Mainz entwickelt zunehmend ein Problem mit seiner Nachtkultur: War die rheinland-pfälzische Landeshauptstadt früher das Eldorado der jungen Partygänger im westlichen Rhein-Main-Gebiet, so war zuletzt mehr von Clubsterben und Schließungen die Rede. Kurz vor der Kommunalwahl fordern die Mainzer Jusos nun, das Mainzer Nachtleben müsse dringend wieder attraktiver werden. Konkret fordert die Jugendorganisation der SPD, die Stelle des Nachtbürgermeisters hauptamtlich zu machen. Die Forderung ist nicht neu, vom ehrenamtlichen Inhaber der Stelle war zuletzt wenig zu sehen.

Stand kurz vor dem Aus: der Club "Caveau" war bereits gekündigt. - Foto: gik
Stand kurz vor dem Aus: der Club „Caveau“ war bereits gekündigt. – Foto: gik

Das Mainzer Nachtleben schwächelt: das „50Grad“, die Panama Bar und kürzlich das Caveau – die Mainzer Clubszene hat geradezu einen Aderlass hinter sich. Schließen muss auch der Rockclub „Alexander the Great“, weil das Gebäude abgerissen und neue gebaut werden soll – den Rockclub soll es weiter geben, die zeitlichen Dimensionen sind indes unklar. Zuletzt hatte die Welle das Caveau getroffen, nur durch eine massive öffentliche Protestwelle und die Vermittlung der Stadt Mainz konnte der Club gerettet werden.

Wer dabei nicht in Erscheinung traf: der Mainzer Nachtbürgermeister. Seit Juli 2020 gibt es den Posten in Mainz, der offiziell „Nachtkulturbeauftragter“ heißt. Die Stelle füllt im Ehrenamt seither Timo Filtzinger aus, zwei Mal wurde sein Engagement bereits verlängert, im Juli 2021 sogar auf unbestimmte Zeit. Filtzinger Jobs: Die Nachtkultur in Mainz stärken, mit Ämtern und Oberbürgermeister verhandeln, zwischen Anwohnern und Gastronomie vermitteln und ein offenes Ohr für Clubs und Gastronome in der Stadt haben.

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Was macht Nachtbürgermeister Filtzinger?

Zuletzt trat Filtzinger allerdings überhaupt nicht mehr in Erscheinung, weder bei Konflikten in der Altstadt, noch beim Kündigungsproblem ums Caveau war von dem Nachtkulturbeauftragten etwas zu sehen oder zu hören. Die Mainzer Jusos wollen nun aber seine Stelle zur einer hauptamtlichen umwidmen: Eine Belebung des Mainzer Nachtlebens sei „mehr als dringend notwendig“, der vermehrten Schließung von Clubs und Kneipen müsse entgegengewirkt werden, teilte die Jugendorganisation nun mit.

Timo Filtzinger ist seit Juli 2020 der nachtkulturbeauftragte von Mainz. - Foto: Stadt mainz
Timo Filtzinger ist seit Juli 2020 der nachtkulturbeauftragte von Mainz. – Foto: Stadt mainz

„Damit Mainz weiterhin eine attraktive Stadt für junge Menschen bleibt, müssen wir auch sicherstellen, dass es ein attraktives Nachtleben gibt“, sagte Juso-Mitglied Jonathan Armas, der für die Jusos Mainz bei der Kommunalwahl auf der Liste der Mainzer SPD kandidiert.  Nicht nur für junge Menschen sei es „wichtig, dass sie etwas erleben können und die Nacht zum Tag machen können“, sagte Armas. Ausgehen, Feiern und Spaß seien nicht zuletzt ja auch „wichtige Elemente des Mainzer Lebensgefühls. Dafür sollte niemand nach Frankfurt oder gar Wiesbaden fahren müssen.“

Konkret schlägt die SPD-Jugend vor, die Position des Nachtkulturbeauftragten in eine hauptamtliche Stelle zu überführen, um eine gezielte Arbeit zum Thema Nachtleben in Verwaltung und Politik zu ermöglichen. Das ist indes alles andere als neu: Das Thema hauptamtlicher Nachtbürgermeister gehört zu den Standard-Forderungen der Parteien kurz vor Wahlen. Die SPD hatte dies in der Vergangenheit bereits ebenso gefordert wie die Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz (CDU) im OB-Wahlkampf.

Jusos: Nachtbürgermeister Vollzeit, Vergnügungssteuer abschaffen

Auch der heutige Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) wollte die Position des Nachtkulturbeauftragten stärken – tatsächlich war Filtzinger Gast bei Haases erster Pressekonferenz als designierter Oberbürgermeister im März 2023 und kündigte dort einen „Neustart“ an – passiert ist allerdings bislang nichts. Filtzinger sagte damals auch, er hoffe immer noch auf eine Vollzeitstelle, Mainz müsse „eine junge, dynamische Stadt bleiben.“ Inzwischen machte Filtzinger allerdings mehr Schlagzeilen mit der Eröffnung eines eigenen Ladens in der Mainzer Altstadt – das „Hey Du“ gemeinsam mit seiner Schwester – und arbeitet weiter im Vertrieb einer Immobilienforma.

Die Mainzer Clubszene im Grab: So warnte eine Demo in der Corona-Pandemie in Mainz. Die Jusos wollen das Mainzer Nachtleben wiederbeleben. - Foto: gik
Die Mainzer Clubszene im Grab: So warnte eine Demo in der Corona-Pandemie in Mainz. Die Jusos wollen das Mainzer Nachtleben wiederbeleben. – Foto: gik

„Wir wollen, dass Mainz eine lebendige Stadt ist, die vielfältige Kulturformen für ihre Menschen bereithält, die Stärkung des Nachtlebens trägt dazu bereits wesentlich bei“, betonte Armas. Als zweite Maßnahme schlagen die Jusos zur Stärkung der Szene  die Abschaffung der Vergnügungssteuer für Clubs und Diskotheken vor. „Die Vergnügungssteuer für Clubs und Diskotheken ist absolut aus der Zeit gefallen“, kritisierte Armas: „Wir wollen sie ein für alle Mal abschaffen!“ Derzeit sei die Vergnügungssteuer für Tanzveranstaltungen zwar ausgesetzt, generell betrage sie aber in Mainz 20 Prozent des Eintrittspreises.

„Uns geht es darum, die wirtschaftlichen, aber auch die kulturellen Bedingungen für das Nachtleben in Mainz zu verbessern“, betonte Armas zudem. Und dafür wünsche man sich, dass es künftig wieder Veranstaltungen wie das frühere „Honky Tonk“ gebe, bei dem es an einem Termin im Jahr in zahlreichen Clubs und Kneipen Musikacts gab. „Viele wissen gar nicht von allen Angeboten in Mainz, und genau da kann ein Festival eine wirksame Maßnahme zu mehr Belebung sein“, sagte Armas: „Es kann aber auch ein Anreiz sein, neue Locations zu schaffen, wenn es leichter wird, sie bekanntzumachen.“

Info& auf Mainz&: Mehr zum Mainzer Nachtbürgermeister Timo Filtzinger lest Ihr noch einmal hier bei Mainz&. Die Geschichte zum „Caveau“ findet Ihr hier auf Mainz&.