Die Stadt Mainz legt Berufung gegen das Urteil zur nächtlichen Ausgangsperre ein: Die Landeshauptstadt wollte im Laufe des Montags Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Mainz beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz in Koblenz einlegen, sagte Stadtsprecher André Marc Glöckner der Deutschen Presse-Agentur. Mainz will die Frage der nächtlichen Ausgangssperre offenbar grundlegend klären – in Berlin wurde derweil die geplante bundesweite Ausgangssperre im Rahmen der Bundes-Notbremse etwas entschärft. Derweil stieg die Corona-Inzidenz in Mainz am Sonntag auf über 200 – und blieb da auch heute.

Die nächtliche Ausgangssperre hatte Mainz zur Geisterstadt gemacht - die Corona-Infektionen stiegen trotzdem weiter. - Foto: gik
Die nächtliche Ausgangssperre hatte Mainz zur Geisterstadt gemacht – die Corona-Infektionen stiegen trotzdem weiter. – Foto: gik

Mainz hatte am 1. April eine nächtliche Ausgangssperre verhängt, nachdem die Sieben-Tages-Inzidenz konstant über 100 lag – Mainz musste daraufhin auf Anordnung des Landes Rheinland-Pfalz die Corona-Notbremse ziehen. Die beinhaltete auch eine nächtliche Ausgangssperre zwischen 21.,00 Uhr und 5.00 Uhr morgens, doch im Gegensatz zu anderen Corona-Maßnahmen gab es gegen diese Maßnahme von Anfang an scharfe Kritik: FDP, Linke, Junge Union und AfD sahen darin eine unverhältnismäßigen Eingriff in die Grundrechte der Bürger, vor allem, weil die Stadt Mainz andere und schwächere Maßnahmen nicht vorher ausgeschöpft habe. Es sei daher auch völlig unverhältnismäßig, den nächtlichen Spaziergang eben auch mit zu verbieten.

Ganz ähnlich sah es dann vergangene Woche auch das Mainzer Verwaltungsgericht: Die nächtliche Ausgangsbeschränkung in Mainz sei „offensichtlich rechtswidrig“, denn zu so einer gravierenden Einschränkung der Grundrechte dürfe erst dann gegriffen werden, „wenn mildere Mittel zur wirksamen Eindämmung der Verbreitung von COVID-19 nicht ebenso erfolgversprechend sind“, urteilte das Gericht.  Es reiche in diesem Fall einer so gravierenden Einschränkung eben nicht zu sagen, die Ausgangsbeschränkung würde zur Eindämmung des Pandemiegeschehens „beitragen“ oder einer Verbreitung „entgegenwirken“ – die Stadt Mainz und das Land Rheinland-Pfalz hätten konkret darlegen müssen, dass der Verzicht auf eine Ausgangssperre als alleinige Maßnahme eine gewichtige Verschlechterung des Infektionsgeschehens nach sich ziehe.

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Klagt gegen die Aufhebung der nächtlichen Ausgangssperre: Der Mainzer Oberbürgermeisters Michael Ebling (SPD). - Foto: Alexander Heimann
Klagt gegen die Aufhebung der nächtlichen Ausgangssperre: Der Mainzer Oberbürgermeisters Michael Ebling (SPD). – Foto: Alexander Heimann

Das aber geschah nicht, und so stoppte das Gericht in einem Eilverfahren die Ausgangssperre bis zu einer Klärung im Hauptsacheverfahren. Die wird nun wohl vor dem Oberverwaltungsgericht in Koblenz stattfinden: Die Stadt Mainz kündigte am Montag via dpa an, sie werde Berufung einlegen. „Wir haben ein Interesse an der rechtlichen Klärung“, sagte der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) dem SWR. Die ganze Republik diskutiere über den Sinn und Unsinn solcher Ausgangssperren, es bestehe deshalb ein großes Interesse, die Frage vor Gericht grundsätzlich zu klären.

Ob das allerdings geschehen wird, ist fraglich: In Berlin bereiten die Parteien im Bundestag weiter die Bundes-Notbremse vor – und die soll ebenfalls nächtliche Ausgangssperren ab einer Inzidenz über 100 enthalten. Da Bundesrecht dann Landesrecht bricht, dürften sich die gerichtlichen Auseinandersetzungen dazu auf die Bundesgerichte verlagern. Am Montag einigten sich die Regierungsfraktionen von Union und SPD auf eine Entschärfung der Bundes-Notbremse in Sachen Ausgangssperre: Demnach sollen Ausgangssperren erst ab 22.00 Uhr beginnen, bis Mitternacht zudem Bewegung im Freien allein erlaubt bleiben – also etwa der Spaziergang oder das Joggen.

Auch nach der gestoppten Ausgangssperre waren in Mainz nur vereinzelt Menschen bei Nach unterwegs. - Foto: gik
Auch nach der gestoppten Ausgangssperre waren in Mainz nur vereinzelt Menschen bei Nach unterwegs. – Foto: gik

Im Gegenzug sollen aber andere Regeln verschärft werden, so sollen Schulschließungen schon ab einer Inzidenz von 165 statt zuvor 200 greifen. In Mainz mussten die weiterführenden Schulen bereits an diesem Montag wieder in den Distanzunterricht, die Stadt hatte die Maßnahme bereits vorauseilend erfüllt. Die Landeshauptstadt überstieg am Sonntag die 200er-Mark bei der Inzidenz: Am Sonntag meldete das Landesuntersuchungsamt eine Inzidenz von 207,2, am Montag dann 202,7. Nach drei Tagen über 200 hätte Mainz die Schulen ohnehin schließen müssen.

Das Gesundheitsamt Mainz-Bingen meldete am Montag insgesamt 159 Neuinfektionen in Stadt und Kreis Mainz-Bingen über das Wochenende, davon 105 neue Fälle in Mainz. Stadt und Kreis hatten nach dem Gerichtsurteil am Freitag die Überwachung der nächtlichen Ausgangssperre ausgesetzt, die Inzidenz im Landkreis sank am Wochenende leicht um 3 Punkte auf 125, in Mainz stieg sie über das Wochenende um vier Punkte an. Konkrete Auswirkungen der ausgesetzten Ausgangsbeschränkungen werden erst in zehn bis 14 Tagen zu sehen sein, der Anstieg in Mainz spiegelt also den Stand der Nach-Osterwoche – als die Ausgangssperre in Kraft war.

Info& auf Mainz&: Mehr zur Begründung des Mainzer Verwaltungsgericht zum Stopp der nächtlichen Ausgangssperre lest Ihr ausführlich hier bei Mainz&. Unseren Leitartikel zum Thema könnt Ihr hier lesen: Diese Ausgangssperre war eine Kampfansage an die Vernünftigen.

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