Nach dem Fall von Maskenpflicht und Abstandsregeln, soll nun auch noch die Quarantäne bei einer Corona-Infektion fallen: Ab dem 1. Mai solle aus der Pflicht zur Isolation „Freiwilligkeit“ werden, kündigte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Montag überraschend in Berlin nach einem Treffen mit den Gesundheitsministern der Länder an. Der Grund: Immer mehr Ausfälle wegen Corona-Erkrankungen in den Betrieben. Derweil wird die Zahlenlage offenbar immer ungenauer, viele Corona-Infektionen offenbar nicht erfasst.

Verkündete am Wochenende überraschend das Ende der Corona-Quarantänepflicht: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). - Foto: gik
Verkündete am Wochenende überraschend das Ende der Corona-Quarantänepflicht: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). – Foto: gik

Paukenschlag am Montag: Nach dem Fall praktisch sämtlicher Corona-Maßnahmen in Deutschland, geht es nun offenbar auch der Isolationspflicht an den Kragen. Ausgerechnet Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), der seit Tagen warnt, die Corona-Pandemie sei noch nicht vorbei, verkündete am Montag einen neuen, erheblichen Schritt: Wer mit dem Coronavirus infiziert ist, soll sich dem dem 1. Mai nicht mehr verpflichtend in Quarantäne begeben müssen. Das kündigte Lauterbach nach Berichten verschiedener Medien nach einer Konferenz der Gesundheitsminister in Berlin an. Die neuen Quarantäne- und Isolationsregeln sollten ab diesem Termin auf „Freiwilligkeit“ beruhen, sagte Lauterbach dem ZDF zufolge.

Bisher müssen sich Corona-Infizierte für zehn Tage in Quarantäne begeben, können sich aber nach fünf Tagen mit einem negativen Coronatest freitesten. Kontrolliert wurde das aber schon lange nicht mehr, die Gesundheitsämter hatten zum Teil auch schon die Quarantäne-Anordnungen eingestellt. Nun soll die Quarantäne also ganz fallen – ausgerechnet, weil derzeit die Zahl der Ausfälle wegen Corona-Infektionen in die Höhe schnellt.

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Viele Krankenhäuser und Medienunternehmen stöhnen unter massenweise Corona-Ausfällen, in der Stadt Mainz sind nach Mainz&-Informationen manche Ämter zeitweise nur zur Hälfte besetzt. In manchen Kitas sei nur noch ein Notbetrieb möglich, berichtete der Kita-Fachkräfteverband Rheinland-Pfalz, und der Philologenverband Rheinland-Pfalz klagte gerade, aus manchen Schulen würden gar Ausfälle von 20 Prozent des Lehrpersonals gemeldet.

Bislang kann man sich erst nach fünf Tagen aus der Corona-Quarantäne freitesten, künftig soll die ganz freiwillig werden. - Foto: gik
Bislang kann man sich erst nach fünf Tagen aus der Corona-Quarantäne freitesten, künftig soll die ganz freiwillig werden. – Foto: gik

Lauterbach begründete den Wegfall der Quarantäne-Pflicht dem ZDF zufolge nun aber gerade mit „massenhaften Personalausfällen“, denen vorgebeugt werden solle. Ausgenommen werden sollen nur Beschäftigte im medizinischen Bereich – für alle anderen gelte dann nur noch „die dringende Empfehlung“, sich im Fall einer Infektion in Isolation zu begeben und nach Ablauf von fünf Tagen freizutesten. Die Neuregelung soll sowohl für Menschen mit, als ohne Symptome gelten, damit würde einer vermehrten Ansteckung mit dem Virus weiter die Türen geöffnet.

Neu ist die Idee indes nicht: Auch der rheinland-pfälzische Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) hatte vergangene Woche angekündigt, das Land wolle eine „Arbeitsquarantäne“ einführen: Damit sollten Arbeitnehmer auch mit Corona an den Arbeitsplatz zurückkehren können – allerdings sollte das nur für symptomfreie Menschen gelten. Die neuen Absonderungsregelungen sollten eine Entlastung gerade in den hochbelasteten Kliniken schaffen, sagte Hoch.

 

Scharfe Kritik daran kam derweil von der Gewerkschaft Ver.di: „Aus gewerkschaftlicher Sicht ist das ein Skandal und ein klarer Bruch mit den Verpflichtungen der Arbeitgeber zur Arbeitssicherheit“, kritisierte Landes-Gewerkschaftsleiter Michael Blug. Mit der Einführung einer derartigen Arbeitsquarantäne werde den Arbeitgebern „ein Instrument an die Hand gegeben, mit dem sie ihre ökonomischen Interessen auf Kosten des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten durchsetzen können“, schimpfte Blug weiter. Eine Ansteckung weiterer Beschäftigter werde so „billigend in Kauf genommen“ – mit allen damit verbundenen Risiken für den einzelnen Beschäftigten und dessen soziales Umfeld.

Leere Büros wegen massenhafter Corona-Infektionen - ein Einzelfall ist das derzeit nicht. - Foto: gik
Leere Büros wegen massenhafter Corona-Infektionen – ein Einzelfall ist das derzeit nicht. – Foto: gik

Das Risiko, dem gerade in Kliniken die Beschäftigten und die Patienten bei einem solchen Szenario ausgesetzt werde, sei „nicht kalkulierbar“, kritisierte Blug zudem. Es bestehe aber ein klares Risiko, sich immer wieder zu infizieren, und so krank oder noch kränker zu werden. „Der eklatante Personalmangel im Gesundheitswesen besteht nicht erst seit der Corona-Pandemie, er wurde durch sie nur noch verdeutlicht“, betonte der Gewerkschafter. Weder Bund noch Land hätten bis dato aber wirksame Maßnahmen dagegen entwickelt.

„Landes- und Bundespolitik fahren hier offensichtlich –ohne es klar aussprechen zu wollen und unter Inkaufnahme sämtlicher Gesundheitsrisiken – die Strategie der Durchseuchung.“, schimpfte Ver.di-Fachbereichsöleiter Gesundheit Frank Hutmacher. Am Ende würden dafür die Beschäftigten und deren Familien mit ihrer Gesundheit bezahlen, „um wirtschaftliche Einbußen von Betrieben abzuwenden und die politischen Versäumnisse im Gesundheitswesen aufzufangen.“

 

Aus der Wirtschaft kam hingegen Zustimmung: Die geplante Ausnahmeregelung in der Absonderungsverordnung des Landes sei richtig, hieß es von Seiten der Industrie- und Handelskammern (IHKs) in Rheinland.-Pfalz. Das ermögliche es Betrieben und ihren Beschäftigten „nun richtigerweise, dort, wo es verantwortungsvoll möglich ist, Corona-bedingte Produktionsausfälle zu vermeiden“, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Arne Rössel: „Diese Entscheidung der Landesregierung begrüßen wir ausdrücklich.“

Derweil allerdings verschlechtert sich die Datenlage über den Stand der Corona-Infektionen weiter: Gleich mehrere Landkreise melden inzwischen am Wochenende gar keine Corona-Infektionen mehr an das Landesuntersuchungsamt – so auch das Gesundheitsamt in Mainz: Das meldete für die Landeshauptstadt Mainz zwar eine deutlich gesunkene Corona-Inzidenz auf 1.560 und von 1.760 für den Landkreis Mainz-Bingen, musste gleichzeitig aber hinzufügen: „Am Wochenende wurden im Gesundheitsamt keine Neuinfektionen erfasst.“

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