Vor fünf Jahren war Baustart für die „grüne Lunge“ auf der Nordmole am Mainzer Zollhafen, nun wurde der Grünstreifen entlang des Rheinufers offiziell eröffnet: Auf dem Gelände des früheren Industriehafens zieht sich nun eine rund 10.000 Quadratmeter große Grünanlage entlang der Kaimauer zum Rheinufer. Darauf zu finden: 26 Bäume, diverse Sportgeräte und sehr viel uni-grüner Rasen. Vertreter des Ortsbeirats der Mainzer Neustadt begrüßten zwar die dringend notwendige Grünfläche, kritisierten aber auch, dass es keine Grillmöglichkeiten gebe: Solche hatte der Ortsbeirat explizit gefordert.

Es war im Juli 2020, als die Zollhafen Mainz GmbH gemeinsam mit der Stadtspitze zum Baustart auf der Nordmole im Mainzer Zollhafen lud. Das neue Wohnquartier im ehemaligen Industriehafen war da noch mitten im Werden, ein Jahr zuvor war gerade die fertige Südmole eingeweiht worden – und stieß auf heftige Kritik: Auf rund 15.000 Quadratmetern finden sich hier zu 90 Prozent Beton und Pflaster, dafür aber nur wenige Bäume und ein paar sehr übersichtliche Grünstreifen.
Die Politik beschwichtigte: Es gebe da ja noch die Nordmole, und die werde zu einem „Grünufer“ werden, eine „echte grüne Lunge“, versprach Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD), und die damalige Umweltdezernentin und heutige Umweltministerin Katrin Eder (Grüne) versicherte: Auf der Nordmole werde es eine „Parkwiese“ als Liege- und Freizeitfläche geben, dazu einen „Stadtbalkon“ mit Aufenthaltsbereichen sowie eine temporäre Gastronomie. Besonders hervorzuheben sei „eine ‚Urbane Aue‘ mit terrassierten Rasen- und Wiesenlandschaften“, betonte Eder damals: Auf diese Weise werde die Veränderlichkeit der Flusslandschaft unmittelbar erlebbar, das Areal biete „ein sehr hohes Potential für Biodiversität im Stadtraum.“
Grünanlage auf Nordmole: Biodiversität im Stadtraum?
Am Donnerstag wurde die neue Grünanlage auf der Nordmole nun offiziell eröffnet, entlang der hoch gelegenen Kaimauer erstreckt sich nun eine 540 Meter lange und 20 bis 30 Meter breite Parkanlage. Die Gestaltung ist eher offen und vor allem durch grünen Rasen geprägt, 26 Bäume wurden gepflanzt. Verlegt wurden rund 3.800 Quadratmeter Rollrasen, dazwischen stehen auf Sportarealen mit federndem Boden mehrere Sportgeräte sowie einige Sitzbänke. Der Entwurf zur Gestaltung stammt vom Berliner Landschaftsarchitekturbüro SINAI, das bereits die Südmole gestaltet hatte, und auch den Gestaltungswettbewerb für die Nordmole gewonnen hatte.

Das Ziel sei „eine naturnahe, robuste Gestaltung mit hoher Aufenthaltsqualität und Nutzbarkeit unter dem Motto ‚mehr Natur und Erholung im Quartier‘ gewesen“, hieß es von Seiten der Stadt Mainz. Hauptmerkmal der Gestaltung ist die zwischen den Niveaus des Ufers pendelnde Wegeführung: Sie führt vom „Peak“, einem Sitzplatz mit Rundbank am südlichsten Punkt der Nordmole und direkt an der Hafeneinfahrt, zum „Stadtbalkon“, auf dem ein alter Hafenkran steht. Hier finden sich auch drei Schaukeln, mit denen man mit Blick auf den Rhein ein wenig abheben kann.
Die Neustadt zählt mittlerweile rund 30.000 Einwohner auf engem Raum und ist das dichtest besiedelte Quartier der Stadt. Entsprechend bestehe hier ein hoher Bedarf an wohnungsnahen, frei zugänglichen Freiflächen, betonte Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) bei der Eröffnung. Mit der neuen Grünanlage „schaffen wir Freiraum für die Neustadt.“ Er freue sich, „dass wir die Grünfläche an der Nordmole nun rechtzeitig vor dem Beginn des Sommers für die Mainzerinnen und Mainzer öffnen können“, betonte Haase: „Dieser Ort hat das Potenzial, zu einem neuen Wohnzimmer für die Neustadt zu werden: attraktiv und erholsam.“
Grünufer: „Rheinkontakt und Naherholung für Neustadt“
Mehr Grünflächen, das fehlte bisher im neuen Wohnquartier Zollhafen nahezu komplett, auch stadtweit schneidet Mainz in diesem Bereich weit unterdurchschnittlich ab: Mainz hat stadtweit eine Versiegelungsquote von 51,6 Prozent, auf einen Quadratmeter Fläche kommen im Schnitt lediglich 1,92 Quadratmeter Grünfläche – das rechnete just am Donnersteg der zweite Hitze-Check der Deutschen Umwelthilfe (DUH) vor. Zum zweiten Mal hintereinander bekam Mainz dafür die „Rote Karte“ in Sachen Hitzeprävention, 67,75 Prozent der Mainzer seien zudem sehr stark von Hitzeproblematiken betroffen – das war der achtletzte Platz im Ranking von 190 Städten bundesweit.

„Wir haben mit dem Grünufer Nordmole für die Stadt Mainz einen Meilenstein in der Entwicklung des Zollhafen-Quartiers geschaffen“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Mainzer Stadtwerke AG, Daniel Gahr. Das für rund 8,3 Millionen Euro gestaltete Areal biete jetzt „Rheinkontakt und mehr Naherholung für die Mainzer Neustadt, viele Bäume, Hochwasserrückhaltung, Integration von historischen Zeugnissen der Geschichte und die Sanierung der Böden.“ Er freue sich sehr, „heute den ersten Teilbereich den Bürgern übergeben zu können.“ Historisch sind dabei alte Mauerreste des „Cavaliers Pritzelwitz“, einem Teil der ehemaligen Stadtbefestigung von Mainz aus der Preußenzeit, die 2020 bei Bauarbeiten gefunden wurde.

Hochwasserrückhalt und „Auenwald“ im zweiten Bauabschnitt
„Es ist ein besonders schöner Moment, also Gründezernentin eine neue Grünanlage entgegen zu nehmen“, freute sich Umweltdezernentin Janina Steinkrüger (Grüne). Das Areal sei „nicht nur eine grüne Oase für die Neustadt, sondern auch für andere Stadtteile“, sagte die Dezernentin, und betonte zugleich: Die „Nähe zu Grün“ lasse „auch Immobilienpreise steigen, es steckt auch ein monetärer Wer dahinter“, sagte Steinkrüger. Entstanden sei „eine robuste, einfache Anlage, die dem Hafencharakter entspricht, aber auch für intensive Nutzung geeignet sein soll“, erklärte die Dezernentin weiter, das Areal solle „eine Abkühlungsmöglichkeit für heiße Tage und Sommernächte“ bieten.

Für die Bewässerung der Nordmole habe zudem eine ressourcenschonende Lösung gefunden werden können, erklärte Steinkrüger weiter: „Die Anlage entnimmt Wasser aus dem Rhein und verzichtet auf die Nutzung von Trinkwasser.“ Die neue Grünanlage sei zugleich aber auch „ein Retentionsraum, der dem Hochwasserschutz dient, denn hier kann temporär Wasser zurückhalten werden“, sagte Steinkrüger weiter – das allerdings gilt vor allem für den zweiten Teil der Grünanlage, der sich derzeit noch im Bau befindet: Nördlich an den „Stadtbalkon“ schließt sich nämlich eine Treppenförmig gestaltete Uferanlage kurz vor der Kaiserbrücke an, die sich zum Rhein hinunter absenkt – und dieser Teil wird von Hochwasser regelmäßig überspült werden.
In diesem zweiten Bauabschnitt „nehmen wir auch das Thema Auenwald und Naturanlage an“, sagte Steinkrüger am Donnerstag, und fügte selbst hinzu: Es werde sich wohl „eher um einen Mini-Mini-Forest handeln.“ In diesem Areal soll sich dann wohl auch die einst versprochene „Biodiversität im Stadtraum“ spiegeln, Mitglieder des Ortsbeirat der Mainzer Neustadt merkten bei der Eröffnung jedenfalls an, mit Biodiversität habe der Rollrasen eher weniger zu tun – das sei dann wohl ein Fall für Samenbomben von Wildblumen, wie sie „Urban Guerillas“ gerne mal verteilen…

Kritik aus dem Ortsbeirat: Grillen verboten, keine Toiletten
Für Kritik der Ortsbeiratsvertreter sorgte zudem, dass auf den weiten Rasenflächen Grillen verboten ist – und das, obwohl es hier weit und breit keine Anwohner gibt, die das stören könnte. Dabei habe der Ortsbeirat der Neustadt explizit „beschlossen und gefordert, dass man hier grillen können sollte“, berichtete SPD-Stadtrat Erik Donner gegenüber Mainz& – umgesetzt wurde das nicht. Grillen sei grundsätzlich in Mainz außerhalb dafür vorgesehener Flächen verboten, sagte Steinkrüger auf Nachfrage. Schilder, die darauf hinweisen, sucht man allerdings auf der Nordmole vergeblich.

„Ich bin sehr, sehr glücklich über den heutigen Tag“, betonte derweil der Ortsvorsteher der Mainzer Neustadt, Christopher Hand (Grüne). Von allen Entwürfen sei derjenige mit dem allergrößten Grünanteil umgesetzt worden, jetzt gebe es ganz viele neue Bäume, die auch Hochwasser auch gut überstehen könnten. „Ich kann nur alle einladen, die Flächen zu nutzen und lieb zu gewinnen, sie zu erleben, zu nutzen und hier zu verweilen“, sagte Hand – und fügte hinzu: „Vielleicht kriegen wir ja auch noch eine öffentliche Toilette hier hin.“
OB Haase versprach, die Stadt sei „dran, dass wir eine Zwischenlösung hinstellen“ – eine permanente Einrichtung werde es wohl erst in Zusammenhang mit einer Gastronomie im Bereich des alten Krans geben. Für die werde derzeit ein Investor gesucht, der auf der Fläche des ehemaligen Imbiss „Zum Schorsch“ für ein Gastronomieangebot sorgen soll, hieß es von Seiten der Zollhafen Mainz GmbH: Man hoffe, noch in diesem Jahr einen Investor zu finden.
Info& auf Mainz&: Mehr zu dem Gestaltungswettbewerb für das Grünufer auf der Nordmole im Mainzer Zollhafen könnt Ihr noch einmal hier bei Mainz& nachlesen. Einen ausführlichen Bericht über den Hitze-Check und die Rote Karte für Versiegelung und zu wenig Grünflächen in Mainz lest Ihr hier bei Mainz&.
Rote Karte zum Zweiten: Mainz schneidet erneut schlecht bei Hitze-Check der Deutschen Umwelthilfe ab