UPDATE — Paukenschlag aus Berlin: Deutschland setzt die Impfungen mit dem umstrittenen Impfstoff von AstraZeneca vorerst aus. Das kündigte am Montag Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) an. Damit zieht Deutschland nun auch die Konsequenzen aus den Meldungen über Impffolgen mit dem Wirkstoff des britisch-schwedischen Herstellers. Der Stopp kommt genau einen Tag nach den wichtigen Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg und dürfte erhebliche Auswirkungen auf die Impfungen von Lehrern und Erzieherinnen haben: Rheinland-Pfalz meldete am Abend, im Land müssten nun rund 12.000 Impftermine verschoben werden.

Der Impfstoff von AstraZeneca ist immer wieder in der Debatte wegen gehäufter negativer Nebenwirkungen. - Foto: AstraZeneca
Der Impfstoff von AstraZeneca ist immer wieder in der Debatte wegen gehäufter negativer Nebenwirkungen. – Foto: AstraZeneca

In den vergangenen Wochen gab es wiederholt Meldungen aus Nachbarländern über Gesundheitsprobleme, die nach Impfungen mit dem AstraZeneca-Impfstoff auftraten, zuletzt vor allem eine Häufung von Thrombosen-Bildungen bei geimpften Patienten. Unter anderem Dänemark und die Niederlande hatten deshalb Impfungen mit AstraZenezca gestoppt. Deutschland hatte sich bisher aber hartnäckig geweigert, die Impfungen mit AstraZeneca auszusetzen und stets betont, der Impfstoff sei sicher.

Am Montagmittag teilte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in einer Pressekonferenz in Berlin mit, das Paul-Ehrlich-Institut, das für die Sicherheit von Arzneimitteln zuständig ist, habe nach dem Eingang neuer Informationen die Aussetzungen der Impfungen  mit AstraZeneca empfohlen. Die europäische Arzneimittelbehörde EMA überprüfe nun, ob die neuesten Fälle Auswirkungen auf die Zulassung des Impfstoffs habe. „Das ist eine fachliche Entscheidung und keine politische“, betonte Spahn: „Um das Vertrauen in den Impfstoff zu erhalten, müssen wir den Experten jetzt die Zeit geben, den Impfstoff zu überprüfen.“ Die EMA müsse nun überprüfen, ob der Nutzen einer Impfung mit AstraZeneca weiterhin größer sei als mögliche Risiken.

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Der Impf-Stopp kommt genau einen Tag nach den wichtigen Landtagswahlen von Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg – Nachbarländer wie Dänemark oder die Niederlande hatten die Impfungen mit AstraZeneca bereits vergangene Woche gestoppt. Warum Deutschland jetzt erst reagierte, erklärte Spahn nicht. Der Impfstopp betrifft nur den Wirkstoff des britisch-schwedischen Konzerns von AstraZeneca, in Zusammenhang mit Impfungen dieses Wirkstoffs waren in den vergangenen Wochen wiederholt Berichte über Blutgerinsel im Gehirn aufgetreten.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verkündete am Montag den Impfstopp mit AstraZeneca. - Foto: gik
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verkündete am Montag den Impfstopp mit AstraZeneca. – Foto: gik

Das Paul-Ehrlich-Institut sprach Montag nun von „schwerwiegenden thrombotischen Ereignissen“ und räumte ein, dass man davon bereits seit dem 11. März wisse. Gegenüber dem Stand vom 11.03.2021 seien am Montag „weitere Fälle in Deutschland gemeldet worden“, heißt es in der offiziellen Mitteilung des Paul-Ehrlich-Instituts, die Mainz& vorliegt. Bei Analyse des neuen Datenstands sehe man „jetzt eine auffällige Häufung einer speziellen Form von sehr seltenen Hirnvenen-Thrombosen in Verbindung mit einem Mangel an Blutplättchen (Thrombozytopenie) und Blutungen in zeitlicher Nähe zu Impfungen mit dem COVID-19-Impfstoff AstraZeneca“, teilte das Institut weiter mit.

Spahn betonte zugleich, bisher gebe es in Deutschland sieben berichtete Fälle von Gehirnthrombosen, die in Zusammenhang mit einer Impfung mit AstraZeneca ständen – bei bisher 1,6 Millionen erfolgten Impfungen mit dem Wirkstoff. „Es geht um ein sehr geringes Risiko“, betonte Spahn, fügte gleichzeitig aber auch hinzu: Ein Zusammenhang zwischen Impfung und Thrombosen könne „nicht völlig ausgeschlossen werden“, sollte sich der Zusammenhang bestätigen, liege aber doch „ein überdurchschnittliches Risiko vor.“

Der Stopp der Impfungen mit AstraZeneca betrifft nun sowohl Erstimpfungen, aber auch die Zweitimpfungen für alle, die bereits mit dem Impfstoff das erste Mal geimpft worden sind. Personen, die den Impfstoff bereits bekommen hätten, und sich mehr als vier Tage nach der Impfung zunehmend unwohl fühlten, sollten sich unverzüglich in ärztliche Behandlung begeben, riet das Paul-Ehrlich-Institut. Das gelte vor allem beim Auftreten von starken, anhaltenden Kopfschmerzen oder punktförmigen Hautblutungen.

Neue probleme iun sachen Impfung für Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD). - Foto: MSAGD
Neue Probleme in Sachen Impfung für Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD). – Foto: MSAGD

Der Impfstopp dürfte erhebliche Folgen auch für Rheinland-Pfalz haben: Hierzulande werden mit AstraZeneca derzeit vor allem Grundschullehrer und Erzieherinnen in Kitas geimpft, dazu Polizeibeamte und Beschäftigte im Justizvollzugsdienst. Impfberechtigt im Bildungsbereich sind unter anderem rund 40.000 Erzieherinnen sowie Kindertagesmütter, 6.000 Förderschullehrer sowie 12.000 Grundschullehrer.

Das Mainzer Gesundheitsministerium teilte am Abend mit, man habe unmittelbar nach der Information durch das Bundesgesund­heitsministerium die Impfzentren im Land ebenso vom Stopp informiert wie die mobilen Teams, die aktuell vorrangig in der Eingliederungshilfe impfen. Der Stopp gelte unverzüglich. Nach derzeitiger Einschätzung müssten nun rund 12.000 Impftermine ausgesetzt werden, und zwar bis zur Entscheidung der EMA – zunächst aber bis zum 21. März. Die Registrierungen der Betroffenen für einen Impftermin blieben aber erhalten.

Seit dem 13. Februar wird auch in Rheinland-Pfalz der Impfstoff von AstraZeneca verimpft, wegen der immer wieder auftretenden Probleme mit AstraZeneca-Impfungen waren im Februar auch in Rheinland-Pfalz Tausende von Impfdosen liegen geblieben. Die Impfkampagne von Bund und Ländern war in den vergangenen Monaten wiederholt ins Stocken geraten, weil Impfstoffe verzögert geliefert wurden.

Auch Polizeibeamte in Rheinland-Pfalz werden derzeit mit dem AstraZeneca-Impfstoff geimpft, auch diese Termine wurden ausgesetzt. - Foto: gik
Auch Polizeibeamte in Rheinland-Pfalz werden derzeit mit dem AstraZeneca-Impfstoff geimpft, auch diese Termine wurden ausgesetzt. – Foto: gik

Auch das Nachbarland Hessen teilte am Nachmittag mit: Wegen der aktuellen Empfehlung des Paul-Ehrlich-Instituts habe das Hessische Innenministerium alle 28 Impfzentren angewiesen, Impfungen mit dem Vakzin AstraZeneca umgehend einzustellen. Alle Impftermine mit AstraZeneca würden storniert, Personen, die bereits eine Termin-Zusage erhalten hätten, würden sofort vom Land Hessen informiert. Sobald für diese Impfberechtigten Ersatztermine angeboten werden könnten, würden sie ebenfalls unterrichtet. Bisher wurden in Hessen 114.703 Personen mit dem Vakzin geimpft. 43 Menschen haben bereits die Zweitimpfung erhalten.

Info& auf Mainz&: Mehr zu den Corona-Impfungen in Rheinland-Pfalz lest Ihr hier bei Mainz&. Sobald weitere Informationen zu den Konsequenzen aus dem Impfstopp mit AstraZeneca vorliegen, erfahrt Ihr es natürlich hier bei Mainz&.

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