr klicken und Euch durchscrollen. Oder Ihr gebt „Schiersteiner“ in die Suchmaske oben rechts ein, dann spuckt Euch das System alle unsere Beiträge dazu aus. Eine Beschreibung zu den geplanten Bauarbeiten rund um die Schiersteiner Brücke gibt es hier, eine umfassende Analyse dazu, was dabei alles schief lief hier.

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