Einen Tag nach dem Bund-Länder-Gipfel im Bundeskanzleramt zur Coronakrise wächst die Kritik an der Blockade der Bundesländer bei schärferen und klareren Maßnahmen zur Eindämmung der neuen Corona-Welle, vor allem an dem anhaltenden Wirrwarr in den Bundesländern zum Beherbergungsverbot. Rheinland-Pfalz kündigte am Donnerstag an, die Beschlüsse vom Mittwoch schnell umzusetzen – das Beherbergungsverbot kommt aber nicht. Auch das Saarland setzte das Verbot am Donnerstag aus, in Baden-Württemberg und Niedersachsen kippten Gerichte die umstrittene Regel. Andere Bundesländer halten dagegen daran fest.

Mahnte erneut zur Einhaltung der Hygiene- und Vorsichtsregeln: Ministerpräsidentin Malu Dreyer (WSPD). - Foto: gik
Mahnte erneut zur Einhaltung der Hygiene- und Vorsichtsregeln: Ministerpräsidentin Malu Dreyer (WSPD). – Foto: gik

Bund und Länder hatten sich am Mittwoch nach stundenlangem Ringen auf schärfere Maßnahmen wie erweitertes Maskenverbot, Sperrstunden in der Gastronomie sowie neue Kontaktverbote gerade in Hotspots geeinigt – ob die Maßnahmen zur Eindämmung der neuen Infektionswelle reichen, ist aber zweifelhaft. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte bereits am Mittwochabend deutlich gemacht, sie habe Zweifel, ob die Einschränkungen reichten, um den exponentiellen Anstieg tatsächlich zu stoppen – auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) äußerte massive Zweifel.

Gleichzeitig warnten beide Spitzenpolitiker eindringlich vor der sich gerade aufbauenden neuen Coronawelle: „Wir sind im exponentiellen Anstieg“, sagte Merkel, „und den müssen wir stoppen, sonst wird es kein gutes Ende finden.“ Das Robert-Koch-Institut meldete nach mehr als 5.000 Neuinfektionen am Mittwoch am Donnerstag bereits 6.638 Neuinfektionen mit dem neuartigen Coronavirus Sars-CoV-2 sowie 33 neue Verstorbene – die Sterberate liegt damit derzeit bei 2,8 Prozent. In Mainz gab es am Donnerstag zwar nur 16 neue Fälle, doch die 7-Tages-Inzidenz stieg auf 71 Infektionen pro 100.000 Einwohner – das sind so viele Infektionen wie seit Beginn der Corona-Pandemie noch nie.

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Das Wirrwarr beim Beherbergungsverbot nimmt der Karikaturist Ralf Böhme aufs Korn. - Copyright: RABE-Cartoon
Das Wirrwarr beim Beherbergungsverbot nimmt der Karikaturist Ralf Böhme aufs Korn. – Copyright: RABE-Cartoon

Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) mahnte deshalb am Donnerstag eindringlich: „Helfen Sie mit, Infektionsketten zu unterbrechen!“ Das Befolgen der AHA-Regeln mit Abstand, Hygiene und Maskentragen sowie durch viel Lüften seien der wirksamste Schutz. Weil das Virus vor allem von engen Kontakten lebe, gelte es nun, genau diese zu reduzieren – und in den Risikogebieten „auch unnötige Reisen zu vermeiden, damit sich das Virus nicht weiter auf Reisen macht“, betonte Dreyer.

Dennoch bleibt das Beherbergungsverbot in Rheinland-Pfalz weiter ausgesetzt, für Reisende aus Risikogebieten außerhalb der Bundesrepublik gilt aber weiter die Regel einer 14-tägigen Quarantäne, die jedoch durch einen negativen Corona-Test, der höchstens 48 Stunden vor Einreise vorgenommen worden ist, aufgehoben werden kann. In Baden-Württemberg und Niedersachsen kippten dagegen Gerichte das Beherbergungsverbot, damit gilt das Verbot nun in neun von 16 Bundesländern nicht, sieben Länder halten jedoch daran fest – darunter Hessen, Bayern und Urlaubsländer wie Mecklenburg-Vorpommern. Einen Überblick gibt es hier bei zdf.de. Über das Beherbergungsverbot soll am 8. November, nach Ende der Herbstferien erneut gesprochen werden.

Die übrigen Beschlüsse vom Mittwoch gelten in Rheinland-Pfalz entweder schon, oder werden kurzfristig in Kraft gesetzt, kündigte Dreyer weiter an. Danach gilt nun auch in Rheinland-Pfalz:

Die AHA-Regeln gelten als wichtigstes Instrument zur Eindämmung der Corona-Pandemie. - Grafik: rlp.de
Die AHA-Regeln gelten als wichtigstes Instrument zur Eindämmung der Corona-Pandemie. – Grafik: rlp.de

— Ab der Gefahrenstufe von mehr als 35 Neuinfektionen auf 100.000 Menschen binnen einer Woche: Einrichtung einer Taskforce, erste Verschärfung der Schutzmaßnahmen und neu: eine erweiterte Maskenpflicht, wo Menschen dichter und länger zusammenkommen. Eine Teilnehmerbegrenzung bei privaten Feiern auf 25 Personen im öffentlichen Raum und eine dringende Empfehlung der Begrenzung auf 15 Personen im privaten Bereich, eine vorgezogene Sperrstunde in der Gastronomie, Spielhallen und ähnlichen Einrichtungen sowie zusätzliche Auflagen und Kontrollen.

— Ab der Alarmstufe Rot von mehr als 50 Neuinfektionen auf 100.000 Menschen binnen einer Woche: Zusätzlich Begrenzung private Feiern im öffentlichen Raum auf 10 Teilnehmer oder zwei Hausstände, eine dringende Empfehlung der Begrenzung der Teilnehmer auf 10 Personen wird für private Feiern im privaten Bereich ausgesprochen. Einführung einer Sperrstunde ab 23.00 Uhr für Gastronomiebetriebe, Spielhallen und ähnliche Einrichtungen und Außenabgabeverbot von Alkohol.

Zur Beschränkung privater Feiern sagte Dreyer weiter, die Unverletzlichkeit der Wohnung gelte natürlich weiter, dennoch gelte die dringende Bitte an alle Bürger, „gut zu überlegen, ob, wie und in welchem Umfang private Feierlichkeiten notwendig und mit Blick auf das Infektionsgeschehen vertretbar sind.“ Leider hätten die vergangenen Wochen gezeigt, dass eben gerade Feierlichkeiten im Familien- oder Freundeskreis mit zu vielen Menschen und ohne Schutzmaßnahmen die häufigste Infektionsursache seien. Die neuen Beschränkungen sollten zudem konsequent kontrolliert werden, die Ordnungsbehörden dabei die Gesundheitsämter unterstützen. Geprüft werde auch eine Unterstützung oder Entlastung durch die Bundespolizei, sagte Dreyer weiter. Die Gesundheitsämter sollen durch weitere 50 Beamte zusätzlich unterstütz werden.

Derweil hat das Robert-Koch-Institut neue Regionen in Europa als Hochrisikogebiete ausgewiesen – dazu gehören nun auch die gesamten Niederlande sowie ganz Frankreich. In Italien gelten erstmals wieder die Regionen Campanien und Ligurien als Risikogebiete, neue Regionen sind auch in der Schweiz, in Portugal, in Finnland und in Irland hinzugekommen – die ganze Übersicht gibt es hier beim RKI.

Info& auf Mainz&: Mehr zu den Ergebnissen des Corona-Gipfels vom Mittwoch lest Ihr hier bei Mainz&, was in Mainz als Corona-Hotspot seit Montag an Regelungen gilt, findet Ihr hier bei Mainz&. Einen ausführlichen Bericht über das Beherbergungsverbot und die Kritik daran, findet ihr hier bei Mainz&, einen Überblick, wo das nun gilt und wo nicht, bieten die Kollegen vom ZDF genau hier.

 

 

 

 

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