CDU-Generalsekretär Gerd Schreiner wollte ein gutes Werk tun: Der Mainzer CDU-Mann wollte vergangenen Samstag den Bauarbeitern an der Theodor-Heuss-Brücke einen Kaffee vorbeibringen, schließlich liegt die CDU-Geschäftsstelle direkt neben der Brücke auf Mainzer Seite. Zu Schreiners Überraschung aber musste er feststellen: samstags arbeitet da gar keiner. Dabei hatte die Stadt Mainz im Vorfeld vollmundig versprochen: An der Brücke werde auch samstags gearbeitet, um die Arbeiten auch wirklich in den geplanten vier Wochen abschließen zu können. Von der Stadt Wiesbaden hieß es nun auf Mainz&-Anfrage: aktuell sei keine Wochenendarbeit vorgesehen.

CDU Kaffeeaktion auf der gesperrten Theodor-Heuss-Brücke. - Foto: CDU RLP
CDU Kaffeeaktion auf der gesperrten Theodor-Heuss-Brücke. – Foto: CDU RLP

Seit dem 12. Januar ist die Theodor-Heuss-Brücke wegen Sanierungsarbeiten voll gesperrt, bei einer Routineüberprüfung war entdeckt worden, dass die Traversenlager unter der Brücke schon zum Teil kaputt sind. Der Austausch kann nach Angaben der Stadt Wiesbaden nur in der kalten Jahreszeit stattfinden, auf Bitten der Stadt Mainz hatte man die Arbeiten aus dem Weihnachtsgeschäft herausgehalten und in den Januar gelegt. Seit der Vollsperrung für den Individualverkehr quälen sich jeden Morgen und jeden Abend die Pendler aus dem Rheinhessischen in langen Staus über die beiden verbliebenen Autobahnbrücken, Staulängen von 30 Kilometern Länge sind derzeit völlig normal.

Die Stadt Mainz hatte im Vorfeld die Vollsperrung für den Individualverkehr als notwendig verteidigt, die Arbeiten könnten so schneller abgeschlossen werden, als wenn man eine Spur offen gehalten hätte – was möglich gewesen wäre. Gleichzeitig betonte die Stadt Mainz auch, es werde auch an den Samstagen gearbeitet werden, um wirklich jede mögliche Stunde zu nutzen. Doch am ersten Brückensperrungs-Samstag musste die CDU feststellen: Samstags wird gar nicht gearbeitet. „Extra für die Bauarbeiter an der Theodor-Heuss-Brücke Kaffee gekocht“, twitterte der Mainzer Landtagsabgeordnete und Generalsekretär Gerd Schreiner verwundert, und postete ein Bild von der Kaffeemannschaft auf der verwaisten Brücke.

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Schreiner kritisierte umgehend: „Würden Mainz und Wiesbaden Feiertagszuschläge zahlen, stände eine ganze Region schon nicht mehr im Stau“, schrieb er auf Twitter: „Bürgernähe und Hilfe für Pendler und Mittelstand – Fehlanzeige.“ Bei der Stadt Wiesbaden bestätigte man im Verkehrsdezernat am Dienstag auf Mainz&-Anfrage: Ja, Wochenendarbeit gebe es nicht und sei auch „aktuell nicht vorgesehen“, teilte Mobilitätsreferent Sven Bingel mit, betonte zugleich aber auch: „Allerdings nicht, weil wir Kosten gescheut hätten oder nicht auf die Idee gekommen wären.“ Es stünden einfach „nicht mehr personelle Kapazitäten für die Traversenlagertausch-Teams zur Verfügung.“

Leere Theodor-Heuss-Brücke: Samstags wird nun doch nicht an der Sanierung gearbeitet. - Foto: gik
Leere Theodor-Heuss-Brücke: Samstags wird nun doch nicht an der Sanierung gearbeitet. – Foto: gik

So sei entschieden worden, „die beiden uns zur Verfügung stehenden Teams voll mit der rechtlich erlaubten Arbeitszeit in Anspruch zu nehmen“, sagte Bingel weiter, vereinbart sei aber auch, mögliche Sonderarbeiten an den Wochenende abarbeiten zu können. Sollten etwa beim Öffnen der Gummierungen an den Lagern Korrosionsschäden festgestellt werden, könnten diese „über diese Zeitfenster abgearbeitet werden“, das Hauptteam derweil direkt zum nächsten Traversenlager übergehen, um keine Zeit zu verlieren. „Wir hätten sehr gerne Wochenend- und Nachtarbeit genutzt um die Bauzeit zu verkürzen“, betonte Bingel, „jeder gewonnene Tag wäre sicherlich im Sinne der Bürger in unserer beiden Städte gewesen.“

In Wiesbaden ist man trotzdem weiter zuversichtlich, dass die angesetzten vier Wochen für die Arbeiten ausreichen: Es werde in zwei Teams mit zwei Schichten gearbeitet, auch seien bereits Pufferzeiten eingerechnet, betonte Bingel. Gearbeitet werde übrigens fast nicht auf der Brücke, sondern vorwiegend unter der Brücke in der Konstruktion, fügte der Referent hinzu. Zugleich betont man in der hessischen Landeshauptstadt, auf die angezeigten Schäden sei geradezu rekordverdächtig schnell reagiert worden:

Die gesperrte Theodor-Heuss-Brücke sorgt derzeit für erhebliche Verkehrsbehinderungen rund um Mainz. - Foto: gik
Die gesperrte Theodor-Heuss-Brücke sorgt derzeit für erhebliche Verkehrsbehinderungen rund um Mainz. – Foto: gik

Nach Angaben Bingels fand die turnusgemäße Begutachtung der Brücke im Juni 2019 statt, bereits am 24. Juli schickte der Gutachter eine Vorwarnung gekommen: Achtung, es gibt ein Problem! Die Vorwarnung sei noch vor dem Abschluss des Gutachtens erfolgt, ab diesem Moment hätten – quasi aus dem Stand – die weiteren Untersuchungen und Bauplanungen begonnen, betonte Bingel gegenüber Mainz&: „Hier ist in einer Rekordzeit reagiert worden.“

Das Problem fanden die Gutachter an den Traversenlagern der Brücke: „Das Fahrbahnbett liegt auf einer Fachwerk-Konstruktion, und die ruht auf den Lagern“, erklärte Bingel. Diese Traversenlager hätten aber eine überschaubare Lebenszeit – rund 25 Jahre. Zuletzt ausgetauscht wurden sie im Jahr 1995, dass die Lager jetzt also nach und nach kaputt gehen könnten, sei erwartbar gewesen, betonte Bingel. „Zwei der Lager waren bei der Prüfung schon rausgefallen, die Brücke hing an der Stelle frei“, berichtete er: „Das ist kein Sicherheitsproblem, aber der Stahl könnte sich verziehen.“ Würden die Lager nicht schnellstens erneuert, habe genau das gedroht, „dann hätte die Brücke substanziell Schaden genommen und grundsaniert werden müssen – im schlimmsten Fall hätten wir eine mehrmonatige Sanierungssituation gehabt.“

Gearbeitet wird vorwiegend unter der Theodor-Heuss-Brücke - die Traversenlager müssen ausgetauscht werden. - Foto: gik
Gearbeitet wird vorwiegend unter der Theodor-Heuss-Brücke – die Traversenlager müssen ausgetauscht werden. – Foto: gik

Man habe deshalb die Wahl gehabt, jedes Jahr ein paar Lager auszutauschen, und so ständige Reparaturen zu haben, oder auf einen Schlag alle 50 Stück auszutauschen. Die Stadt habe sich für Letzteres entschlossen, die Pläne seien gerade einmal in 1,5 Monaten abgeschlossen worden, „das ist höchst ungewöhnlich“, sagte Bingel. Geholfen habe dabei, dass der Firmennachfolger derjenigen Firma, welche die Lager seinerzeit hergestellt hatte, noch immer in der Lage war, diese Teile so schnell nachzuproduzieren. „Nur deswegen konnten das Tiefbau- und Vermessungsamt das Verfahren so schnell abwickeln“, sagte Bingel. Ein früherer Start der Arbeiten wiederum sei wegen der Ferien nicht möglich gewesen – die ausführende Firma habe so schon ihre Arbeiter eigens früher aus dem Urlaub zurückgeholt.

Bleibt den Pendlern im Rhein-Main-Gebiet vorerst nur das Prinzip Hoffnung: Auch in der zweiten Woche der Brückensperrung sorgte die Sperrung verbunden mit kleinen Unfällen sofort für ein Verkehrschaos auf den Autobahnen rund um Mainz. Die Sperrung soll – je nach Verlauf der Arbeiten – noch bis zum 9. Februar dauern.

Info& auf Mainz&: Alles zur Sperrung der Theodor-Heuss-Brücke aus Mainzer Sicht lest Ihr hier bei Mainz&, die Detailinfos haben wir hier aufgeschrieben. Alle Artikel, alle Debatten rund um die Brückensperrung findet Ihr zudem hier auf unserer Sonderseite.

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