Eine Resolution in Sachen Schiffsanleger vor der Mainzer Neustadt scheiterte ja am 25. September im Mainzer Stadtrat an der verweigerten Zustimmung der Grünen, nun soll die Resolution erneut abgestimmt werden: Am 14. Oktober tritt der Stadtrat zu einer Sondersitzung zusammen, die Resolution steht dann auf Tagesordnungspunkt eins. Getragen wird sie inzwischen von fünf Parteien: CDU, SPD, ÖDP, Freie Wähler und auch die FDP appellieren darin an den Bund, auf Schiffsanleger in Mainz vor Wohnbebauung zu verzichten und schnellstmöglich Alternativen für die Binnenschiffer zu suchen. Die Grünen teilten derweil am Mittwoch mit: Man werde der Resolution nicht zustimmen. Es sei „wichtig, geschlossene Verträge einzuhalten“, man sehe da auch keinen Widerspruch zu gesetzlichen Grenzwerten bei Lärm und Luftschadstoffen. Eine Mehrheit hat die Resolution dennoch.

Um die Anlegestellen für Binnenschiffe in Mainz wird weiter gestritten, hier Binnenschiffe vor der Nordmole am Mainzer Zollhafen. - Foto: gik
Um die Anlegestellen für Binnenschiffe in Mainz wird weiter gestritten, hier Binnenschiffe vor der Nordmole am Mainzer Zollhafen. – Foto: gik

Die CDU hatte im September versucht, eine gemeinsame Resolution zu den umstrittenen Schiffsanlegern vor der Mainzer Neustadt im Stadtrat auf den Weg zu bringen. Die Resolution richtet einen dringenden Appell an die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, auf die geplanten Schiffsanleger vor dem Wohngebiet Mainzer Zollhafen zu verzichten und stattdessen gute Alternativstandorte zu suchen. Die Stadt habe die Verpflichtung, den Binnenschiffern für die umgewidmeten Hafenflächen des Zollhafens Liegestellen an anderen Stellen bereitzustellen, aber eben auch, die Anwohner zu schützen. Es brauche deshalb eine Lösung im Einklang mit Binnenschiffern und Anwohnern gleichermaßen, fordert die Resolution, die zugleich die wichtige Rolle der Binnenschiffer für Mainz betont.

Die Resolution wurde indes nicht rechtzeitig in den Stadtrat eingebracht, die Grünen verhinderten dann in der Stadtratssitzung am 25. September auch, dass sie noch nachträglich auf die Tagesordnung gesetzt werden konnte. Die Resolution sei nicht fristgerecht eingebracht worden, „um den Grünen mehr Zeit zu geben, sich in Gesprächen doch noch der Resolution anzuschließen“, sagte CDU-Stadtrat Karsten Lange danach. Man habe sich intensiv bemüht, die Grünen einzubinden und ihnen wiederholt mehr Zeit für eine Antwort gegeben, „dieses Entgegenkommen wurde nun bestraft.“

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Die Grünen verbreiteten danach, man sei erst wenige Tage vor der Stadtratssitzung von der Resolution informiert worden – das aber stimmt nicht: Emails von Lange an die Geschäftsstelle der Grünen im Mainzer Rathaus, die Mainz& vorlegen, belegen, dass Fraktionschefin Sylvia Köbler-Gross spätestens ab dem 11. September von der Resolution informiert war. Nachdem die Ampel-Fraktionen in der Stadtratssitzung am 25. September dann mit ihrer Mehrheit sämtliche Anträge von der Tagesordnung absetzten, beantragten die Oppositionsfraktionen eine Sondersitzung des Stadtrats noch vor der Oberbürgermeisterwahl am 27. Oktober – die findet nun kommenden Montag ab 17.00 Uhr statt.

Binnenschiff vor dem Wohngebiet Mainzer Zollhafen mit neuem Südmole-Ufer. - Foto: gik
Binnenschiff vor dem Wohngebiet Mainzer Zollhafen mit neuem Südmole-Ufer. – Foto: gik

Die Resolution zu den Schiffsanlegern wird inzwischen von CDU, SPD, ÖDP, Freien Wählern sowie der FDP mitgetragen, die Linke hatte schon am 25. September Zustimmung signalisiert. Die Grünen teilten nun aber mit: Man werde der Resolution nicht zustimmen. „Der Rhein gehört zu Mainz und Schiffe gehören zum Rhein“, teilte Fraktionschefin Sylvia Köbler-Gross mit: „Wir brauchen den Rhein für den umweltfreundlichen Transport von Gütern.“ Die Resolution, die nun im Stadtrat auf der Tagesordnung stehe, „schließt faktisch jede Möglichkeit für Binnenschiffe aus, in Mainz anzulegen“, betonte Köbler-Gross.

Offenbar bezieht sich das auf den Satz in der Resolution: „Der Mainzer Stadtrat appelliert daher an die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt, im Stadtgebiet Mainz auf die Errichtung und Modernisierung von Schiffsliegestellen, Havarieplätzen und Autoabsetzanlagen in direkter Nähe zu Wohnbebauung zu verzichten.“ Nach Ansicht der Grünen schließt das Alternativstandorte im Wohngebiet aus – die Verfasser der Resolution hatten aber explizit den Zusatz „in direkter Näher zur Wohnbebauung“ eingefügt. Die Resolution fordert gleichzeitig den Bund zu „vermehrten Anstrengungen“ auf, „den Binnenschiffern diese dringend benötigten Einrichtungen kurz- und mittelfristig entlang des Rheinufers ohne Konfliktpotential mit den dort lebenden Menschen bereitzustellen.“

Die Südmole des Mainzer Zollhafens mit dem Gebäude Rheinkai 500 vom Rhein aus. - Foto: gik
Gutachten der Stadt Mainz aus dem Jahr 2014 gehen davon aus: Schiffsanleger für Binnenschiffe an der Südmole des Mainzer Zollhafens würden in der Nacht die gesetzlichen Lärmgrenzwerte reißen. – Foto: gik

Bei den Grünen heißt es dagegen: „Uns ist es wichtig, geschlossene Verträge einzuhalten, das steht für uns auch nicht im Gegensatz zur Einhaltung von gesetzlichen Grenzwerten bei Luftschadstoffen und Lärm im angrenzenden Gebiet.“ Es gelte nun im Planfeststellungsverfahren sicherzustellen, „dass Lärm und Schadstoffbelastungen minimiert werden.“ Dabei spiele die Verpflichtung zur Nutzung von Landstrom eine zentrale Rolle, schließlich sei durch die neue Rheinschifffahrts-Polizei-Verordnung „sichergestellt, dass die Nutzung des Landstroms angeordnet und geahndet werden kann.“

Umweltdezernentin Katrin Eder (Grüne) hatte allerdings am 25. September im Stadtrat einräumen müssen, dass das Mainzer Stromnetz für die Nutzung von Landstrom durch Binnenschiffer bislang nicht ausgerüstet wurde. Auf der Südmole liegt zwar die nötige Infrastruktur, das Stromnetz wurde indes bislang nicht für die zusätzlichen Leistungen ertüchtigt, räumte Eder in einer schriftlichen Antwort ein: „Eine Ertüchtigung des Mainzer Stromnetzes bezüglich der Landstromversorgung fand noch nicht statt“, um die erforderlichen Stromstärken am Rheinufer „sicher anbieten zu können, bedarf es weitreichender Konzepte und Veränderungen der Energieversorgung im angrenzenden Stadtgebiet.“

Binnenschiff vor der Südmole des Mainzer Zollhafens, hier sollen sieben Anlandestege für Binnenschiffe entstehen. - Foto: gik
Binnenschiff vor der Südmole des Mainzer Zollhafens, hier sollen sieben Anlandestege samt Auto-Zufahrten für Binnenschiffe entstehen. – Foto: gik

Die Grünen verweisen dagegen auf die Ursprünge des Wohngebiets Zollhafen als Binnenschifffahrtshafen und die Zusicherungen für die Binnenschiffer auf eine Rückkehr an die Südmole, auf der heute Wohnhäuser teils dicht am Wasser stehen. „Die Rückkehr der Anlegestellen an der Südmole bedeutet, dass die Besatzungsmitglieder fußläufig Besorgungen des Alltags erledigen können, was für die Schiffer attraktiv ist“, sagte Köbler-Gross, einen „Gegensatz zur Einhaltung von gesetzlichen Grenzwerten“ sehe man nicht.

Allerdings bestätigten Gutachten der Stadt Mainz selbst schon im Jahr 2014, dass die vor der Südmole anlegenden Binnenschiffe wohl gegen die gesetzlichen Lärmrichtwerte verstoßen werden. In dem schalltechnischen Gutachten im Auftrag der Stadt Mainz vom Juni 2014 im Rahmen der Aufstellung des Bebauungsplanes für den Mainzer Zollhafen, das Mainz& vorliegt, gehen die Gutachter von einem Betrieb von acht anfahrenden und acht ablegenden Schiffen pro Tag aus. Das Gutachten berechnet dann einen Lärmpegel von bis zu 54 Dezibel am Tag und von bis zu 53 Dezibel in der Nacht an der Südmole. Nach den neuesten Richtwerten der Immissionsschutzverordnung TA Lärm gilt aber tagsüber ein Grenzwert von 60 bis 63 Dezibel – nachts aber von nur 45 Dezibel. Damit würden dem Gutachten zufolge die Anliegestellen den Lärmrichtwert bei Nacht um 8 bis 11 Dezibel überschreiten – das wäre unzulässig.

Binnenschiff vor der Südmole des Mainzer Zollhafens bei der Einweihung des neuen Rheinufers im September 2019. - Foto: gik
Binnenschiff vor der Südmole des Mainzer Zollhafens bei der Einweihung des neuen Rheinufers im September 2019. Den Plänen nach könnten hier in Zukunft bis zu 16 Schiffe ankern. – Foto: gik

„Die Schiffsanleger sind nicht genehmigungsfähig“, sagt deshalb der Sprecher der Bürgerinitiative Neustadt-Ufer, Torsten Kirchmann. Den Grünen warf die BI am Abend vor, „Fakten zu ignorieren“: Die Grünen ignorierten offenbar die Gutachten der Stadt und hätten auch auf mehrfache Angebote der Bürgerinitiative zum Austausch von Informationen nicht reagiert. Die Grünen hätten „offenbar beschlossen, Fehlentscheidungen der Vergangenheit bis zum bitteren Ende zu verteidigen“, kritisiert die BI. Gleichzeitig falle man damit aber der eigenen OB-Kandidatin Tabea Rößner in den Rücken.

Rößner hat die Schifffsanlegestellen vor der Neustadt sowie die Autoabsetzanlage vor der Caponniere als Fehler bezeichnet, die Anlegestellen „mitten in der urbanen Stadt“ seien nicht der geeignete Ort, sagte sie Mitte August. Rößner forderte auch, „auf allen Ebenen Druck zu machen, um einen anderen Standort zu finden, gerade auch auf das zuständige Bundesverkehrsministerium.“ Ebenfalls gegen die Schiffsanlegestellen hat sich der parteilose OB-Kandidat Nino Haase (CDU/ÖDP/FW) ausgesprochen, der jüngst auch einen Stopp für die Rückbaumaßnahmen an der Nordmole gefordert hatte, solange die Frage der Schiffsliegestellen nicht gelöst sei. Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) hatte die Pläne hingegen stets verteidigt.

Trotz des Neins der Grünen, wird die Resolution zu den Schiffsanlegern im Stadtrat eine Mehrheit finden: Die antragstellenden Fraktionen CDU, SPD, FDP, ÖDP und Freie Wähler kommen gemeinsam auf 33 Stimmen, das reicht für eine Mehrheit der 60 Sitze des Rats. Stimmt die Linke ebenfalls dafür, beträgt die Mehrheit sogar 37 Stimmen – nur Grüne, AfD und Piraten/Volt wären dann gegen die Resolution. 10

Info& auf Mainz&: Mehr zur Resolution zu den Schiffsanlegern lest Ihr ausführlich hier bei Mainz&, den kompletten Text findet Ihr im Ratsinformationssystem der Stadt unter der kommenden Stadtratssitzung am 14. Oktober, genau hier. Über das Scheitern der Resolution am 25. September und die Hintergründe haben wir hier berichtet, unsere Recherchen zum Schallschutz und den Gutachten der Stadt Mainz könnt Ihr hier noch einmal nachlesen. Was genau in Sachen Schiffsanleger am Mainzer Zollhafen geplant wird, haben wir hier detailliert aufgeschrieben. Alle Artikel zur OB-Wahl 2019 findet Ihr in diesem Mainz&-Spezial-Dossier.

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