Vor genau einem halben Jahr begann der Krieg Russlands gegen die Ukraine, es wurde ein erbittert geführter Vernichtungskrieg, der nach Zählungen der Vereinten Nationen bisher 5.225 Zivilpersonen das Leben kostete, darunter 362 Kinder. Dutzende ukrainischer Städte werden bis heute bombardiert, manche sind nur noch Trümmerlandschaften. Am Mittwoch bekundeten rund 800 Menschen in einer Menschenkette auf der Theodor-Heuss-Brücke zwischen Mainz und Wiesbaden ihre Solidarität mit der Ukraine – an deren Unabhängigkeitstag. Auch ein Friedensengel war mit dabei.
„I’m glad, and I’m sad“, sagt Anna aus Kiew auf die Frage, wie es ihr an diesem Tag geht: „Ich bin froh, und ich bin traurig zugleich.“ Mit einer ukrainischen Fahne steht Anna auf der Theodor-Heuss-Brücke, hoch oben über dem Rhein, es ist der 24. August 2022, und es ist ein besonderer Tag. Heute vor genau 31 Jahren errang die Ukraine ihre Unabhängigkeit – von Russland. Und vor genau einem halben Jahr, am 24. Februar 2022 wurde die Ukraine in eine brutalen Vernichtungskrieg gezerrt – von Russland.
Auch Anna ist vor dem Grauen des Krieges geflohen. Sie sei froh, weil sie selbst in Sicherheit sei, erzählt sie Mainz&. Und sie sei traurig, weil ihre Freunde und Verwandten in der Ukraine es nicht sind. Ein halbes Jahr nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine am 24. August 2022, geht der Kampf in der Ukraine mit unverminderter Härte weiter. Nach Angaben der Ukraine wurden am Mittwoch bei einem russischen Angriff auf einen Bahnhof mindestens 15 Menschen getötet. Die Weltgesundheitsorganisation WHO wiederum dokumentierte mittlerweile 473 Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen in der Ukraine – 473 Verletzungen des Völkerrechts.
Hunderte auf der Theodor-Heuss-Brücke in den Farben der Ukraine
An diesem warmen August-Mittwoch stehen nun Dutzende, nein Hunderte auf der Theodor-Heuss-Brücke zwischen Mainz und Wiesbaden. Sie haben die blau-gelben Flaggen der Ukraine dabei, sie tragen gelbe Hosen oder blaue T-Shirts – oder auch traditionelle Oberteile ukrainischer Trachten. „Vyshyvanka“, sagt die freundlich lächelnde Familie aus dem Westen der Ukraine, und zeigt auf ihre mit Stickereien verzierten weißen Hemden. Viel mehr können wir nicht austauschen, die Familie spricht kein Deutsch – sie ist erst seit Kurzem in Mainz.
„Wir haben immer für unsere Freiheit und unsere Unabhängigkeit gekämpft – am 24. August 1911 waren wir erfolgreich“, sagt Natalia Bucholtz: „Das ist ein wichtiger Tag für alle Ukrainer.“ Bucholtz kommt ursprünglich aus Lviv, seit sechs Jahren lebt sie in Mainz, mit dem Ukrainischen Verein Mainz organisierte sie die Menschenkette am Unabhängigkeitstag, die auch eine Protestkundgebung gegen den Überfall auf die Ukraine war.
„Man sieht auch: Nach 30 Jahren müssen wir noch immer weiter kämpfen, um unsere Freiheit zu schützen“, sagte Bucholtz im Mainz&-Interview. Der Unabhängigkeitstag komme deshalb „mit einem bitteren Beigeschmack daher, weil wir wissen, dass unserer Familien, die noch in der Ukraine sind, im Bunker sitzen müssen, und nicht rausgehen und feiern können.“ Noch mehr Unterstützung von der Politik in Deutschland würde sie sich wünschen – und noch mehr Waffen. „Die Ukrainer möchten einfach ihr Land und ihre Familien schützen“, sagt sie noch.
Menschenkette der Solidarität mit der Ukraine
In der Ukraine war die Angst vor dem Tag groß, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selensky hatte eindringlich vor Luftangriffen russischer Truppen auf ukrainische Städte gewarnt. Alle Feiern im Freien waren deshalb verboten worden. „Wir wollten heute ein Zeichen setzen und mit dieser Menschenkette unsere Solidarität mit der Ukraine zeigen“, betonte Bucholtz. Man wolle ein wenig Feiern und die Ukrainer unterstützen.
Das sahen auch zahlreiche Mainzer und Wiesbadener so: 800 Menschen seien zu der Kundgebung gekommen, sagte die Mainzer Polizei auf Mainz&-Anfrage. Darunter war auch der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD). „Ich finde es klasse, dass so viele Leute hier sind“, sagte Ebling gegenüber Mainz&: „Wir stehen fest an der Seite der Ukraine und vergessen nicht: Wir sind zwar nicht der Barbarei des Krieges ausgesetzt, aber auch die Demokratie in Deutschland gehört zu den Angegriffenen, wie wir ja auch gerade beginnen zu spüren.“
Ebling: „Menschen leiden, sterben in diesem Krieg“
Er finde es zudem „wichtig, daran zu Erinnern: Der Krieg ist noch da, Menschen leiden, Menschen sterben an diesem Krieg“, sagte Ebling weiter. Die Ursache für das Leid sei aber noch immer „ein völkerrechtswidriger Angriff Russlands“ auf die Ukraine. Am Unabhängigkeitstag des Landes Solidarität zu zeigen, „heißt natürlich, der Ukraine den Rücken zu stärken“, fügte Ebling hinzu.
Auf der Brücke wurden derweil ukrainische Fahnen geschwenkt und ukrainische Lieder gesungen – so etwa die Nationalhymne. Ein Friedensengel schwenkte ihre blau-gelben Federn und verschenkte Schutz und Umarmungen an die Umstehenden. Und auch jenseits der Menschenkette war die Solidarität groß: Zahlreiche Autofahrer auf der Brücke bekundeten ihre Solidarität mit lautem Hupen und fröhlichem Winken. „Slava Ukraini“, schallte es zurück: „Ehre der Ukraine!“
Info& auf Mainz&: Mehr Hintergründe zum Krieg Russlands gegen die Ukraine könnt Ihr noch einmal hier bei Mainz& nachlesen: „Der Krieg im Herzens Europas – Wie die Ukraine zum Spielball der Mächte wurde.“ Mehr zur Deutsch-Ukrainischen Gesellschaft findet Ihr auch hier im Internet, mehr zum Bündnis “Hilfe für die Ukraine” in Mainz findet Ihr hier im Internet.