Der Ausbau der Autobahn A643 zwischen Mainz und Wiesbaden ist eines der großen ungelösten Probleme der Stadtpolitik: Die Bundesregierung hat den sechsspurigen Ausbau per Dekret verfügt, doch in Mainz wehrt sich eine breite Front aus Umweltverbänden und vor allem SPD und Grünen weiter vehement gegen den Ausbau. Das Thema hat längst auch den Mainzer OB-Wahlkampf erreicht – nun meldet sich die CDU-Kandidatin, Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz mit einem Alternativvorschlag zu Wort: Eine flexible Mittelspur, die je nach Verkehrsbedarf in eine andere Richtung geschaltet werden kann.

Die A643 zwischen Mombach und Gonsenheim soll auf sechs Spuren verbreitert werden - und um insgesamt sieben Meter wachsen. - Foto: gik
Die A643 zwischen Mombach und Gonsenheim soll auf sechs Spuren verbreitert werden – und um insgesamt sieben Meter wachsen, wie die roten Pfeile zeigen. – Foto: gik

Seit zehn Jahren streitet die Stadt Mainz mit Bund und Land nun schon über den Ausbau der Autobahn A643, die von Budenheim nach Wiesbaden mit Anschluss Schiersteiner Brücke führt. Die Autobahn GmbH des Bundes hält nach wie vor an dem Ausbau als unbedingt notwendig fest und verweist auf rund 90.000 Fahrzeuge pro Tag auf der Schiersteiner Brücke plus gestiegene Pendlerströme aus dem rheinhessischen Umland in Richtung Hessen.

Das Bundesverkehrsministerium hatte gar den sechsspurigen Ausbau plus Seitenstreifen im Jahr 2015 per Dekret verfügt, weil eine Einigung mit der Stadt Mainz nicht zu erzielen war. Denn in Mainz stemmt sich die Politik mit großer Mehrheit gegen einen Ausbau, hier setzt man weiter auf eine sogenannte „4+2“-Lösung: Also vier Spuren plus zwei Seitenstreifen. Im Februar 2022 hatte der damalige Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) noch in einem Brief nach Berlin gebeten, den Ausbau zu überdenken.

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Matz: „Nicht stur auf einer Spur denken“

Im März hatte ein Bündnis von zwölf Umweltorganisationen und Verkehrsverbänden eine Petition gegen den Ausbau gestartet, die inzwischen rund 10.000 Unterschriften gesammelt hat. Bislang hält Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) aber unbeirrt an den Ausbauplänen fest, noch im Juni 2022 hatte Wissings Staatssekretär Oliver Luksic den Ausbau als „verkehrlich notwendig“ verteidigt: Die Region sei „verkehrlich hoch belastet“, der Ausbau werde kommen, sagte Luksic bei einem Termin in Wiesbaden – sogar der Wiesbadener Verkehrsdezernent Andreas Kowol hatte damals in einem Mainz&-Interview gesagt: Man dürfe doch die gestiegenen Pendlerströme aus Rheinhessen nicht einfach ignorieren – alles andere als ein sechsspuriger Ausbau „wäre ein Treppenwitz.“

Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz (CDU) 2019 mit einer Mainz-Karte in ihrem Büro. - Foto: gik
Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz (CDU) 2019 mit einer Mainz-Karte in ihrem Büro. – Foto: gik

„Die Positionen sind festgefahren“, sagte nun die OB-Kandidatin der Mainzer CDU, Manuela Matz, und warf ihren Konkurrenten im OB-Wahlkampf vor, zu einseitig auf ihren Positionen zu beharren: „Christian Viering (Grüne), Mareike von Jungenfeld (SPD) und Nino Haase (parteilos) lehnen den sechsspurigen Ausbau der A 643 stur ab“, kritisierte Matz – ihre eigene Partei, die CDU, sowie die FDP seien bisher für einen 6-spurigen Ausbau gewesen, „weil die Verkehrsprognosen es erfordern und das Nachbarland Hessen es für seinen Teil der A643 bereits umgesetzt hat“, betonte Matz.

„Bei so einem wichtigen Projekt für Mainz darf man nicht stur auf einer Spur denken“, betonte die OB-Kandidatin nun: „Es müssen alle Optionen geprüft, und Aspekte beider Seiten berücksichtigt werden.“ Natur-, Anwohner- und Umweltschutz einerseits sowie das gesteigerte Verkehrsaufkommen und die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer andererseits müssten in die Überlegungen einfließen.

Flexible Mittelspur als Kompromiss?

Als Kompromiss schlage sie deshalb eine andere Alternative vor, sagte Matz weiter: eine flexible Mittelspur vor. „Diese könnte je nach Verkehrsaufkommen in Richtung Hessen oder in Richtung Rheinland-Pfalz zusätzlich den Verkehr leiten“, sagte Matz weiter: „Dieser Vorschlag als konstruktive Kompromisslösung soll dazu beitragen, zügig eine akzeptable Lösung zu finden, die Umweltschutzaspekte und Fragen des Verkehrsflusses dauerhaft in Einklang bringen.“ Andere Länder machten mit solchen Mittelspuren gute Erfahrungen, etwa d8ie Niederlande oder die USA, sagte Matz auf einer Podiumsdiskussion zudem.

So soll die A643 nach ihrem sechsspurigen Ausbau aussehen, rechts eine Lärmschutzwand. - Grafik: Autobahn GmbH
So soll die A643 nach ihrem sechsspurigen Ausbau aussehen, rechts eine Lärmschutzwand. – Grafik: Autobahn GmbH

Der Co-Vorsitzende der Mainzer SPD und Mombacher Ortsvorsteher Christian Kanka forderte die CDU daraufhin auf, ihre Position zur Autobahn A643 zu klären: Mit ihrem Vorschlag habe sich die Oberbürgermeister-Kandidatin „von der ansonsten vehement vorgetragenen Forderung“ ihrer eigenen Partei nach einem sechsspurigen Ausbau abgesetzt“, sagte Kanka: „Es besteht Klärungsbedarf – Frau Matz steht damit in klarer Opposition zu ihrer eigenen Partei.“

Die Mainzer „sollten wissen, was denn nun für die CDU gilt: Sechsspuriger Ausbau oder nicht? Vier-plus-Zwei-Lösung oder nicht? Alles lassen, wie es ist? Etwas anderes ausdenken?“, warf Kanka Matz und der CDU vor: Das müsse die Partei noch vor dem 12. Februar, dem Wahltag, mitteilen. Tatsächlich hatte sich die Mainzer CDU bisher stets für einen A643-Ausbau ausgesprochen – und betont, dadurch werde es mehr Lärmschutz für die Anwohner geben.

SPD und Grüne: „Keinen Zentimeter für eine Autobahn“

Die beiden Mainzer SPD-Chefs Kanka und OB-Kandidatin Mareike von Jungenfeld hatten noch im Dezember 2022 ihr Nein zu einem Ausbau bekräftigt: „Der sechsspurige Ausbau verbietet sich“, hieß es damals – das gelte insbesondere, wegen des Naturschutzgebietes „Großer Mainzer Sand“, durch den die Trasse führe. Er verbiete sich aber auch „aufgrund der Notwendigkeit, für zukunftsfeste, klimaschonende und effiziente Mobilität zu sorgen“, und weil „er nicht mehr in die Zeit passt.“

Eine Grünbrücke soll nach dem Ausbau die beiden derzeit voneinander getrennten Hälften des "Mainzer Sands" miteinander verbinden. - Grafik: Autobahn GmbH
Eine Grünbrücke soll nach dem Ausbau die beiden derzeit voneinander getrennten Hälften des „Mainzer Sands“ miteinander verbinden. – Grafik: Autobahn GmbH

Auch der parteilose Nino Haase sowie der Linken-Kandidat Martin Malcherek haben sich bereits gegen einen Ausbau ausgesprochen. Der Grünen-OB-Kandidat Christian Viering bekräftigte am Donnerstagabend auf einer Podiumsdiskussion noch einmal: Mit den Grünen werde es „keinen Zentimeter Naturschutzgebiet für eine Autobahn geben.“

Ihre Mitbewerber drückten sich „bei ihren Forderungen um die Fragen nach dem Lärmschutz für Mensch und Tier“, kritisierte Matz hingegen: „Eine Mittelspur würde auch die angrenzende Flora und Fauna vor einem verstärkten Salzeintrag im Winter schützen“, unterstrich sie. Zudem argumentiert die Autobahn GmbH des Bundes bisher durchgehend, nur mit einem sechsspurigen Ausbau seine eine Lärmschutzwand für die Anwohner in Gonsenheim und Mombach realisierbar – zudem können mit dem Ausbau auch eine groß0e Grünbrücke für die Natur realisiert werden.

Ihre Alternatividee bringe „alle Interessen zusammen“, warb Matz für ihren Vorschlag – ein solcher Kompromiss könne zudem die Interessen von Natur, Anwohnern und die Bedürfnisse der erwartbaren Verkehrsbelange zu einem Kompromiss bringen und so befrieden.

Info& auf Mainz&: Einen ausführlichen Bericht über die Planungen des Bundes zum Ausbau der A643 samt Daten, Fakten und Skizzen findet Ihr hier bei Mainz& – der Bericht ist zwar von 2018, aber die Pläne sind unverändert aktuell. Mehr zur „Treppenwitz“-Aussage von Andreas Kowol könnt Ihr hier bei Mainz& nachlesen.