Die Mainzer Johannes-Gutenberg-Universität steht vor einer enormen Aufwertung: Der Wissenschaftsrat empfahl am Montag eindringlich einen Neubau der Universitätsbibliothek – und das ist noch nicht alles: Eine „Neue Mitte“  auf dem Unicampus befürworte man ausdrücklich. Damit könnte tatsächlich in der Mitte des Unicampus ein komplett neues und modernes Studienzentrum mit Zentralbibliothek, sowie Servicecenter, Auditorium und Cafeteria entstehen. Auch das geplante Medienhaus soll nun hier in die Nähe rücken und direkt neben dem Philosophicum entstehen. Gut 100 Millionen Euro schwer ist das Mammutprojekt, das der Mainzer Universität ein neues Gesicht geben würde. Das Land Rheinland-Pfalz hatte den Wissenschaftsrat um ein Gutachten zu dem Projekt gebeten. Am Montag hieß es, man werde die Planungen jetzt vorantreiben und erste Schritte zur baulichen Umsetzung in die Wege leiten.

Die Universitätsbibliothek auf dem Campus Mainz ist marode, die Uni soll nun endlich einen Neubau bekommen. – Foto: gik

Besonders freute sich am Montag natürlich einer: Georg Krausch, Präsident der Johannes-Gutenberg-Universität (JGU), hatte schon 2016 im Interview mit Mainz& eine neue Universitätsbibliothek gefordert. Die UB sei veraltet und entspreche überhaupt nicht mehr den Anforderungen an ein modernes Lernzentrum, sagte Krausch damals in unserem Interview zum 70. Geburtstag der JGU, und fügte hinzu: „Die Mitte des Campus wäre dafür der richtige Ort, und wenn man jetzt in die konkrete Planung ginge, wäre eine neue Zentralbibliothek zum 75. Geburtstag nicht unrealistisch.“

Drei Jahre später werden die Planungen tatsächlich konkret, und wie von Krausch anvisiert, soll es eine „Neue Mitte“ werden: Die Gestaltung der „Neuen Mitte“ biete aus Sicht des Wissenschaftsrates „eine historische Chance für den gesamten Campus“, teilte er am Montag mit. Ein Neubau der Universitätsbibliothek sei „unabweisbar notwendig und dringend“, betonten die Wissenschaftler, und mahnte zugleich, es sollten bei einem Neubau auch Erweiterungsoptionen mitbedacht werden, „um in weiteren Bauabschnitten einen zentralen und integrativen Ort des universitären Lernens und Lebens zu schaffen.“ Im Raum steht nichts weniger als eine komplette bauliche Neugestaltung des Universitätscampusses.

- Werbung -
Werben auf Mainz&
Alte Baracken, leer stehende Chemiegebäude – im Zentrum des Unicampuses soll, so die Pläne, einmal eine Neue Mitte entstehen. – Foto: gik

Nötig ist das: Die Universitätsbibliothek (UB) stammt aus dem Jahr 1964, das Gebäude ist marode und platzt längst aus allen Nähten. Der bestehende Bau sei „bautechnisch endgültig abgängig“ und entspreche in keinster Weise modernen Anforderungen an eine moderne Wissenschaftsbibliothek, betont der Wissenschaftsrat in seinem Gutachten. Ausgelegt war die UB einst für 4.000 Studierende, heute studieren an der JGU rund 31.000 Menschen. Der UB fehlt es an moderner Technik und an Platz, dazu fehlen Einzel- und Gruppenarbeitsräume, Kreativräume und eine Klimaanlage. Arbeitsplätze seien oft nicht einmal mit einem Stromanschluss ausgestattet, rügt der Wissenschaftsrat. In eine neue Zentralbibliothek könnten auch die zehn weitere Teilbibliotheken aus verschiedenen Fachbereichen integriert werden, empfiehlt der Wissenschaftsrat, dazu die wertvollen wissenschaftlichen Sammlungen der Hochschule.

Insgesamt fehle der JGU ein attraktives, identitätsstiftendes Zentrum, an dem man sich auch gerne aufhalte, das könnte nun mit der „Neuen Mitte“ entstehen: Der Wissenschaftsrat empfiehlt – ganz nach den Wünschen der JGU selbst – ein neues Servicecenter an zentraler Stelle gemeinsam mit der UB zu schaffen. Hier könnten alle Serviceangebote für die Studierenden gebündelt werden, dazu ein Auditorium, eine zentrale IT-Infrastruktur sowie Gastronomie entstehen. Auch die Verwaltung könnte nach dem Vorschlag des Wissenschaftsrates aus dem derzeitigen Forum in das neue Servicecenter umziehen.

Plan des Campus der JGU, eingezeichnet sind die geplanten Standorte für die Neue Mitte und das Medienhaus. – Screenshot: gik

21.157 Quadratmeter veranschlagen die Experten für einen Neubau, davon würde die neue Zentralbibliothek rund 17.400 Quadratmeter Fläche erhalten. Ein Drittel davon soll für Arbeitsplätze reserviert werden, darunter mehr als 1.000 Notebookarbeitsplätze sowie ein Learning Center. Gut 2.770 Quadratmeter groß würde das Servicecenter, Mixing Zone und Cafeteria noch einmal gut 1.000 Quadratmeter Fläche erhalten. Die Mixing Zone soll neben einem Auditorium auch einen Gremiensaal sowie Ausstellungsflächen umfassen, das könne die Neue Mitte sowohl durch Zulauf von Studierenden als auch von Stadtgesellschaft beleben.

Als Lage ist der Bereich zwischen Philosophicum und Naturwissenschaftlicher Fakultät, ReWi-Gebäude und Mensa vorgesehen – hier, im Herzen des Mainzer Unicampus, befinden sich seit Jahren alte und zum Teil leer stehende Laborgebäude der Chemie und Kernchemie. Die teils heruntergekommenen Baracken stammen noch aus den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg, als die JGU in einer alten Flakkaserne wiedergegründet wurde. Nun könnte hier eine

Finanziert werden soll das Ganze über das Land: Rund 100 Millionen Euro sehen die Planungen derzeit an Gesamtinvestitionen vor, davon knapp 74 Millionen Euro für die Zentralbibliothek, rund 10,5 Millionen Euro für das Servicecenter, 2,7 Millionen Euro für die Cafeteria sowie 2,1 Millionen Euro für eine sogenannte Mixed Zone. Vom Land hieß es, man werde jetzt unter Berücksichtigung des Votums des Wissenschaftsrates „die Planungen vorantreiben und erste Schritte zur baulichen Umsetzung in die Wege leiten.“

Laut Gutachten des Wissenschaftsrates könnten die Planungen für den Bau der neuen UB nun bis 2021 konkretisiert, mit der Bauausführung 2023 begonnen werden. Bis 2026 könnte die neue Universitätsbibliothek fertig sein – sie ist schon jetzt die größte wissenschaftliche Sammlung in Rheinland-Pfalz. Der Wissenschaftsrat empfiehlt zudem die Überlegung, auch die wertvollen Bestände der wissenschaftlichen Stadtbibliothek mit der UB zusammenzuführen. Das könne den Erhalt und die wissenschaftliche Erschließung der Bestände sowie eine Digitalisierung und Erforschung am besten gewährleisten, befinden die Experten. Zugleich rügten die aber auch, der Universität fehle es an einer Strategie für den Umgang mit ihren historischen Altbeständen: Gerade im Zusammenhang mit dem Neubau müssten nun dringend Ziele festgelegt werden, wo die historischen Altbestände gelagert und wie sie wissenschaftliche genutzt werden sollten.

Das alte Hochhaus Inter I prägte über Jahrzehnte das Gesicht des Mainzer Unicampus, nun soll das leerstehende einstige Wohnheim abgerissen werden. – Foto: gik

Direkt neben der Neuen Mitte soll nun zudem das seit 2008 geplante Medienhaus entstehen, hier sollen einmal alle Medienfächer der JGU sowie der Fachhochschule Mainz zusammengeführt werden sollen. Eigentlich wollte die Uni das alte Studentenwohnheim Inter I dafür umbauen, doch das Hochhaus aus den 1960er Jahren erwies sich als zu marode: Umfangreiche Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen hätten ergeben, „dass eine kompakte Neubaulösung deutliche wirtschaftliche Vorteile sowohl bei den Baukosten als auch bei den Kosten im laufenden Betrieb des Gebäudes bieten“, sagte der rheinland-pfälzische Finanz-Staatssekretär Stephan Weinberg. Der Beton des Inter I erwies sich als zu marode, ein Sanierung als nicht wirtschaftlich.

Die beste Lösung sei deshalb ein Neubau, der nun westlich der Philosophischen Fakultät entstehen soll. Hier stehe ein „ausreichend großes Baufeld“ zur Verfügung, auf dem nun nicht nur das Medienhaus selbst, sondern auch die technischen Einrichtungen untergebracht werden können, die vorher in einem separaten Gebäude geplant waren. Dieses zweite Gebäude hätte gegenüber dem Inter I entstehen sollen – auf dem Gelände des alternativen Zentrums Haus Mainusch. Dagegen hatte es jahrelang heftige Proteste gegeben, nun könnte dem Mainusch eine Schonfrist beschert worden sein. Auf dem nun vorgesehenen Gelände neben der PhilFak stehen bislang noch Baracken, aber auch einzelne ältere Wohnhäuser. Der neue Standort habe den Vorteil, dass er direkt neben den anderen philosophischen Fakultäten und direkt neben der neuen Mitte liege und biete zudem auch Raum für Erweiterungen.

Das markante Hochhaus des Inter I soll nun zurückgebaut werden, das Gelände aber grundsätzlich weiter für Bauten der Universität genutzt werden. Perspektivisch könne hier neues, zeitgemäßes studentisches Wohnen und Leben entstehen, hieß es weiter. Der Rückbau des Inter I soll nun 2020 beginnen, voraussichtlicher Baubeginn für das neue Medienhaus ist nach derzeitigem Stand für 2021/2022 geplant.

Info& auf Mainz&: Das gesamte Gutachten des Wissenschaftsrates zur Neuen Mitte und dem Neubau der Universitätsbibliothek könnt Ihr hier herunterladen. Unser Interview mit Universitätspräsident Georg Krausch findet Ihr hier bei Mainz&.

 

 

 

 

 

 

HINTERLASSEN SIE EINEN KOMMENTAR

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein