Die Neuinfektionen mit der neuen Corona-Mutation steigen und steigen – in Mainz überstieg die Sieben-Tages-Inzidenz am Sonntag erneut die 100er-Marke. Nach drei Tagen in Folge droht damit die zwischen Bund und Ländern vereinbarte Notbremse, voraussichtlich ab Mittwoch müssten dann Läden und Außengastronomie wieder schließen, Kontakte würden wohl wieder auf nur eine Person außerhalb des eigenen Hausstands verringert. Auch nächtliche Ausgangssperren könnten in Mainz dann drohen – der Kreis Groß-Gerau verhängte bereits am Montag wieder eine solche: Ab 1. April gilt dort eine Ausgangssperre zwischen 21.00 Uhr und 5.00 Uhr morgens. Die Inzidenz im benachbarten Landkreis lag am Montag bei 169,7.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Sonntagabend im Interview bei Anne Will. - Foto: gik
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Sonntagabend im Interview bei Anne Will. – Foto: gik

Die Corona-Infektionen kennen erneut nur eine Richtung: nach oben. Auch am Wochenende setzte sich der steile Anstieg fort, Grund ist die britische Corona-Mutante B.1.1.7, die bereits mehr als zwei Drittel der Neuinfektionen ausmacht. Virologen warnen bereits seit Wochen, die neue Mutante sei deutlich ansteckender und auch tödlicher als die bisher gängige Corona-Variante, das könne zu Fallzahlen von bis zu 100.000 pro Tag Ende April führen. Nach dem Scheiternd es Bund-Länder-Gipfels vor einer Woche mit der erst verhängten und dann wieder gekippten „Osterruhe“, wollen die Bundeländer nun offenbar wenigstens die vereinbarte Notbremse strikt umsetzen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Sonntagabend in einem Interview mit Anne Will ungewohnt offen ihren Unmut über die Zusammenarbeit mit den Ministerpräsidenten der Länder zum Ausdruck gebracht – und offen gerügt, dass die Regierungschefs der Länder offenbar nicht immer nicht den Ernst der Lage erkannt hätten. Öffnungsdiskussionen und -versuche, wie sie etwa das Saarland angekündigt habe, seien zum jetzigen Zeitpunkt völlig verfehlt, sagte Merkel – und drohte: Sie werde nicht einfach zusehen, wie Deutschland auf 100.000 Infektionen pro Tag komme.

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Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) am Montag in den sozialen Netzwerken zur Notbremse in Rheinland-Pfalz. - Foto: rlp.de
Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) am Montag in den sozialen Netzwerken zur Notbremse in Rheinland-Pfalz. – Foto: rlp.de

Prompt wiesen die Regierungschefs am Montag die Kritik der Kanzlerin zurück – Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) kündigte an: Rheinland-Pfalz werde „konsequent die Notbremse ziehen“, das sei „ein zwingendes Element.“  Rheinland-Pfalz hatte erst vor einer Woche trotz stark steigender Infektionszahlen die Außengastronomie geöffnet, das entsprach zwar dem vereinbarten Stufenplan, weil die Landesinzidenz in Rheinland-Pfalz unter 100 lag, wurde aber von Virologen als das völlig falsche Signal kritisiert.

Die landesweite Inzidenz in Rheinland-Pfalz war am Wochenende erneut über 100 gestiegen und lag am Sonntag bereits bei 106, am Montag dann bereits bei 113,9. Liegt die Inzidenz an drei Tagen hintereinander über 100, muss die Notbremse gezogen werden – so die vereinbarte Regel. In Rheinland-Pfalz bedeutet das: Die Kommunen, die nun ebenfalls in ihrer Inzidenz über 100 liegen, müssten nun“mit passgenauen Maßnahmen gegensteuern“, betonte die Landesregierung am Montag noch einmal über die sozialen Netzwerke. Welche Maßnahmen, das aber genau sind, bleibt noch offen – möglich sind verschärfte Kontaktbeschränkungen und Maskenpflichten, aber eben auch nächtliche Ausgangssperren und erneute Einschränkungen für den Einzelhandel.

Informationen der Landesregierung Rheinland-Pfalz am Montag über die Maßnahmen in Sachen Notbremse. - Foto: RLP
Informationen der Landesregierung Rheinland-Pfalz am Montag über die Maßnahmen in Sachen Notbremse. – Foto: RLP

In Mainz stieg die Sieben-Tages-Inzidenz am Sonntag wieder über die 100er-Marke, am Montag lag sie laut Gesundheitsamt bei 105 – im Landkreis Mainz-Bingen liegt sie mit 94 noch unter der Notbremsen-Schwelle. Allein am Wochenende kamen im Landkreis und der Stadt Mainz 128 Neuinfektionen hinzu, allein im Landkreis seien es binnen einer Woche 197 Neuinfektionen gewesen. „Wir müssen uns vermutlich alle daran gewöhnen, dass es noch einmal einen harten Lockdown geben wird“, sagte der für das Gesundheitsamt zuständige Dritte Beigeordnete Erwin Malkmus.

Das größte Problem sei weiter der mangelnde Impfstoff, klagte Malkmus: „Ohne ein schnelles Impfen wird die Pandemie nicht vorbei sein – was wir dringend brauchen, ist Impfstoff.“ Der Landkreis werde ab Anfang April in seinen Impfzentren an sieben Tagen pro Woche arbeiten, und könne dann 1.200 Impfungen am Tag absolvieren. „Das ist eine ganze Menge und hilft uns, allerdings brauchen wir noch drei bis vier Monate um einen Großteil der Bevölkerung durch zu impfen“, sagte Malkmus. Bis dahin heiße es für alle, sich an die Regeln zu halten und die Hygienevorschriften zu beachten. „Ich weiß meine Appelle wiederholen sich, aber leider gibt es keinen anderen Ausweg“, betonte Malkmus, „nur so stehen wir das durch.“

Der Außengastronomie droht wieder die Schließung, die Corona Notbremse soll greifen. - Foto: gik
Der Außengastronomie droht wieder die Schließung, die Corona Notbremse soll greifen. – Foto: gik

In Mainz dürfte die Stadtverwaltung deshalb wohl am Dienstag zu neuen Beschränkungen gezwungen sein, die Außengastronomie dürfte dann voraussichtlich wieder geschlossen werden müssen, Geschäfte wahrscheinlich wieder nur „Click & Collect“ anbieten dürfen. Ob Mainz auch nächtliche Ausgangssperren erlässt, ist wohl eine Verhandlungsfrage zwischen Stadt und Land – SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach plädiert seit Tagen für solche nächtlichen Sperren: Nur damit hätten Länder wie Großbritannien oder Irland die Infektionswelle mit der neuen Mutante in den Griff bekommen, argumentiert Lauterbach.

Nächtliche Ausgangsbeschränkungen wirkten stark, sogar stärker als Schulschließungen, schrieb Lauterbach am Montag auf seinem Facebookprofil unter Berufung auf eine neue Studie der Oxford University. Danach könnten die nächtlichen Sperren den R-Wert – also den Ansteckungsfaktor – um etwa 15 Prozent senken. „Das würde im Moment für uns als zusätzliche Maßnahme genau reichen, das Wachstum zu brechen“, schrieb Lauterbach.

Der Kreis Groß-Gerau griff am Montag zu genau diesem Mittel – zum zweiten Mal: Bereits Mitte Dezember hatte Groß-Gerau eine nächtliche Ausgangssperre verhängt, weil die Inzidenzen damals dort sogar über 200 lagen. Das betrifft durchaus auch Mainzer: Der Kreis Groß-Gerau beginnt auf der Mainspitze gleich hinter der Eisenbahnbrücke Weisenau,  zu ihm gehören etwa die Orte Ginsheim-Gustavsburg, Mainz-Bischofsheim sowie die Stadt Rüsselsheim mit dem Opelwerk.

Der Landkreis Groß-Gerau beginnt gleich hinter der Eisenbahnbrücke Mainz-Weisenau. - Foto: gik
Der Landkreis Groß-Gerau beginnt gleich hinter der Eisenbahnbrücke Mainz-Weisenau. – Foto: gik

Im Kreis Groß-Gerau werde nun ab Gründonnerstag, dem 1. April 2021, 0.00 Uhr eine erneut kreisweite nächtliche Ausgangssperre in Kraft treten, kündigten Landrat Thomas Will (SPD) und der Erste Kreisbeigeordnete Walter Astheimer am Montag nach der Sitzung des Verwaltungsstabs an. Die Ausgangssperre gilt dann von 21.00 Uhr bis 5.00 Uhr morgens. Zugleich werde der Kreis die Kindertagesstätten ab Dienstag nach Ostern geschlossen halten, es gebe dann nur noch eine Notbetreuung für Eltern in systemrelevanten Berufen. „Die stark steigenden Infektionszahlen im Kreis machen diese Einschränkungen leider notwendig“, sagten Will und Astheimer: „Um die dritte Corona-Welle zu brechen, müssen wir die Mobilität einschränken und Kontakte reduzieren.“

Ausnahmen für die Ausgangssperre wird es ebenfalls wieder aus beruflichen Gründen, wegen notwendiger medizinischer Versorgung oder auch zur Wahrnehmung des Sorgerechts geben. Eine Durchfahrt durch den Kreis ist wie schon im Dezember aber zulässig. „Eine nächtliche Ausgangssperre, so schmerzlich der Eingriff in die Freiheitsrechte der Menschen auch ist, könnte dazu beitragen, Infektionen wieder einzudämmen und dann auf einem niedrigeren Infektionsniveau über Öffnungsschritte zu befinden“, betonte Will und Astheimer – dafür müssten die Fallzahlen aber unbedingt wieder sinken.

„Wir richten an die Menschen im Kreis den dringenden Appell, persönliche Begegnungen und größere Familientreffen an den Ostertagen weitgehend zu vermeiden – so schwer das auch sein mag“, appellierten Will und Astheimer. „Wir befinden uns aktuell in einer entscheidenden Phase auf unserem Pandemie-Marathon.“ Fitness-Studios, Yoga-, Pilates- und EMS-Studios im Kreis Groß-Gerau können allerdings offenbleiben – sie dürfen ab Donnerstag aber nur noch mit einem tagesaktuellen negativen Corona-Test betreten werden. Auch die Besuche in den Alten- und Pflegeheimen sind weiterhin nur mit einem aktuellen negativen Corona-Test erlaubt.

Info& auf Mainz&: Alle Informationen zu den aktuell geltenden Corona-Einschränkungen im Kreis Groß-Gerau findet Ihr hier im Internet. Die aktuell geltenden Bestimmungen für Mainz findet Ihr hier bei der Stadt Mainz, die vereinbarten Öffnungsschritte zwischen Bund und Ländern samt der Notbremse könnt Ihr hier bei Mainz& noch einmal nachlesen.

 

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